AG Pfaffenhofen – Az.: 1 C 622/17 – Urteil vom 20.09.2019
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 120,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 27.06.2019 zu bezahlen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 40 % und die Beklagte 60 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann durch Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages die Zwangsvollstreckung abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss
Der Streitwert der Klage wird auf 600,00 €, der Streitwert der Widerklage auf 1.185,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger macht mit seiner Klage die Rückzahlung einer Anzahlung aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend.
Die Beklagte macht mit der Widerklage Vertragserfüllung und die Feststellung von Gläubigerverzug sowie hilfsweise Schadensersatz gegen den Kläger geltend.
Die Beklagte verkauft Bodenbeläge. Die Beklagte befand sich mit ihrem Verkaufs- und Informationsstand auf der M-Messe.
Der Kläger trat an die Beklagte heran und interessierte sich für deren Produkte. Insoweit kam es dann am 29.03.2015 zur handschriftlichen Unterzeichnung eines Auftragsformulars, der die Lieferung von 15 Fertigelementen Klassik 50 x 50 cm, enthalten 4 Fertigelemente 50 x 50 cm Klassik, Farbe „Herbstrot“ ohne Verlegung zum Einzelpreis á 119,00 €, in der Gesamtsumme mithin 1.785,00 €, die sich aus dem Nettobetrag in Höhe von 1.500,00 € zzgl. 19 % MwSt. (285,00 €) zusammensetzte, umfasst hat. Auch der Verkäufer hatte handschriftlich unterschrieben.
In den AGB ist unter § 2 Abs. 1 geregelt „Unsere Angebote sind freibleibend und unverbindlich; sie stellen lediglich eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots dar, dessen Annahme wir uns vorbehalten.“
Und unter Abs. 2 wird ausgeführt: „Die Bestellung ist ein bindendes Angebot. Wir sind berechtigt, dieses innerhalb der Frist von 2 Wochen nach dessen Eingang bei uns anzunehmen. Die Annahme erfolgt durch unsere entsprechende schriftliche Auftragsbestätigung.
§ 10 der AGB lautet:“ Für den Fall, dass wir von dem Vertrag zurücktreten und/oder Schadenersatz verlangen z.B. weil der Besteller die Erfüllung des Vertrages oder die Annahme der Lieferung oder Leistung ganz oder teilweise verweigert, ist der Besteller verpflichtet, 30% der vereinbarten Nettoauftragssumme der nicht abgenommenen Lieferung oder Leistung als Schadenersatzpauschale zu bezahlen. Der Besteller bleibt berechtigt nachzuweisen, dass uns kein oder ein wesentlich geringerer als der pauschalierte Schaden entstanden ist. Fa. EM bleibt berechtigt nachzuweisen, dass ihr ein höherer Schaden entstanden ist. Die Verpflichtung des Bestellers zur Bezahlung bereits erbrachter Lieferungen oder Leistungen bleibt dadurch unberührt.“
Anschließend zahlte der Kläger vor Ort sogleich einen Betrag in Höhe von 600,00 € per Kartenzahlung an.
Im Nachgang zu dem Kontakt auf der Mittelbayerischen Ausstellung am 29.03.2015 korrespondierten die Parteien sodann per E-Mail.
Der Kläger teilte der Beklagten mit E-Mail vom 01.04.2015 mit, dass er an dem Vertrag nicht festhalten wolle. Diese lautet:
„Hiermit kündige ich fristgerecht innerhalb der 14-tägigen Kündigungsfrist, den am 29.03.2015 aus der Messe MIBA Ingolstadt abgeschlossenen Vertrag mit der Auftrags-Nr.: 1014253 für 15 qm Fa. EM Fertigelemente. Die Kündigung hat weder mit der sehr guten Beratung bei Verkauf, noch mit der Qualität des Materials etwas zu tun, da wir am 31.03.2015 einen erheblichen Sturmschaden an unserem Haus hatten und wir das benötigte Geld leider anderweitig brauchen.“
Mit E-Mail vom 03.04.2015 antwortete der Geschäftsführer der Beklagten CB dem Kläger wie folgt auszugsweise:
„Wir sind eine seriöse Firma und ich erwarte auch von Ihnen die angebrachte Seriosität. Hierzu gehört jedoch unbedingt auch, vereinbarte Verträge wie abgeschlossen einzuhalten.
Wir haben Ihnen, wie auch sie uns bestätigen, keinen Grund oder Anlass zur Nichterfüllung des Kaufvertrages gegeben. Wir waren uns auf der Messe in allen Punkten einig und haben uns dann mit Ihnen zum Vertragsabschluss an den Tisch gesetzt. Mit Ihrem erklärten „Widerruf“ sind wir nicht einverstanden, was ich Ihnen bereits vorgestern Vormittag telefonisch mitteilte.
Unser Geschäft besteht darin, regelmäßig auf zahlreichen Verkaufsmessen, wie auch zum Beispiel auf der Messe, Kaufverträge abzuschließen und unsere Produkte zu verkaufen. Der von Ihnen gemeinte § 312 BGB findet auch durch die gesetzliche Neuregelung für unsere Vertragsabschlüsse keine Anwendung. Unser Messestand ist unser beweglicher Geschäftsraum, die hierbei gesetzlichen Bestimmungen und gegen die Rechtsprechung bzgl. beweglichen Geschäftsräumen sind eindeutig und werden vom Messeverband und den Verbraucherzentralen explizit bestätigt.
Leider sind sie trotz unserer Bemühungen nicht bereit, den vereinten Kaufpreis zu erfüllen. Ein Widerrufsrecht steht Ihnen nicht zu. Ein Anspruch oder ein Recht auf von Ihnen erklärten Rücktritt oder Kündigung oder ein gesetzliches Widerrufsrecht gibt es hierbei nicht. Verträge sind gemäß gesetzlicher Regelung einzuhalten (pacta sunt servanda). Da sie die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert haben, machen Sie sich sogar schadensersatzpflichtig.
Wir möchten betonen, dass wir jederzeit unsere vertraglichen Pflichten erfüllt haben und sie gerne als Kunden zufrieden gestellt hätten.
Ich finde es sehr schade, dass sie uns dennoch die Erfüllung unserer Vereinbarung ernsthaft und endgültig verwehrt haben. Sie sollten sich Gedanken machen ob es richtig ist, mit vertraglichen Zusicherungen derart umzugehen. Sie haben sogar per Handschlag und per schriftlichen Vertrag das Geschäft mit uns vereinbart. Wir jedenfalls haben uns redlich bemüht und wollten uns an unseren Vertrag und den mit Ihnen darin vereinbarten Konditionen halten, Sie leider nicht.
Gemäß § 10 unserer rückseitig abgedruckten AGB’s beläuft sich der Schaden auf pauschalierte 30 % des Auftragswertes, jedoch mit dem Recht auf Nachweis eines geringeren Schadens durch Sie oder den Nachweis eines höheren Schadens durch uns. Es steht uns frei, diesen „tatsächlichen Schaden“ anstatt den pauschalierten Schaden zu verlangen. Das Recht auf Berechnung nach „tatsächlichem Schaden“ oder auf Durchführung der Vertragserfüllung ist im Übrigen auch gesetzlich verankert.
Tatsächlicher Schaden im Sinne geltend gemachten Rechts setzt sich aus bisherigen Kosten der Auftragsabwicklung und auch aus entgangenem Ertrag zusammen. Den von uns geltend zu machenden Schaden haben wir unter Berücksichtigung ersparter Aufwendungen beziffern lassen und beläuft sich in Bezug auf den schriftlichen Kaufvertrag auf netto 697,60 €.
bezüglich ihrer geleisteten Anzahlung machen wir deshalb hiermit von unserem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch.
