Oberlandesgericht Hamm
Az: II-8 UF 5/11
Beschluss vom 30.05.2011
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der am 30. November 2010 verkündete Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Dortmund hinsichtlich des Ausspruchs zum Versorgungsausgleich teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer ……) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 8,2462 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto …… bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen, bezogen auf den 31.01.2010, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen (Versicherungsnum-mer ……1) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 1,1050 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto …… bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.01.2010, übertragen.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um Scheidung und Versorgungsausgleich.
Die Antragstellerin, geboren 12.04.1970, ist deutsche Staatsangehörige. Der Antragsgegner, geboren 05.02.1967, stammt aus Albanien und besitzt die serbische Staatsangehörigkeit. Er kam im Jahr 1991 nach Deutschland. Seine im ehemaligen Jugoslawien erworbene Ausbildung als Schweißer wird in Deutschland nicht anerkannt. Die Beteiligten haben am 19.01.1994 geheiratet. Aus der Ehe sind die Tochter O, geboren 17.04.1996, sowie die am 30.07.1997 geborenen Zwillinge B und G hervorgegangen. Die Antragstellerin war zu Beginn der Ehe bis zur Geburt des ersten Kindes als Bäckereifachverkäuferin berufstätig. Anschließend befand sie sich bis zum Jahr 2000 im Erziehungsurlaub. Danach arbeitete sie mit einer Teilzeitstelle wieder als Bäckereifachverkäuferin. Der Antragsgegner war in der Vergangenheit mit Ausnahme eines Zeitraumes von 1999 bis 2000, in dem er an einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme teilnahm, nicht sozialversicherungspflichtig erwerbstätig.
Das Amtsgericht Dortmund wies der Antragstellerin die eheliche Wohnung durch Beschluss vom 18.06.2009 zur alleinigen Nutzung zu. Seit dem 30.06.2009 leben die Beteiligten räumlich voneinander getrennt. Durch Vergleich vom 04.12.2009 verpflichtete sich der Antragsgegner in einem weiteren Gewaltschutzverfahren, keinen Kontakt zur Antragstellerin mehr aufzunehmen. Nach den Auskünften der Rentenversicherungsträger hat die Antragstellerin Anwartschaften während der Ehezeit vom 01.01.1994 bis zum 31.01.2010 in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 16,4924 Entgeltpunkten erworben. Dies entspricht einer Monatsrente von 448,59 EUR. Demgegenüber hat der Antragsgegner in der Ehezeit Anwartschaften in Höhe von 2,2099 Entgeltpunkten erworben. Dies entspricht einer Monatsrente von 60,11 EUR.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, der Versorgungsausgleich sei gem. § 27 Versorgungsausgleichsgesetz auszuschließen, da der Antragsgegner während der Ehe fast nicht versicherungspflichtig gearbeitet habe, während sie neben der Haushaltsführung und Kindererziehung noch berufstätig gewesen sei.
Der Antragsgegner hat dem Scheidungsantrag widersprochen und bezüglich des Versorgungsausgleichs vorgetragen, dass ein Fall der sog. Hausmann-Ehe vorgelegen habe.
Durch den angefochtenen Beschluss ist die Ehe der Beteiligten geschieden und der Versorgungsausgleich bei teilweisem Ausschluss durchgeführt worden. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, es sei davon überzeugt, dass die Ehe der Beteiligten gescheitert sei. Dafür spreche, dass sie seit über einem Jahr getrennt lebten und seit dem Jahr 2009 verschiedene Gerichtsverfahren betrieben hätten. Seitdem seien die Beteiligten in andauernde Streitigkeiten verstrickt. Der Antragsgegner könne sich mit der Trennung nicht abfinden. Die Antragstellerin zeige jedoch keine Versöhnungsbereitschaft. Es habe auch keine Versöhnungsversuche seit der Trennung gegeben. Der Versorgungsausgleich sei – allerdings nicht vollständig – auszuschließen. Es sei eine grobe Unbilligkeit i. S. d. § 27 Versorgungsausgleichsgesetz, den Versorgungsausgleich uneingeschränkt durchzuführen. Der Antragsgegner habe seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, in Teilen gröblich verletzt. Er könne sich nicht darauf berufen, dass eine sog. Hausmann-Ehe geführt worden sei. Vielmehr sei das Gericht von einer gemeinsamen Haushaltsführung und Kindererziehung durch die Eheleute überzeugt. Das hätten die Kinder im Rahmen ihrer Anhörung in dem Wohnungszuweisungsverfahren bestätigt. Der Antragsgegner sei während der Ehezeit nicht bzw. nur zeitweilig einer mehr als unerheblichen versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen. Demgegenüber sei die Antragstellerin überobligatorisch berufstätig gewesen. Der Antragsgegner sei auch seiner Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt im Zeitraum der Trennung nicht nachgekommen. Auch das Verhalten des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin im Zusammenhang mit der Trennung sei im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen. Da sich der Antragsgegner aber immerhin an der Kindererziehung beteiligt habe, komme kein vollständiger Ausschluss in Betracht. