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Voraussetzungen der Entstehung eines Notwegrechts aus Gemeinem Recht

Streit um Wegverbindung: Klägerin und Beklagter vor Gericht.

Die Klägerin und der Beklagte sind vor Gericht in einem Streit um eine Wegverbindung. Die Klägerin nutzte in der Vergangenheit ein Waldgrundstück des Beklagten als Wegverbindung, um Holz zu transportieren. Der Beklagte lagerte im September 2020 Baumstämme und Hackschnitzelabfälle im Bereich der Wegtrasse, wodurch ein Passieren nicht mehr möglich war. Die Klägerin stützt ihr Recht, das Grundstück des Beklagten in der bisherigen Weise zu befahren, auf eine nicht eingetragene altrechtliche Dienstbarkeit. Das Landgericht hat die Klage auf Entfernung des Holzes und Unterlassung der Errichtung neuer Sperrvorrichtungen abgewiesen und die Klägerin verurteilt, eine Notwegrente zu zahlen. Die Klägerin und der Beklagte haben Berufung gegen das Urteil eingelegt. Der Senat hat nun entschieden, dass keine altrechtliche Dienstbarkeit besteht, die das Überfahren des Grundstücks des Beklagten in dem von der Klägerin beanspruchten Bereich gestattet. Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass eine solche Dienstbarkeit vor dem 1. Januar 1900, spätestens vor dem 1. Mai 1909, entstanden ist. Der Berufung der Klägerin wurde daher keine stattgegeben.

Der Senat hat analog zum § 293 ZPO ermittelt und festgestellt, dass im Gebiet der heutigen Stadt V-Stadt primär das Nürnberger Recht und subsidiär das Gemeine Recht galt. Maßgeblich für das Geh- und Fahrtrecht, das der Klägerin zusteht, ist das Gemeine Recht, solange es nicht durch spätere Gesetzgebung durch Bayerisches Landesrecht geändert wurde. Der Sachvortrag der Klägerin zeigt jedoch nicht auf, dass die Entstehenstatbestände für das Geh- und Fahrtrecht erfüllt wurden. Eine Begründung von Dienstbarkeiten mit dem Inhalt eines Geh- und Fahrtrechts durch vertragliche Übereinkunft erforderte nach Art. 14 des Bayerischen Notariatsgesetzes vom 10. November 1861 eine notarielle Beurkundung. Davon, dass die Dienstbarkeit durch „stillschweigende Bestellung“ entstanden ist, kann ebenfalls nicht ausgegangen werden. Auch von den Voraussetzungen einer Ersitzung, wie sie nach dem Gemeinen Recht in Betracht kam, kann der Senat nicht ausgehen. Hinzu kommt, dass es an jedem konkreten Vortrag dazu fehlt, wie häufig das Wegerecht ausgeübt wurde.

Das Gericht hat entschieden, dass die Klägerin kein Recht hat, das Grundstück des Beklagten für die Bewirtschaftung ihres eigenen Grundstücks zu nutzen. Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass sie ein dingliches Recht auf das Grundstück hat oder dass die Erklärung des Beklagten gegenüber einer Behörde Auswirkungen auf ihre Rechte hat. Das Gericht hat jedoch zugestanden, dass die Klägerin ein Notwegerecht auf dem „neuen“ Weg des Beklagten hat, der für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung ihres Grundstücks ausreichend ist. Die Klage auf Beseitigung von Hindernissen wurde abgewiesen.

Das Gericht hat entschieden, dass der Beklagte eine jährliche Notwegrente von 30,00 € zu zahlen hat. Der Betrag berücksichtigt die Nachteile, die der Beklagte aufgrund der Einschränkung seiner Nutzungsmöglichkeiten durch das Notwegrecht erleidet. Der Anspruch auf die Rente ist bereits mit dem Verlangen des Notwegs entstanden und kann auch rückwirkend geltend gemacht werden. Der Beklagte kann allerdings ein Zurückbehaltungsrecht ausüben. Der Senat empfiehlt dem Beklagten, seine Berufung zurückzuziehen, da sonst die Anschlussberufung gegenstandslos wird.

OLG Nürnberg – Az.: 3 U 1440/22 – Beschluss vom 17.08.2022

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 19. April 2022, Az. 2 O 1065/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Die Anschlussberufung des Beklagten würde damit gegenstandslos.

Gründe

I.

Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin ein Grundstück des Beklagten in einer bestimmten Weise als Wegverbindung benutzen darf und welche Entschädigung sie deshalb schuldet.

Die Klägerin ist aufgrund Überlassungsvertrags vom 20. März 2004 Eigentümerin des Waldgrundstücks V-Stadt FlNr. XXX2…, welches keine Verbindung zu einem öffentlichen Weg aufweist. Der Beklagte ist Eigentümer des Waldgrundstücks V-Stadt FlNr. XXX1. Die Klägerin und die Voreigentümer, darunter ihre Mutter (die Zeugin D1) nutzten in der Vergangenheit zum Befahren und zum Abtransport von Holz einen nach Süden hin verlaufenden Geländestreifen der – in etwa gleichem Umfang – zunächst über das Grundstück der Familie T1 (FlNr. XXX3) und dann das Grundstück des Beklagten FlNr. XXX1 zu einem öffentlichen Weg führt.

Der Beklagte lagerte im September 2020 Baumstämme und Hackschnitzelabfälle im Bereich der bisher von der Klägerin genutzten Wegtrasse, sodass seither ein Passieren nicht mehr möglich ist. Die Klägerin ließ den Beklagten durch Schreiben ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 23. September 2020 auffordern, dieses Hindernis zu beseitigen, was dieser ablehnte.

Die Klägerin stützt ihr Recht, das Grundstück des Beklagten in der bisherigen Weise zu befahren, auf eine nicht eingetragene altrechtliche Dienstbarkeit. Diese sei lange Zeit vor Anlegung der Grundbücher von den Vorfahren der Klägerin über vier Generationen hinweg seit dem Erwerb des Grundstücks im Jahr 1892 ausgeübt und dadurch ersessen worden. Zudem habe sich der Beklagte im Jahr 2008 gegenüber dem Forstrevier N-Stadt und dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten R-Stadt dahin geäußert, dass dem Hinterleger der genutzte Weg weiterhin gewährt werde. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen eines notwendigen Rechts vor. Der Beklagte bestreitet die klägerseits vorgebrachten Umstände. Der Beklagte habe die Klägerin im Jahr 2020 darauf verwiesen, einen etwa 40 m entfernten Weg zu benutzen, der etwa 4 bis 5 m breit sei und sich zum Transport von Langholz eigne. Der bisher von der Klägerin genutzte Abschnitt im Bereich der Lichtung solle aufgeforstet werden; der Alternativweg über sein Grundstück und das der Familie T1 sei von diesen zur gemeinsamen Benutzung angelegt worden und stehe nun auch der Klägerin zur Verfügung. Ein Notwegerecht gesteht der Beklagte der Klägerin zu, doch habe diese eine jährliche Notwegrente i.H.v. 750,00 € zu entrichten.

Das Landgericht hat die auf Entfernung des aufgeschichteten Holzes, Unterlassung der Errichtung neuer Sperrvorrichtungen und Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 251,66 € gerichtete Klage im angegriffenen Endurteil vom 19. April 2022 abgewiesen und auf die Widerklage hin den Verlauf des Notwegs entsprechend einer dem Urteil beizufügenden, jedoch nicht beigefügten Anlage festgestellt sowie die Klägerin verurteilt, an den Beklagten eine Notwegrente von jährlich 30,00 €, Zug um Zug gegen Zufahrtsgewährung, sowie rückständige Rentenbeträge in Höhe von 120,00 € nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihre ursprünglichen Klageanträge weiterverfolgt sowie die Abweisung der Widerklage erstrebt.

Der Beklagte verfolgt mit seiner Anschlussberufung sein Ziel, eine laufende und zurückliegende Notwegrente i.H.v. von jährlich 750,00 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.100,51 € zugesprochen zu bekommen, und bis zur Bezahlung die Durchfahrt verweigern zu dürfen, weiter.

II.

Die angegriffene Entscheidung stellt sich zur Überzeugung der Senatsmitglieder auch in Anbetracht der in der Berufungsbegründung vorgebrachten Argumente als zutreffend dar, soweit darin zum Nachteil der Klägerin erkannt wurde, sodass das zulässige Rechtsmittel der Klägerin keinen Erfolg haben dürfte.

1. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks der Klägerin keine altrechtliche Dienstbarkeit besteht, die das Überfahren des Grundstücks des Beklagten in dem von ihr beanspruchten Bereich gestattet.

a) Nach Art. 184 EGBGB blieben beschränkt dingliche Rechte, die bei Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 bestanden, unberührt; soweit zu diesem Zeitpunkt ein Tatbestand verwirklicht war, der nach der früheren Rechtslage ein solches Recht entstehen ließ, besteht dieses somit fort und unterliegt seither lediglich im Hinblick auf Inhaltsänderungen und bestimmte Übertragungsvorgänge den Bestimmungen des BGB (Säcker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2010, Art. 184 EGBGB Rn. 3). Die Möglichkeit des Erwerbs nach den altrechtlichen Bestimmungen bestand nach Art. 189 Abs. 1 S. 1 EGBGB grundsätzlich noch bis zu dem Zeitpunkt fort, in dem im jeweiligen Bezirk das Grundbuch als angelegt anzusehen war; dies war vorliegend der 1. Mai 1909 (Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 3. Auflage 2015, 4. Teil, Abschnitt D., Rn. 46; BayObLG, Beschluss vom 20. Oktober 1967, BReg. 2 Z 51/67, BayObLGZ 1967, 397 (403)). Maßgeblich dafür, ob in dieser Zeit ein Erwerb einer Grunddienstbarkeit erfolgen konnte, ist das Recht am Ort der Lage des als belastet angesehenen Grundstücks (BayObLG, Urteil vom 2. Dezember 1996 – 1Z RR 236/94, BayObLGZ 1996, 286 (291); Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 3. Auflage 2015, 4. Teil, Abschnitt D., Rn. 50). Nach Art. 187 EGBGB ist auch ein Verlust einer so begründeten Grunddienstbarkeit, welche nicht in das Grundbuch eingetragen ist, durch gutgläubigen Erwerb ausgeschlossen, wenn sie vor dem Zeitpunkt entstanden ist, in dem die Grundbücher als angelegt gelten.

Voraussetzung für den Bestand einer altrechtlichen Dienstbarkeit ist damit, dass eine solche vor dem 1. Januar 1900, spätestens vor dem 1. Mai 1909, nach den damals maßgeblichen Bestimmungen entstanden ist. Einen solchen Sachverhalt hat die Klägerin nicht aufgezeigt und zumindest nicht bewiesen:

b) Die Zeugin D1 hat bekundet, dass der Weg so, wie ihn die Klägerin beansprucht, seit ihrer Heirat im Jahr 1960 durch die Familie der Klägerin benutzt wurde; ihren Angaben lässt sich auch entnehmen, dass nach ihrem und dem in der Familie vorhandenem Wissen der Weg seit den 1890er Jahren durch diese benutzt wurde. Zudem wird man sich der Argumentation in der Berufungsbegründung nur schwer verschließen können, der Weg müsse seit dem Erwerb des Grundstücks durch die Familie der Klägerin benutzt worden sein, weil es eine andere Möglichkeit zur Zufahrt und zum Holztransport nicht gibt.

Auch wenn aufgrund dieser Gesichtspunkte die Überzeugung gewonnen werden könnte, dass der Weg seit dem Grundstückserwerb 1892 genutzt wurde, folgt daraus nicht, dass die Rechtsvorgänger der Klägerin eine entsprechende Grunddienstbarkeit erworben haben. Nähere Angaben zu Grundlage und Umfang der Benutzung des Wegs durch ihre Eltern bzw. Schwiegereltern und deren Vorfahren können, wie auch das Landgericht festgestellt hat, der Aussage der Zeugin und dem genannten Umstand nicht entnommen werden. Ebenso ergibt sich aus der Urkunde vom 13. Oktober 1892 nichts über die näheren Umstände und Hintergründe (und erst recht nichts unmittelbar für ein bestehendes oder begründetes Wegerecht). Dies führt dazu, dass der Senat keinen der in Betracht kommenden Erwerbsgründe als gegeben ansehen kann.