Ihre Anzahlung (600,00 €) haben wir mit unserem entstandenen Schaden verrechnet. Da der uns zustehende Schadensersatzanspruch die von Ihnen geleistete Anzahlung übersteigt, können wir bei Ihnen keine Rückzahlung durchführen.
Die Angelegenheit ist für uns somit geklärt.
Insofern die Sache unstreitig damit erledigt ist, sehen wir von einer Einforderung des noch offenen Differenzbetrages oder durch Durchsetzung der Vertragserfüllung ab.“
Mit Schreiben des Klägervertreters vom 22.07.2015 wurde die Vertretung des Klägers angezeigt und Namens und im Auftrag dessen nochmals ausdrücklich der Widerruf des geschlossenen Vertrages erklärt. Die Beklagte wurde zur Rückzahlung der geleisteten 600,00 € unter Fristsetzung zum 05.08.2015 aufgefordert.
Zahlung erfolgte nicht.
Der Kläger trägt vor, dass der beim Stand des Beklagten geschlossenen Vertrag dem Widerrufsrecht unterliege, so dass zwingend seitens der Beklagten eine Widerrufsbelehrung hätte erfolgen müssen. Ein Widerrufsrecht für den Kunden würde es grundsätzlich bei Verträgen geben, die außerhalb der Geschäftsräume eines Anbieters geschlossen werden. Da die Widerrufsbelehrung nicht erfolgt sei, habe die Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen, so dass der mit Schreiben vom 22.07.2015 erklärte Widerruf nicht verfristet sei. Im Übrigen wäre auch die mit Schreiben vom 01.04.2015 seitens des Klägers selbst erbrachte Erklärung verbraucherfreundlich in eine entsprechende Widerrufserklärung umzudeuten. Der Kläger habe im Schreiben vom 01.04.2015 „die Kündigung“ des Vertrages erklärt. Mangels Widerrufsbelehrung müsse in der juristischen Laiensphäre erst recht eine Umdeutung in einen Widerruf erfolgen können. Der Messestand der Beklagten sei kein Geschäftsraum. Die Beklagte sei erstmals auf der Messe zugegen gewesen, so dass kein regelmäßiger Geschäftsraum eines Händlers vorgelegen habe. Die Beklagte verkaufe Fertigelemente, so dass es sich nicht um individuell produzierte Ware handeln würde. Die in den AGBs der Beklagten enthaltene Regelung zum pauschalierten Schadensersatz sei unwirksam. Weiter führt der Kläger aus, dass im streitgegenständlichen Fall katalogartig gefertigte Ware in den katalogartig angebotenen Größen und Farben bestellt worden seien. Es würden keine Sonderanfertigungselemente vorliegen. Abzustellen sei auf die gewöhnliche Ausübung zum konkret streitrelevanten Zeitpunkt. Aus der Sphäre der Beklagten selbst sei kein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen, das Angebot des Klägers als Verbraucher wurde durch dessen Schreiben vom 01.04.2018 widerrufen bzw. zurückgezogen, also noch bevor eine entsprechende schriftliche Auftragsbestätigung des Beklagten erfolgt sei. Daher würde bereits kein wirksamer Vertragsschluss bestehen. Auf der MIBA sei mit Vertragsschlüssen ansprechenden Unternehmen nicht zu rechnen gewesen, insbesondere im Hinblick auf die der Beklagten vertriebenen Fliesen sei der Messestand der Beklagten vom Erscheinungsbild her und der Lage auf der Messe in der Nähe befindlicher Ständer und der Ort der Messe hier so gestaltet gewesen, dass ein normal informierter verständiger Verbraucher vernünftigerweise nicht damit rechnen musste, dass der betreffende Unternehmer dort seine Tätigkeit ausübt und ihn anspricht, um einen Vertrag zu schließen. 30 % des pauschalierten Schadensersatzes würden lediglich 535,50 € entsprechen, so dass diesbezüglich 64,50 € Überzahlung vorliege. Die pauschalierte Schadensersatzklausel in den AGBs sei gemäß § 309 Nr. 5 BGB bei einer Kündigung bereits 2 Tage nach Vertragsschluss, zu einem Zeitpunkt vor Produktionsbeginn, unangemessen hoch und deshalb unwirksam. Bei Ansatz einer Pauschalvergütung vor Produktionsbeginn sei in der Rechtsprechung eine Pauschalierung von 5 bis 10 % des Kaufpreises nicht zu beanstanden, die vorliegende Pauschale von 30 % gehe weit darüber hinaus. Als Vergleichsmaßstab sei auf § 649 S. 3 BGB abzustellen, wonach 5 % der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung vom der vereinbarten Vergütung abzuziehen sei. Im Kaufrecht sei eine Pauschalierung von 40 % als überhöht angesehen, lediglich eine Pauschalierung von 5 % noch als angemessen erachtet worden.
Der Kläger beantragt zuletzt, die Beklagte zahlt an den Kläger 600,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.08.2015.
Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.
Dem Kläger steht kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu. Der zwischen den Parteien unstreitig am 29.03.2015 geschlossene Kaufvertrag sei gültig. Der nach § 312 g BGB in Verbindung mit §§ 312 b, 355 BGB ausgesprochene Widerruf sei unwirksam. Der auf der Messe geschlossene Kaufvertrag sei nicht außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden. Insoweit könnten auch bewegliche Räume wie ein Messestand einen Geschäftsraum darstellen, soweit der Unternehmer dort seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübe. Die Messe sei eine klassische Verkaufsmesse insbesondere mit Schwerpunkt im Themenbereich Bauen, Wohnen und Haushalt. Bei dem von der Beklagten hergestellte Ware handle es sich nicht um Fertigware, vielmehr verkauft die Beklagte individuell für jeden Kunden in Einzelchargen hergestellte Ware aus natürlichen Bestandteilen. Die Ware werde in zahlreichen Farbzusammenstellungen, Größen, Stärken, Qualitäten für Außen- und Innenbereich und ähnliche auf Kundenwunsch und nach Bestellung hergestellt. Die Bezeichnung als Fertigelement bringe nur zum Ausdruck, dass das an den Kunden ausgelieferte Produkt zur sofortigen Verlegung fertig sei.