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Meinung seien nicht nur die Anrechte des betroffenen Ausgleichsberechtigten zu kürzen. Da es nur auf den Saldo ankomme, sei eine pauschale Kürzung auch der Anrechte der Antragstellerin vorzunehmen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Zur Begründung trägt er vor, die Voraussetzungen für die Ehescheidung hätten nicht vorgelegen. Da der Antragsgegner der Scheidung nicht zugestimmt habe, sei nur bei einem dreijährigen Getrenntleben von einer Zerrüttung der Ehe auszugehen. Dazu habe das Amtsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen. Es sei nicht ausreichend, die Trennung aus einem Wohnungszuweisungsverfahren der Beteiligten herzuleiten. Auch eine unzumutbare Härte liege nicht vor. Eine formelle Beweisaufnahme über die Zerrüttung sei nicht erfolgt. Hinsichtlich des teilweisen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs habe das Amtsgericht nicht ausgeführt, worin die gröbliche Verletzung der Verpflichtung, zum Familienunterhalt beizutragen, gelegen habe. Die Argumentation des Amtsgerichts, es habe keine Hausmann-Ehe vorgelegen, überzeuge nicht. Dass die Kinder erklärt hätten, dass die Mutter bei den Hausaufgaben besser helfen könne, besage nichts. Das Gleiche gelte für die Aussage der Kinder, der Vater koche anders als die Mutter. Der Antragsgegner habe nicht zum Familienunterhalt beitragen können, da er keine Ausbildung habe, in Deutschland noch nie in einem Arbeitsverhältnis gearbeitet habe und während der Ehe Hausmann gewesen sei, so dass er keine Arbeit habe finden können. Letztlich könnten nur krasse bzw. schwerwiegende Verfehlungen den Ausschluss rechtfertigen, wobei ein strengerer Maßstab als bei § 242 BGB anzulegen sei.
Der Antragsgegner beantragt, abändernd den Antrag der Antragstellerin auf Durchführung der Ehescheidung zurückzuweisen und die Entscheidung über den Versorgungsausgleich aufzuheben, hilfsweise den Versorgungsausgleich durchzuführen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung zur Ehescheidung mit näheren Ausführungen und trägt ergänzend vor, die von der Antragstellerin notwendigerweise geführten Gewaltschutzverfahren belegten, dass die Ehe gescheitert sei. Für die Trennung spiele nur eine Rolle, dass keine häusliche Gemeinschaft mehr bestehe und jedenfalls ein Ehegatte die eheliche Gemeinschaft ablehne. Für die Antragstellerin sei die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft ausgeschlossen. Ferner trägt sie vor, die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei grob unbillig. Der Antragsgegner habe sich nicht um eine berufliche Eingliederung in Deutschland gekümmert. Lediglich auf Druck des Sozialamtes habe er für die Dauer eines Jahres als Hilfskraft im Tiefbau gearbeitet. Sie, die Antragstellerin, habe neben ihrer beruflichen Tätigkeit die Hauptlast der Kinderbetreuung getragen. Sie habe notwendige Termine mit den Kindern bei Ärzten, im Kindergarten oder in der Schule allein wahrgenommen. Sie habe die Kinder bei den Hausaufgaben unterstützt und die Versorgung der Familie mit Essen übernommen. Nur gelegentlich habe der Antragsgegner einfache Speisen zubereitet. Sie habe die Wäsche gewaschen. Nur das Putzen der Wohnung sei aufgeteilt gewesen. Seiner gesteigerten Unterhaltsverpflichtung gegenüber den Kindern sei der Antragsgegner auch nach der Trennung nicht nachgekommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat teilweise Erfolg.
A. Auf das am 22.01.2010 eingeleitete Verfahren sind die Vorschriften des FamFG anzuwenden, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG. Die Beschwerde des Antragsgegners ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
B. In der Sache führt sie jedoch nur zur Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses hinsichtlich des Ausspruchs zum Versorgungsausgleich.
