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Verwahrentgelte für Einlagen auf Giro- oder Tagesgeldkonten

Bank darf für Einlagen auf Giro- oder Tagesgeldkonten keine Verwahrentgelte berechnen

LG Berlin – Az.: 16 O 43/21 – Urteil vom 02.09.2021

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über Zahlungsdienste mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 01. April 1977 zu berufen:

a)

[3 Privatkonto]

3.2 Entgelt für die Verwahrung von Einlagen

Girokonten (Dein Konto, Dein Konto inkl. PlusPaket, Free) – Verträge ab

01.08.2020 16

Einlagen bis 25.000,00 EUR 0,00 %p.a.

Einlagen über 17 25.000,00 EUR 0,50 %p.a.

Die Berechnung erfolgt taggenau. Die Belastung der Gebühr erfolgt monatlich nachträglich zulasten des jeweiligen Kontos.

Für Verträge mit Abschlussdatum vor dem 01.08.2020 erfolgt die Bepreisung ab Unterzeichnung der individuellen Zusatzvereinbarung.

Bepreisung erfolgt auf den übersteigenden Betrag.

b)

[4 Erbringung von Zahlungsdiensten für Privatkunden]

4.4 Kartengestützter Zahlungsverkehr

4.41 Debitkarten

4.4.1.1 Bankcard

– Ersatzkarte 28 12,00 EUR

Wird nur berechnet, wenn der Kunde die Umstände, die zum Ersatz der Karte/PIN geführt haben, zu vertreten hat und die Bank nicht zur Ausstellung einer Ersatzkarte/PIN verpflichtet ist.

c)

[4 Erbringung von Zahlungsdiensten für Privatkunden]

4.4 Kartengestützter Zahlungsverkehr

4.41 Debitkarten

4.4.1.1 BankCard

– Ersatz-PIN 28 auf Wunsch des Kunden 5,00 EUR

Wird nur berechnet, wenn der Kunde die Umstände, die zum Ersatz der Karte/PIN geführt haben, zu vertreten hat und die Bank nicht zur Ausstellung einer Ersatzkarte/PIN verpflichtet ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an Ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleichen Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 01. April 1977 zu berufen:

a)

[3 Privatkonto]

3.2 Entgelt für die Verwahrung von Einlagen

S…Cash – Verträge ab 01.08.2020

Ein S…Cash

Einlagen bis 50.000,00 EUR 0,00 % p. a.

Einlagen über 17 50.000,00 EUR 0,50 % p. a.

Jedes weitere S…Cash

Einloggen über 17 0,00 EUR 0,50 % p. a.

Die Berechnung erfolgt taggenau. Die Belastung der Gebühr erfolgt monatlich nachträglich zulasten des Jeweiligen Kontos.

16 Für Verträge mit Abschlussdatum vordem 01.08.2020 erfolgt die Bepreisung ab Unterzeichnung der Individuellen Zusatzvereinbarung.

17 Bepreisung erfolgt auf den übersteigenden Betrag.

18 Erstes bestehendes Konto gemäß Eröffnungsdatum je Kundenstamm; bei gleichem Eröffnungsdatum Ist die niedrigere Kontonummer entscheidend.

b)

[3 Privatkonto]

3.2 Entgelt für die Verwahrung von Einlagen

S…Cash Online – Verträge ab 01.08.2020

Ein S…Cash Online 18

Einlagen bis 50.000,00 EUR 0,00 % p. a.

Einlagen über 17 50.000,00 EUR 0,50 % p. a.

Jedes weitere S…Cash Online

Einlagen über 17 0,00 EUR 0,50 % p. a.

Die Berechnung erfolgt taggenau. Die Belastung der Gebühr erfolgt monatlich nachträglich zulasten des jeweiligen Kontos.

Für Verträge mit Abschlussdatum vordem 01.08.2020 erfolgt die Bepreisung ab Unterzeichnung der Individuellen Zusatzvereinbarung.

Bepreisung erfolgt auf den übersteigenden Betrag.

Erstes bestehendes Konto gemäß Eröffnungsdatum je Kundenstamm; bei gleichem Eröffnungsdatum Ist die niedrigere Kontonummer entscheidend.

3. Die Beklagte wird verurteilt,

a) allen Kunden, die Verbraucher sind, denen gegenüber die Beklagte die Formulierungen in den Anträgen zu 1a) und / oder zu 2a) und / oder zu 2b) verwendet hat und denen gegenüber die Beklagte anschließend ein Verwahrentgelt auf Grundlage der in den Anträgen zu 1a) und / oder zu 2a) und / oder zu 2b) wiedergegebenen Entgeltklauseln erhoben hat, dieses Verwahrentgelt auf eigene Kosten zurückzuzahlen,

b)

aa) dem Kläger Auskunft über alle Kunden zu erteilen, die Verbraucher sind, denen gegenüber, die Beklagte die Formulierungen in den Anträgen zu 1a) und / oder zu 2a) und / oder zu 2b) verwendet hat und denen gegenüber die Beklagte anschließend ein Verwahrentgelt auf Grundlage der in den Anträgen zu 1a) und / oder zu 2a) und / oder zu 2b) wiedergegebenen Entgeltklauseln erhoben hat, durch Bekanntgabe der Vor- und Zunamen sowie durch Bekanntgabe der Anschrift dieser Kunden.

bb) Die Auskunft hat nach Wahl der Beklagten gegenüber dem Kläger selbst oder gegenüber einem Angehörigen der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufe zu erfolgen, der im Falle der Nichteinigung vom Präsidenten des Kammergerichts bestimmt wird.

cc) Die mit der Auskunftserteilung verbundenen Kosten trägt die Beklagte.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 210,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. März 2021 zu bezahlen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

5. Das Urteil ist zu Ziff. 1 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.500,00 € (2.500,00 € für jede Klausel), zu Ziff, 2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € (2.500,00 € für jede Klausel), zu Ziff. 3a) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,00 € , zu Ziff. 3b) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist der Dachverband der Verbraucherzentralen und weiterer Verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Zu seinen satzungsgemäßen Zielen gehört die Wahrnehmung der Verbraucherinteressen und die Förderung des Verbraucherschutzes.