Widerklagend trägt die Beklagte vor, dass ihr ein Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises aus dem Kaufvertrag zustehe. Der Kläger habe mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er die Ware nicht abnehmen und den Kaufpreis nicht zahlen werde. Damit entfalle die Vorleistungspflicht der Beklagten zur Bereitstellung der Ware. Der Kläger könne sich deshalb nicht auf die Einrede des nichterfüllten Vertrages berufen. Auch bestünde ein Feststellungsinteresse hinsichtlich des bestehenden Gläubigerverzuges. Die Erklärung aus der E-Mail vom 03.04.2015 stehe der Widerklageforderung nicht entgegen. In der Gesamtzusammenschau der Erklärung des Beklagten in der E-Mail vom 03.04.2015 sei keine eindeutige Erklärung dahingehend abgegeben, dass die Beklagte vom Kläger Schadensersatz anstelle der Vertragserfüllung verlange. Die Erklärung des Beklagten als einseitige Willenserklärung sei auslegungsbedürftig. Auszulegen sei der konkrete Erklärungsakt, nämlich der Wortlaut sowie die außerhalb der Erklärung liegenden Umstände, die einen Schluss auf den Sinn der Erklärung und damit auf ihren rechtlichen Inhalt zulasse. Richtig sei, dass die Erklärung mit eindeutigem Inhalt kaum Raum für Auslegung gebe. Jedoch sei es Rechtsfrage, ob eine Erklärung wirklich eindeutig sei. In der Erklärung vom 03.04.2015 bringe die Beklagte zunächst zum Ausdruck, dass sie bezüglich der vom Kläger zurückgeforderten Anzahlung von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch mache. In der nächsten Zeile spreche die Beklagte zwar davon, dass sie die Anzahlung mit ihrem Schaden verrechne und die Angelegenheit somit erledigt sei. Die Berufung auf das nur vorläufig wirkende Zurückbehaltungsrecht und zeitgleich auf die endgültig wirkende Verrechnung sei in sich widersprüchlich. Die einzig klare Aussage der Beklagten an den Kläger gehe dahin, dass eine Rückzahlung der Anzahlung in keinem Fall geschuldet sei. Im Nachsatz komme dann das Einigungsangebot, nämlich der Vorschlag, dass im Falle der Zustimmung zu der moderaten Erhöhung der Schadenspauschale von 535,00 € (30 % des Vertragswertes) auf 600,00 €, die Beklagte auf den tatsächlich höheren eingetretenen Schaden oder auf die Durchsetzung der Vertragserfüllung verzichte. Die Zustimmung sei verweigert worden. Zu Recht bestehe die Beklagte deshalb auf Durchführung des Kaufvertrages. Soweit die Beklagte auf die Forderung von Schadensersatz anstelle der Vertragserfüllung verwiesen sei, so sei der Kläger dazu verpflichtet, den Schaden der Beklagten in voller Höhe zu erstatten. Der Kläger sei nach §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig. Einer Nachfristsetzung bedürfe es nicht, da der Kläger die Leistung verweigert habe. Der Schadensersatz sei aus dem Nettokaufpreis in Höhe von 1.500,00 € zu ermitteln. Es seien ausschließlich die Kosten der Warenbeschaffung durch die Beklagte abzusetzen, weitere Kosten seien der Beklagten bei Durchführung des Vertrages nicht entstanden, insbesondere Versandkosten nicht, da diese gesondert vom Kläger zu zahlen wären gemäß vertraglicher Vereinbarung. Für die beschaffene Ware hätte die Beklagte einen Anschaffungspreis in Höhe von netto 780,00 € bezahlt. Die Beklagte lasse auf jede Kundenbestellung die Ware bei der Firma D als ihren exklusiven Vertragspartner einzeln produzieren. Hier würde eine Rahmenvereinbarung zwischen der Beklagten und der Firma D. bestehen. Danach ergebe sich ein Schaden in Höhe von 720,00 €, unter Berücksichtigung der geleisteten Anzahlung in Höhe von 600,00 €, wären noch 120,00 € offen.
Widerklagend beantragten die Beklagten
1. Der Kläger/Widerbeklagte wird dazu verurteilt, an die Beklagte/Widerklägerin 1.185,00 € zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Widerklage Zug um Zug gegen Bereitstellung von 15 qm Fußbodenbelag „Fertigelement Klassik 50 x 50 cm, enthält 4 Fertigelemente á 50 x 50 cm Klassik, Farbe herbstrot, Körnung 2 bis 4“.
2. Es wird festgestellt, dass der Kläger sich in Gläubigerverzug mit der Annahme der im Widerklageantrag Ziffer 1 bezeichneten Ware befindet,
hilfsweise:
3. Der Kläger wird auf die Widerklage dazu verurteilt, an die Beklagte 120,00 € zu bezahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit des Hilfsantrages.
Der Kläger beantragt, Klageabweisung der Widerklage und Hilfswiderklage.
Es sei schon kein wirksamer Vertrag zustande gekommen unter Berücksichtigung von § 2 der AGB der Beklagten und des erfolgten Widerrufs mit Schreiben vom 01.04.2015 des Klägers. Darüber hinaus sei der Vertrag widerrufen worden. Ferner sei der Kläger vom Vertrag zurückgetreten. Die Beklagte regle den Fall des Rücktritts unter § 10 der AGB. Dementsprechend habe die Beklagte hier mit Schreiben vom 03.04.2015 die Geltendmachung von Schadensersatz gewählt, was die spätere Berufung auf Erfüllung des Vertrages ausschließe. In rechtlicher Hinsicht sei somit gemäß § 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung von der Gegenseite geltend gemacht worden, gemäß § 281 Abs. 4 BGB erlösche demnach der Erfüllungsanspruch, wenn der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung verlange. Die E-Mail der Beklagten sei derart konkret und unmissverständlich formuliert, dass kein Raum für eine Auslegung verbleibe. Die Ausführungen der Beklagten hierzu seien unverständlich. Die Erklärung sei auch unwiderruflich. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt ihre konkrete Berechnungsgrundlage für den Schadensersatz offengelegt. Nach dem Wortlaut der Erklärung würde kein Vorschlag zur gütlichen Einigung vorliegen, sondern es sei der Schadensersatz genau beziffert und mit der Anzahlung verrechnet worden. Die nunmehr vorgelegte Schadensberechnung sei nicht nachvollziehbar.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und auf deren dortigen Vortrag und auf deren übersandte Anlagen sowie auf das Protokoll vom 29.05.2019 und 17.07.2019 und auf die informatorische Anhörung des Geschäftsführers der Beklagten sowie auf die Vernehmung der Zeugin BA vollinhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Amtsgericht Pfaffenhofen war zuständig.
Diesbezüglich ist auf den Tatsachenvortrag der Klagepartei abzustellen, so dass wegen des Vortrags der Klagepartei im Hinblick auf den Widerruf des Vertragsschlusses für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verbraucherverträgen die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gegeben ist. Insoweit ergibt sich die Zuständigkeit zugleich aus den zur Begründung des erhobenen Anspruchs vorgebrachten Tatsachen. Diese wurden schlüssige vorgetragen, so dass sich die Zuständigkeit des AG Pfaffenhofen bereits aus der „doppelt relevanten Tatsache“ ergibt.
Daneben könnte auch argumentiert werden, dass sich die Beklagtenseite aufgrund der erhobenen eigenen Widerklage im hiesigen Gerichtsstand, ohne weiterhin die Verweisung darselbst zu beantragen, nunmehr rügelos auch bzgl. der Klage eingelassen hat und fürderhin die Zuständigkeit nicht mehr angreift.
Letztlich bestand aber jedenfalls die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts.
I.
Die zulässige Klage war als unbegründet abzuweisen.
Unstreitig hatten die Parteien am 28.03.2015 am Messestand der Beklagten auf der Messe einen Vertrag über den Erwerb von 15 qm Fußbodenbelag, Fertigelement Klassik 50 x 50 cm, enthält 4 Fertigelemente á 50 x 50 cm Klassik, Farbe Herbstrot, Körnung 2 bis 4, geschlossen.
Diesbezüglich hatte der Kläger auch eine Anzahlung in Höhe von 600,00 € geleistet.
Entgegen der Auffassung des Klägers konnte sich dieser von dem streitgegenständlichen Vertrag nicht lösen.
1.
Entgegen der Auffassung der Klagepartei war ein wirksamer Vertrag zustande gekommen.
