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Verzicht auf Probezeit durch Arbeitgeber auch Abbedingung der Wartezeit nach § 1 Abs 1 KSchG?

ArbG Hamburg, Az.: 27 Ca 45/12,  Urteil vom 22.08.2012

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 17.874,99 festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein diagnostisch ambulantes Unternehmen, das für den Versand medizinischer Produkte zuständig ist. Auf Konzernebene werden mehr als 2400 Mitarbeiter beschäftigt. Herr . ist seit dem 01.10.2011 Geschäftsführer der Beklagten sowie Vorstandsvorsitzender der . AG. Er war zuvor seit November 2003 ärztlicher Direktor und Vorsitzender des Vorstandes des .. Die Klägerin arbeitete jahrelang als Vorstandsassistentin für Herrn .. Nach dem Wechsel zu der Beklagten zum 01.10.2011 arbeitete die Klägerin wiederum für Herrn .. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt der Klägerin betrug € 5.958,33.

Die Klägerin erhielt von der Beklagten den Entwurf eines Arbeitsvertrags, der u.a. folgende Regelungen enthielt:

Verzicht auf Probezeit durch Arbeitgeber auch Abbedingung der Wartezeit nach § 1 Abs 1 KSchG?
Symbolfoto: giggsy25/Bigstock

Beginn und Aufgabe: 1.1

Sie werden ab dem (ggf. auch früher) als Vorstandsassistentin einem Vollzeitarbeitsverhältnis eingestellt.

1.2

Die ersten 6 Monate der Beschäftigung werden als Probezeit vereinbart.

(…)

Kündigung: 10.1

Während der ersten sechs Monate (Probezeit) kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden.

10.2

Für beide Seiten gilt anschließend eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Monats.

Im Übrigen gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 622 Abs. 2 BGB für beide Seiten.

(…)

Zum Inhalt des Arbeitsvertragsentwurfs wird im Übrigen auf die Anlage K 3 (Bl.11 d.A.) verwiesen. Der Arbeitsvertragsentwurf wurde der Klägerin von der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau S., per E-Mail übersandt.

Etwaige Vertragsänderungen besprach die Klägerin mit Herrn Prof. Dr. D., wobei der Inhalt der Gespräche im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist. Auf Wunsch und Initiative der Klägerin wurden im Arbeitsvertrag die vorgenannten Regelungen zur Probezeit in Ziffern 1.2 und 10.1 gestrichen. Hierzu übersandte sie eine überarbeitete Version des Vertragsentwurfs an Frau S. per E-Mail. Der Arbeitsvertrag wurde von Herrn Prof. Dr. D. und Herrn Dr. Dr. W. unterzeichnet. Zum Inhalt des abgeschlossenen Arbeitsvertrages wird auf die Anlage K 1 (Bl. 4 d.A.) verwiesen. Herr Prof. Dr. D. war zum Zeitpunkt der Gespräche über den Vertrag sowie der Vertragsunterzeichnung noch nicht Geschäftsführer der Beklagten, insofern auch nicht vertretungsberechtigt. Für Herrn Dr. Dr. W. war jedoch, anders als für Herrn Prof. Dr. D., keine vorgedruckte Unterschriftszeile im Vertrag vorgesehen.

Nach anfänglichem Streit der Parteien darüber, ob der Betriebsrat des Betriebs der Beklagten in Göttingen auch für den Betrieb der Beklagten in Hamburg zuständig sei, wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung zwischen den Parteien unstreitig gestellt, dass der Betrieb in Hamburg nach der Anzahl der Mitarbeiter eigenständig ist.

Mit Schreiben vom 23.01.2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 15.03.2012. Die Klägerin wendet sich mit der beim Arbeitsgericht am 13.02.2012 eingegangen Klage gegen die Wirksamkeit der Kündigung.

