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Vertragswidrige Rückgabe eines gepachteten Grundstücks – Ansprüche und Verjährungshemmung

LG Koblenz, Az.: 5 U 191/16, Beschluss vom 31.03.2016

1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 14. Januar 2016 einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Hinweisen des Senats bis zum 25. April 2016. Die Rücknahme der Berufung wird empfohlen.

3. Die Berufungserwiderungsfrist wird bis zum 9. Mai 2016 erstreckt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Schadensersatz mit dem Vorwurf der vertragswidrigen Rückgabe eines gepachteten Grundstücks.

Vertragswidrige Rückgabe eines gepachteten Grundstücks – Ansprüche und VerjährungshemmungMit notariellem Vertrag vom 31. März 2006 verpachtete die Klägerin ein Grundstück, auf dem sich eine Betonmischanlage nebst Gebäude mit entsprechender Ausstattung befindet. Nach Kündigung des Pachtverhältnisses durch die Klägerin wurde das Pachtobjekt am 1. August 2014 zurückgegeben. Im Nachgang hierzu kam es zu mehrfachem, außergerichtlichem Schriftwechsel mit dem Prozessbevollmächtigten der früheren Beklagten zu 1) und der am Berufungsverfahren beteiligten Beklagten zu 2). In seinem ersten Schreiben bestellte sich der Bevollmächtigte für die „…[A] GmbH“.

Die Klägerin hat ihre auf Schadensersatz in Höhe von 16.992,27 € sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € jeweils nebst Rechtshängigkeitszinsen zunächst mit ihrer Klageschrift vom 28. Januar 2015 gegen die Beklagte zu 1) gerichtet und erst auf deren Einwand, am Pachtvertragsverhältnis nicht beteiligt zu sein, die Klage mit Schriftsatz vom 4. Mai 2015 gegen die Beklagte zu 2) erweitert. Zur Begründung hat sie angeführt, die Betonmischanlage sei bei ihrer Rückgabe nicht funktionstauglich gewesen, da die Beklagte zu 2) die Steuerungssoftware der Anlage habe löschen lassen sowie Instandsetzungsarbeiten nicht durchgeführt und zahlreiche Einrichtungsgegenstände entfernt habe. Insgesamt sei ihr hieraus ein Schaden von 16.992,27 € entstanden. Die Beklagte zu 2) hat dem die Einrede der Verjährung entgegen gehalten und in der Sache darauf verwiesen, ausschließlich ihre kundenspezifischen Daten gelöscht zu haben. Zur Mitnahme von Einrichtungsgegenständen sei es versehentlich gekommen; zudem habe stets Rückgabebereitschaft bestanden.

Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung vom 14. Januar 2016 verwiesen (Bl. 126 ff. GA).

Das Landgericht hat die Klage gegen beide Beklagten abgewiesen und dies bezüglich der am Berufungsverfahren beteiligten Beklagten zu 2) auf den Eintritt der Verjährung der erhobenen Ansprüche gestützt. Die Verjährung richte sich nach §§ 581 Abs. 2, 548 Abs. 1 BGB. Die sechsmonatige Verjährungsfrist ab Rückgabe sei am 2. Februar 2015 abgelaufen. Verhandlungen zwischen den Parteien habe die Klägerin nicht hinreichend dargetan. Die von ihr vorgelegte Korrespondenz belege keine Verhandlungen. Auch ein Meinungsaustausch mit der Beklagten zu 2) sei nicht ersichtlich, da die Klägerin von der Beklagten zu 1) als ihrer Vertragspartnerin ausgegangen sei und daher aus ihrer Perspektive kein Anlass bestanden habe, sich mit der Beklagten zu 2) auseinanderzusetzen. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 128 ff. GA) Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, die auf die Weiterverfolgung ihres erstinstanzlichen Begehrens gegen die Beklagte gerichtet ist. Sie führt zur Begründung an, die angefochtene Entscheidung sei als „Überraschungsurteil“ anzusehen. Das Landgericht habe in der mündlichen Verhandlung keine Hinweise zur Verjährungsproblematik erteilt. Zwar habe die Beklagte zu 2) in dieser die von ihr erhobene Einrede der Verjährung thematisiert, doch habe sie umgehend auf bis Dezember 2014 geführte Verhandlungen verwiesen. Wenn das Landgericht dies nicht als ausreichend habe ansehen wollen, sei ein Hinweis geboten gewesen. Aus der mit der Berufungsbegründung vorgelegten Korrespondenz ergebe sich, dass sich der Prozessbevollmächtigte beider Beklagter am 15. August 2014 für die „Firma …[A] GmbH“ auf ein Schreiben der Klägerin vom 14. August 2014 gemeldet habe. In der Folge sei es zu Verhandlungen gekommen. Diese seien als mit der Beklagten zu 2) als Pächterin geführt anzusehen, da es sich bei der Bezeichnung der Beklagten zu 1) in der Klageschrift lediglich um einen Irrtum über die Firmierung gehandelt habe. Die am Berufungsverfahren nicht beteiligte Beklagte zu 1) sei an dem Pachtverhältnis ja nicht beteiligt gewesen und die außergerichtlichen Verhandlungen seien daher mit dem „richtigen Pächter“ geführt worden. Im Übrigen müsse berücksichtigt werden, dass sich bereits aus dem erstinstanzlichen Vorbringen eine Einstandspflicht der Beklagten auch aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung ergebe. Insoweit gelte indes die Verjährungsfrist des § 548 BGB nicht. Im Übrigen wird auf die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung vom 14. März 2016 (Bl. 165 ff. GA) verwiesen.

