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Verzugskostenpauschale – Anrechung Inkassokosten

AG Saarlouis, Az.: 25 C 205/17 (12), Urteil vom 08.06.2017

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 711,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2016 sowie weitere 112,– EUR zu zahlen.

2.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin bietet Einträge in Firmenverzeichnisse an (A….de) und nimmt die Beklagte aufgrund eines abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages in Anspruch.

Am 02.08.2016 schloss die Beklagte mit dem Vertriebsmitarbeiter der Klägerin einen Vertrag über die Aufnahme in ein Online Firmenverzeichnis zum Preis von 598,– EUR netto für 3 Jahre ab. Der Vertrag begann am 02.08.2016 und wird enden am 02.08.2019, der Bruttopreis beläuft sich auf 711,62 EUR. Das Telefonat zwischen den Parteien wurde aufgezeichnet, der Mitarbeiter der Klägerin verwies die Beklagte, die ein Garten- und Landschaftsbauunternehmen betreibt, auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen hin, die auf der Internetseite der Klägerin einsehbar sind.

Verzugskostenpauschale - Anrechung Inkassokosten
Symbolfoto: Rawpixel.com/Bigstock

Die Beklagte erhielt nach dem Telefonat ein Datenblatt mit Informationen darüber, wie ihr Betrieb in das Firmenverzeichnis aufgenommen wird, ferner erhielt sie die Rechnung vom 03.08.2016 über einen Bruttobetrag von 711,62 EUR.

Nachdem die Klägerin keinen Zahlungseingang feststellte, mahnte sie die Beklagte mit Schreiben vom 22.08. und 06.09.2016.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage den Rechnungsbetrag von 711,62 EUR sowie Inkassokosten in Höhe von 72,– EUR und eine Verzugspauschale in Höhe von 40,– EUR.

Die Klägerin behauptet, sie habe die vertraglich geschuldete Leistung ordnungsgemäß erbracht und die Beklagte in ihr Verzeichnis aufgenommen.

Die Klägerin beantragt, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, ihr Garten- und Landschaftsbauunternehmen sei nicht auf der Seite www.A….de eingetragen worden. Eine Eintragung in das Verzeichnis sei entgegen dem Vertrag nicht erfolgt, jedenfalls sei die Leistung der Klägerin wertlos, da der Eintrag der Beklagten auf der Seite nicht zu finden sei.

Die Beklagte ist der Rechtsansicht, dass der geschlossene Vertrag unwirksam ist wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 UWG, da es sich um einen unerlaubten Werbeanruf gehandelt habe. Ferner verstoße der Vertrag gegen die guten Sitten gem. § 138 BGB, weil es ein auffälliges Missverhältnis zwischen der Leistung der Klägerin und der Zahlungspflicht der Beklagten gebe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist voll umfänglich begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in Höhe von 711,62 EUR brutto aus § 611 Abs. 1 BGB. Der Vertrag zwischen den Parteien ist mündlich aufgrund des Telefonates vom 02.08.2016 unstreitig zustande gekommen, dies ergibt sich im übrigen aus der Aufzeichnung des Telefonates. Der Inhalt des Telefonates blieb zwischen den Parteien unstreitig. Auch die AGB der Klägerin wurden wirksam mit einbezogen, insoweit genügt unter Kaufleuten der bloße Hinweis zur wirksamen Einbeziehung.

Der Mitarbeiter der Klägerin hatte die Beklagte am Ende des Telefonates auf die ABG`s hingewiesen, die auf der Seite www.A….de abrufbar und einsehbar sind.

Die ABG`s der Klägerin sind damit wirksam einbezogen worden.

Der Vertrag ist auch nicht nichtig gem. § 134 BGB. Danach ist ein Rechtsgeschäft nichtig, welches gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Vorliegend kam ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 UWG in Betracht, da die Beklagte den Vertrag aufgrund eines sogenannten „Cold Call“ abschloss.

