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Videokamera zur Kontrolle eines Gemeinschaftsgartens unzulässig?

AG Siegburg – Az.: 104 C 82/17 – Urteil vom 11.02.2019

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien sind Nachbarn und wohnen jeweils zur Miete in einem zusammenhängenden Häuserkomplex der X für den S in M, der zur Straßenseite über einen gemeinsamen Hauseingang und ein gemeinsames Treppenhaus verfügt. Die Wohnung der Klägerin liegt im Haus(teil) P im 1. OG links, die Wohnung der Beklagten im Haus(teil) A im 1.OG rechts. Hinter dem Häuserkomplex befindet sich ein durchgehender Garten, der nicht physisch (z.B. durch Hecke, Zaun o.ä.) unterteilt ist. Das nachbarschaftliche Verhältnis der Parteien ist stark belastet.

Zu einem früheren Zeitpunkt befanden sich im Gartenbereich an Pfosten angebrachte Wäscheleinen. Pfosten und Leinen wurden aber zwischenzeitlich, noch vor Klagerhebung durch die Vermieterin entfernt.

Die an einer Gartennutzung interessierten Mieter haben den Gartenbereich mit Duldung der Vermieterin unter sich aufgeteilt. Danach wird der Gartenteil hinter Haus Nr. a hälftig durch die Beklagte und hälftig durch die Mitmieterin Frau T genutzt. Auf Anlage B1 (Bl. 29 f. d.A.) wird ergänzend verwiesen.

Die Beklagte brachte erstmals im Jahr 2016 an einem zum Garten gerichteten Fenster ihrer Wohnung eine Videokamera an. Sie wurde daraufhin von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 16.09.2016 zur Entfernung aufgefordert. Hierauf reagierte die Beklagte mit Antwortschreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 17.11.2016. Auf Anlage A1 (Bl. 6 f. d.A.) und A2 (Bl. 8 f. d. A.) wird verwiesen. In der Folge entfernte die Beklagte die Kamera.

Im Frühjahr 2017 errichtete die Beklagte die Kamera ein weiteres Mal und wurde von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin wiederum unter dem 12.04.2017 sowie nochmals unter dem 16.05.2017 zur Entfernung aufgefordert. Auf Anlagen A3 und A4 (Bl. 11 f. d.A.) wird verwiesen.

Eine Genehmigung der Kamera durch die X für den S liegt nicht vor. Auf Anlage A5 (Bl. 13 d.A.) wird ergänzend verwiesen.

Die Klägerin ist der Ansicht, ungeachtet der internen Nutzungsvereinbarung handele es sich um einen Gemeinschaftsgarten, dessen Nutzung allen Mietern eröffnet sei. Entsprechend seien auch die vormals vorhandenen Wäscheleinen sämtlich von den Bewohnern des gesamten Häuserkomplexes gemeinschaftlich genutzt worden. Die Kamera der Beklagten diene der Kontrolle des Gartens und dabei insbesondere der Kontrolle der Klägerin. Sie solle durch die Kamera eingeschüchtert, verunsichert und letztlich geärgert werden. Vom Garten aus sei auch nicht zu erkennen, ob die Kamera jeweils in Betrieb sei oder nicht. Weiterhin behauptet die Klägerin, die Beklagte würde ihr permanent nachschnüffeln und bei vermeintlichen Verfehlungen regelmäßig eine entsprechende Reklamation an die Adresse der Vermieterin übersenden.

Die Klägerin hat daher ursprünglich beantragt,

1.  die Beklagte zu verurteilen, die am Fenster ihrer Wohnung A M, 1. Etage rechts, zum Garten hin angebrachte Videokamera zu beseitigen.

2.  die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, an ihrem Fenster zum Garten hin erneut eine Videokamera anzubringen.

3.  die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten der Inanspruchnahme der Kanzlei Dr. K und Partner hinsichtlich deren außergerichtlicher Tätigkeit in Höhe von 147,56 EUR zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit der Klage freizustellen.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12.04.2018, bei Gericht eingegangen am 18.04.2018 hat die Klägerin den Klageantrag zu 1) für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte die Videokamera beseitigt hatte. Die Beklagte hat der Teilerledigungserklärung nach entsprechendem Hinweis des Gerichts nicht widersprochen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1.  die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, an ihrem Fenster zum Garten hin erneut eine Videokamera anzubringen.