Diesbezüglich ist der Kläger der Auffassung, dass bereits aus Sicht der Beklagten selbst kein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen sei, da das Angebot des Klägers als Verbraucher vom 29.30.2015 aufgrund seines Schreibens vom 01.04.2015 zurückgezogen worden sei, noch bevor eine entsprechende schriftliche Auftragsbestätigung durch die Beklagte erfolgen konnte.
Der Kläger zieht diese Schlüsse u.a. aus § 2 Abs. 1 und Abs. 2 der AGB´s. Dort ist geregelt, dass das Angebot freibleibend und unverbindlich sei. Insoweit würde seine schriftliche Erklärung vom 29.03.2015 lediglich eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots darstellen, die Annahme durch die Beklagte vorbehalten. Insoweit führen die AGB´s unter § 2 Abs. 2 weiter aus, dass es sich bei der Bestellung nur um ein bindendes Angebot des Verbrauchers handle, wohingegen die Beklagte innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Eingang dieses Angebots berechtigt sei, dieses anzunehmen oder nicht. Diesbezüglich müsse nach § 2 Abs. 2 AGB die Annahme durch entsprechende schriftliche Auftragsbestätigung erfolgen. Eine solche schriftliche Auftragsbestätigung liege ersichtlich aber gerade nicht vor. Darüberhinaus sei bei dem im Formular enthaltenen Auswahlmöglichkeit „Verbindliche Bestellung/Kaufvertrag“ und „Änderungsvertrag“ das Kreuzchen bei „Verbindliche Bestellung/Kaufvertrag“ gesetzt worden, ohne das eine konkrete Wahl entweder verbindliche Bestellung oder Kaufvertrag erfolgt sei. Insgesamt betrachtet ist der Kläger daher der Auffassung, dass schon kein wirksamer Vertrag zustande gekommen sei. Eine Auftragsbestätigung seitens der Beklagten gebe es nicht, umgekehrt habe der Kläger durch sein Schreiben vom 01.04.2015 sein Angebot widerrufen bzw. zurückgezogen, so dass es später nicht mehr durch die Beklagte angenommen werde hätten können.
Die Auffassung des Klägers übersieht allerdings, was von Klägerseite völlig ausgeblendet wird, dass die Beklagtenseite unmittelbar durch das Unterzeichnen des Formulars gleichzeitig mit der Unterschrift des Klägers das Angebot sofort angenommen hat. Hierin liegt schon die schriftliche Auftragsbestätigung und die schriftliche Annahme des Angebots des Klägers. In § 2 AGB ist gerade nicht geregelt, wie diese Auftragsbestätigung erfolgen soll. Daher bestand bei gleichzeitiger Anwesenheit des Verkäufers der Beklagten die Möglichkeit, das Angebot des Klägers auch sofort unmittelbar anzunehmen. Die Beklagte hätte sich nach § 2 Abs. 2 AGB hierfür 2 Wochen Zeit lassen können, musste dies aber nicht; denn § 2 der AGB verhindert nicht, dass die Beklagtenseite auch unmittelbar sofort das Angebot des Verbrauchers und hier des Klägers annimmt. Damit liegen zwei korrespondierende Willenserklärungen gem. §§ 145 ff. BGB vor. In diesem Sinne stellt die Unterzeichnung des Formulars durch die Beklagtenseite gleichzeitig die Auftragsbestätigung in dem Sinn von § 2 Abs. 2 der AGB dar.
Beiden Parteien war unmittelbar nach beiderseitiger Unterschriftsleistung bewusst und gegenwärtig, dass hier ein wirksamer Vertrag über die streitgegenständliche Ware geschlossen worden war.
2.
Der Kläger hatte weder einen Kündigungs- noch einen Rücktrittsgrund.
a.
Entsprechend seiner E-Mail vom 01.04.2015 an die Beklagte hatte dieser mitgeteilt, dass „die Kündigung (…) weder mit der sehr guten Beratung beim Verkauf, noch mit der Qualität des Materials etwas zu tun (hat), da wir am 31.03.2015 einen erheblichen Sturmschaden an unserem Haus hatten und wir das benötigte Geld leider anderweitig brauchen.“ Dies zeigt bereits, dass der Kläger hier nicht etwa wegen Schlecht- oder Falschberatung oder einem Qualitätsmangel sich vom Vertrag lösen wollte, sondern aus finanziellen Gründen.
Die finanzielle Lage hatte sich offensichtlich aufgrund eines Sturmschadens am Haus am 31.03.2015, damit 2 Tage nach Vertragsschluss derart geändert, dass dieser sich genötigt sah, sich vom Vertrag zu lösen, da er das Geld anderweitig benötigte. Dies stellt jedoch weder einen Kündigungs- noch einen Rücktrittsgrund dar.
b.
Ein Rücktrittsrecht im Umkehrschluss aus § 10 der AGB für die Klägerseite herauszulesen widerspricht schon dem Wortlaut von § 10 der AGB, denn § 10 AGB regelt die Rückabwicklung des Vertrages zugunsten der Beklagtenseite. Insoweit kann schon die Klägerseite dem Wortlaut nach kein eigenes Rücktrittsrecht ableiten.
Auch nach Treue und Glauben gemäß § 242 BGB entstand für die Klägerseite aus § 10 der AGB nicht ein gleichwertiges Rücktrittsrecht.
In § 10 der AGB wird vielmehr klargestellt, dass auf Seiten der Beklagten ein Wahlrecht besteht, entweder die Erfüllung der Primärrechte oder die Geltendmachung von Sekundärrechten insbesondere Schadensersatz im Falle einer Leistungsstörung auf Klägerseite zu haben.
3.
Der Kläger konnte sich aber auch nicht mittels Widerrufs vom streitgegenständlichen Vertrag lösen.
Der Kläger hatte kein Widerrufsrecht.
Der Kläger leitet sein Widerrufsrecht, nachdem unstreitig keine Widerrufsbelehrung erfolgt war, daraus her, dass er den streitgegenständlichen Vertrag auf der Messe geschlossen hatte.
Streitig war zwischen den Parteien letztlich, ob der streitgegenständliche Vertrag einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag im Sinne der §§ 312 b, 312 d, 312 g, Abs. 1 BGB darstellt und nach diesen Regelungen der Kläger ein Widerrufsrecht hatte.
a.
Geschäftsraum in diesem Sinne sind gemäß § 312 b Abs. 2 BGB unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt.
Die Frage eines Widerrufsrechts bei Käufen auf Messeständen war in jüngerer Vergangenheit häufiger Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen, wobei vor allem fraglich und streitig war, was unter dem Merkmal „für gewöhnlich“ im Zusammenhang mit Messeständen zu verstehen ist.
Der Bundesgerichtshof legte insofern mit Beschluss vom 13.07.2017, I ZR 135/16, BeckRS 2017, 119840, dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
1. Handelt es sich bei einem Messestand in einer Halle, den ein Unternehmer während einer für wenige Tage im Jahr stattfindenden Messe zum Zweck des Verkaufs seiner Produkte nutzt, um einen unbeweglichen Gewerberaum i.S.v. Art. 2 Nr. 9 Buchst. a RL 2011/83/EU oder um einen beweglichen Gewerberaum i.S.v. Art. 2 Nr. 9 Buchst. b RL 2011/83/EU?
2. Für den Fall, dass es sich um einen beweglichen Gewerberaum handelt:
Ist die Frage, ob ein Unternehmer seine Tätigkeit „für gewöhnlich“ auf Messeständen ausübt, danach zu beantworten,
a) wie der Unternehmer seine Tätigkeit organisiert oder
b) ob der Verbraucher mit dem Vertragsschluss über die in Rede stehenden Waren auf der konkreten Messe rechnen muss?