II.

Der Senat ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand einstimmig der Überzeugung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen. Die dagegen erhobenen Angriffe der Berufung rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

1. Das Landgericht ist zutreffend von der Anwendung der Verjährungsfrist nach §§ 581 Abs. 2, 548 Abs. 1 BGB ausgegangen. Dies wird auch von der Klägerin nicht anders gesehen. Da die Klage gegen die Beklagte erst mit Zustellung des klageerweiternden Schriftsatzes vom 4. Mai 2015 erhoben wurde, ist entscheidend, ob die Verjährung bereits vor dem 2. Februar 2015 gehemmt wurde. Eine entsprechende Hemmung im Verhältnis zur Beklagten zu 2) kann indes unter Zugrundelegung des gegebenen Sach- und Streitstandes nicht angenommen werden.

Insoweit kann dahinstehen, ob das Landgericht trotz der ausdrücklichen Verhandlung der Parteien in der mündlichen Verhandlung über den Eintritt der Verjährung gehalten war, die Klägerin auf ihren unzureichenden Vortrag zur Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen hinzuweisen. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Berufungsbegründung fehlt es an einem hinreichenden Sachvortrag der Klägerin zur Hemmung der Verjährung im Verhältnis zur Beklagten zu 2).

Es ist allgemein anerkannt, dass die Verhandlungen zur Begründung einer Hemmung der Verjährung nach § 203 BGB zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger bzw. dessen Vertreter erfolgen müssen. So hemmen etwa Verhandlungen zwischen Zedent und Schuldner nicht die Verjährung zu Gunsten des Zessionars. Verhandelt eine natürliche Person, die zugleich vertretungsbefugtes Organ einer juristischen Person oder einer Personenvereinigung ist, nur für sich persönlich, kann eine Verjährungshemmung im Verhältnis zur juristischen Person oder Personenvereinigung nicht eintreten (vgl. zum Ganzen nur BeckOGK-BGB/ Meller-Hannich, § 203 Rn. 26 ff.). Dieser Rechtsgrundsatz ist auch vorliegend zu beachten. Eine Verhandlung gegenüber der früheren Beklagten zu 1) vermag den Lauf der Verjährung gegenüber der Beklagten zu 2) nicht zu hemmen. Hat also die Beklagte zu 1) trotz der fehlenden eigenen Verpflichtung aus dem Pachtvertrag irrtümlich „verhandelt“, kann sich dies nicht zu Lasten der Beklagten zu 2) auswirken, indem im Verhältnis zu dieser die Verjährung gehemmt wird. Die Klägerin kann sich daher nicht darauf berufen, dass aufgrund der fehlenden Verpflichtung der ursprünglichen Beklagten zu 1) aus dem Pachtverhältnis von einer Verhandlung mit der Beklagten zu 2) als „richtiger“ Pächterin ausgegangen werden müsse und die Bezeichnung der früheren Beklagten zu 1) in der Klageschrift auf einem Irrtum über die Bezeichnung des Anspruchsgegners beruhe.

