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Verstoß gegen Datenschutzgrundverordnung – Entschädigungsanspruch

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 1 U 69/20  – Beschluss vom 21.06.2021

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 3. September 2020 – 1 O 241/18 – durch Beschluss zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

Gründe

I.

Der Senat hält die Berufung des Beklagten einstimmig für ohne Aussicht auf Erfolg. Das Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet. Da der Rechtssache als Einzelfall keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, eine Entscheidung des Berufungsgerichts weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich erscheint und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, ist beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

II.

Verstoß gegen Datenschutzgrundverordnung - Entschädigungsanspruch
(Symbolfoto: PX Media/Shutterstock.com)

Die Klägerin nimmt den Beklagten, der im Rahmen eines Dienstverhältnisses für sie als Makler tätig war, auf Zahlungen für zur Nutzung überlassene Kraftfahrzeuge aus zwei zwischen den Parteien geschlossenen Nutzungsverträgen in Anspruch.

Die Klägerin hat – zuletzt – beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie

1.

2.453,51 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 31.7.2018 zu zahlen;

2.

weitere 3.759,90 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 15.9.2018 zu zahlen;

3.

weitere 939,97 € nebst 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 5.10.2018 zu zahlen;

4.

weitere 4.699,85 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 6.3.2019 zu zahlen;

5.

weitere 3.570 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 3.3.2020 zu zahlen;

6.

außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.064 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 6.3.2019 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Klageforderungen bestritten und Gegenansprüche auf die Zahlung einer Geldentschädigung wegen unberechtigter Nutzung seines Bildes und seines Namens im Internetauftritt der Klägerin sowie auf das Bestehen eines Unterprovisionsanspruchs im Hinblick auf ein Immobiliengeschäft erhoben.

Das Landgericht hat Beweis durch die Vernehmung der Zeugen G…, P… und D… erhoben. Es hat durch Urteil vom 3.9.2020 unter Abweisung der weitergehenden Klage den Beklagten zur Zahlung von 2.453,51 €, 3.759,90 €, 939,97 €, 4.699,85 € und 3.570 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.003,40 €, ebenfalls nebst Zinsen, verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte die Begleichung der Hauptforderungen aus den mit der Klägerin geschlossenen Fahrzeugüberlassungsverträgen, für den Betrag in Höhe von 4.699,85 € in Verbindung mit § 577 BGB analog und für den Betrag in Höhe von 3.570 € in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB, schulde. Die Ansprüche seien nicht durch eine Aufrechnung gegen Ansprüche des Beklagten wegen der Nutzung seines Lichtbildes und seines Namens im Internetauftritt der Klägerin entfallen, da diesbezügliche Zahlungsansprüche des Beklagten nicht bestünden. Bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses mit der Klägerin sei eine stillschweigende Einwilligung des Beklagten in die Nutzung anzunehmen. Im Anschluss daran habe die Klägerin zwar erst verspätet die Daten des Beklagten aus ihrem Internetauftritt getilgt. Die pauschale Behauptung des Beklagten, dadurch Nachteile in seiner Tätigkeit als Makler erlitten zu haben, reiche für die Feststellung eines Entschädigungsanspruchs jedoch nicht aus. Für den geltend gemachten Unterprovisionsanspruch scheitere eine Aufrechnung, wollte man dem Vortrag des Beklagten überhaupt eine Aufrechnungserklärung entnehmen, daran, dass die Fälligkeit noch nicht eingetreten sei, da der Anspruch nach der Vereinbarung der Parteien aufschiebend durch den Eingang der Nettomaklerprovisionen bei der Klägerin bedingt sei, an dem es unstreitig fehle.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er weiterhin die Abweisung der Klage sowie eine Widerklage auf die Zahlung von 23.382,47 € nebst Zinsen verfolgt.