Er wendet sich gegen verschiedene Kostenpositionen, die die Beklagte, eine Genossenschaftsbank, gemäß ihrem Verzeichnis „Änderung des Preis- und Leistungsverzeichnisses, Entgeltinformationen, Änderung der Sonderbedingungen und aktuelle Datenschutzhinweise zum 1. August 2020“ von ihren Kunden beansprucht. Er macht, gestützt auf § 1 UKlaG, Unterlassungsansprüche und gestützt auf Vorschriften des UWG Ansprüche auf Auskunft und Folgenbeseitigung geltend. Außerdem verlangt er Erstattung der Abmahnkosten.

Die Beklagte bietet Girokonten für Privatkunden (Privatkonten) an. Für die Produkte „Dein Konto“ und „Dein Konto inkl. PlusPaket“ fallen Kontoführungsgebühren an, für das Produkt „Free“ nicht. Bei allen drei Kontomodellen sind Einlagen (Guthaben) bis 25.000,00 € kostenlos. Für überschießende Beträge erhebt die Beklagte ausweislich ihres o.g. Preisverzeichnisses jeweils Verwahrentgelte in Höhe von 0,50 % p.a.. Gemäß Fußnote 16 gilt die Klausel für alle Verträge, die nach dem 01. August 2020 abgeschlossen wurden, für zuvor abgeschlossene Verträge nur bei individuell getroffenen Zusatzvereinbarungen.

Die Beklagte verlangt Kosten für die Ersatzausstellung einer Karte oder PIN nach Maßgabe der im Tenor wiedergegebenen Klausel.

Schließlich beansprucht die Beklagte beim Tagesgeld konto S…Cash ebenfalls ein Verwahrentgelt in der oben beschriebenen Höhe nach Maßgabe der im Tenor wiedergegebenen Klausel.

Der Kläger hält diese Klauseln für unwirksam. Er mahnte die Beklagte daher mit Schreiben vom 06. November 2020, wegen dessen Inhalts auf die Anlage K 4 verwiesen wird, ab. Die Beklagte gab keine Unterlassungserklärung ab und erteilte auch die erbetenen Auskünfte nicht.

Der Kläger meint:

Zum Verwahrentgelt bei Girokonten:

Verwahrentgelte für Einlagen auf Giro- oder Tagesgeldkonten
(Symbolfoto: Von Anton Violin/Shutterstock.com)

Die Klauselkontrolle sei eröffnet, weil die Erhebung von Verwahrentgelten eine Nebenleistung zur Erfüllung zahlungsdienstevertraglicher Verpflichtungen darstelle.

Die Hauptpflicht der Beklagten bestehe beim Girovertrag in der Erbringung von Zahlungsdienstleistungen im Sinne des § 1 ZAG gegenüber dem Kontoinhaber. Im Gegenzug schulde dieser die Kontoführungsgebühr, § 675f Abs. 5 S. 1 BGB. Die Verwahrung der Einlagen ermögliche die Erbringung der Zahlungsdienste überhaupt erst. Es handle sich daher um eine Nebenpflicht zur Erfüllung der Hauptleistungspflicht. Mit dem Verwahrentgelt wälze die Beklagte Betriebskosten und den Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten auf den Kunden ab. Sie weiche damit gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB vom gesetzlichen Leitbild ab.

Sehe man die Verwahrung von Einlagen auf dem Girokonto einen unregelmäßigen Verwahrvertrag nach § 700 Abs. 1 BGB, gelte nichts anderes. Es finde dann Darlehensrecht Anwendung, § 700 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach schulde allenfalls der Darlehensnehmer, also die Bank Zinsen, nicht aber der Darlehensgeber. Eine parallele Regelung finde sich im Verwahrrecht in § 698 BGB.

Bei den kostenpflichtigen Girokontomodellen bewirke das Nebeneinander von Kontoführungsgebühren und Verwahrentgelten eine unzulässige Doppelbepreisung. Bei dem kostenfreien Girokonto stünden der Erhebung eines Verwahrentgelts die spezialgesetzlichen Regelungen des Zahlungsdiensterechts entgegen, die abschließend seien und ein zusätzliches Verwahrentgelt nicht vorsähen.

Sie bestreite, dass das negative Zinsumfeld das Kapitalbeschaffungsinteresse der Banken zum Erliegen gebracht habe. Die Banken hätten sich die Negativzinsen zunutze gemacht und ihre Ertragslage durch andere Finanzprodukte, insbesondere über das Kreditgeschäft, sogar verbessern können. Zudem erhielten sie von der Europäischen Zentralbank Freibeträge für hinterlegte Gelder.