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Im Einzelnen ist aufgrund der Ermittlungen, die der Senat analog § 293 ZPO zum maßgeblichen früheren Recht angestellt hat (vgl. MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 293 Rn. 22, 47 ff.), auszuführen:

c) Im Gebiet der heutigen Stadt V-Stadt galt primär das Nürnberger Recht, subsidiär das Gemeine Recht (vgl. Peißl, Civilgesetzstatistik des Königreichs Bayern nach der Organisation der Gerichte vom 1. Juli 1862 (1863), S. 61; v. Völderndorff, Civilgesetzstatistik des Königreichs Bayern (1880), S. 237; zu den Herrschaftsverhältnissen vgl. auch den Wikipedia-Eintrag für „V-Stadt“ (P)“). Das Nürnberger Recht, insbesondere die „der Stadt Nürnberg verneuerte Reformation“ von 1479/1564, enthielt im Hinblick auf Rechte an Grundstücken nur einzelne Bestimmungen, insbesondere keine solchen zu Dienstbarkeiten an gewöhnlichen Gütern (vgl. v. Weber, Darstellung der sämtlichen Provinzial- und Statutarrechte des Königreichs Bayern, Bd. 2: Die Rechte von Mittelfranken, 1838, Teil X: Nürnbergisches Recht, S. 784 f.; Peißl, Civilgesetzstatistik des Königreichs Bayern nach der Organisation der Gerichte vom 1. Juli 1862 (1863), S. 175). Maßgeblich ist daher das subsidiär geltende Gemeine Recht, soweit es nicht durch spätere Gesetzgebung durch Bayerisches Landesrecht modifiziert wurde.

d) Nach Gemeinem Recht konnte eine Grunddienstbarkeit durch (u.U. stillschweigende) Bestellung, durch Ersitzung oder durch Herkommen entstehen; relevant ist ferner die unvordenkliche Verjährung (Staudinger/J. Hönle/U. Hönle (2018), EGBGB Art. 184 Rn. 6; Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht,3. Auflage 2015, 4. Teil, Abschnitt D., Rn. 50).

e) Der Sachvortrag der Klägerin zeigt nicht auf, dass einer dieser Entstehenstatbestände erfüllt war.

aa) Die Begründung von Dienstbarkeiten mit dem Inhalt eines Geh- und Fahrtrechts durch vertragliche Übereinkunft, wie sie das Gemeine Recht vorsah, erforderte nach Art. 14 des Bayerischen Notariatsgesetzes vom 10. November 1861 in Bayern ab dem 1. Juli 1862 eine notarielle Beurkundung (vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 20. März 1991 – BReg. 2 Z 3/91, BayObLGZ 1991, 139 (143) = BayObLG DNotZ 1992, 670 (671); Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 3. Auflage 2015, 4. Teil, Abschnitt D., Rn. 51; Staudinger/J. Hönle/U. Hönle (2018), EGBGB Art. 184 Rn. 6); diese Bestimmung galt gem. Art. 150 des Bayerischen Notariatsgesetzes für sämtliche Landesteile diesseits des Rheins. Eine Begründung einer Dienstbarkeit durch formlosen Vertrag bei oder nach dem Erwerbsvorgang im Jahre 1892 wäre daher aufgrund des bereits damals bestehenden Beurkundungszwangs nicht wirksam gewesen.

bb) Davon, dass die Dienstbarkeit durch „stillschweigende Bestellung“ entstanden ist, kann ebenfalls nicht ausgegangen werden.

Danach entstand eine Dienstbarkeit bei der Veräußerung von Grundstücken oder Abtrennung von Grundstücksteilen, die sich im Eigentum derselben Person befunden hatten, wenn zunächst ein tatsächlicher Gebrauch des einen Grundstücks(teils) für die Bewirtschaftung des anderen erfolgt ist und sich so in der Hand eines Eigentümers ein wirtschaftliches Bedürfnis für die Nutzung herausgebildet hatte; der rein tatsächliche Gebrauch setzte sich aufgrund des vom Gesetz ergänzend unterstellten Willens der den Veräußerungsvertrag schließenden Parteien als Recht an der fremden Sache fort (vgl. dazu BayObLG, Urteil vom 27. Februar 1962 – RReg. 1 Z 135/59, BayObLGZ 1962, 70 (75 ff.); BayObLG, Urteil vom 3. März 1997 – 1Z RR 464/95, BayObLGZ 1997, 98 (104 f.) m.w.N.; Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 3. Auflage 2015, 4. Teil, Abschnitt D., Rn. 52). Mangels näherer Angaben zu dem Erwerbsvorgang kann eine solche Ausgangslage jedoch nicht angenommen werden. Es ist nicht aufgezeigt, dass das nun der Klägerin gehörende Grundstück vom nun dem Beklagten gehörenden Grundstück abgetrennt wurde oder umgekehrt, oder beide zuvor im Eigentum derselben Person gestanden hatten, die das Grundstück entsprechend nutzte.

cc) Auch von den Voraussetzungen einer Ersitzung, wie sie nach dem Gemeinen Recht in Betracht kam, kann der Senat nicht ausgehen.