Die Klägerin trägt vor, dass der Schutz nach § 1 KSchG Anwendung finde. Zwischen den Parteien sei auf eine Probezeit verzichtet worden, sodass damit auch die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG abbedungen worden sei. Hintergrund sei, dass sie, die Klägerin, von Herrn . abgeworben worden sei. Herr . habe ihr vor seinem Wechsel zu der Beklagten gesagt: „Da müssen Sie mit“, „Ohne sie schaffe ich das nicht“, „Sie dürfen mich nicht im Stich lassen“. Bereits vor Übersendung des Vertragsentwurfes habe sie mit Herrn . über einen Wegfall der Probezeit gesprochen. Herr . habe sinngemäß gesagt „Erprobt haben wir uns ja schon“. Die für den Arbeitsvertrag relevanten Punkte habe Herr . an Frau weitergegeben. Frau . habe ihr dann den Arbeitsvertragsentwurf mit der Probezeit übersandt. Nach Erhalt des Arbeitsvertragsentwurfs habe sie, die Klägerin, Herr. durch die offene Tür im Nachbarzimmer gesagt: „Hier steht ‘ne Probezeit.“ Weiterhin habe sie zumindest sinngemäß gesagt: „Die sollte doch gestrichen werden.“ Herr . habe dies bestätigt. Im Übrigen sei Herr . ihr Verhandlungspartner gewesen. Er habe auch den Arbeitsvertrag unterzeichnet. Für sie habe der Verzicht auf die Probezeit zugleich ein Verzicht auf die Wartezeit im Sinne des § 1 KSchG bedeutet. In Zusammenhang mit dem Streichen der Probezeit habe sie die Kündigungsfristen nicht erwähnt.

Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 23.01.2012 mit Ablauf des 15.03.2012 nicht aufgelöst werden wird.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass sich die Klägerin an Herrn . gewandt habe, als dieser über einen Wechsel vom . zu ihr, der Beklagten, nachgedacht habe. Der Klägerin sei es dabei nicht allein darum gegangen, weiterhin mit Herrn . zusammenzuarbeiten. Auch der Wunsch nach beruflicher Veränderung sowie die erheblich besseren Verdienstmöglichkeiten in der Privatwirtschaft hätten eine Rolle gespielt. Die Klägerin sei hingegen nicht abgeworben worden. Auch unterscheide sich der Aufgabenbereich der Klägerin von den zuvor beim . . ausgeübten Tätigkeiten. Die relevanten Vertragsverhandlungen seien nicht zwischen der Klägerin und Herrn . geführt worden, der vor dem 01.10.2011 keine diesbezügliche Vertretungsbefugnis gehabt habe. Materiell rechtlich sei es insoweit der weitere Geschäftsführer Herr . gewesen, der in rechtlicher Hinsicht die relevanten Inhalte zwischen den heutigen Parteien des Rechtsstreits zu verantworten gehabt habe. Herr . habe lediglich die Wünsche der Klägerin hinsichtlich einer Tätigkeit für sie, die Beklagte, sowie der Ausgestaltung eines etwaigen Arbeitsvertrages dem seinerzeitigen und heutigen Geschäftsführer Herrn kommuniziert. Für Herrn . sei die Klägerin eine bis dahin völlig unbekannte Person gewesen, so dass für ihn keine Veranlassung bestanden habe, auf die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG zu verzichten. Über eine mögliche Abbedingung der Wartezeit sei nicht diskutiert worden. Die Klägerin habe im Rahmen der Gespräche gegenüber Herrn . lediglich darauf hingewiesen, dass man eine Probezeit und eine damit einhergehende verkürzte Kündigungsfrist nach Maßgabe der Ziffer 10.1 nicht benötigen würde. Dementsprechend habe die Klägerin die Streichung der Probezeit vorgenommen sowie die Veränderung der Kündigungsfrist in Ziffer 10 des Anstellungsvertrags. Sie, die Beklagte, habe die Veränderungen übernommen, ohne dass hierüber zwischen den Parteien gesprochen worden sei. Sie habe auch mit E-Mail vom 18.8.2011 ein Zeugnis angefordert, was dafür spreche, dass sie die Klägerin habe erproben wollen.

Nach Übersendung des Vertragsentwurfes habe die Klägerin gegenüber Herrn . lediglich einmal zum Ausdruck gebracht dass es einer verkürzten Kündigungsfrist aufbauend auf einer Probezeit nicht bedürfe. Dies vor dem Hintergrund dessen, dass sie, die Klägerin, und er, Herr ., sich doch bereits kennen würden. Herr . habe dementsprechend mit Herrn . nur besprochen, dass die Klägerin ein Problem mit der sehr kurz ausgestalteten 14-tägigen Kündigungsfrist habe.