Zu den Kosten der Ersatzkarte und Ersatz-PIN:

Die Klauseln über die Kosten von 12,00 € für die Ausstellung einer Ersatzkarte (Debitkarte, Bankkarte) und von 5,00 € für die Vergabe einer neuen PIN seien gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Gemäß § 6751 Abs. 3 BGB dürfe der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsdienstnutzer nur ein Entgelt vereinbaren, das allenfalls die ausschließlich und unmittelbar mit dem Ersatz verbundenen Kosten abdecke. Dieser Betrag liege für Ersatzkarten unter 12,00 €, was sich schon daran zeige, dass andere Banken nur 10,00 € verlangten. Für die PIN beziffere er die entstehenden Kosten auf maximal 1,50 €. Zudem sei der Hinweis, dass die Kosten nur anfielen, wenn der Kunde die Umstände, die zum Ersatz der Karte / PIN geführt hätten, zu vertreten habe und die Bank nicht zur Ausstellung einer Ersatzkarte / PIN verpflichtet sei, für den Verbraucher nicht verständlich und damit intransparent.

Zum Verwahrentgelt beim Tagesgeldkonto S…Cash:

Das Entgelt für die Verwahrung von Einlagen auf dem Tagesgeldkonto S…Cash verstoße gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit §§ 675f Abs. 5 S. 1, 700 Abs. 1, 488 Abs. 1 S. 2 BGB.

Es handle sich um eine kontrollfähige Preisnebenabrede. Die Entgeltklausel benachteilige den Verbraucher unangemessen. Sie sei mit der gesetzlichen Regelung des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB nicht vereinbar. Zwar gelte bei S…Cash ein variabler Zinssatz, der es der Beklagten erlaube, den Zinssatz auf „0“ zu setzen. Er eröffne der Beklagten aber nicht die Möglichkeit, die Zinslast zu Lasten des Verbrauchers umzukehren.

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Außerdem verstoße die Klausel gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Sie gefährde die Erreichung des Vertragszwecks. Der Verbraucher verspreche sich von der Vertragsdurchführung schon aufgrund der Begrifflichkeit eine, wenngleich geringe, Rendite. Im Zentrum einer Tagesgeldanlage stehe ein gewisser Spareffekt. Die Negativzinsen verkehrten diese Erwartung in ihr Gegenteil.

Der Kläger beantragt, was erkannt wurde.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint:

Zum Verwahrentgelt bei Girokonten:

Bei den Verwahrentgelten handele es sich um eine kontrollfreie Abrede über den Preis einer vertraglichen Hauptleistung. Es stehe den Parteien im Rahmen der Privatautonomie frei, auch gesetzlich nicht geregelte, untypische oder gemischte Verträge zu schließen. Das maßgebliche Kriterium für die Bestimmung des vertraglichen Pflichtenkreises bilde in solchen Fällen der von den Vertragsparteien zugrunde gelegte Vertragszweck. Danach stelle die Verwahrung von Buchgeld auch bei einem Girokonto im gegenwärtigen wirtschaftlichen Umfeld eine eigenständige Leistung der Bank dar, die sie ausschließlich im Interesse des Kunden erbringe. Das Verwahrentgelt bilde die Gegenleistung für diese Verwahrung und unterliege daher nicht der Klauselkontrolle.

Die §§ 700 BGB in Verbindung mit 488 BGB seien nicht einschlägig, weil sie ein Kapitalbeschaffungsinteresse des Verwahrenden voraussetzten, das hier nicht gegeben sei. Sie enthielten kein allgemeines Bepreisungsverbot für die Kapitalverwahrung und schlössen die Vereinbarung abweichender Vertragstypen nicht aus.

Die Führung des Girokontos auf Guthabenbasis begründe keine Verwahrpflicht der Bank in Form einer Nebenleistung. Beim Girokonto müsse zwischen dem Zahlungsdiensterahmenvertrag und dem Verwahrvertrag unterschieden werden. Beide Verträge stünden unabhängig nebeneinander. Zahlungsdienste erforderten nicht zwingend die Verwahrung von Einlagen.

Die in § 675f ff BGB geregelte Kontoführung umfasse Sichteinlagen nur insoweit, als es sich um ausschließlich zur Ausführung von Zahlungsvorgängen (und nicht als rückzahlbare Einlage) entgegengenommene Gelder handele. Diese Vorstellung liege auch Art. 16 Abs. 2 der Zahlungsdiensterichtlinie zugrunde. Insoweit stehe § 675f Abs. 5 S. 1 BGB einer Aufteilung in einen festen Kontoführungsbetrag und einen variablen Entgeltanteil nicht entgegen.

Zu den Kosten der Ersatzkarte und Ersatz-PIN:

Der Anwendungsbereich des § 6751 BGB sei nicht betroffen. Aus ihnen ergebe sich, wann der Zahlungsdienstleister zum Ersatz des Zahlungsinstruments gesetzlich verpflichtet sei. In diesem Rahmen bestimme die Vorschrift, wann er für die Erfüllung dieser gesetzlichen Pflicht ein Entgelt verlangen könne. Die Klauseln beträfen aber gerade keine gesetzliche Verpflichtung, sondern enthielten eine darüberhinausgehende vertragliche Nebenpflicht, für die ein Entgelt vereinbart werden könne.

Zum Verwahrentgelt beim Tagesgeldkonto:

Die Klausel stelle eine kontrollfreie Preishauptabrede dar. Der Vertragszweck bestehe in der Verwahrung von Einlagen des Kunden als Hauptleistung. Die Verwahrung erfolge allein in seinem Interesse. Demgegenüber setzten die §§ 700 in Verbindung mit 488 BGB für ihre Anwendbarkeit ein Kapitalbeschaffungsinteresse der Bank voraus.

Bei dem Tagesgeldkonto handele es sich nicht um einen Sparvertrag, sondern einen Vertrag zur kurzfristigen Verwahrung von Geldern. Zwar könne es auch zum langfristigen Vermögensaufbau genutzt werden, darin liege aber nicht sein Primärzweck. Selbst die ausdrückliche Bezeichnung als Sparprodukt schließe nicht aus, dass auf Kundenseite laufende Kosten anfielen.