(1) Voraussetzung der Ersitzung nach Gemeinem Recht war, dass die Servitut während der Ersitzungszeit in gutem Glauben und in der Überzeugung, ein eigenes privates Recht wahrzunehmen, ausgeübt worden ist (vgl. BayObLG, Urteil vom 30. Januar 1962 – RReg. 1 Z 213/1959, BayObLGZ 1962, 24 (32); BayObLG, Urteil vom 20. November 1962, RReg. 1 Z 68/61, BayObLGZ 1962, 341 (354); BayObLG, Urteil vom 2. Dezember 1996 – 1Z RR 236/94, BayObLGZ 1996, 286 (292); Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 3. Auflage 2015, 4. Teil, Abschnitt D., Rn. 53; alle m.w.N.). Der Besitz durfte dabei nicht fehlerhaft – also weder gewaltsam (vi) noch heimlich (clam) oder bittweise (precario) – ausgeübt worden sein (vgl. BayObLG, Urteil vom 2. Dezember 1996 – 1Z RR 236/94, BayObLGZ 1996, 286 (292) m.w.N.). „Bittweise“ wurde der Besitzstand ausgeübt, wenn er nach den Umständen des Einzelfalls auf einer Gefälligkeit des Eigentümers beruhte und ihm somit kein Rechtsanspruch zugrunde lag (Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 3. Auflage 2015, 4. Teil, Abschnitt D., Rn. 53). Die Ersitzungszeit belief sich nach Gemeinem Recht „unter Anwesenden“, d.h. bei Personen, die ihren Wohnsitz in dem Oberlandesgerichtsbezirk hatten, in dem das Grundstück liegt, auf 10 Jahre, sonst auf 20 Jahre (vgl. BayObLG, Urteil vom 20. November 1962, RReg. 1 Z 68/61, BayObLGZ 1962, 341 (354); BayObLG, Urteil vom 1. Dezember 1959 – RReg. 1 Z 43/58, BayObLGZ 1959, 478 (480 f.); BayObLG, Urteil vom 30. Januar 1962 – RReg. 1 Z 213/1959, BayObLGZ 1962, 24 (32); BayObLG, Urteil vom 2. Dezember 1996 – 1Z RR 236/94, BayObLGZ 1996, 286 (292) m.w.N.; Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 3. Auflage 2015, 4. Teil, Abschnitt D., Rn. 53 m.w.N.).

(2) Der Senat hält es bereits für zweifelhaft, ob der Tatbestand der Ersitzung nach früherem Recht auch noch in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten des BGB und der Anlegung der Grundbücher vollendet werden konnte (dafür ohne nähere Begründung Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 3. Auflage 2015, 4. Teil, Abschnitt D., Rn. 54; offen lassend jeweils BayObLG, Urteil vom 20. November 1962, RReg. 1 Z 68/61, BayObLGZ 1962, 341 (354); BayVGH, Urteil vom 4. April 1974 – 150 VIII 71, BayVGHE 28, 23 = AgrarR 1975, 153 (Ls.)). Gegen diese Möglichkeit spricht, dass die Übergangsvorschrift des Art. 189 EGBGB erkennbar dem Umstand Rechnung tragen sollte, dass bis zur Anlegung der Grundbücher die Entstehung, Übertragung und Inhaltsänderung von Rechten nach den §§ 873 ff. BGB, die jeweils eine Grundbucheintragung voraussetzen, praktisch nicht möglich war; dies hätte faktisch zu einer mehrjährigen Lähmung des Grundstücksverkehrs geführt. Insoweit bestand Bedarf, Verfügungen nach Maßgabe der bisherigen Regelungen weiter zuzulassen, weil sonst Verfügungen über einen mehrjährigen Zeitraum bis zum Abschluss der Grundbuchanlegung überhaupt nicht mehr erfolgen hätten können. Dementsprechend erklären Art. 189 Abs. 1 u. 3 EGBGB nur die Bestimmungen vorübergehend weiter für anwendbar, die für die (rechtsgeschäftliche) Aufhebung von Rechten gelten, nicht dagegen sämtliche Erlöschenstatbestände. Für die Ersitzung einer Dienstbarkeit contra tabulas nach gemeinem Recht bedürfte es aber keinerlei Eintragung. Einen Grund, weshalb die im BGB nicht mehr vorgesehene Möglichkeit einer solchen Ersitzung über den 1. Januar 1900 hinaus gegeben sein sollte, kann der Senat daher nicht erkennen.