3. Für den Fall, dass es bei der Antwort auf die zweite Frage auf die Sicht des Verbrauchers ankommt (Frage 2 b):
Ist bei der Frage, ob der Verbraucher mit dem Vertragsschluss über die konkreten Waren auf der in Rede stehenden Messe rechnen muss, darauf abzustellen, wie die Messe in der Öffentlichkeit präsentiert wird, oder darauf, wie die Messe sich dem Verbraucher bei Abgabe der Vertragserklärung tatsächlich darstellt?
Hintergrund des Vorlagebeschlusses war ein Fall, in dem eine Verbraucherzentrale gegen eine Vertriebsgesellschaft klagte, die auf der in Berlin stattfindenden Messe „Grüne Woche“ Produkte ausstellt und im Streitfall auf dieser Messe einen Dampfstaubsauger verkaufte.
Unternehmerische Tätigkeiten, die an wechselnden Orten für jeweils nur kurze Zeiträume außerhalb stationärer Ladengeschäfte – wie etwa auf Markt und Messeständen – ausgeübt werden, finden nach obergerichtlicher Rechtsprechung in „beweglichen Gewerberäumen“ statt, auch wenn es sich um eine Halle auf einer Messe handelt (vgl. BGH a.a.O.; OLG München, 15.03.2017, 3 U 3561/16); dies betraf die erste Vorlagefrage.
Die zweite Vorlagefrage betraf die Fragestellung, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob der Unternehmer seine Tätigkeiten „für gewöhnlich“ in diesen Gewerberäumen ausübt. Zum Teil wird vertreten, darauf abzustellen, ob der Unternehmer eine bestimmte Vertriebsmethode für gewöhnlich nutzt, ob er also regelmäßig in beweglichen Gewerberäumen seine Produkte vertreibt, oder ob dies nur ausnahmsweise geschieht (vgl. Nachweise bei BGH a.a.O. Rdnr. 17). Nach anderer Auffassung kommt es für diese Frage nicht darauf an, wie der Unternehmer seine Vertriebstätigkeit organisiert, sondern auf die Sicht des Verbrauchers, wofür vor allem der Sinn und Zweck des Widerrufsrechts herangezogen wird. Der Verbraucher soll vor übereilten Vertragsabschlüssen geschützt werden, zu denen es in einer den Verbraucher überraschenden Situation oder unter psychischen Druck kommt, wobei in diesem Zusammenhang auch danach differenziert wird, ob auf einem Jahrmarkt oder einer Messe messetypische Produkte zum Kauf angeboten werden, so dass der Verbraucher mit entsprechenden Angeboten rechnen musste, oder ob es sich um fachfremde Produkte handelt, deren Angebot für den Verbraucher nicht zu erwarten war (vgl. Nachweise bei BGH a.a.O. Rdnr. 20).
Die dritte Vorlagefrage betraf letztlich die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Schutz des Verbrauchers einsetzen soll, ob auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem sich der Verbraucher entschließt eine Messe zu besuchen – so dass die tatsächlichen Gegebenheiten auf der Messe unerheblich wären, sondern entscheidend wäre, welche Erwartungen der Verbraucher nach den ihm verfügbaren Informationen über das Waren- und Dienstleistungsangebot auf der Messe haben konnte – oder auf den Zeitpunkt der Vertragserklärung abzustellen wäre – dann käme es auf die tatsächlichen Verhältnisse an Ort und Stelle an, nicht dagegen auf die Präsentation in der Öffentlichkeit. (vgl. BGH a.a.O. Rdnr. 24).
Der Europäische Gerichtshof hat mit Entscheidung RS.C-485/17 vom 07.08.2018 (GRUR 2018, 943 ff.) sich zu diesen Vorlagefragen geäußert und u.a. ausgeführt, der Ausdruck „für gewöhnlich“ im Sinne der entsprechenden EU-Richtlinie sei als Verweis auf die Üblichkeit der Ausübung der in Rede stehenden Tätigkeit in der betreffenden Räumlichkeit zu verstehen. Der EuGH stellt darauf ab, dass nach den Erwägungsgründen der Richtlinie der Begriff „Geschäftsräume“ auf die Örtlichkeiten abziele, an denen für den Verbraucher der Umstand, dass er zu kommerziellen Zwecken angesprochen wird, kein Überraschungsmoment darstellt. Für die Frage ob ein Messestand in einem bestimmten Fall unter den Begriff „Geschäftsräume“ zu subsumieren sei, sei das konkrete Erscheinungsbild dieses Standes aus Sicht der Öffentlichkeit zu berücksichtigen und genauer, ob er sich in den Augen eines Durchschnittsverbrauchers als ein Ort darstellt, an dem der Unternehmer, der ihn innehat, seine Tätigkeiten, einschließlich saisonaler, für gewöhnlich ausübt, so dass ein solcher Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen kann, dass er, wenn er sich dort hinbegibt, zu kommerziellen Zwecken angesprochen wird. Relevant ist hierbei die Wahrnehmung durch den Durchschnittsverbraucher, d.h. einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher. In diesem Zusammenhang sei es Sache des nationalen Gerichts, das Erscheinungsbild, das der betreffende Stand dem Durchschnittsverbraucher bietet, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände rund um die Tätigkeiten des Unternehmers und insbesondere der vor Ort auf der Messe selbst verbreiteten Informationen zu beurteilen. Die Dauer der jeweiligen Messe ist insoweit für sich genommen nicht ausschlaggebend.
Der EuGH hat leider davon abgesehen, in dieser Entscheidung klare Kriterien für die Beurteilung zu benennen. Aus den Ausführungen des EuGH geht allerdings hervor, dass insbesondere auch die tatsächlichen Umstände vor Ort von erheblicher Bedeutung sind, es nicht ausschließlich auf die vorab bestehenden Informationen über die Messe ankommen soll. Maßgeblich ist das Erscheinungsbild des Messestandes, mithin ist die Frage, ob der Unternehmer seinen Vertrieb ausschließlich in dieser Form organisiert, nicht entscheidend. Letztlich bestätigen nach Dafürhalten des erkennenden Gerichts die Ausführungen des EuGH die Auffassung des im dortigen Streitfall zuletzt entscheidenden Gerichts, des OLG Karlsruhe (10.06.16, 4 U 2017/15, BeckRS 2016, 11358).
Das OLG Karlsruhe hatte im dortigen Fall schon verneint, dass es sich bei dem Dampfsauger in Bezug auf die Grüne Messe um ein fachfremdes Produkt handle.
Zudem führt das OLG Karlsruhe, nach Ansicht des erkennenden Gerichts durchaus treffend, aus: „Aber selbst der Messebesucher, der sich über die Produktpalette keine näheren Gedanken gemacht und weder den Lageplan noch den Hallenbelegungsplan studiert hat, gerät angesichts des Warenangebots der Beklagten nicht unter unangemessenen psychischen Druck (…) Letztlich findet sich auch der zufällige Besucher der Halle in keiner anderen Lage als jeder Verbraucher, der beim Bummel durch eine beliebige Ladenzeile oder ein Kaufhaus in ein Geschäftslokal oder eine Abteilung gerät, die er ursprünglich nicht im Sinn hatte. Für Spontankäufe ist der Verbraucher in dieser Situation selbst verantwortlich. Eines Widerrufsrechts bedarf er nicht.“ (OLG Karlsruhe a.a.O. Rdnr. 12).
b.