I. Soweit sich der Antragsgegner auch gegen den Ausspruch zur Ehescheidung wendet, ist seine Beschwerde unbegründet.
1. Auf die Ehescheidung ist gem. Art. 17, 14 EGBGB deutsches Recht anzuwenden, denn beide Ehegatten haben in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt.
2. Die Ehe der Beteiligten ist nach § 1565 Abs. 1 S. 1 BGB zu scheiden, denn sie ist gescheitert. Das Scheitern der Ehe setzt nach § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB zum einen voraus, dass die Lebensgemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist, zum anderen, dass ihre Wiederherstellung nicht erwartet werden kann.
a) Allerdings kann nicht unwiderlegbar vermutet werden, dass die Ehe gescheitert ist, weil der Antragsgegner der Scheidung nicht zugestimmt hat, § 1566 Abs. 1 BGB. Daraus folgt jedoch nicht, dass eine Scheidung der Ehe erst nach Ablauf einer dreijährigen Trennungszeit in Betracht kommt, weil dann nach § 1566 Abs. 2 BGB unwiderlegbar vermutet wird, dass die Ehe gescheitert ist. Das Scheitern der Ehe kann auch aufgrund festgestellter Tatsachen in freier tatrichterlicher Würdigung festgestellt werden. Einer förmlichen Beweisaufnahme dazu bedarf es entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht, denn bereits aufgrund unstreitiger Indizien sowie des Ergebnisses der persönlichen Anhörung der Antragstellerin gem. § 128 FamFG kann das Scheitern der Ehe der Beteiligten festgestellt werden.
b) Das Amtsgericht hat vorliegend zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass die Ehe der Beteiligten gescheitert ist.
aa) Die eheliche Lebensgemeinschaft der Beteiligten ist hier unzweifelhaft aufgehoben.
Unstreitig leben die Beteiligten spätestens seit Juni 2009, d. h. seit fast 2 Jahren, räumlich voneinander getrennt, vgl. § 1567 Abs. 1 BGB. Der Antragsgegner hat zu diesem Zeitpunkt aufgrund der gerichtlichen Wohnungszuweisung die eheliche Wohnung verlassen und ist seitdem nicht mehr in die Ehewohnung zurückgekehrt. Dass die häusliche Gemeinschaft zwischen den Eheleuten nicht mehr besteht, ist wesentliches Indiz für die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft (Palandt-Brudermüller, BGB, 70. Aufl., § 1565 Rn. 2). Ein weiteres Indiz daneben ist, dass die Antragstellerin bereits mehrfach mit gerichtlicher Hilfe gegen den Antragsgegner vorgegangen ist. In dem Verfahren 107 F 5439/09 Amtsgericht Dortmund ist gegen den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung ein Annäherungsverbot ausgesprochen worden. In dem Verfahren 107 F 2540/09 Amtsgericht Dortmund begehrte die Antragstellerin neben der Ehescheidung auch die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die ehegemeinschaftlichen Kinder. Auch dieses Verfahren macht deutlich, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht. Kern der ehelichen Lebensgemeinschaft ist nämlich die Bereitschaft beider Ehegatten, sich in den wichtigen Angelegenheiten des ehelichen Lebens um eine Einigung zu bemühen. Die Lebensgemeinschaft besteht dann nicht mehr, wenn die Bereitschaft auch nur eines Ehegatten erloschen ist und keine der Form des bisherigen Zusammenlebens entsprechende Gemeinschaft mehr zustande kommt. Dass dies auf Seiten der Antragstellerin eingetreten ist, belegen die durchgeführten Gerichtsverfahren.
bb) Es ist auch nicht zu erwarten, dass die Beteiligten die eheliche Lebensgemeinschaft wieder herstellen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners steht dem nicht entgegen, dass nur die Antragstellerin die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft ablehnt, während der Antragsgegner an der Ehe festhalten will.
(1) Insoweit reicht bereits eine einseitige Zerrüttung auf Seiten eines Ehegatten aus. Die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft ist auch dann nicht mehr zu erwarten, wenn sich nur ein Ehegatte endgültig von der Ehe abgewendet hat. Dabei ist es gleichgültig, warum dieser Ehegatte die Ehe nicht mehr fortsetzen will. Die Gründe müssen weder vernünftig noch nachvollziehbar sein, es genügt die subjektive Einstellung. Es muss aus dem Verhalten und den als glaubhaft angesehenen Bekundungen des die Scheidung beantragenden Ehegatten zu entnehmen sein, dass er unter keinen Umständen bereit ist, zu seinem Partner zurückzufinden und die Ehe fortzusetzen, also eine Versöhnung nicht mehr zu erwarten ist.