Zum Folgenbeseitigungs- und Auskunftsanspruch:

Der Anspruch setzte eine unlautere Handlung voraus. Bei geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern erfordere die Unlauterkeit gemäß § 3 Abs. 2 UWG einen Verstoß gegen die unternehmerische Sorgfalt. Sie sei nicht verletzt, wenn die Wirksamkeit der angegriffenen Klausel rechtlich vertretbar sei.

§ 3a UWG verlange, dass die Missachtung einer Marktverhaltensregel geeignet sein müsse, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Das habe der Kläger weder substantiiert dargelegt, noch bewiesen.

Die geforderte Rückzahlung überschreite das Maß, das zur Beseitigung der vermeintlich unzulässigen geschäftlichen Handlung erforderlich sei. Es genüge, Kunden in die Lage zu versetzen, die Ansprüche selbst geltend zu machen.

Der Drittauskunftsanspruch sei seinem Inhalt nach auf einen konkreten Verletzungsfall beschränkt. Der Kläger als Verbraucherverband könne ihn nicht aus eigenem Recht geltend machen. Der Drittauskunftsanspruch missachte die berechtigten Interessen der betroffenen Kunden. Ihr sei die Weitergabe von Kundendaten aus datenschutzrechtlichen Gründen verwehrt.

Wegen des übrigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung im Sinne des § 4 UKlaG und damit gemäß §§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1,4 UKlaG klagebefugt.

1.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus § 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 BGB zu, denn die Klauseln sind unwirksam.

a) Girokonten

Die Klage ist aus §§ 307 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 675f Abs. 5 S. 1,700 Abs. 1,488 Abs. 1 S. 2 BGB begründet, denn die Beanspruchung eines Verwahrentgeltes bei Zahlungsdiensteverträgen ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren. Die Klausel benachteiligt den Verbraucher daher unangemessen.

Der Anwendungsbereich der Klauselkontrolle ist gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB eröffnet. Nach dieser Vorschrift unterliegen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, der Überprüfung. Inhalt und Umfang der zwischen den Parteien vereinbarten Hauptleistungspflichten sind von der Kontrolle ausgenommen.

Die zur Überprüfung stehende Klausel betrifft entgegen der Ansicht der Beklagten keine selbständige, nicht überprüfbare Hauptleistungspflicht, sondern sie stellt eine der Überprüfung zugängliche Preisnebenabrede ohne echte Gegenleistung dar.

Der Girovertrag ist ein Zahlungsdiensterahmenvertrag gemäß § 675 f BGB, bei dem die regelmäßig vom Geldinstitut als Zahlungsdienstleister zu erbringenden Zahlungsdienste die Hauptleistungspflicht darstellen. Zahlungsdienste umfassen gemäß § 675c Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 17 Nr. 1 S. 2 ZAG nicht nur Bareinzahlungen auf ein Zahlungskonto oder Abhebungen von einem solchen Konto, sondern auch die Ausführung von Zahlungsvorgängen einschließlich der Übermittlung von Geldbeträgen auf ein Zahlungskonto beim Zahlungsdienstleister des Nutzers oder bei einem anderen Zahlungsdienstleister durch die Ausführung von Lastschriften und Überweisungen. Damit zählen derartige Geldtransferleistungen zu den Hauptleistungspflichten eines Girovertrages. Daneben umfasst das Giroverhältnis regelmäßig noch weitere Leistungen der Bank (§ 675f Abs. 2 S. 2 BGB), die dem Zahlungsdiensterecht nicht notwendig unterliegen. Dazu zählen die Darlehens- (§§ 488 ff BGB) und unregelmäßigen Verwahrverhältnisse (§ 700 BGB), die auf der Grundlage des Giroverhältnisses durch Ein- und Auszahlungen auf bzw. vom Girokonto begründet oder erfüllt werden (BGH, Urteil vom 18.06.2019 -XI ZR 768/17 – = BKR 2020,91, Rn. 25, 26). Die Verwahrfunktion betrifft das auf dem Konto angesammelte Guthaben, das eine Forderung des Kunden gegen das Kreditinstitut darstellt. Diese Darlehens- und Verwahrfunktion ist für den Girovertrag auch nach Inkrafttreten des Zahlungsdiensterechts charakteristisch (BGH aaO Rn. 26). Während die Bank für die Zahlungsdienstefunktion des Girovertrages nach § 675 Abs. 1 S. 1 BGB ohne weiteres ein Entgelt beanspruchen kann und Nebenpflichten nach den §§ 675c BGB ff (Untertitel 3) einer Entgeltvereinbarung gemäß § 675 Abs. 1 S. 2 BGB zumindest zugänglich sind, fehlt eine entsprechende gesetzliche Regelung zur gesonderten Bepreisung der Verwahrfunktion In den Regelungen zu Zahlungsdiensten. Ohnehin unterliegt die Verwahrfunktion, wie ausgeführt, originär nicht dem Zahlungsdiensterecht, weil es sich um eine zahlungsdienstfremde Leistung handelt. Es bleibt daher bei den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen (so auch Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, Rn. 1b zu § 47). Nach § 700 Abs. 1 BGB sind auf unregelmäßige Verwahrverträge die Vorschriften zum Darlehen, namentlich § 488 BGB anzuwenden. Nach dieser Vorschrift zählt die Zinslast zu den Hauptleistungspflichten des Darlehensnehmers, hier der Beklagten und nicht zu den Pflichten des Kapitalgebers. Damit läuft die Klausel dem gesetzlichen Leitbild zuwider.