2.  Die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten der Inanspruchnahme der Kanzlei Dr. K und Partner hinsichtlich deren außergerichtlicher Tätigkeit in Höhe von 147,56 EUR zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit der Klage freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Klägerin stehe für den rückwärtigen Gartenteil hinter Haus a keinerlei Nutzungsrecht zu. Sie behauptet dazu, die Kamera erfasse auch nur diesen Gartenteil, wobei – insoweit zwischen den Parteien unstreitig – die Mitmieterin Frau T hinsichtlich ihres Gartenteils ihr Einverständnis erklärt habe. Die Gartenteile hinter Haus p und damit auch der Gartenteil der Klägerin würden dagegen nicht erfasst. Dies rühre nicht zuletzt daher, dass die Kamera in einem Holzkasten untergebracht sei, der den Blickwinkel der Kamera einschränke. Auf Anlage B2 (Bl. 31 ff. d.A.) wird ergänzend verwiesen.

Sie behauptet weiterhin, die Kamera diene ausschließlich dazu, ein in dem Gartenteil der Klägerin befindliches Schildkrötengehege mit wertvollen Schildkröten zu beobachten. Dementsprechend habe sie die Kamera im Jahr 2016 entfernt, da zu dem fraglichen Zeitpunkt ohnehin der Winterschlaf der Schildkröten angestanden habe und das Außengehege daher nicht weiter genutzt werden musste. Im Übrigen sei die Kamera seit Mai 2017 ausgeschaltet, da die Schildkröten von Unbekannten zunächst unberechtigt freigelassen worden seien und, soweit die Beklagte sie habe wiederfinden können, nun vorübergehend zum Schutz in der Wohnung untergebracht seien.

Das Gericht hat die Parteien persönlich angehört und Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 22.03.2018 durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen L. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsprotokolle vom 01.03.2018 sowie 28.01.2019, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Sachverständigengutachten vom 08.11.2018 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Unterlassung der Anbringung einer Kamera oder auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Insoweit konnte zunächst dahinstehen, ob die Installation und der Betrieb der Kamera – entsprechend der Ansicht der Klägerin – aus mietrechtlicher Sicht unzulässig ist, da eine (miet)vertragliche Beziehung, aus der die Klägerin Rechte herleiten könnte, jedenfalls zwischen den Parteien nicht besteht. Eine Einbeziehung der Klägerin in den Mietvertrag zwischen der Beklagten und der X für den S dahingehend, dass sich die gegenseitigen Sorgfalts- und Obhutspflichten der Mietvertragsparteien auf die Klägerin erstrecken, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Videokamera zur Kontrolle eines Gemeinschaftsgartens unzulässig?
(Symbolfoto: Von tete_escape/Shutterstock.com)

Der Klägerin steht gegen die Beklagte des Weiteren kein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB analog im Wege des sog. quasi-negatorischen Unterlassungsanspruchs zu.

Die Installation einer Kamera durch die Beklagte und hierdurch erstellte Videoaufnahmen stellen anhand der konkret festgestellten Umständen des Einzelfalles keinen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin dar, das zugleich als sonstiges Recht im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB Schutz genießt.

Die Herstellung von Bildnissen einer Person, insbesondere die Filmaufzeichnung mittels einer Videokamera kann grundsätzlich einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen, selbst wenn keine Verbreitungsabsicht besteht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Dritter liegt vor, wenn diese durch die Überwachung tatsächlich betroffen sind.

Die Frage, ob ein derartiger rechtswidriger Eingriff anzunehmen ist, kann nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer die (verfassungs-) rechtlich geschützten Positionen der Beteiligten berücksichtigenden Güter- und Interessenabwägung beantwortet werden.

Ein Unterlassungsanspruch kann auch bestehen, wenn Dritte eine Überwachung durch Überwachungskameras objektiv ernsthaft befürchten müssen. In der Rechtsprechung wird allerdings ein Anspruch auf Unterlassung des Betriebs solcher Videokameras, die auf das Nachbargrundstück lediglich ausrichtbar sind, verneint, wenn der Nachbar die Anfertigung von Aufnahmen lediglich befürchtet und die Kameras nur mit erheblichem und äußerlich wahrnehmbarem Aufwand, also nicht etwa nur durch das Betätigen einer Steuerungsanlage, auf sein Grundstück gerichtet werden können. Auch insoweit kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.