Im Übrigen sei die Kündigung auch nach § 1 KSchG gerechtfertigt. Die Klägerin sei unzufrieden mit ihren übernommenen Aufgaben gewesen, die sich von denjenigen beim U. E. unterschieden hätten. Auch sei die Klägerin mit den Strukturen im Hause der Beklagte nicht einverstanden gewesen sowie ihrer persönlichen Arbeitsbelastung. Aus diesem Grund habe sie Herrn Prof. Dr. D. um die Kündigung gebeten. Auch seien die Leistungen der Klägerin nicht überzeugend gewesen. Schließlich sei die Klägerin für die Belastungen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht geeignet gewesen.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien, ihrer Beweisantritte und der eingereichten Unterlagen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen (§ 46 Abs. 2 ArbGG, § 313 Abs. 2 ZPO).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde aufgrund der Kündigung vom 23.01.2012 mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist beendet.

I.

1. Die Klägerin hat die dreiwöchige Klagefrist des § 4 KSchG eingehalten.

2. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt. Sie bedarf keiner sozialen Rechtfertigung, da das KSchG nicht anwendbar ist.

a. Nach § 1 Abs. 1 KSchG ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, rechtunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Nach der Rechtsprechung des BAG kann durch Parteivereinbarung der allgemeine Kündigungsschutz nach Maßgabe des Kündigungsschutzgesetzes für Arbeitsverhältnisse eingeführt werden, die noch keine sechs Monate bestanden haben. Eine solche Vereinbarung kann auch stillschweigend getroffen werden (vgl. BAG v. 24.10.1996, 2 AZR 874/95, juris, Rn. 12). Abhängig von den Umständen des Einzelfalles und unter Berücksichtigung des Willens der Vertragsparteien kann in dem ausdrücklichen Verzicht auf eine Probezeit eine Abbedingung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG gesehen werden (vgl. LAG Köln v. 15.12.2006, 9 Ta 467/06; v. 15.02.2002, 4 (2) Sa 575/01; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 24.06.2008, 5 Sa 52/08). Dem bloßen Verzicht auf die Probezeit – ohne Vorliegen weiterer Begleitumstände – kann hingegen kein so weitreichender Erklärungswert beigemessen werden (vgl. KR-Griebeling, 9. Aufl. 2009, § 1 KSchG Rn.98). Nicht ausreichend ist, dass ein Arbeitnehmer von seinem bisherigen Arbeitsplatz abgeworben wird und nicht vereinbart, dass die Kündigung für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen ist. In diesem Fall trägt er das Risiko, dass ihm der neue Arbeitgeber vor Ablauf der Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG kündigt (BAG v. 24.10.1996, 2 AZR 874/95, juris, Rn. 14).

b. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ergibt sich für die Kammer nicht, dass die Parteien einen Verzicht auf die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG vereinbart haben.

Die Klägerin ist darlegungs-und beweisbelastet dafür, dass zwischen den Parteien eine für sie günstige Regelung vereinbart wurde. Insofern oblag es der Klägerin, die Umstände darzulegen, aus denen sich eine vertragliche Vereinbarung durch Angebot und Annahme ergibt, dass zum einen auf eine Probezeit verzichtet wurde und dass zum anderen die Parteien damit zugleich den Verzicht auf die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG gemeint haben. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Die Klägerin hat lediglich dargelegt, wie es aus ihrer Sicht dazu gekommen ist, dass in dem Arbeitsvertrag entgegen des ursprünglichen Entwurfs keine Probezeit positiv geregelt war. Ob zwischen den Parteien damit positiv vereinbart wurde, dass auf eine Probezeit verzichtet werden soll, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Allerdings bestehen Zweifel, dass aus dem Umstand, dass im Laufe von Vertragsverhandlungen eine vorgeschlagene Klausel, die nicht Vertragsbestandteil geworden ist, auf eine Nebenabrede geschlossen werden kann, dass auf die Probezeit ausdrücklich verzichtet wird. Letztlich haben die Parteien im Arbeitsvertrag keine Probezeit geregelt, was aber nicht automatisch bedeutet, sie haben positiv den Verzicht auf die Probezeit vereinbart. Dies kann aber dahingestellt bleiben.