Die Beklagte vertritt demgegenüber die Auffassung, dass die Verwahrung von Buchgeld auch bei einem Girokonto eine eigenständige Leistung der Bank darstelle, die mit dem Verwahrentgelt als Gegenleistung vergütet werde. Das Verwahrentgelt sei daher als Hauptleistungspflicht eines gesonderten Vertragsverhältnisses der Klauselkontrolle entzogen. Diese Ansicht wird in der Literatur von Herrestha im Münchner Kommentar zum HGB, 4. Aufl. 2019, Rn. 549 geteilt. In der Rechtsprechung gehen das LG Leipzig (BKR 2021,499 Rn. 40, 46) und das LG Tübingen (BKR 2018, 128 Rn. 62) im Rahmen der jeweils zu beurteilenden Sachverhalte ebenfalls von einem eigenständigen Vertragsverhältnis über die Verwahrung aus.

Die Kammer schließt sich dieser Auffassung unabhängig von der Frage, ob und welche Parallelen zwischen dem hierzu beurteilenden Sachverhalt und den Fallgestaltungen in den Urteilen der LGe Leipzig und Tübingen bestehen, nicht an. Nach der zitierten Rechtsprechung des BGH ist davon auszugehen, dass der Girovertrag zwar auch Elemente der Verwahrung enthält, es sich aber gleichwohl um ein einziges einheitliches gemischt-typisches Vertragsverhältnis handelt. Es ist ein Unterschied, ob nur ein einziger (gemischter) Vertrag existiert, auf den Normen verschiedener Vertragstypen Anwendung finden, je nachdem, welcher Teil betroffen ist, oder ob zwei nebeneinander bestehende Verträge mit einem jeweils eigenen Vertragsregime vorliegen. So könnten unterschiedliche Verträge bspw. auch unabhängig voneinander gesondert gekündigt werden. Zudem müsste die von der Beklagten propagierte Teilung in zwei getrennte Verträge nach außen in Erscheinung treten und damit für den Kunden erkennbar sein. Dafür ist nichts vorgetragen.

Die Verwahrfunktion ist dem Girovertrag immanent. Es handelt sich nicht um eine zusätzlich angebotene Sonderleistung, die der Kunde annehmen kann oder nicht. Der Einwand der Beklagten, dass die Erbringung der Zahlungsdienste nicht zwingend die Verwahrung von Einlagen erfordere, trifft nicht zu. Der Zahlungsdienstevertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag höherer Art, für den die Vorschusspflicht nach § 669 BGB gilt. Der Zahlungsdienstenutzer hat dem Zahlungsdiensteerbringer die erforderlichen Mittel vorher bereit zu stellen. Dass in der Praxis Zahlungsdienste auch im Rahmen von Überziehungskrediten erbracht werden, steht dieser Beurteilung nicht entgegen, weil auch dem nur geduldeten Überziehungskredit regelmäßig eine vertragliche Absprache zugrunde liegt, durch die die Vorschusspflicht aufgehoben wird. Das ändert aber nichts daran, dass sich aus § 669 ZPO das gesetzliche Leitbild eines auf Guthabenbasis geführten Zahlungsdienstekontos ergibt. Der Nutzer kann einen solchen (Debit)Girovertrag nicht ohne Verwahrfunktion abschließen. Selbst wenn sich das Guthaben nur wenige Stunden oder Minuten auf dem Konto befindet, wird es von der Bank in diesem Zeitraum verwahrt. Darin unterscheiden sich Verwahr- und Darlehensfunktion. Die Darlehensfunktion ist beim Girovertrag entbehrlich, die Verwahrfunktion von Gesetzes wegen nicht.

Es kann daher dahinstehen, ob, wie der Kläger ergänzend argumentiert, § 675 Abs. 5 S. 1 BGB der Aufteilung der Kontoführungsgebühr in einen festen und einen an der Höhe des Guthabens ausgerichteten variablen Entgeltteil entgegensteht oder nicht. Eine solche Trennung stellt die Konsequenz aus der Annahme zweier getrennter Verträge dar. Selbst wenn die beschriebene Aufteilung des Entgeltes rechtlich möglich wäre, müsste diese Zweiteilung nach außen zum Ausdruck kommen, also klar sein, welches der feste und welches der variable Teil ist. Im Preisverzeichnis ist indes nicht von einer zweigeteilten Kontoführungsgebühr die Rede, sondern die Beklagte bezeichnet das Verwahrentgelt darin ausdrücklich als eine zusätzliche Vergütung. Für das kostenfreie Girokonto „Free“ gilt nichts anderes, denn die rechtliche Bewertung kann nicht davon abhängen kann, ob die Beklagte eine Kontoführungsgebühr verlangt oder nicht.

Unbehelflich für die Frage, ob ein gesonderter Verwahrvertag vorliegt, ist schließlich der Hinweis der Beklagten auf ihr fehlendes Kapitalbeschaffungsinteresse in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase. Der BGH hat dieser Sichtweise in seiner Entscheidung vom 14.05.2019 – XI ZR 345/18 -, NJW 2019, 2920 Rn. 24 eine ausdrückliche Absage erteilt und betont, dass es bei der Einordnung des Vertrages allein auf das vertragliche Pflichtenprogramm ankomme. Bei Verträgen über Girokonten besteht, wie oben ausgeführt, die Hauptleistung in der Abwicklung von Zahlungsvorgängen. Hinzu kommt als ein weiteres Element eines einheitlichen Vertrages die Aufgabe der Verwahrung des Guthabens. Das Interesse der Bank, sich mit frischem Kapital zu versorgen, ist keiner Vertragspflicht zuzuordnen.