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Die Befürchtung, durch vorhandene Überwachungsgeräte überwacht zu werden, ist dann gerechtfertigt, wenn sie aufgrund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheint, etwa im Hinblick auf einen eskalierenden Nachbarstreit oder aufgrund objektiv Verdacht erregender Umstände. Liegen solche Umstände vor, kann das Persönlichkeitsrecht des (vermeintlich) Überwachten schon aufgrund der Verdachtssituation beeinträchtigt sein. Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch Videokameras und ähnliche Überwachungsgeräte beeinträchtigt hingegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht derjenigen, die dadurch betroffen sein könnten, nicht. Deshalb ist die Installation einer Überwachungsanlage auf einem privaten Grundstück nicht rechtswidrig, wenn objektiv feststeht, dass dadurch öffentliche und fremde private Flächen nicht erfasst werden, wenn eine solche Erfassung nur durch eine äußerlich wahrnehmbare technische Veränderung der Anlage möglich ist oder wenn auch sonst Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2010, VI ZR 176/09, Rn. 11 ff.; ebenso  BGH, Urteil vom 21. Oktober 2011, V ZR 265/10, Rn. 4 und 9)

Anhand dieses Maßstabs wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch die beanstandete Kamera der Beklagten nicht verletzt.

Hierfür ist zunächst maßgeblich, dass die in Rede stehende Kamera der Beklagten auf der Grundlage der nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen L denjenigen Gartenteil nicht erfasst, der kraft einer internen Nutzungsvereinbarung der Mieter der Klägerin zugeordnet ist. Der Sachverständige hat insoweit die von ihm vorgefundene Situation umfassend ausgewertet und dabei die technischen Möglichkeiten der vorhandenen Kamera in der betreffenden Position – soweit für das Gericht ersichtlich – vollständig ausgeschöpft. Die Ergebnisse hat der Sachverständige jeweils detailliert anhand von Fotos festgehalten und erläutert. Die entsprechenden Positionen und Grenzen der Gartenbereiche wurden dazu nach den nach Angaben des Sachverständigen (S. 7 des Gutachtens, Bl. 98 d.A.) „von der Klägerin als auch von der Beklagten in Übereinstimmung festgelegt“.

Ein rechtswidriger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Klägerin ergibt sich dessen ungeachtet nicht daraus, dass es sich nach der insoweit zutreffenden Auffassung der Klägerin im Ausgangspunkt um einen Gemeinschaftsgarten handelt. Das Gericht geht dabei davon aus, dass sich das mietvertraglich seitens der GWG für den S jedem einzelnen Mieter des Häuserkomplexes A und p zugewiesene Nutzungsrecht im Ausgangspunkt jeweils auf den gesamten Garten erstreckt. Dies wird durch die von der Beklagten vorgelegte Anlage B1 (Bl. 29 d.A. unten) ausdrücklich bestätigt. Etwas anderes wird auch seitens der Parteien bereits nicht behauptet, die – nunmehr übereinstimmend – eben auf eine Nutzungsvereinbarung zwischen den Mietern Bezug nehmen.

Die Frage, welches Nutzungsrecht jedem einzelnen Mietern auf der Grundlage der jeweiligen Verträge mit der X zusteht, ist jedoch angesichts der konkreten Nutzungsvereinbarung zwischen den Mietern vorliegend ohne Belang. Soweit die Klägerin noch im Rahmen der Replik offen ließ, „ob es sich um einen einheitlichen Garten oder zwei Gartenteile handelt“, ist bereits fraglich, ob die seitens der Beklagten konkret vorgetragene und durch Anlage B1 unter Beweis gestellte Nutzungsvereinbarung hierdurch wirksam bestritten werden konnte. Dies kann jedoch dahinstehen, nachdem die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2019 nunmehr ausdrücklich erklärt hat, eine entsprechende Aufteilung „durchaus vor Augen“ zu haben und auch den Hintergrund dieser Regelung von sich aus dahingehend erläutert hat, dass jeder gewissermaßen sein Reich hat und es zum Beispiel nach seinem eigenen Belieben bepflanzen kann.“

Hat sich die Klägerin danach aber einer entsprechenden Absprache unter den Mietern unterworfen, verhält sie sich nunmehr widersprüchlich, wenn sie sich ausschließlich zur Begründung ihrer hiesigen Forderung auf ihre mietvertraglichen Rechte gegenüber der X für den S beruft, wobei hier ohnehin offen bleibt, ob und wenn ja, in welchem Umfang solche Rechte angesichts der langjährigen einvernehmlichen Regelung unter Duldung der Vermieterin weiterhin bestehen.