Aus Sicht der Kammer kann in dem vorliegenden Fall selbst aus dem einvernehmlichen Verzicht auf die Probezeit nicht zugleich auf den Verzicht auf die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG geschlossen werden. Für einen so weitreichenden Regelungswillen der Parteien bedürfte es entsprechender Anhaltspunkte. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass von juristischen Laien die Begriffe Probezeit und Wartezeit nach § 1 KSchG häufig in einem Zusammenhang gesehen werden oder sogar gleichgesetzt werden. Soweit die Klägerin – wofür ihr Vortrag spricht – davon ausging, dass in einem Arbeitsverhältnis, für das keine Probezeit vereinbart wurde, der volle Kündigungsschutz ab dem ersten Tag Anwendung finden sollte, befand sie sich in einem bloßen Rechtsirrtum. Für die Auslegung, dass die Parteien in der Vereinbarung eines Verzichts auf die Probezeit mehr regeln wollte, als gelten würde, wenn nichts zur Probezeit vereinbart worden wäre, bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Ob die 9. Kammer des LAG Köln dies grundsätzlich anders sieht, ist zu bezweifeln. Die Entscheidung vom 15.12.2006 (9 Ta 467/06) betraf die Frage der Bewilligung von Prozesskostenhilfe. In dieser Entscheidung (juris, Rn. 12) hat die 9. Kammer eine entsprechende Auslegung als „zumindest vertretbar“ angesehen. Ob es diese Ansicht überzeugend fand, kann der Entscheidung nicht entnommen werden. Maßgeblich sind jedenfalls die Begleitumstände des Einzelfalls, aufgrund derer auf den Willen der Vertragsparteien geschlossen werden kann, dass das KSchG ab dem ersten Tag des Arbeitsverhältnisses gelten sollte. Entsprechend hat das BAG erwogen, dass in der Erklärung eines Bewerbers, bevor er seine bisherige Stelle aufgrund eines Angebots des neuen Arbeitgebers aufgebe, er lege Wert auf eine Dauerstellung, und der Zusage des Arbeitgebers einer Dauer- oder Lebensstellung, eine stillschweigende Einigung über einen vorzeitig einsetzenden Kündigungsschutz gesehen werden kann. Dies hänge aber von den Umständen des Einzelfalls ab (BAG v. 24.10.1996, 2 AZR 874/95, juris, Rn. 12). Schließlich hat das LAG Köln in der von der Klägerin angeführten Entscheidung (v. 15.02.2002, 4 (2) Sa 575/01) nicht aus den allgemeinen Erwägungen zum Begriff der Probezeit gefolgert, dass die Parteien des Arbeitsvertrags Probezeit und Wartezeit gleichgesetzt haben. Vielmehr hat es darauf abgestellt, dass die „beteiligten Kreise“ von diesem Verständnis ausgegangen sind, was anhand des Vertragsentwurfs deutlich werde. Hierin hieß es (juris, Rn. 180):

„Die Probezeit beträgt sechs Monate. Innerhalb der Probezeit ist das Arbeitsverhältnis jederzeit von beiden Seiten mit einer Frist von 2 Wochen zum Monatsende ohne Angabe von Gründen kündbar.“

An dieser Vertragsklausel wird deutlich, dass die Parteien in der vorgenannten Entscheidung eine Verknüpfung zwischen der Probezeit und der Möglichkeit zur Kündigung ohne Angabe von Gründen gesehen haben. Der Verzicht auf eine solche Vereinbarung im Zusammenhang mit der ausdrücklichen Formulierung „Eine Probezeit wird nicht vereinbart.“ legt nahe, dass die Parteien mehr regeln wollten, als die bloße Verlängerung der Kündigungsfrist, nämlich dass das Arbeitsverhältnis nicht „ohne Angabe von Gründen“ kündbar sein sollte. Vorliegend enthielt Ziffer 10.1 des Arbeitsvertragsentwurfs lediglich einen Hinweis auf die verkürzte Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB, nicht hingegen auf die Möglichkeit, ohne Angabe von Gründen zu kündigen. Die Streichung der Ziffer 10.1 betraf lediglich die Kündigungsfrist. Dementsprechend kann aus der Sicht eines Erklärungsempfängers die Streichung der Probezeit nicht so verstanden werden, dass die Beklagte die sofortige Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetztes vereinbaren wollte. Die Klägerin nennt hier im Wesentlichen lediglich als „Begleitumstand“ die – von der Beklagten bestrittene – Aussage von Herrn Prof. Dr. D., dass man sich bereits erprobt habe. Ein Wille der Beklagten zur Vereinbarung einer Nebenabrede mit so weitgehenden Rechtsfolgen kann hierin noch nicht gesehen werden. Über etwaige Kündigungsmöglichkeiten während einer Probezeit und das Risiko eines Arbeitsplatzverlustes hat die Klägerin mit Herrn Prof. Dr. D. hingegen nicht gesprochen.

