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Vertragsstrafenklausel im Arbeitsvertrag unwirksam?

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Az: 1 Sa 59/06

Urteil vom 18.05.2006


In dem Rechtsstreit hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 18.05.2006 für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 15.12.2005 – 5 Ca 1655 b/05 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über eine von der Beklagten geforderten Vertragsstrafe.

Die Parteien schlossen unter dem 17.06.2005 einen für die Dauer vom 01.08.2005 bis 31.07.2006 befristeten Arbeitsvertrag – wegen dessen Inhalt wird auf Bl. 3 – 6 d. A. Bezug genommen wird. In § 3 haben die Parteien vereinbart, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit vereinbart werden und dass die Kündigungsfristen des jeweils aktuellen Bundesmanteltarifvertrages für den Güterund Möbelfernverkehr gelten. Schließlich ist vereinbart, dass für den Fall, dass der Kläger seine Tätigkeit vertragswidrig nicht antritt oder sie vorzeitig vertragswidrig beendet, eine Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsgehalt zu zahlen ist.

Die Beklagte hat diese Vertragsstrafe im ersten Rechtszuge widerklagend geltend gemacht und die Vertragsstrafe in Höhe von 1.900,00 EUR von dem Kläger gefordert.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat u.a. die Widerklage abgewiesen und dies damit begründet, dass die Vertragsstrafenklausel unwirksam sei.

Gegen das ihr am 29.01.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.02.2006 Berufung eingelegt und diese sogleich begründet.

Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe mit seiner Annahme, dass die Vertragsstrafe „unangemessen sei“ verkannt, dass die in § 3 des Arbeitsvertrages normierte Vertragsstrafe nicht bereits dann verwirkt sei, wenn das Arbeitverhältnis durch ordentliche Kündigung innerhalb der Probezeit beendet werde. Vielmehr sei die Vertragsstrafe nur für solche Fälle vereinbart, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit vertragswidrig nicht antrete. Diese Vertragsstrafe sei verwirkt.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts

den Widerbeklagten und Berufungsbeklagten zu verurteilen, an die Widerklägerin und Berufungsklägerin EUR 1.900,00 nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % – Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 26.08.2005 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig; sie ist dem Wert der Beschwer nach statthaft und form- und fristgereicht und begründet worden. In der Sache ist sie jedoch nicht gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat die Widerklage der Beklagten mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Die in § 3 des Arbeitsvertrages vereinbarte Vertragsstrafenregelung ist unwirksam.

1. Da die Vertragsstrafe in Form eines Formulararbeitsvertrages vereinbart worden ist, unterlag sie der Inhaltskontrolle.

2. Die Vertragsstrafenklausel in § 8 des Anstellungsvertrags ist nicht bereits nach § 309 Nr. 6 BGB unwirksam. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 04.03. 2004 (- 8 AZR 196/03 -, BAGE 110, 8 = NZA 2004. 727) entschieden, dass Vertragsstrafenabreden in formularmäßigen Arbeitsverträgen wegen der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nicht auf Grund des Klauselverbots nach § 309 Nr. 6 BGB generell unzulässig sind.

3. Die Vertragsstrafenklausel ist jedoch nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

a) Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Dabei kann auch die Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers führen (Bundesarbeitsgericht. a.a.O.; Urteil vom 18.08.2005 – 8 AZR 65/05 -, AP Nr. 1 zu § 336 BGB = NZA 2006,43). Die Festsetzung einer Vertragsstrafe in Höhe eines vollen Monatsgehalts beeinträchtigt den Arbeitnehmer typischerweise dann unangemessen, wenn er sich rechtmäßig mit einer kürzeren Kündigungsfrist vom Vertrag lösen könnte (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 04.03.2004 , a.a.O.).

b) So liegt hier Fall. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass aufgrund der Verweisung auf den jeweils aktuellen Bundesmanteltarifvertrag für den Güter- und Möbelfernverkehr während der Probezeit eine tägliche Kündigungsfrist gilt. Aufgrund dieser Bezugnahme durfte die Beklagte lediglich eine Vertragsstrafe in Höhe eines Arbeitstages vereinbaren. Aber auch ohne diese Bezugnahme wäre die Vertragsstrafenklausel unangemessen. Es würde nämlich insoweit aufgrund der vereinbarten Probezeit eine gesetzliche Kündigungsfrist von zwei Wochen gelten (§ 622 Abs. 3 BGB). Die Vertragsstrafe dürfte dementsprechend die auf zwei Wochen entfallende Vergütung nicht übersteigen.

c) Die unangemessene Benachteiligung führt nach § 307 Abs. 1 BGB zur Unwirksamkeit der Klausel. Eine geltungserhaltende Reduktion der Vertragsstrafenabrede auf die kurze Kündigungsfrist ist nicht möglich (Bundesarbeitsgerichts, Urteil vom 04.03.2004, a.a.O.).

Die Berufung war aus diesen Gründen mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

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