(2) Nach dem Ergebnis der Anhörung der Antragstellerin im Senatstermin ist davon auszugehen, dass diese Voraussetzung vorliegt. Dafür, dass die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft der Beteiligten nicht mehr zu erwarten ist, spricht zunächst, dass die Antragstellerin konsequent an ihrem Scheidungsantrag festhält. Etwaige Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin nicht ernsthaft die Scheidung will, sind dagegen nicht ersichtlich. Sie hat im Senatstermin glaubhaft erklärt, fest entschlossen zu sein, die Ehe zu beenden. Ihre Begründung für diesen Entschluss ist glaubhaft und nachvollziehbar. Sie hat angegeben, die Eheleute hätten in der Ehe schon lange nicht mehr harmoniert. Der Antragsgegner habe ihr unterstellt, eine Beziehung zu einem anderen Mann aufgenommen zu haben, und damit begonnen, sie zu terrorisieren. Er habe nachts ihre Tür eingetreten und laut geschrien. Demgegenüber stützt sich die Erwartung des Antragsgegners, die Ehe fortsetzen zu können, nicht auf begründete Tatsachen, sondern nur auf seine Hoffnung, die Antragstellerin könne ihren Entschluss rückgängig machen. Die Antragstellerin hat aber angegeben, dass es keine Versöhnungsversuche gegeben habe. Sie habe dem Antragsgegner auch keine Veranlassung gegeben, dass er auf eine Fortsetzung der Ehe hoffen könnte.
II. Die Beschwerde des Antragsgegners hat jedoch mit dem Hilfsantrag, der auf die ordnungsgemäße Durchführung des Versorgungsausgleichs gerichtet ist, Erfolg.
a) Nach den vorliegenden Auskünften der Rentenversicherungsträger ist der Versorgungsausgleich wie im Tenor dargestellt durchzuführen. Die Ehezeit dauerte vom 01.01.1994 bis zum 31.01.2010. Der Ehezeitanteil der Rentenanwartschaften der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt 448,59 EUR bzw. 16,4924 Entgeltpunkte. Der Ausgleichswert beträgt 8,2462 Entgeltpunkte, was einer Monatsrente von 224,30 EUR entspricht. Auf Seiten des Antragsgegners beträgt der Ehezeitanteil der Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung 2,2099 Entgeltpunkte. Das entspricht einer Monatsrente von 60,11 EUR. Der Ausgleichswert beträgt 1,1050 Entgeltpunkte. Dies entspricht einer Monatsrente von 30,06 EUR. Diese Anrechte sind gem. § 10 VersAusglG im Wege der internen Teile durch die wechselseitige Übertragung von Anwartschaften in Höhe der jeweiligen Ausgleichswerte auszugleichen.
b) Die Voraussetzungen für einen vollständigen oder auch nur teilweisen Ausschluss des Versorgungausgleichs gem. § 27 VersAusglG liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nur dann nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist aber nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalles es rechtfertigen, von der gesetzlich vorgesehenen Halbteilung abzuweichen. Davon kann hier keine Rede sein.
aa) Die Härteklausel des § 27 VerAusglG stellt wie § 1587 c BGB a. F. ein Gerechtigkeitskorrektiv in Fällen dar, in denen die starre Durchführung des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde. Eine Herabsetzung oder gar ein Entfallen der Ausgleichspflicht soll aber nicht schon bei jeder einfachen Verletzung des Grundgedankens des Versorgungsausgleichs, sondern nur bei besonders groben Verstößen in Betracht kommen. Dies ist der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalles es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Bei dieser Entscheidung sind strengere Maßstäbe als bei der Prüfung eines Verstoßes gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, anzulegen, da eine Teilhabe an Vermögenswerten in Frage steht, die die Ehegatten in der zurückliegenden Ehezeit gemeinsam erwirtschaftet haben.
bb) Für die Beurteilung der groben Unbilligkeit einer Inanspruchnahme des Ausgleichspflichtigen sind die beiderseitigen Verhältnisse der Ehegatten von erheblicher Bedeutung. Hierzu gehören neben dem Vermögenserwerb sämtliche Umstände, die für den gegenwärtigen oder zukünftigen wirtschaftlichen Stand der Ehegatten von Bedeutung sind. Da der Versorgungsausgleich letztlich die wirtschaftliche Absicherung der Ehegatten für den Fall des Alters oder der Invalidität bezweckt, sind all die Lebensumstände heranzuziehen, die Einfluss auf die wirtschaftliche Situation der Ehegatten im Rentenalter erlangen werden.