Gegen die Ansicht der Beklagten spricht ferner die Überlegung, dass gewandelte wirtschaftliche Rahmenbedingungen nicht den zivilrechtlichen Charakter bestehender Verträge ändern können. Sie mögen zwar den Wunsch nach einer Anpassung des Vertrages begründen, die dann einvernehmlich vorzunehmen ist. Auch der Gedanke an einen Wegfall der Geschäftsgrundlage mag im zweiseitigen Verhältnis in Betracht kommen. Die Änderung der wirtschaftlichen Rahmendaten kann aber nicht einseitig die Austauschbeziehung ändern und den ursprünglich einheitlichen Girovertrag in einen Zahlungsdienste- und einen gesonderten Verwahrvertrag mit gänzlich anderen Hauptleistungspflichten spalten. Eine solche Verfahrensweise ginge über eine bloße Auslegung weit hinaus. Der Inhalt einer geschlossenen Vereinbarung ist anhand der Erklärungen und Vorstellungen der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu ermitteln. Diese Erklärungen und Vorstellungen ändern sich nicht dadurch, dass sich das ökonomische Umfeld während der Vertragslaufzeit wandelt und sich die Erwartungen eines Vertragspartners dadurch nicht erfüllen. Die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ändert nicht automatisch auch den Inhalt und Charakter des Vertrages. Gerade ältere Verträge, die aus Zeiten stammen, in denen die Bank noch Zinsen zahlte, hatten aus Sicht beider Parteien zum Ziel, der Bank Liquidität zu verschaffen und dem Kunden als Ausgleich für diesen Nutzungsvorteil eine Geldzahlung in Form von Zinsen zukommen zu lassen. Den Parteien kann nicht nachträglich unterstellt werden, dass für den Verbraucher bei Vertragsschluss abgesehen von den Zahlungsdiensten nur die gesicherte Verwahrung des vorhandenen Kapitals im Vordergrund gestanden habe und nicht die eigene Vermögensmehrung durch Erlangung eines Zinsanspruchs gegen die Bank.

Die Klausel weicht damit von wesentlichen Gedanken der gesetzlichen Regelung des § 488 BGB ab. Die Abweichung indiziert eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners. Diese Vermutung ist widerlegt, wenn die Klausel auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung den Kunden gleichwohl nicht unangemessen benachteiligt (Senat, BGHZ 133,10 [15 f.] = NJW 1996, 2032; BGHZ 153, 344 [349] = NJW 2003, 1447 und BGHZ 199, 355 = NJW 2014, 924 Rn. 45). Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild sachlich gerechtfertigt und der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt ist (BGH, Urteil vom 16.02.2016 – XI ZR 454/14, NJW 2016,1875 Rn. 43, beck-online).

Vorliegend überwiegt das Interessen der beklagten Bank daran, das überlassene Kapital nicht ohne Refinanzierungsmöglichkeit verwahren zu müssen, nicht das Interesse des Kunden, Liquidität auf seinem Girokonto vorzuhalten. Die Frage, ob und wie das überlassene Kapital gewinnbringend genutzt werden kann, fällt grundsätzlich in die Sphäre der Beklagten. Dasselbe gilt spiegelbildlich für die durch die Verwahrung verursachten (Betriebs)Kosten. Es ist kein Grund ersichtlich, aus dem heraus die Beklagte einen Teil ihres Geschäftsrisikos in Form eines Verwahrentgelts auf die Kunden abwälzen könnte. Sofern es sich um Altverträge handelt, realisiert sich das von der Beklagten zu tragende Geschäftsrisiko. Bei erst kürzlich geschlossenen Verträgen ging die Beklagte ein solches Risiko angesichts der bereits seit mehreren Jahren andauernden Niedrigzinsphase bewusst ein. Zudem besteht für die Beklagte die Möglichkeit, sich durch Kündigung von ihren Verpflichtungen zu lösen oder mit einem nachdrücklichen Hinweis auf diese Möglichkeit den Abschluss ergänzender Entgeltvereinbarungen durchzusetzen. Schließlich ist auch der Umstand nicht aus dem Blick zu verlieren, dass die EZB nicht für das gesamte bei ihr hinterlegte Kapital „Strafzahlungen“ verlangt, sondern den Banken Freibeträge gewährt, wodurch sich der Nachteil für die Beklagte relativiert.

b) Kosten für die Ausstellung einer Ersatzkarte oder Ersatz-PIN

Die Klauseln, mit der die Beklagte eine Vergütung für die Ausstellung einer Ersatzbankkarte oder einer Ersatz-PIN beansprucht, unterliegen als Preisnebenabrede der Klauselkontrolle. Sie sind gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, weil sie gegen das Transparenzgebot verstoßen. Beide Entgelte werden gemäß Fußnote 28 nur berechnet, „wenn der Kunde die Umstände, die zum Ersatz der Karte/PIN geführt haben, zu vertreten hat und die Bank nicht zur Ausstellung einer Ersatzkarte/PIN verpflichtet ist“.

Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den AGB möglichst klar, einfach und präzise darzustellen. Dazu gehört, dass die Regelung für sich genommen klar formuliert ist. Der Vertragspartner muss ihr entnehmen können, welche Rechtsfolgen auf ihn zukommen und wie er ihren Eintritt vermeiden kann (Grüneberg in Palandt, 80. Aufl., Rn. 21 zu § 307). Diesen Anforderungen werden die Klauseln nicht gerecht. Dem durchschnittlichen Nutzer erschließt sich weder, wann er den Verlust der Bankkarte zu vertreten hat, noch, wann die Bank zur Ausstellung einer Ersatzkarte / PIN (nicht) verpflichtet ist.