Nicht anders ist der Fall auch hier zu betrachten.
Darlegungs- und beweisbelastet für die Umstände, die zu einer entsprechenden Beurteilung als „Nicht-Geschäftsraum“ führen sollen, war der Kläger.
Die Beweislast für die vorliegenden situationsbedingten Voraussetzungen des § 312 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 BGB trägt der Verbraucher nach allgemeinen Grundsätzen, es handelt sich um eine für den Kläger günstige Tatsachenbehauptung, auf die dieser eine ihm günstige Rechtsfolge, nämlich das Bestehen eines Widerrufsrechts, stützen will.
In der Literatur wird zum Teil zwar angenommen, sofern der Vertrag dem äußeren Anschein nach nicht in einem Geschäftsraum abgeschlossen worden sei, müsse der Unternehmer beweisen dass er dort seine Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübe (vgl. Palandt/Grüneberg 78. Aufl. § 312b Rdnr. 3), wobei hier allerdings (vgl. Palandt/Grüneberg a.a.O.Rdnr. 2) gleichzeitig auf eine nur sporadische Tätigkeit, mithin auf ein nach obigen Ausführungen gerade nicht relevantes Zeitmoment abgestellt wird. Zum Teil wird sogar generell davon ausgegangen, der Unternehmer müsse die „Anwendungsausnahmen“ nach § 312 Abs. 2 BGB darlegen und beweisen (vgl. Tamm/Tonner, 2. Auflage 2016, D VI. Rdnr. 99, nach beck-online). Nach Dafürhalten des Gerichts findet diese Auffassung allerdings im Gesetz keine Grundlage. Das Gesetz trifft hier keine gesonderte Beweislastregelung. Nach allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen hat der Verbraucher die situativen Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Widerrufsrechts darzulegen und zu beweisen (so auch etwa LG Traunstein, 25.07.2016, 7 O 2383/15, BeckRS 2016, 116888). Auch sofern man davon ausgehen würde, dass den Unternehmer eine Beweislast trifft, sofern der äußere Anschein gegen einen Geschäftsraum spricht, ist festzustellen, dass auch der entsprechende äußere Anschein erst einmal vom Verbraucher dargelegt und bewiesen werden müsste. Der genannten Auffassung von Tamm/Tonner ist zudem schon deshalb nicht zuzustimmen, da es sich schon nach der Konstruktion der Regelung gerade nicht um eine „Anwendungsausnahme“ handelt. Die Regelung in § 312 b Abs. 2 BGB enthält vielmehr die gesetzliche Definition dafür, was unter den Tatbestandsmerkmalen des Abs. 1 insoweit zu verstehen ist. Mithin handelt es sich gerade nicht um eine „Ausnahme“ von einer Grundregelung, demzufolge ist auch das Gesetz an dieser Stelle nicht in entsprechender Art und Weise (etwa mit „es sei denn, dass“) formuliert.
Letztlich spricht hierfür auch die Entscheidung des EuGH, der zwar bedauerlicherweise davon abgesehen hat, tragfähige Kriterien für die Beurteilung im Einzelfall aufzustellen, jedoch ersichtlich auf die – auch vom Verbraucher ohne Weiteres wahrnehmbaren – tatsächlichen Umstände wie insbesondere das Erscheinungsbild des Messestands und der vor Ort auf der Messe verbreiteten Informationen, abstellt. Dies sind jedoch Umstände, die auch ohne Weiteres der Wahrnehmung durch den Verbraucher zugänglich sind. Anders wäre dies zu sehen, würde man für die Beurteilung des Merkmals „gewöhnlich“ maßgeblich auf die sonstige Vertriebsstruktur des Unternehmers abstellen, wie zum Teil diskutiert worden war. Gerade darauf kommt es aber nach der Rechtsprechung des EuGH und auch diverser nationaler Gerichte nicht entscheidend an.
Insgesamt sieht das Gericht daher keinen Grund, von der sich nach allgemeinen Regeln ergebenden Beweislastverteilung abzuweichen.
Dem Kläger ist der Nachweis im streitgegenständlichen Fall jedoch nicht gelungen, dass es sich bei dem Messestand der Beklagten nicht in diesem Sinne um einen Geschäftsraum handelte.
Vielmehr sprechen im Gegenteil die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse gerade dafür, dass (auch) am betreffenden Stand der Beklagten aus Sicht eines verständigen Durchschnittsverbrauchers damit zu rechnen war, dass bei Aufsuchen des Standes der Unternehmer, der dort seine Geschäfte betreibt, versucht, einen Vertragsschluss anzubahnen.
Die Beklagte legte einen Ausdruck aus dem Internet über die Messe vor (Anlage B3), desweiteren einen Flyer über die Messe (Anlage B4), in dem auch einen Messeplaner der betreffenden Messe vorhanden war. Daneben legte die Beklagte auch eine Aufstellung vor, in der sie ihre Präsenz auf verschiedenen Messen zwischen 11.01.2013 und 29.03.2015 darlegte (Anlage B5).
Nach den Ausführungen des EuGH ist durchaus auch die konkrete Präsentation vor Ort von Bedeutung.
Hierzu machte die Zeugin BA folgende Ausführungen:
„Ich mach Verkauf auf Messen, Buchhaltung, Angebotsbearbeitung, alles was so buchungstechnisch anfällt. Es gibt keinen Laden. Wir sind auf der Messe zum Verkaufen oder im Büro, um die Aufträge abzuwickeln. Das Büro ist bei uns zu Hause. Dort werden die Aufträge abgewickelt. (…) Wir verkaufen Natursteinteppich in Plattenform. Die werden erst produziert, wenn der Kunde sie bestellt hat. Es gibt fertige Maße. Als Beispiel 50 x 50 oder 60 x 40 oder 1 m x 30. Farben gibt’s unendlich viele, weil man kann die Farben selbst zusammenmischen. Wir lassen das produzieren. Man braucht eine Vorlage und dann kann man das machen, individuell herstellen lassen. Der Herr KL hatte 50 x 50 Platten in Farbe ausgesucht. Auf der Messe haben wir 2 Mustertafeln, wo insgesamt 50 Farben drauf sind. Das sind so Standardfarben, die sich der Kunde auswählen kann, oder er kann auch selbst mischen. Offensichtlich hat sich der Herr KL eine Standardfarbe ausgesucht. Wenn man in den Teppichladen geht, gibt’s auch verschiedene Farben. Wenn man eine bestimmte Farbe haben möchte, dann werden in dieser Farbe die Platten hergestellt. Man muss auch dem Kunden Beispiele zeigen können. (…) Das ist jetzt eine Farbe, die auf der Messe gezeigt wird. Die hat die Farbe herbstrot. Die hat er sich ausgesucht. Er hätte es auch anders haben können. Er hat sich halt die ausgesucht. Es gibt verschiedene Körnungen für den Marmorkies. Das ist 2 bis 4 Millimeter. Es gibt noch andere Körnungen. Die Körnung ist nicht speziell für den Herrn KL gemacht. (…) Das sind entweder solche Messen wie die M., wo es alle Mögliche gibt, Bauen, Kleidung, Gesundheit, keine Ahnung. Oder es gibt auch reine Baumessen. Wir gehen nur auf Verkaufsmessen. Die Messen, die wir kennen, die sind immer zum Verkaufen. Wenn ich die Messe noch nicht kenne, dann erkundige ich mich beim Veranstalter. Als wir uns damals für die MIBA interessiert haben, hat uns die M. einen Prospekt geschickt, wo zum Beispiel drinsteht, da wurde eine Umfrage gemacht bei den Besuchern im Vorjahr. Da steht drin, dass 50 % der Besucher kaufen und bestellen auf der Ausstellung und auch 82 % der Besucher sich für das Segment Bauen interessieren. Da habe ich eine E-Mail von der M. bekommen, da ist ein Messeplan dabei und da ist auch das beschrieben.“
Die Zeugin machte in sich schlüssige Angaben, die nachvollziehbar und chronologisch waren. Die Angaben betrafen stets die gestellten Fragen und befassten sich mit dieser. Die Zeugenaussage war daher glaubhaft. Die Ausführungen waren ohne Be- oder Entlastungseifer gemacht worden. Die Zeugin war ruhig und sachlich. Sie war damit glaubwürdig. Gegenteiliges wurde nicht vorgebracht und war auch nicht ersichtlich.