Ungeachtet dessen hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt sachliche Gründe oder auch nur das Interesse oder den Wunsch dargelegt oder gar bewiesen, denjenigen Gartenteil zu nutzen, dessen Nutzung kraft Vereinbarung der Beklagten zufällt. So wäre die Situation des Einzelfalls ggf. anders zu beurteilen, würde die Klägerin z.B. darlegen, dass sie den Nutzungsbereich der Beklagten und damit auch den Erfassungsbereich der Kamera zwingend passieren müsse, um zu ihrem Gartenteil zu gelangen. Soweit die Klägerin insoweit ausschnittsweise auf zuvor montierte Wäscheleinen Bezug nimmt, ist zwischen den Parteien bereits streitig geblieben und von der Klägerin nicht unter Beweis gestellt worden, wo sich diese befanden und wem sie zur Nutzung zugeordnet waren. Wiederum ungeachtet dessen ist der Vortrag der Beklagten, wonach sowohl die Wäscheleinen als auch die entsprechenden Pfosten schon vor Klageerhebung nicht mehr vorhanden waren, von Seiten der Klägerin jedenfalls gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen. Leinen und Pfosten sind entsprechend auch auf den Aufnahmen des Sachverständigen nicht zu erkennen. Schließlich hat die Klägerin auch nicht dargelegt, die Nutzungsvereinbarung zwischen den Mietern ihrerseits zu irgendeinem Zeitpunkt aufgekündigt zu haben.

Kann die Klägerin – wie im Rahmen der Begutachtung durch den Sachverständigen erfolgt und in der mündlichen Verhandlung bestätigt – aber die jeweiligen Nutzungsbereiche klar abgrenzen und weiß um deren Grenzen, steht es zugleich ausschließlich in ihrer eigenen Entscheidung, sich in den Erfassungsbereich der Kamera zu bewegen oder eben nicht. Zwingende Gründe den Erfassungsbereich zu passieren und sich so einer eventuellen Aufnahme auszusetzen, hat die Klägerin wie erörtert nicht dargelegt.

Eine Änderung des Erfassungsbereichs der Kamera ist darüber hinaus zur Überzeugung des Gerichts nur durch eine äußerlich wahrnehmbare technische Veränderung der Anlage, nämlich durch die Entfernung der Holzverkleidung möglich, die zu Beginn der sachverständigen Begutachtung die Kamera umschlossen hat. Insoweit hat das Gericht in seine Bewertung ebenfalls einbezogen, dass ein Betrieb der Kamera ohne die betreffende Holzverkleidung von der Klägerin zu keinem Zeitpunkt behauptet wurde. Im Gegenteil ergibt sich auch aus dem von der Beklagten im Rahmen der Klageerwiderung als Anlage B2 vorgelegten Foto (Bl. 32 d.A. unten) ebenfalls ein Betrieb mit Holzkasten.

Das Gericht verkennt des Weiteren nicht, dass natürlich die Position der Kamera auf der Fensterbank ebenso wie die Position der Kamera innerhalb des Holzgehäuses zu jedem beliebigen Zeitpunkt von der Beklagten verändert werden könnten. Bei realistischer Betrachtung wäre es der Beklagten gleichermaßen möglich, ein anderes Kameramodell mit anderem Erfassungswinkel anzuschaffen. Diese lediglich hypothetischen Überlegungen müssen jedoch für die konkrete Beurteilung des Einzelfalls außer Betracht bleiben und rechtfertigen insbesondere kein Unterlassungsurteil zu Lasten der Beklagten. Demgegenüber hat der Sachverständige den Erfassungsbereich der Kamera, so wie sie ihm zur Begutachtung zur Verfügung stand unter Berücksichtigung aller vorhandenen Anknüpfungstatsachen umfassend ausgewertet. Dabei konnte der Sachverständige anhand der Ausführungen auf S. 9 f. des Gutachtens (Bl. 100 f. d.A.) sogar gewisse Anhaltspunkte für eine Dauerhaftigkeit der Position dadurch feststellen, dass zum Zeitpunkt der Begutachtung außerhalb des Gehäuses auf Bild 14 (Bl. 101 d.A.) dokumentierte Witterungsspuren sichtbar waren, innerhalb des Gehäuses jedoch nicht. Die Klägerin hat demgegenüber weder im Rahmen der Begutachtung – soweit zur Kenntnis des Gerichts dokumentiert – noch im anschließenden Verfahren vorgebracht oder gar bewiesen, dass sich die Kamera vormals in anderer Position befunden habe oder – wie bereits erörtert – ohne Gehäuse betrieben worden sei.

Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin folgt schließlich auch nicht aus der Befürchtung, durch vorhandene Überwachungsgeräte überwacht zu werden, also aus sog. „Überwachungsdruck“. Das Gericht verkennt auch hierbei nicht, dass die Kamera auf einen offenen, von mehreren genutzten Gartenbereich gerichtet ist. Auch hat das Gericht in seine Beurteilung einbezogen, dass das nachbarschaftliche Verhältnis der Parteien angespannt ist und die Beklagte selbst im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2018 selbst eingeräumt hat, zumindest zum damaligen Zeitpunkt, über Aufnahmen der Klägerin zu verfügen.