Insoweit kommt jedoch zum einen die mutmaßliche Einwilligung der Beklagten mit dem Anruf in Betracht, da sie als Unternehmerin des Garten- und Landschaftsbaubetriebes im öffentlichen Telefonbuch bereits eingetragen war, zum anderen handelt es sich bei § 7 Abs. 2 Satz 2 UWG nicht um ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB.

Ein auf eine Vertragsanbahnung abzielender wettbewerbswidriger Anruf führt nicht zur Folge der Vertragsnichtigkeit, da § 7 Abs. 2 UWG kein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB ist (vgl. Landgericht Hamburg, 16. Kammer für Handelssachen, Urteil vom 17.12.2014, AZ: 416 HKO 158/14 zitiert nach Juris).

§ 7 Abs. 2 UWG betrifft nur die Art des Zustandekommens, nicht aber den Inhalt des Rechtsgeschäftes. Auch ordnet das UWG eine Nichtigkeit des Vertrages gerade nicht an.

Der Vertrag ist auch nicht gem. § 138 BGB nichtig. Eine Sittenwidrigkeit ist nicht gegeben.

Selbst wenn ein Vertrag im wettbewerbsrechtlich unzulässiger Weise mittels eines sogenannten Cold Call zustande gekommen wäre, verstößt ein derartiges Verhalten jedenfalls im kaufmännischen Verkehr nicht in einer derartigen Art und Weise gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden, dass die Unwirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung als Folge geboten wäre. Eine Unvereinbarkeit mit grundlegenden Wertungen der Sitten und Rechtsordnung ist hierin nicht zu erkennen. (vgl. LG Bonn, Urteil vom 05.08.2014, 8 S 46/14, zitiert nach juris und AG Aachen, Urteil vom 26.07.2016, AZ: 113 C 8/16, zitiert nach juris).

Der mündlich abgeschlossene Vertrag ist auch nicht infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen gem. § 142 Abs. 1 BGB. Solche Anfechtungsgründe sind weder dargetan noch ersichtlich.

Auch ein Widerruf des mündlich abgeschlossenen Vertrages war nicht möglich, da die §§ 312 ff. BGB auf die Beklagte, die vorliegend als Unternehmerin handelte, nicht anwendbar sind.

Die Beklagte kann der Klägerin auch nicht die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gem. § 320 BGB entgegen halten. Die AGS`s der Klägerin, die wirksam Vertragsbestandteil wurden, sehen keine Vorleistungspflicht der Klägerin vor, vielmehr eine Vorleistungspflicht der Beklagten gem. § 6 Abs. 3 der AGB. Danach ist der Kunde verpflichtet, die ihm zugesandte Rechnung innerhalb des gewährten Zahlungszieles zu zahlen. Der Eintragungspreis ist nach der den AGB`s immer zu Beginn des vereinbarten laufenden Eintragungszeitraumes als Gesamtsumme fällig.

Auch aus § 3 Abs. 5 der ABG`s ergibt sich, dass die Klägerin die Sitemaps mit individuellen Kundendaten programmiert und an die Suchmaschine G… und andere Suchmaschinen sendet, nachdem der Kunde den Rechnungsbetrag gezahlt hat.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 286 Abs. 3, 288 Abs. 2 BGB.

Der Anspruch auf Zahlung einer Kostenpauschale von 40,– EUR folgt aus § 286, 288 Abs. 5 BGB.

Ferner hat die Klägerin Anspruch auf Zahlung von Inkassokosten in Höhe von 72,– EUR aus den §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB, nachdem die Beklagte spätestens ab dem 05.09.2016 in Verzug war. Die Inkassokosten können auch neben der Kostenpauschale in Höhe von 40,– EUR geltend gemacht werden. Eine Anrechnung auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren war nicht im Sinne des Gesetzgebers.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Nach alledem war wie erkannt zu entscheiden.

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