Maßgeblich kann ohnehin nur der Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung sein, um aus Sicht eines objektiven Empfängers in der Position der Klägerin die Willenserklärung der Beklagten auszulegen. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers kann die im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags durch Herrn Prof. Dr. D. und Herrn Dr. Dr. W. abgegebene Willenserklärung – auch unter Berücksichtigung der zuvor geführten Gespräche, die sich die Beklagte zurechnen lassen muss – nicht so verstanden werden, dass die Beklagte auf die Wartezeit verzichten wollte. Der Umstand, dass Herr Prof. Dr. D. in einem frühen Stadium der Vertragsverhandlungen der Klägerin sinngemäß mitgeteilt haben soll: „Erprobt haben wird uns“ und die sinngemäße Aussage der Klägerin zur Probezeit: „Die sollte doch gestrichen werden“ bestätigt haben soll, spricht aus den oben genannten Gründen nicht dafür, dass die Beklagte die Wartezeit abbedingen wollte. Der Klägerin war bekannt, dass sie für die Beklagte als Arbeitgeberin eine neue Arbeitnehmerin war. Nach ihren vertraglichen Pflichten sollte sie als Vorstandsassistentin tätig werden, ohne einem bestimmten Mitglied des Vorstandes zugeordnet zu sein. Auch wenn Herr Prof. Dr. D. die Klägerin bereits aus der langjährigen Zusammenarbeit kannte, konnte sie nicht annehmen, dass auch der ihr unbekannte Herr Dr. Dr. W. – oder einer der anderen Geschäftsführer – auf eine Erprobung verzichten wollte.

Hierin ist ein grundlegender Unterschied zu der Entscheidung des BAG v. 24.11.2005 (2 AZR 614/04) zu sehen. Dieser Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass ein Arbeitnehmer einer GmbH & Co. KG vorübergehend zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bestellt und nach der Abberufung unter Beibehaltung der Aufgaben erneut ein Arbeitsverhältnis unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das ursprüngliche Arbeitsverhältnis geschlossen wurde. Damit bestand über lange Jahre eine Rechtsbeziehung zu demselben Unternehmen. Durch die Bezugnahme auf ein früheres Arbeitsverhältnis haben die dortigen Vertragsparteien nach Ansicht des BAG deutlich gemacht, dass sie an die früheren Vertragsverhältnisse anknüpfen und die Zeit als Geschäftsführer anrechnen wollten. Vorliegend hat die Klägerin nicht nur den Arbeitgeber gewechselt. Es fehlt auch eine Anknüpfung an die beim U. E. zurückgelegte Beschäftigungszeit. Insofern liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die von der Klägerin bei ihrer alten Arbeitgeberin erworbenen Besitzstände anerkannt werden sollten.

3. Die Kündigung ist auch nicht aus sonstigen Gründen unwirksam. Anhaltspunkte für eine Treuwidrigkeit der Kündigung gem. § 242 BGB liegen nicht vor. Solche wurden von der Klägerin auch nicht behauptet.

II.

Der Wert des im Urteil festzusetzenden Streitgegenstandes beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG, § 3 ZPO, § 42 Abs. 3 GKG. Die Kündigung hat die Kammer mit drei Bruttomonatsgehältern bewertet (§ 42 Abs. 3 GKG).

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 ZPO. Danach hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich bereits aus § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG. Im Übrigen lagen die Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vor.

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