Der Beklagte trägt vor, dass das Landgericht zur Hauptforderung in Höhe von 3.570 € das Bestehen einer Vollkaskoversicherung mit einem Selbstbehalt von 1000 € habe berücksichtigen müssen. Zum Internetauftritt der Klägerin werde eine Geldentschädigung in Höhe von 10.000 € aus Art. 82 DSGVO begehrt. Zum Unterprovisionsanspruch habe er – der Beklagte – erst nach der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz erfahren, dass, was die Klägerin nicht bestreitet, der Rechtsstreit über die Ausübung des Vorkaufsrechts über die veräußerte Immobilie beendet und im Januar 2020 der Kaufpreis und die Hauptprovision an die Klägerin gezahlt worden seien. Eine diesbezügliche Aufrechnungserklärung sei in der ersten Instanz nicht erfolgt. Das Landgericht habe zu Unrecht die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung angenommen, da die Parteien lediglich über die Fälligkeit des Unterprovisionsanspruchs gestritten hätten. Er rechne zunächst mit dem Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den Internetauftritt der Klägerin und an zweiter Stelle mit dem Unterprovisionsanspruch gegen die Klageforderungen auf und mache den überschießenden Betrag des Unterprovisionsanspruchs in Höhe von i.H.v. 23.382,47 € mit der Widerklage geltend.

III.

Die zulässige Berufung wird keinen Erfolg haben können. Das Landgericht hat zu Recht den Beklagten zur Erbringung der ausgeurteilten Zahlungen an die Klägerin verurteilt. Die mit der Berufung dagegen erhobenen Einwände greifen nicht durch.

Zum Eintreten der Vollkaskoversicherung hat das Landgericht zu Recht darauf abgehoben, dass nach dem Inhalt des über die Beschädigungen des Fahrzeugs gefertigten Kostenvoranschlags (Bl. 264 d. A.) auf den Unfallschaden an der rechten Fahrzeugseite ein Betrag entfällt, der die unstreitige Selbstbeteiligung in Höhe von 1.000 € nicht erreicht. Für die übrigen Schäden am Fahrzeug, insbesondere für den – kostenträchtigen – Heckschaden, ist nicht, auch nicht in der Berufung, dargetan, dass sie auf Geschehnissen beruhen, die zu Ansprüchen aus der Vollkaskoversicherung geführt haben; der Beklagte selbst bezeichnet in der Berufungsbegründung den Schadenshergang zum Heckschaden als ungeklärt. Insoweit ist auch in der Berufung davon auszugehen, dass die Klägerin dem Beklagten richtigerweise und ohne eine Berücksichtigung der Vollkaskoversicherung die für die Schäden am Fahrzeug angefallenen Beträge in Rechnung gestellt hat.

Das gilt auch für die diesbezügliche Umsatzsteuer. Dem Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, dass die Klägerin in der ersten Instanz eine Reparatur des Fahrzeugs nicht vorgetragen habe. Die Klägerin hat im Gegenteil in der ersten Instanz im Schriftsatz vom 14.4.2020 (Bl. 260 ff. 262 d. A.) ausdrücklich dargelegt, dass die Schäden an dem Fahrzeug zu einem Gesamtpreis von 3.570 € beseitigt worden seien. Nachdem der Beklagte dies in der ersten Instanz nicht bestritten hat, sind Einwendungen dagegen in der Berufung nach §§ 529, 531 ZPO nicht mehr möglich.

Im Hinblick auf die vom Beklagten erklärten Aufrechnungen kann das Bestehen eines Anspruchs auf die Zahlung einer Geldentschädigung wegen einer unzulässigen Nutzung seines Fotos und seines Namens auf der Internetseite der Klägerin – auch in der Berufung – nicht erkannt werden. Ein solcher Anspruch folgt entgegen der Ansicht des Beklagten nicht aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO. Nach dieser Vorschrift steht zwar jeder Person, der wegen eines Verstoßes gegen die Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Dem Beklagten ist auch noch darin beizutreten, dass im Lichte des Erwägungsgrunds Nr. 146 zur DSGVO der Begriff des Schadens im Sinne der Erreichung der Ziele der Verordnung weit auszulegen ist und die Vorschrift auch der Abschreckung dient (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.2.2021, 17 Sa 37/20, zitiert nach juris). Ebenso ist nach der einschlägigen Rechtsprechung (LAG Baden-Württemberg a. a. O.) der Anspruch aus Art. 82 DSGVO nicht auf schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu beschränken. Allerdings muss auch nach dem Erwägungsgrund Nr. 146 zur DSGVO ein Schaden entstanden sein und nicht lediglich befürchtet werden, erst recht reicht der bloße Verstoß gegen eine Bestimmung der DSGVO für die Entstehung eines Entschädigungsanspruchs nicht aus (LAG Baden-Württemberg a. a. O.), wobei die anspruchstellende Partei im Rechtsstreit die Entstehung eines materiellen oder immateriellen Schadens darzulegen hat (vgl. LAG Baden-Württemberg a. a. O.). An einer solchen Darlegung fehlt es auf Seiten des Beklagten. Das Landgericht hat zu Recht hervorgehoben, dass der Beklagte in der ersten Instanz lediglich pauschal eine Entstehung von Nachteilen für seine Tätigkeit als freier Immobilienmakler in den Raum gestellt hat, ohne solche in tatsächlicher Hinsicht substantiiert und einlassungsfähig vorzutragen. Dieser Substantiierungsmangel ist in der Berufung nicht behoben worden; auch in der Berufungsbegründung werden keine konkreten Beeinträchtigungen dargetan. Damit ist das Vorbringen des Beklagten zum Vortrag der Entstehung eines Schadens im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht geeignet, weshalb eine Entstehung von Zahlungsansprüchen nach dieser Vorschrift nicht erkannt werden kann.