Obgleich in dem landgerichtlichen Urteil die Problematik eines erforderlichen Meinungsaustauschs mit der Beklagten zu 2) und nicht mit der zunächst von der Klägerin offensichtlich als Verpflichtete angesehenen Beklagten zu 1) unmissverständlich angesprochen wird, lässt sich der Berufungsbegründung und den mit dieser vorgelegten Schreiben nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass die Verhandlungen mit der Beklagten zu 2) geführt wurden. Der Prozessbevollmächtigte beider Beklagter hat sich auf das nicht vorgelegte Anspruchsschreiben der Klägerin für die „Firma …[A] GmbH“ bestellt. Dies konnte sich sowohl auf die Beklagte zu 1) als auch die Beklagte zu 2) beziehen. Die Bezeichnung ist daher nicht klar zu interpretieren. Die Klageerhebung gegen die Beklagte zu 1) unter Angabe ihrer vollen Firmierung zeigt, dass offenbar selbst die Klägerin von dieser als Einstandspflichtiger und damit auch Verhandlungspartnerin ausging. Auch im Übrigen zeigt das Vorbringen der Klägerin keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür auf, nach denen darauf zu schließen ist, dass der Prozessbevollmächtigte sich innerhalb des vorgerichtlichen Schriftverkehrs rechtswirksam für die Beklagte zu 2) geäußert hat.

Damit fehlt es auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Berufungsbegründung an einer schlüssigen Darlegung von Verhandlungen mit der Beklagten zu 2). Unter Vorbehalt der Einschränkung, dass nur streitiges Vorbringen einer Präklusion unterliegen kann, es also auch auf die Reaktion der Beklagten ankommt, dürfte sich weiteres Vorbringen der Klägerin zu dieser Frage nicht als zulassungsfähig erweisen. Die Hinweise des Senats gehen nicht über dasjenige hinaus, was das Landgericht in seiner Entscheidung bereits hinreichend verdeutlicht hat. Insoweit erteilt der Senat keinen Ersthinweis, der weiteres Vorbringen eröffnet, weshalb ergänzender Vortrag der Beschränkung des § 530 ZPO unterliegt (vgl. hierzu MünchKommZPO/Rimmelspacher, 4. Aufl. 2012, § 522 Rn. 28).

2. Der Einwand der Klägerin, das Landgericht habe zudem unberücksichtigt gelassen, dass ihr erstinstanzliches Vorbringen auch einen Anspruch aus § 826 BGB schlüssig darlege, rechtfertigt keine anderweitige Entscheidung.

Zutreffend ist die Ansicht der Klägerin, dass für Ansprüche nach § 826 BGB die grundsätzlich auch deliktische Ansprüche erfassende Verjährungsbestimmung des § 548 BGB nicht gilt (vgl. nur BeckOK-BGB/Ehlert, Ed. 37, § 548 Rn. 4). Allerdings fehlt es an einer Darlegung der tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 826 BGB. Hierfür ist nicht nur vorsätzliches Handeln, sondern auch das Bewusstsein der die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden tatsächlichen Umstände erforderlich. Während die Klägerin in erster Instanz nur gemutmaßt hat, die Beklagte könnte nicht begeistern davon gewesen sein, dass nach ihr ein Konkurrenzbetrieb das Betonmischwerk pachten werde, wird in der Berufungsbegründung angeführt, es sei der Beklagten um das zumindest vorübergehende Lahmlegen des Geschäftsbetriebs gegangen. Dieses Vorbringen setzt sich indes nicht mit den Einwänden der Beklagten auseinander, die Rückschlüsse auf ein vorsätzliches, sittenwidriges Verhalten gerade nicht eröffnen. Zudem sind Beweisantritte für Umstände, die ein den Tatbestand des § 826 BGB erfüllendes Verhalten belegen, weder dem erstinstanzlichen Vortrag noch der Berufungsbegründung zu entnehmen.

III.

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen bietet die Berufung offensichtlich keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Auch unter Berücksichtigung des neu gefassten § 522 Abs. 2 ZPO ist eine mündliche Verhandlung aus den eingangs genannten Gründen nicht geboten. Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO liegen vor.

Der Klägerin wird empfohlen, die Berufung kostensparend zurückzunehmen.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 16.992,27 € festzusetzen.

 

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