Im weiteren legte die Beklagte auch Lichtbilder ihrer Verkaufsstandes vor. (Anlage B6).
Hierzu führte die Zeugin aus: „Auf dem einen Exponat steht immer so ein Folder, den man umklappen kann, und da sind alle Preise drauf und der ist auch deutlich sichtbar. Der wird auch sehr rege benutzt von den Besuchern. Der Messestand ist immer gleich aufgebaut. Es gibt nur einen Messestand sozusagen und der wird immer überall gleich aufgebaut. Wir haben zwei Verkaufstische. (…) Wir haben ein Zahlungsgerät am Messestand, zwei Stück, und die sind auch offen, die sind sichtbar, als Kunde sieht man die schon. (…) Das ist eine Art Selbstbedienung. Der Kunde kann da selber einen nehmen und umblättern und das machen auch ganz viele. Ob der Kunde kauft, entscheidet der Kunde selber. Wir sind schon zum Verkaufen da und zum Beraten. Der Kunde entscheidet selber, ob er kauft oder nicht. Ich kann ihn nicht zwingen. Gegenüber war ein Stand mit Blumenvase, Blumenerde und so Lichter, die aktiv verkauft wurden. Schräg gegenüber war ein großes Küchenhaus. Der Küchen Necker. Da werden Küchen aktiv verkauft. Dann ist auch ein Verkauf schräg gegenüber. Da sind einige, die direkt verkaufen. Es gibt auch Stände, die nichts verkaufen (die Zeugin nimmt den Plan zur Hand) Fa. Portas verkauft meiner Meinung nach nicht. Bei den anderen weiß ich es nicht. Essenstände in dieser Halle gibt’s nicht.“
Demgemäß war bei Betrachtung der Bilder des Messestands der Beklagten erkennbar, dass neben dem Aufstellen ihrer Produkte auch zwei Tische vorhanden waren mit entsprechenden Stühlen und einem Zahlungsgerät, dass jedenfalls nicht der Eindruck einer reinen Präsentation bestand. Zumal gerade ein Besprechungstisch für die bloße Präsentation nicht erforderlich erscheint und aus Sicht des Betrachters eher deutlich macht, dass nicht ausschließlich Information und Präsentation beabsichtigt sind.
Darüber hinaus entspricht es der Lebenserfahrung, dass auch auf Messen, insbesondere solchen die sich an Verbraucher richten, auch Veranstaltungen und Präsentationen geboten werden, ohne dass dies ausschließt, dass gleichzeitig auch Verkäufe stattfinden bzw. angeboten werden.
Angesichts des substantiellen Gesamteindrucks, den das Gericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme von der Messe und dem Verkaufsstand der Beklagten gewinnen konnte, hätte die Klägerseite jedenfalls deutlich tragfähiger Umstände vorbringen müssen, um ggf. die Feststellung zu treffen, dass nach den insbesondere vor Ort erkennbaren Umständen der Kläger nicht damit rechnen musste, dass die Beklagte an ihrem Messestand Verkaufsgeschäfte betreibt.
c.
Insgesamt vermag das Gericht vorliegend nicht davon auszugehen, dass der streitgegenständliche Vertragsschluss in einer Situation gemäß § 312b Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BGB erfolgt ist.
Der Kläger konnte sich daher nicht durch Widerruf vom Vertrag lösen.
Damit lag ein Rechtsgrund für die Anzahlung des Klägers vor, so dass diesem kein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung aus ungerechtfertigter Bereicherung oder aus einem sonstigen Rechtsgrund zustand.
II.
Die zulässige Widerklage war in seinem Hilfsantrag vom 19.06.2019 begründet, im Übrigen allerdings unbegründet.
1.
Der Beklagten stand entgegen deren Auffassung kein Anspruch auf Erfüllung des streitgegenständlichen Vertrages Zug um Zug gegen Bereitstellung der bestellten Fußboden-Fertigelemente zu.
Im Falle der Widerklage war der Anspruch auf Vertragserfüllung durch die Wahl des Gläubigers statt der Leistung nunmehr Schadensersatz zu verlangen gemäß § 281 Abs. IV BGB ausgeschlossen.
Folglich war der Erfüllungsanspruch erloschen.
Die Beklagtenseite hatte durch Schreiben vom 03.04.2015 (Anlage B7) ihr Wahlrecht ausgeübt und damit den Erfüllungsanspruch zum Erlöschen gebracht.
Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite bestand hinsichtlich der Ausübung des Wahlrechts aus dem Schreiben vom 03.04.2015 auch keine Unklarheit, die auszulegen gewesen wäre. Vielmehr hat die Beklagtenseite in diesem Schreiben nach Darstellung der grundsätzlichen Bedingungen und Möglichkeit darauf hingewiesen, dass die Beklagtenseite grundsätzlich die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung gewollt hätte. Im Weiteren wird in dem Schreiben dargestellt, dass die Klägerseite die Erfüllung der Vereinbarung ernsthaft und endgültig verweigert habe, was der Beklagtenseite leid täte. Im Anschluss daran wird sodann § 10 der AGB dargestellt, wonach die Beklagtenseite zur Geltendmachung eines pauschalierten Schadensersatzes i.H.v. 30 % des Nettoauftragswertes berechtigt sei. Dabei betont die Beklagte, dass auch das Recht bestünde, den tatsächlichen Schaden abzurechnen und geltend zu machen.
Daran anschließend wird sodann ausgeführt, wie sich der tatsächliche Schaden darstellt. Hierzu erklärte die Beklagtenseite, dass sich der Schaden „aus bisherigen Kosten der Auftragsabwicklung und auch aus entgangenem Ertrag zusammen(setze)“.
Sodann wird dargelegt, wie hoch sich der tatsächliche Schaden im konkreten Fall beläuft. Dabei führt die Beklagtenseite hierzu aus, dass dieser Schaden „unter Berücksichtigung ersparter Aufwendungen“ beziffert und berechnet worden sei und sich belaufe auf netto „697,60 €“.
In diesem Zusammenhang stellt die Beklagtenseite die tatsächliche Schadensberechnung unter Zugrundelegung des schriftlichen Kaufvertrags dar und gibt an, dass dieser aus den bisherigen Kosten der Auftragsabwicklung und aus entgangenem Ertrag von dritter Seite berechnet worden sei.