Zudem bleibt unklar, in welchem Verhältnis die Klauseln zur gesetzlichen Regelung stehen.

Nach § 375l Abs. 1 S. 3 BGB darf der Zahlungsdienstleister ein Entgelt (nur) für den Ersatz eines verlorenen, gestohlenen, missbräuchlich verwendeten oder sonst nicht autorisiert genutzten Zahlungsinstruments vereinbaren. Auf ein Verschuldenselement kommt es nicht an (Herrestha in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl. 2020, Rn. 24 zu § 6751). Der Nutzer schuldet, eine entsprechende Vereinbarung vorausgesetzt, das Entgelt für die Ersatzkarte sowohl, wenn er den Diebstahl, den Verlust oder eine der genannten Missbrauchshandlungen durch eigene Unvorsichtigkeit im Umgang mit dem Zahlungsinstrument zu vertreten hat, als auch dann, wenn ihn kein Verschulden trifft. Entscheidend ist allein, dass die Karte gestohlen, verloren gegangen oder in der oben beschriebenen Weise missbraucht wurde. Demgegenüber stellen die angegriffenen Klauseln gerade auf ein solches Verschulden ab. Das lässt sich dahin verstehen, dass die Beklagte ihren Handlungsspielraum von vornherein nicht ausschöpfen, die Entgeltpflicht zugunsten des Kunden an ein Verschuldenselement knüpfen und bei einem unverschuldeten Diebstahl, Verlust oder einer unverschuldeten Missbrauchshandlung das Ersatzinstrument kostenlos abgeben möchte. Gegen dieses Verständnis spricht aber die zweite Bedingung, wonach die Beklagte zum Ersatz eines Ersatzinstruments nicht verpflichtet sein darf. Zwar enthält lediglich § 675k Abs. 2 S. 5 BGB eine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung zur Ausgabe eines Ersatzinstruments, die den Fall einer aufzuhebenden Sperrung der Karte betrifft. Gleichwohl versteht die Beklagte ausweislich ihrer Klageerwiderung Seite 10 a.E. auch § 675f Abs. 1 S. 3 BGB als eine gesetzliche Verpflichtung zur Ausstellung eines Ersatzzahlungsinstruments, obwohl die Norm ihrem Wortlaut nach nur die Entgeltpflicht regelt. Unter diesen Umständen bleibt völlig offen, in welcher Konstellation die Beklagte ihrer Ansicht nach nicht zur Ausstellung eines Ersatzinstruments verpflichtet sein sollte.

Ebenso unterliegt die Frage des Vertretenmüssens ihrer freien Beurteilung. Der Kunde kann nicht erkennen, wann er Ersatzkosten zahlen muss und wann nicht und wie er sich gegen eine entsprechende Forderung zielgerichtet verteidigen kann. Allein der Hinweis auf fehlendes Verschulden genügt dazu jedenfalls nicht.

c) Tagesgeldkonten

Die Klausel über das Verwahrentgelt bei den Tagesgeldkonten „S… Cash“ und „S… Cash Online“ ist als Preisnebenabrede einer Klauselkontrolle zugänglich. Sie ist nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Reglung widerspricht.

Das Tagesgeldkonto ist als Sichteinlage mittäglicher Fälligkeit rechtlich als unregelmäßiger Verwahrvertrag nach § 700 BGB einzustufen (Bitter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, Rn. 101a zu § 33 und Rn. 2 zu § 70; Servatius in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl. 2020, Kap. 35 Rn. 139; Schlinker in beckonline Grosskommentar BGB, Stand 01.10.2021, Rn. 21 zu § 700). Vom Abschluss eines Verwahrvertrages geht auch die Beklagte aus. § 700 BGB sieht keine gesetzliche Vergütungspflicht für die Verwahrung vor. Er verweist ausschließlich auf die Vorschriften zum Darlehen, namentlich auf § 488 BGB. Nach dieser Vorschrift obliegt dem Darlehensnehmer, also der Bank, eine Zinszahlungspflicht, nicht aber dem Darlehensgeber. Der Zins kann zwar, sofern dies vereinbart wurde, von der Beklagten auf „0“ herabgesetzt werden. Er kann aber nicht ins Minus rutschen. Dem Kunden muss mindestens der Betrag verbleiben, den er eingezahlt hat. Eben diese Folge wird durch das Verwahrentgelt umgangen.

Einen Anspruch der Bank auf Zahlung eines Verwahrentgeltes durch den Kunden sieht das gesetzliche Leitbild nicht vor.

Die Entgeltklausel steht daher mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht im Einklang und benachteiligt den Verbraucher unangemessen. Hinsichtlich der Interessenabwägung wird ergänzend auf die Ausführungen zum Girokonto, lit. a), verwiesen.

Für die Verwendung der unwirksamen Klauseln besteht eine tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr, die im Vorfeld nur durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung hätte beseitigt werden können (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, UKlaG § 1 Rn. 10).

2.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Folgenbeseitigungsanspruch aus § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 3 UWG in Verbindung mit §§ 3, 3a UWG und § 307 BGB zu.

§ 8 Abs. 1 UWG ist neben den Vorschriften des UKlaG, das die Folgenbeseitigung nicht regelt, anwendbar (BGH, Urteil vom 14.12.2017 – I ZR 184/15 -, GRUR 2018, 423 Rn. 46 -Klauselersetzung -). Der Kläger ist zur Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG von Gesetzes wegen unabhängig davon befugt, ob Ihm selbst ein Schaden entstanden ist.

