LG Berlin – Az.: 67 S 278/22 – Beschluss vom 17.12.2022
Der Antrag auf Abänderung des erstinstanzlichen Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antrag ist unbegründet. Gemäß § 718 Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht zwar vorab über die im ersten Rechtszug getroffene Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der (Räumungs-)Verurteilung zu befinden. Das setzt jedoch voraus, dass die erstinstanzliche Entscheidung insoweit fehlerhaft war (vgl. Ulrici, in: BeckOK ZPO, 46. Ed., § 718 Rz. 4). An diesen Voraussetzungen fehlt es, insbesondere hatte das Amtsgericht nicht auszusprechen, dass das Urteil „nicht vorläufig vollstreckbar“ ist. Denn das hätte einen vom Amtsgericht übergangenen oder anderweitig fehlerhaft behandelten Vollstreckungsschutzantrag des Beklagten gemäß §§ 712 Abs. 1, 714 Abs. 2 BGB schon im ersten Rechtszug erfordert. Diese Voraussetzungen sind ebenfalls nicht erfüllt.
Weiterführende Informationen
Was ist ein Vollstreckungsschutzantrag?
Ein Vollstreckungsschutzantrag ist ein Mittel des Schuldners in der Zwangsvollstreckung, um unter bestimmten Voraussetzungen die Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise zu verhindern. Ein solcher Antrag kann beim zuständigen Vollstreckungsgericht gestellt werden und wird nur bei Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände begründet. Die besonderen Umstände müssen zu einer sittenwidrigen Härte für den Vollstreckungsschuldner führen, während keine Schutzbedürftigkeit des Gläubigers besteht. Eine Interessenabwägung findet in der Begründetheit des Antrags statt. Ein Vollstreckungsschutzantrag kann zum Beispiel dann begründet sein, wenn das Leben oder die Gesundheit des Schuldners oder eines nahen Angehörigen durch die Zwangsvollstreckungsmaßnahme ernsthaft bedroht sind. In der Praxis wird ein Vollstreckungsschutzantrag häufig genutzt, um eine akute Suizidgefahr durch ein ärztliches Attest bescheinigen zu lassen und die Zwangsversteigerung zeitweise auszusetzen.