(3) Selbst wenn man jedoch Art. 189 EGBGB auch insoweit anwendet und damit den Zehnjahreszeitraum zwischen 1892 und 1909 als abgelaufen ansieht, fehlt es an substantiiertem Vortrag dazu, dass die Vorfahren der Klägerin den Weg aus eigenem Recht in Anspruch nahmen. Anhaltspunkte dafür, dass sie damals davon ausgingen, aufgrund eines ihnen zustehenden privaten Rechts berechtigt zu sein, finden sich im Vortrag der Klägerin und der Zeugenaussage nicht. Aufgrund der Gegebenheiten liegt ebenso nahe, dass lediglich eine „bittweise“ Gestattung durch die damaligen Eigentümer vorlag, welche aber für eine Ersitzung nicht ausreichte. Dasselbe würde gelten, wenn – was ebenfalls nicht fern liegt, die Benutzung bereits im damaligen Zeitraum auf der Ausübung eines Notwegrechts beruhte, welches das damalige Recht ebenso kannte (vgl. Mot. zum BGB, Bd. III, S. 289 f.).

Wer sich auf Eigenbesitz beruft und daraus Rechte herleiten möchte, trägt die Beweislast für dessen Vorliegen (BeckOGK/Götz, 1.7.2022, BGB § 872 Rn. 10); eine dem § 1006 Abs. 1 BGB entsprechende Vermutung zugunsten desjenigen, der den unmittelbaren Besitz an einer beweglichen Sache erwirbt, dass er mit dem Besitzerwerb Eigenbesitz erworben habe, besteht bei Grundstücken nicht.

(4) Hinzu kommt, dass es an jedem konkreten Vortrag dazu, wie häufig das Wegerecht ausgeübt wurde, fehlt. Bei nicht ständigen Dienstbarkeiten (discontinuas servitutes) war nach dem Gemeinen Recht nach richterlichem Ermessen darüber zu befinden, ob von der Zahl der nachgewiesenen Einzelfälle der Besitzausübung auf eine dauernde Rechtsausübung geschlossen werden kann (BayObLG, Urteil vom 1. Dezember 1959 – RReg. 1 Z 43/58, BayObLGZ 1959, 478 (481); BayObLG, Urteil vom 20. November 1962, RReg. 1 Z 68/61, BayObLGZ 1962, 341 (354 f.); Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 3. Auflage 2015, 4. Teil, Abschnitt D., Rn. 54). Ein solcher Schluss ist vorliegend wiederum nicht möglich, weil nicht bekannt ist, in welchen zeitlichen Abständen die Vorfahren der Klägerin den Weg benutzt haben.

(5) Schließlich erscheint für den Senat auch nicht zweifelsfrei, dass vorliegend die Ersitzung bereits nach zehn Jahren eintreten konnte. Aufgrund der Lage der Stadt V-Stadt in unmittelbarer Nähe zu Oberfranken, welches dem Bezirk des Oberlandesgerichts Bamberg angehört, besteht eine realistische Möglichkeit, dass der damalige Eigentümer des nun dem Beklagten gehörenden Grundstücks seinen Wohnsitz nicht im Bezirk des Oberlandesgerichts Nürnberg, in dem das Grundstück belegen ist, hatte.

dd) Für eine sog. unvordenkliche Verjährung ist der Nachweis erforderlich, dass (mit gewissen Unterschieden zwischen Gemeinem Recht und Partikularrechtsordnungen) der als Recht beanspruchte Zustand in einem Zeitraum von 40 Jahren als Recht besessen worden ist und dass weitere 40 Jahre vorher keine Erinnerung an einen anderen Zustand seit Menschengedenken bestand (BGH, Teilurteil vom 12. Dezember 2008 – V ZR 106/07 – NJW-RR 2009, 515, Rn. 14; BayObLG, Urteil vom 27. Februar 1962 – RReg. 1 Z 135/59, BayObLGZ 1962, 70 (78) m.w.N.; BayObLG, Urteil vom 18. Mai 1994 – 1Z RR 135/93, BayObLGZ 1994, 129 (139 f.); OLG München, Urteil vom 13. Juni 1989, 5 U 2698/88, OLGZ 1990, 100 (102); Staudinger/J. Hönle/U. Hönle (2018), EGBGB Art. 184 Rn. 6; Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 3. Auflage 2015, 4. Teil, Abschnitt D., Rn. 55). Ohnehin ist die unvordenkliche Verjährung selbst kein Erwerbsgrund für ein Recht, sondern nur eine Vermutung dafür, dass zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt ein Recht entstanden ist, die dem Gegenbeweis mit jeglichen Mitteln zugänglich ist (BayVGH, Urteil vom 4. April 1974 – 150 VIII 71, BayVGHE 28, 23 = AgrarR 1975, 153 (Ls.); Staudinger/J. Hönle/U. Hönle (2018), EGBGB Art. 184 Rn. 6).