Nach § 8 Abs. 1 UWG kann auf Beseitigung in Anspruch genommen werden, wer eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung begeht. Unzulässig sind unlautere geschäftliche Handlungen, § 3 Abs. 1 UWG. Nach § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Dazu zählt § 307 BGB. Zwar setzt der Rechtsbruchtatbestand wegen seiner unionsrechtlichen Verankerung in der RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL) den Verstoß gegen eine Norm voraus, die ihrerseits ebenfalls im Unionsrecht wurzelt. Das trifft aber auf § 307 BGB zu, denn die Norm setzt die Vorgaben der RL 93 /13 EWG vom 05. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (Klausel-RL) um.

§ 307 BGB stellt eine Marktverhaltensregel im Interesse der Verbraucher dar (BGH GRUR 2012, 949 Rn. 46 – missbräuchliche Vertragsstrafe -). Die Zuwiderhandlung ist geeignet, die wirtschaftlichen Interessen des Durchschnittsverbrauchers spürbar zu beeinflussen, denn sie kann ihn davon abhalten, berechtigte Ansprüche (sowie Einwendungen und Einreden) gegen den Verwender geltend zu machen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, UWG § 3a Rn. 1.289).

Auf § 3 Abs. 2 UWG ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht abzustellen, weil dessen Anwendungsbereich nicht eröffnet ist. Nach Art. 3 Abs. 2 UGP-RL ist bei der Klauselkontrolle nur auf die Klausel-RL, nicht aber auf die UGP-RL abzustellen. Art. 7 Abs. 4 UGP-RL behandelt zwar das Thema der beruflichen Sorgfalt, dies jedoch nur unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen Informationspflichten, der hier nicht in Rede steht. Für die Anwendung des § 3 Abs. 2 UWG besteht auch kein Bedürfnis, nachdem sich die Unlauterkeit schon aus § 3 Abs. 1 UWG in Verbindung mit § 3a UWG ergibt.

Der Folgenbeseitigungsanspruch ist auf die Beseitigung der Störung gerichtet. Die Störung besteht in der aufgrund der Klauseln ungerechtfertigt vereinnahmten Gelder. Der Störungszustand dauert an, solange die Verbraucher ihre Bereicherungsansprüche aus § 812 BGB nicht geltend gemacht haben (KG – 5 U 112/11, Rn. 108,109 – abrufbar über juris). Der Beseitigungsanspruch ist daher auf die Rückzahlung der vereinnahmten Gelder gerichtet. Das von der Beklagten befürwortete Vorgehen, die Kunden auf eine nicht näher erläuterte Art und Weise in die Lage zu versetzen, die Rückforderungsansprüche selbst geltend zu machen, kommt als milderes Mittel nicht in Betracht. Dieser Weg stellt nicht hinreichend sicher, dass der Beklagten kein Vorteil aus der rechtswidrigen Handlung verbleibt.

3.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch gegen die Beklagte aus § 242 BGB zur Vorbereitung des Hauptanspruchs zu. Als Hauptanspruch kommt auch der Beseitigungsanspruch in Betracht (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, UWG § 9 Rn. 4.4). Der Kläger ist zur Geltendmachung des Hauptanspruchs kraft Sachzusammenhangs befugt.

Der Kläger braucht die Namen und Anschriften der anspruchsberechtigten Kunden zum Zwecke der Überprüfung, ob die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Folgenbeseitigung nachgekommen ist. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. d DS-GVO steht der Auskunftserteilung nicht entgegen (vgl. OLG München GRUR-RR 2019,137). Nach Art. 6 Abs. 1 DS-GVO ist die Verarbeitung der Daten rechtmäßig, wenn mindestens eine der dort näher benannten Bedingungen erfüllt ist. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) ist die Verarbeitung erlaubt, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte der betroffenen Personen überwiegen. Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Ziff. 7 DS-GVO ist der Kläger, denn er entscheidet über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung der personenbezogenen Daten. Er hat kraft seiner satzungsgemäßen Ziele ein berechtigtes Interesse daran, die Verwendung unwirksamer Klauseln im Interesse der Gesamtheit der Verbraucher zu unterbinden dafür zu sorgen, dass den Verwendern kein Vorteil aus der unerlaubten Verwendung erwächst. Dieses Interesse ist umso höher zu bewerten, als der Gesetzgeber die Wahrung kollektiver Verbraucherinteressen bewusst dem Privatrecht unterstellte und auf die staatliche Durchsetzung verzichtete.

Das Interesse der betroffenen Bankkunden am Schutz ihrer personenbezogenen Daten überwiegt nicht das Interesse des Klägers. Die Auskunft ist weder auf den Finanzsstatus insgesamt, noch auf die Bekanntgabe von Guthaben gerichtet, sondern beschränkt sich auf die Übermittlung von Namen, Anschrift, Vertragsdaten und die Mitteilung über die Höhe der vereinnahmten Entgelte. Der Kläger verfolgt auch keinen eigenen Geschäftszweck, zu dem er diese Daten nutzen könnte. Die Interessen der Betroffenen sind daher nur in geringem Maß berührt. Daher kann die Auskunft auch unmittelbar dem Kläger selbst (statt einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufsangehörigen) erteilt werden.

4.

Der Anspruch auf Erstattung der ihrer Höhe nach unstreitigen Abmahnkosten steht dem Kläger aus § 5 UKlaG in Verbindung mit § 12 UWG zu, weil die Abmahnung berechtigt war.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288, 291 ZPO.

5.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Die Kammer hat die Sicherheitsleistung für den Beseitigungs- und Auskunftsanspruch jeweils nach dem geschätzten Betrag bemessen, den die Beklagte aufwenden muss, um dem gerichtlichen Gebot nachzukommen.

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