Gleichwohl verbleibt es aus Sicht des Gerichts anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles bei der allein hypothetischen Möglichkeit einer Überwachung, sofern sich die Klägerin nicht bewusst in Kenntnis in den betreffenden Bereich bewegt. Die Klägerin hat konkrete Umstände, die einen Überwachungsdruck im Übrigen als nachvollziehbar und verständlich erscheinen lassen, nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt bzw. bewiesen.

Soweit die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt eingeräumt hat, über Aufnahmen zu verfügen, hat sie ausdrücklich nur Aufnahmen innerhalb des Gartenteils genannt, der ihr kraft Vereinbarung zur Nutzung unterfällt und in den sich die Klägerin – wie dargelegt in Kenntnis – hineinbewegt hat. Darüber hinaus hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt weitere Situationen oder Gelegenheiten dargelegt, anhand derer erkennbar wäre, dass die Beklagte – wie von der Klägerin behauptet – die Kamera zur Überwachung oder Kontrolle einsetzt. Soweit die Klägerin hierzu behauptet, die Beklagte würde ihr „permanent nachschnüffeln“ und würde regelmäßig „eine entsprechende Reklamation an die Adresse der Vermieterin“ übersenden, verbleibt es bei einer Behauptung ins Blaue hinein. Dies gilt insbesondere für eine Benachrichtigung bzw. Information der X für den S, die die Beklagte u.a. in der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2018 ausdrücklich bestritten hat. Selbst im Falle einer solchen Information hat die Klägerin eine irgendwie geartete Verwendung von Videoaufnahmen nicht dargelegt.

Schließlich blieb auch zu berücksichtigen, dass es als legitimes Interesse der Beklagten anzusehen ist, die Kamera auf das ihr gehörige Außengehege und die darin befindlichen Schildkröten zu richten. Dies gilt, da Gehege und Schildkröten – unbestritten – im Eigentum der Beklagten stehen ungeachtet von dessen wirtschaftlichen Wert. In diesem Zusammenhang sind auch die Ausführungen der Beklagten dahingehend, dass die Kamera jeweils in Abhängigkeit zur Jahreszeit bzw. dem Winterschlaf der Schildkröten genutzt wurde, jedenfalls plausibel.

Die weiteren Einzelheiten der Schildkrötenhaltung konnten aus den bereits vorab erörterten Gründen dahinstehen. Sie sind ungeachtet dessen zwischen den Parteien streitig und bereits nicht unter Beweis gestellt. Anders als die Klägerin wohl meint, kommt als Grund für eine Kameraüberwachung von Gehege und Schildkröten jedenfalls nicht ausschließlich eine Verdächtigung der Mitmieter in Betracht. Gleichzeitig wäre ebenso an den Einfall anderer größerer Tiere zu denken. Darüber ist die schlichte Beobachtung von Tieren ebenso verbreitet.

Aus den genannten Gründen besteht auch ein Anspruch der Klägerin auf Schadenersatz gem. § 823 Abs. 1 BGB und in der Folge auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht.

Die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin sind schließlich auch aus keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen wegen der Kosten auf §§ 91 Abs. 1 S.1, 91a Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO.

Gemäß § 91a ZPO war insoweit über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, als der Rechtsstreit hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrages zu 1) gemäß § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO als übereinstimmend für erledigt erklärt anzusehen ist.

Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Erledigung entspricht es billigem Ermessen, die Kosten auch insoweit der Klägerin aufzuerlegen. Grundlage der insoweit lediglich summarischen Prüfung ist dabei vornehmlich, wem die Kosten des Rechtsstreits ohne die Erledigung des Rechtsstreits aufzuerlegen gewesen wären (vgl. BGH, Beschluss vom 07. Mai 2007, VI ZR 233/05, Rn. 7; BGH, Beschluss vom 16. September 1993, V ZR 246/92, Rn. 7f. und 11, jew. zit. nach juris). In Anwendung dieser Grundsätze wäre die Klägerin ungeachtet der Erledigung vollständig unterlegen, da auch ein Anspruch auf Beseitigung der Kamera gem. §§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB analog aus den dargelegten Gründen nicht bestanden hätte.

Hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen die prozessualen Nebenentscheidungen auf den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711, 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

Der Streitwert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Davon entfällt ein Betrag von 750,00 EUR auf den Klageantrag zu 1) und ein Betrag von 2.250,00 EUR auf den Klageantrag zu 2).

 

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