Zum Bestehen eines Unterprovisionsanspruchs des Beklagten gegen die Klägerin stellt die Berufung klar, dass der erstinstanzliche Vortrag über eine Verrechnung gegen die Ansprüche der Klägerin (Bl. 113 d. A.) keine Aufrechnungserklärung nach § 388 BGB hat darstellen sollen. Das führt indes dazu, dass die Aufrechnung in der Berufung neu ist und – ebenso wie die Widerklage – den Zulässigkeitsanforderungen des § 533 ZPO unterliegt. Hier fehlt es an den Voraussetzungen des § 533 Nr. 1 ZPO, da sich der Berufungserwiderung der Klägerin eine Einwilligung im Sinne dieser Vorschrift nicht entnehmen lässt und die Einführung der Aufrechnung – und erst recht der Widerklage – in den Berufungsrechtsstreit nicht als sachdienlich erachtet werden kann. Letzterem steht entgegen, dass der Beklagte mit der Geltendmachung des Unterprovisionsanspruchs und dem diesem zugrunde liegenden Sachverhalt einen völlig neuen Streitgegenstand in den Rechtsstreit einführt, der mit dem übrigen Prozessstoff nichts zu tun hat (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, § 533, Rn. 10). Wenn auch die Klägerin den neuen Tatsachenvortrag in der Berufung nicht bestreitet mit der Folge, dass der Vortrag nicht nach §§ 529, 531 ZPO präkludiert ist (vgl. Zöller/Heßler, a. a., § 531, Rn. 20, m. w. N.), würde eine Zulassung der Aufrechnung und der Widerklage gleichwohl zu umfänglichen Sach- und Rechtsprüfungen bis hin zum Erfordernis der Klärung der Frage führen, ob die Vereinbarung der Ausschlussfrist in § 14 des Vertrags der Parteien über die freie Mitarbeit des Beklagten vom 30.4.2018 (Bl. 124 ff., 128 d. A.) zulasten des Beklagten Anwendung findet oder ob es sich, wie der Beklagte in der Berufung vorträgt, um eine unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingung der Klägerin handelt. Ebenso wäre ein streitiger Vortrag jedenfalls im Hinblick auf die von der Klägerin schon in der ersten Instanz im Schriftsatz vom 23.12.2019 (Bl. 202 ff., 205 d. A.) vorgetragene E-Mail des Beklagten vom 4.5.2018 zu prüfen, deren Erhalt der Beklagte erstmals in der Berufung bestreitet, womit sich in Falle einer Zulassung der Aufrechnung und Widerklage die Frage der Präklusion nach §§ 529, 531 ZPO stellen würde. Bereits diese Erwägungen lassen eine Zulassung der Aufrechnung – und ebenso und erst recht der Widerklage – auch im wohlverstandenen Interesse des Beklagten nicht sachdienlich erscheinen, zumal im Blick auf § 14 des Vertrages vom 30.4.2018 auch die Berufungsbegründung nicht innerhalb von drei Monaten nach der Vereinnahmung der Provisionszahlung der Klägerin im Januar 2020 stattgefunden hat.

Die vorstehenden Erwägungen gelten – wie dort angesprochen – in gleicher Weise und erst recht für die Widerklage, die sich damit ebenfalls als nach § 533 Nr. 1 ZPO unzulässig darstellt.

IV.

Aus den vorstehenden Gründen wird die Berufung des Beklagten zurückzuweisen sein, weshalb der Senat zur Vermeidung weiterer Kosten deren Zurücknahme zu erwägen gibt.

 

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