(1) Nicht zu erwarten ist, dass die beteiligten Eheleute bis zum Eintritt in das Rentenalter nennenswertes Vermögen erlangen werden. Sie werden daher auf ihre Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung angewiesen sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner nur über äußerst geringe Anwartschaften verfügt, so dass seine wirtschaftliche Situation bereits gegen einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs spricht. Seine Anwartschaften nicht nur aus dem Ehezeitanteil, sondern aus allen Zeiten entsprechen nach der vorliegenden Auskunft des Rentenversicherungsträgers einer Monatsrente von lediglich 60,46 EUR.
(2) Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass die künftige Rente der Antragstellerin durch den Ausgleich so gering werden könnte, dass sie den sozialhilferechtlichen Mindestbedarf unterschreitet. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht allein deshalb grob unbillig ist, weil die dem Ausgleichspflichtigen verbleibende Altersversorgung den unterhaltsrechtlichen Mindestselbstbehalt, die Pfändungsfreigrenzen oder gar den sozialhilferechtlichen Mindestbedarf unterschreitet und bis zum Erreichen der Altersgrenze nicht mehr wesentlich erhöht werden kann. Unterhaltsrechtlich erhebliche Selbstbehaltsgrenzen bestehen beim Versorgungsausgleich ebenfalls nicht. Die Härteklausel kann in diesen Fällen nur zur Anwendung kommen, wenn der Ausgleichsberechtigte nach Vollzug des Versorgungsausgleichs eine ungleich günstigere Alterssicherung als der Verpflichtete hätte und auch ohne Durchführung des Versorgungsausgleichs für den Fall des Alters und der Invalidität hinreichend versorgt wäre. Das ist hier aber offensichtlich nicht der Fall.
cc) Eine unerträgliche Verletzung des Grundgedankens des Versorgungsausgleichs liegt zwar regelmäßig vor, wenn der Ausgleichsberechtigte in schwerwiegender Weise seine im Rahmen der ehelichen Arbeitsteilung übernommenen Pflichten zur Gestaltung der ehelichen Lebens- und Versorgungsgemeinschaft, insbesondere im Bereich des Familienunterhalts, verletzt oder beharrlich während einer längeren Zeitspanne überhaupt nicht erfüllt hat. Auf diesen Gesichtspunkt hat die Antragstellerin ihre Rechtsauffassung, der Versorgungsausgleich sei auszuschließen, maßgeblich gestützt und dazu behauptet, der Antragsgegner habe während der gesamten Dauer der Ehe und nach der Trennung nicht zum Familienunterhalt beigetragen. Er habe nicht bzw. nur für die Dauer eines Jahres sozialversicherungspflichtig gearbeitet. Der Senat kann aber nicht feststellen, dass der Antragsgegner in der behaupteten Weise gegen seine ehelichen Pflichten verstoßen hat.
(1) Der Antragsgegner hat dazu entgegnet, es habe Einvernehmen darüber bestanden, dass er sich in der Ehe als Hausmann betätigt. Dem Leitbild der Ehe als Partnerschaft entsprechend sind die Ehegatten gleichermaßen verpflichtet, durch Arbeit und mit ihrem Vermögen zum angemessenen Familienunterhalt beizutragen (§ 1360 BGB). Der Ehegatte, dem im gegenseitigen Einvernehmen der Ehepartner die Haushaltsführung überlassen worden ist, erfüllt seine Unterhaltspflicht in der Regel durch die Führung des Haushalts. Die Verletzung der Unterhaltsverpflichtung des § 1360 BGB kann daher nur bei einem Verstoß eines Ehegatten gegen die beiderseitige Vereinbarung über die Verteilung der Pflichten in Betracht kommen. Nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung im Senatstermin muss indessen davon ausgegangen werden, dass sie das Verhalten des Antragsgegners trotz aller Vorbehalte während der Ehezeit hingenommen hat, so dass dieser von einem einvernehmlichen „Rollentausch“ ausgehen konnte. Dass der Antragsgegner seine Pflichten als Hausmann verletzt hat und sich wie ein „Privatier“ benommen hat, ist hingegen nicht festzustellen. Nach ihren eigenen Erklärungen ist vielmehr davon auszugehen, dass sich die Antragstellerin mit dem Antragsgegner die Haushaltsführung geteilt hat. Sie hat selbst vorgetragen, dass ihr Ehemann im Haushalt mitgeholfen habe. Er habe geputzt und auch eingekauft. Zwar habe überwiegend sie gekocht und die Wäsche gemacht. Jedoch habe der Antragsgegner auch beim Aufhängen der Wäsche auf dem Wäscheboden geholfen. Er habe die Kinder in den Kindergarten gebracht und von dort wieder abgeholt. Während ihrer beruflich bedingten Abwesenheit habe er die Wohnung aufgeräumt. Demgegenüber kommt unabhängig von der Frage ihrer Verwertbarkeit den Aussagen der Kinder im Gewaltschutzverfahren, nach denen der Vater schlechter gekocht habe als die Mutter und er ihnen auch weniger bei den Hausaufgaben habe helfen können, nur untergeordnete Bedeutung zu.
