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Vollstreckbare Ausfertigung bei Aushändigung des Titels an den Gläubiger infolge Falschberechnung

LG Dessau-Roßlau – Az.: 2 O 142/07 – Beschluss vom 05.07.2011

Die Erinnerung der Kläger gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 31.03.2011 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Parteien haben am 22.06.2007 einen Prozessvergleich geschlossen, in dem sich die Beklagte unter anderem verpflichtet hat, an die Kläger zur Erledigung dieses sowie des Rechtsstreits 2 O 131/07 einen Betrag in Höhe von 15.000,00 € zu zahlen. Die Kosten beider Rechtsstreite sowie des Vergleichs sind gegeneinander aufgehoben worden.

Im Rahmen der von den Klägern im Anschluss betriebenen Zwangsvollstreckung leistete die Beklagte im Zeitraum von Juli 2007 bis April 2008 Zahlungen in Gesamthöhe von 15.576,83 €, wovon die Kläger einen Betrag von 576,83 € auf die Kosten der Zwangsvollstreckung verrechneten. Nachdem die Gerichtsvollzieherin die Kläger mehrfach erfolglos um Mitteilung gebeten hatte, ob die titulierte Forderung damit getilgt sei, händigte sie im November 2008 der Beklagten die vollstreckbare Ausfertigung des Titels aus.

Mit Schriftsatz vom 08.02.2011 beantragten die Kläger die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs mit der Begründung, die Aushändigung des Titels an die Beklagte sei infolge einer versehentlich falschen Forderungsberechnung durch eine Angestellte ihrer Prozessbevollmächtigten erfolgt. Tatsächlich stünden den Klägern weitere Kosten der Zwangsvollstreckung in Höhe von 1.696,32 € zu. Wegen der Einzelheiten der Forderung, die sich überwiegend aus Gebühren der Prozessbevollmächtigten der Kläger zusammensetzt, wird auf die Aufstellung im Schriftsatz vom 14.03.2001 (Bd. II Bl. 82 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte ist dem Antrag entgegen getreten. Sie meint, den Klägern fehle es an einem berechtigten Interesse für die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung. Die Kläger machten zudem Kosten geltend, die nicht zu den notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung zählten. Ferner erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung sowie der Verwirkung.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat den Antrag der Kläger mit Beschluss vom 31.03.2011 zurückgewiesen. Gegen die am 05.04.2011 zugestellte Entscheidung richtet sich deren am 19.04.2011 eingegangene Erinnerung, der der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nicht abgeholfen hat.

II.

Die gem. § 573 Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Erinnerung ist unbegründet.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, der gem. § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 RPflG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Übertragung von Rechtspflegeraufgaben auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 22.09.2004 (GVBl. S. 724) zur Entscheidung berufen war, hat den Antrag zu Recht zurückgewiesen.

Eine weitere vollstreckbare Ausfertigung eines Vollstreckungstitels darf gem. § 733 ZPO nur erteilt werden, wenn der Gläubiger ein berechtigtes Interesse hieran geltend macht und im Ergebnis der gebotenen Abwägung keine überwiegenden Interessen des Schuldners, der vor einer mehrfachen Zwangsvollstreckung aus demselben Titel bewahrt werden soll, entgegen stehen (OLG Celle, MDR 2009, 357). Von einem überwiegenden Schuldnerinteresse ist regelmäßig dann auszugehen, wenn konkrete Umstände die Gefahr einer Doppelvollstreckung begründen (OLG Saarbrücken, MDR 2008, 48). Dem steht es gleich, wenn der Gläubiger nach vollständiger Tilgung der Hauptforderung sowie eines Teils der Zwangsvollstreckungskosten und daraufhin erfolgter Herausgabe des Vollstreckungstitels an den Schuldner zu einem späteren Zeitpunkt zunächst versehentlich nicht berücksichtigte Kosten der Zwangsvollstreckung beizutreiben beabsichtigt.

Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, dass auch im Falle der Aushändigung des Vollstreckungstitels an den Gläubiger infolge Falschberechnung die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung in Betracht komme, die nach Glaubhaftmachung oder Beweis durch den Gläubiger auf die Restforderung zu beschränken sei (Zöller/Stöber, Rdn. 5 und 12 zu § 733 ZPO m.w.N.).

Die Gläubigerinteressen gebieten es jedoch nicht, die unter Umständen aufwändige Prüfung etwaiger vom Schuldner noch zu ersetzender Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens in das auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragbare Verfahren gem. § 733 ZPO zu verlagern. Die Prüfung der Notwendigkeit von Vollstreckungskosten gem. § 788 Abs. 1 ZPO obliegt vielmehr grundsätzlich dem zuständigen Vollstreckungsorgan. Erscheint die Notwendigkeit der Kosten und damit die Erstattungspflicht des Schuldners zweifelhaft oder lehnt das zuständige Vollstreckungsorgan die Beitreibung ab, hat der Gläubiger die Möglichkeit, die Kosten gem. § 788 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch das Vollstreckungsgericht, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung vorgenommen worden ist, festsetzen zu lassen.

Hierauf ist er auch dann zu verweisen, wenn er wie hier die Kläger nach beendeter Zwangsvollstreckung und Herausgabe des Vollstreckungstitels in Erfüllung des dem Schuldner analog § 371 BGB zustehenden Anspruchs (BGH, NJW-RR 2008, 1512) später weitere Kosten der Zwangsvollstreckung beitreiben will.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil das Erinnerungsverfahren gerichtsgebührenfrei ist und auch für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten gem. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 RVG keine besonderen Gebühren entstehen.

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