Für den objektiven Empfängerhorizont der Klagepartei, an die diese Erklärung gerichtet war, stellt sich die Darstellung einzig und allein so dar, dass die Beklagte hier ihren tatsächlichen Schaden entsprechend der vertraglichen Vereinbarung und unter Zugrundelegung derselben ziffernmäßig berechnet hatte. Darüber hinaus wurde sodann noch betont „Ihre Anzahlung (€ 600,00) haben wir mit unserem entstandenen Schaden verrechnet. Da der uns zustehende Schadensersatzanspruch die von Ihnen geleistete Anzahlung übersteigt, können wir bei Ihnen keine Rückzahlung durchführen.“ Über die Wahl zum Schadensersatz hinaus und deren tatsächlich konkrete Berechnung hatte die Beklagtenseite also auch noch die Aufrechnung mit der Anzahl erklärt.
In diesem Schreiben vom 03.04. an die Klagepartei war somit nicht lediglich eine einseitige Erklärung, sondern zwei einseitige Erklärungen, die nacheinander geschaltet an den Kläger gerichtet waren enthalten. Zum einen die Wahl zum Schadensersatz statt der Leistung, wobei der Schaden konkret berechnet wurde, zum anderen die Aufrechnungserklärung des Schadens mit der Vorauszahlung, so dass dann letztlich, wie sich die Beklagtenseite ausdrückt, „die Angelegenheit (….) für uns somit geklärt (ist)“.
Dem war nichts hinzuzufügen. Aus objektivem Empfängerhorizont waren diese beiden einseitigen Erklärung eindeutig und unmissverständlich von der Beklagtenseite ausgesprochen und erklärt worden. Darüber hinaus wurde von Beklagtenseite auch ein entsprechender Schluss aus der Erklärung gezogen, nämlich, dass damit die Angelegenheit geklärt bzw. beendet ist.
An dieser Eindeutigkeit ändert auch der im Folgenden erklärte Absatz „Insofern die Sache unstreitig damit erledigt ist, sehen wir von einer Einforderung des noch offenen Differenzbetrages oder der Durchführung der Vertragserfüllung ab.“ nichts mehr.
Der Beklagtenseite war zwar zuzustimmen, dass die Erklärung hinsichtlich des Schadensersatzes, welches den Erfüllungsanspruch zum Erlöschen bringt, eine unwiderrufliche und eindeutige Erklärung sein muss. Insoweit wäre es auch tatsächlich zulässig gewesen, das Schadensersatzverlangen aufschiebend bedingt bis zu einer endgültigen Einigung geltend zu machen und bis dorthin offen zu lassen, für welche für ihn günstige Variante der Gläubiger sich diesbezüglich entscheiden will.
Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagtenseite war die Erklärung der Beklagten jedoch nicht aufschiebend bedingt erklärt worden.
Beide einseitigen Erklärungen, sowohl die des Schadensersatzverlangens als auch die der Aufrechnung im Schreiben vom 03.04.2015 waren gerade nicht bedingt erklärt worden, ja sie waren unter gar keiner Bedingung gestellt worden, sondern unbedingt und unmissverständlich.
Daran änderte auch der Nachsatz, auf den die Beklagtenseite jeweils abzielt, nichts.
Maßgeblich war allein der objektive Empfängerhorizont und damit der objektive Empfängerhorizont des Klägers. Für diesen war die Erklärung vom 03.04.2015 gerade nicht als aufschiebend bedingte Schadensersatzerklärung und als bedingte Einigung aufzufassen. Die Formulierung ging vielmehr dahin, dass unmissverständlich Schadensersatz verlangt wurde, nachdem dieser sogar tatsächlich und nicht nur in Form der Schadenspauschale berechnet worden war. Darüber hinaus war er auch noch mit der Vorauszahlung aufgerechnet wurde.
Gerade weil der Kläger mit den vorausgegangenen Emails unmissverständlich mitgeteilt hatte, den Vertrag nicht mehr durchführen und vielmehr die Anzahlung i.H.v. 600,00 € zurückhalten zu wollen, war die Erklärung der Beklagtenseite vom 03.04.2015 nicht nur lediglich als Angebot zum Abschluss einer entsprechenden Einigung zu verstehen, sondern aufgrund der Tatsache, dass die Beklagtenseite ihren Schaden tatsächlich hatte berechnen lassen und mit diesem aufgerechnet hatte als Schadensersatzverlangen im Sinne der Ausübung des Wahlrechts mit der Folge des Erlöschens nach § 281 Abs. 4 BGB zu werten.
Die Email der Beklagten war derart konkret und unmissverständlich formuliert, dass kein Raum zur Auslegung verblieb.
Die gegenteiligen Ausführungen der Beklagtenseite hierzu gehen nach Ansicht des Gerichts somit fehl.
Dementsprechend war der Hauptantrag der Widerklage, der auf Vertragserfüllung gerichtet war, als unbegründet abzuweisen.
2.
Insofern kam daher der hilfsweise geltend gemachte Schadensersatzanspruch zum Tragen.
Die Bedingung diesbezüglich war eingetreten, da der Hauptantrag der Widerklage nicht durchging.
Streitgegenständlich hatte die Beklagte aufgrund der durchgeführten Hauptverhandlung einen Schadensersatzanspruch i.H.v. insgesamt 720,00 €.
Entgegen der Auffassung der Klagepartei hatte die Beklagtenseite durch Vorlage des Angebots der Fa. DL vom 30.03.2015 über 780,00 € brutto die streitgegenständlichen Kosten, die ihr bei Durchführung des gegenständlichen Vertrages entstanden wären, nachgewiesen. Diesbezüglich hatte die Zeugin BA entsprechenden Nachweis erbracht, der zusammen mit dem Angebot vom 30.03.2015 die Aufwendungen der Beklagtenseite darstellten.
Nachdem streitgegenständlich letztlich der tatsächliche Schaden geltend gemacht wurde, kam es auf die Schadenspauschale und damit im Ergebnis auf eine Entscheidung hinsichtlich der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit von § 10 der AGB nicht mehr ankam.
Die Zeugin BA sagte diesbezüglich aus: „Wir wissen, was die Platten kosten. Es gibt nicht nur den einen Auftrag. Wir machen das schon ein paar Jahre. Es gibt einen Rahmenvertrag und es gibt eine Preisliste. Ich weiß, was meine Ware im Einkauf kostet, sonst könnte ich es nicht kalkulieren für den Verkauf. (…) Die Firma DL liefert uns die Sachen. Wenn wir eine E-Mail schreiben an DL und eine Bestellung machen, dann schreiben wir immer den Kommisionsnamen, den Kundennamen dazu und das schreibt er dann auf seinem Angebot und seiner Auftragsbestätigung oder Rechnung, was auch immer, drauf, damit wir das auch zuordnen können.“
Die Zeugin machte nachvollziehbare und in sich schlüssige Angaben, die sich widerspruchsfrei mit der Anlage B9 deckten. Auch diesbezügliche Ausführungen des Geschäftsführers der Beklagten korrespondieren sowohl mit dem Angebot der Fa. D. als auch mit den Angaben der Zeugin. Die Zeugin war auch glaubwürdig. Gegenteiliges war nicht ersichtlich und wurde auch von keiner Seite vorgebracht. Der Umstand, dass die Zeugin die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten war, ändert hieran nichts. Jedenfalls wurde nichts über diese Tatsache hinaus vorgebracht, was Zweifel an der Glaubwürdigkeit begründet hätte.
Demgemäß steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Schaden der Beklagten sich beläuft auf 1.500,00 € netto Vertragsentgelt abzüglich 780,00 € Beschaffungskosten der Fa. DL ergibt einen Schaden i.H.v. 720,00 €.
Abzüglich der aufgerechneten 600,00 € Anzahlung verblieb somit ein Restschadensersatz i.H.v. 120,00 €.
Insoweit war die Widerklage begründet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.