(2) Unabhängig davon muss die Unterhaltspflicht auch „gröblich“, d. h. in besonderem Maße rücksichtslos, verletzt worden sein. Hierfür genügt nicht, dass die Unterhaltsbeiträge des Ehegatten hinter denen des anderen zurückbleiben. Vielmehr kann eine Verletzung der Unterhaltspflicht als gröblich in diesem Sinne erst dann bezeichnet werden, wenn über die Nichterfüllung der geschuldeten Unterhaltsleistung hinaus weitere objektive Merkmale vorliegen, die dem pflichtwidrigen Verhalten des Ausgleichsberechtigten ein besonderes Gewicht verleihen, z. B. wenn der Ausgleichspflichtige durch das Ausbleiben der Beiträge des Ausgleichsberechtigten zum Familienunterhalt in ernste Schwierigkeiten bei der Beschaffung seines Lebensbedarfs geraten ist. Diese Voraussetzungen liegen hier ebenfalls nicht vor. Die Antragstellerin hat im Senatstermin selbst angegeben, dass sie den Familienunterhalt durch ihre Erwerbstätigkeit habe bestreiten können. Außer Kindergeld und Wohngeld seien keine öffentlichen Hilfen bezogen worden.
Konnte der Ausgleichspflichtige – wie hier – seine Familie aber durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit vor existenziellen Schwierigkeiten bewahren, so ist die Unterhaltspflichtverletzung nur dann als gröblich anzusehen, wenn der Ausgleichsberechtigte sich nicht um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemüht hat und der Ausgleichspflichtige die Erwerbstätigkeit neben der Haushaltsführung und der Kinderbetreuung ausüben musste. Zwar hat sich der Antragsgegner offenbar tatsächlich nicht um eine Arbeit gekümmert und während der gesamten Ehezeit nur in geringem Umfang eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt. Ob mangelnde Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit als gröbliche Pflichtverletzung anzusehen sind, hängt jedoch auch davon ab, ob der Berechtigte nach seiner Vorbildung, seinem beruflichen Werdegang und seinem Alter unschwer in der Lage wäre, eine Erwerbstätigkeit zu finden. Hier muss berücksichtigt werden, dass der Antragsgegner aus dem ehemaligen Jugoslawien stammt und nicht über eine in Deutschland anerkannte Schul- und Berufsausbildung verfügt. Nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin hat er auch nur unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache.
(3) Selbst wenn man insoweit zumindest vom Zeitpunkt der Trennung bis zum Ende der Ehezeit, die hier bis zum 31.01.2010 dauerte, eine Erwerbsobliegenheit des Antragsgegners dennoch annehmen würde, müsste, um den Versorgungsausgleich auszuschließen, die Verletzung der Unterhaltspflicht „längere Zeit“ gedauert haben, d. h. sie darf nicht nur vorübergehend oder gelegentlich gewesen sein. Die Tatsache, dass der Antragsgegner nach der Trennung bisher keinen Unterhalt für die ehegemeinschaftlichen Kinder gezahlt hat, erfüllt diesen Tatbestand nicht. Die Antragstellerin hat den Antragsgegner erst nach Ablauf der Ehezeit zur Unterhaltszahlung anwaltlich auffordern lassen. Nach ihrem Vorbringen ist der Antragsgegner erst durch das anwaltliche Schreiben vom 05.03.2010 in Verzug gesetzt worden. Bis dahin sei ihm Zeit gelassen worden, sich eine geeignete Arbeitsstelle zu suchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 FamFG.