Eine Rechtsausübung, die 40 Jahre oder länger vor den 1. Januar 1900, jedenfalls 1909, hinaus zurückreicht, hat die Klägerin bereits nicht behauptet. Ein solcher Sachverhalt läge überdies fern, nachdem ihre Vorfahren und Rechtsvorgänger das Grundstück erst 1892 erworben haben und es mithin erst ab diesem Zeitpunkt Bedarf nach einer Mitbenutzung des Grundstücks des Beklagten für die Bewirtschaftung des Grundstücks der Klägerin gab. Dementsprechend sieht der Senat unter Berücksichtigung der dargestellten Aspekte bereits keine belastbare Grundlage für eine entsprechende Vermutung; jedenfalls fehlt es an Vortrag für einen hinreichend lange zurückdauernden Rechtszustand und das Fehlen gegenteiliger Erinnerung.

f) Daher ist der Erwerb eines entsprechenden dinglichen Rechts durch Rechtsvorgänger der Klägerin nicht dargetan und bewiesen.

g) Nur ergänzend weist der Senat daher darauf hin, dass (was bereits das Landgericht in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat) nach Art. 184 S. 2 Hs. 2 EGBGB auch eine nach früherem Recht entstandene Grunddienstbarkeit den Bestimmungen der §§ 1020 ff. BGB unterliegt. Damit findet auch § 1023 Abs. 1 S. 1 BGB Anwendung, nach dem dann, wenn die Ausübung einer Grunddienstbarkeit auf einen Teil des belasteten Grundstücks beschränkt ist, der Eigentümer die Verlegung der Ausübung auf eine andere, für den Berechtigten ebenso geeignete Stelle verlangen kann, wenn die Ausübung an der bisherigen Stelle für ihn besonders beschwerlich ist. Eine solche Situation wäre, wie sich aus den fehlerfreien Erwägungen des Landgerichts ergibt, vorliegend gegeben. Der Beklagte wäre daher berechtigt gewesen, die Verlegung der Ausübungsstelle auf den nun von ihm hergestellten Weg zu verlangen.

2. Aus dem Schreiben des AELF R-Stadt und den dort wiedergegebenen Erklärungen des Beklagten könnte die Klägerin – auch wenn es zuträfe, dass der Beklagte sich damals so geäußert hat – ebenfalls nicht die begehrte Rechtsfolge herleiten.

a) Die Klägerin zeigt bereits nicht auf, unter welchem (zivil-)rechtlichen Gesichtspunkt eine entsprechende Erklärung des Beklagten gegenüber dem AELF R-Stadt Rechtswirkungen zugunsten der Klägerin hätte bewirken können. Es ist nicht ersichtlich, dass nach den maßgeblichen Bestimmungen des öffentlichen Forst- und Wegerechts eine derartige Erklärung eines Beteiligten gegenüber der zuständigen Behörde unmittelbare Befugnisse Dritter begründen könnte.

b) Der Senat hält zwar nicht für ausgeschlossen, dass sich die Klägerin, der die Erklärung des Beklagten erkennbar bekannt gegeben werden sollte, damit sie ihrerseits die Zustimmung erteilt, auf einen gewissen Vertrauensschutz berufen darf. Dieser würde jedoch nicht so weit gehen, dass der Beklagte die Ausübung der Benutzung unabhängig von der weiteren Entwicklung in der von der Klägerin bevorzugten Form gestatten müsste:

Nach dem Vorbringen des Beklagten, welches seine Stütze im Wortlaut des Schreibens und der Anlage findet, wurde damals der Bau eines neuen Forstwegs beabsichtigt, der von der Stadt V-Stadt unter Zuschuss von Privateigentümern errichtet werden sollte. Offensichtlich wollte die Klägerin die von ihr erbetene und wohl von der Behörde für notwendig befundene Zustimmung nicht erteilen, weil sie durch den neuen Weg eine Verschlechterung der Situation befürchtete oder jedenfalls meinte, von diesem keine Vorteile zu haben, weil auch dieser nicht unmittelbar an ihr Grundstück grenzte. Die Erklärung des Beklagten sollte danach der Klägerin Gewissheit bringen, dass auch sie von dem neuen Weg profitieren wird, weil der Beklagte die Überfahrt in der bisherigen Form gestattet, und deshalb die Zustimmung erteilen kann. Die Zusage des Beklagten bezog sich damit erkennbar auf die Zeit nach der Errichtung des Wegs. Nachdem das Vorhaben nicht umgesetzt wurde, fiel die Grundlage für die Zusage weg.

Selbst dann, wenn das Vorhaben realisiert worden wäre, wäre der Beklagte überdies nicht unbedingt an seine Zusage gebunden. Das legitime Interesse der Klägerin bestand erkennbar darin, den neuen Weg nutzen zu können und daher nicht ohne eigenen Vorteil die Zustimmung zu erteilen. Dieser wäre aber auch dann vorhanden, wenn sie auf einer anderen Art und Weise von ihrem Grundstück zu dem neuen Weg gelangen könnte.

3. Zutreffend hat das Landgericht der Klägerin zwar einen Anspruch auf ein Notwegerecht zugestanden, jedoch als Ausübungsbereich den vom Beklagten zuletzt genannten „neuen“ Weg festgestellt und zugrunde gelegt.

Die Voraussetzungen eines Notwegerechts zugunsten der Klägerin sind gegeben.

a) Die Überlegungen des Landgerichts dazu, welche Grundstücke für die Inanspruchnahme auszuwählen sind und welchen Verlauf der Notweg auf diesen haben soll, sind ausführlich und lassen keine Fehler erkennen. Insbesondere hat das Landgericht zutreffend herausgestellt, dass der Eigentümer des nicht angebundenen Grundstücks keinen Anspruch auf einen bestimmten Verlauf hat und eine Abwägung zwischen dem Interesse des duldungspflichtigen Eigentümers an einer möglichst geringen Belastung mit dem des anderen Eigentümers an einem möglichst effektiven Weg abzuwägen ist, wobei den Belangen des duldungspflichtigen Eigentümers das höhere Gewicht zukommt.

Maßstab dafür, welchen Anforderungen der Weg genügen muss, ist hierbei die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks. In diesem Zusammenhang ist das Landgericht wiederum fehlerfrei zum Ergebnis gekommen, dass jedenfalls der Transport von Brennholz, Sturmholz und Borkenkäferholz über den „neuen“ Weg möglich ist. Es hat aus den Angaben der Klägerin und der Zeugen ferner nachvollziehbar gefolgert, dass in der Vergangenheit ein Bedarf danach, Langholz z.B. für Bauzwecke vom Grundstück der Klägerin wegzutransportieren, nicht aufgetreten ist. Diesen Folgerungen tritt die Klägerin in ihrer Berufung nicht entgegen; aus ihnen ergibt sich, dass zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Grundstücks der Abtransport von Holzstämmen entsprechender Länge bereits nicht erforderlich ist.

Fehlerfrei ist auch die Hilfsüberlegung, dass es der Klägerin jedenfalls zuzumuten wäre, ein entsprechendes Unternehmen mit dem Transport zu beauftragen, falls sich vereinzelt das Erfordernis ergibt, Langholz in dem Waldstück einzuschlagen und z.B. für Bauzwecke abzutransportieren, und der Ausbauzustand der 87°-Kurve ein Befahren mit einem herkömmlichen Traktorgespann nicht zulassen sollte.

Schließlich ist der „neue“ Weg auch insgesamt nicht in einem solchen Maß beschwerlicher für die Klägerin, dass sich dies in der Abwägung durchsetzen würde. Der bisher genutzte Bereich ist nicht wegmäßig ausgebaut, sondern stellt eine nicht bestockte, mit Gras usw. bewachsene Fläche dar. Der Beklagte hat den von ihm bevorzugten Weg als solchen ausgebaut, so dass er ohne Weiteres auch von der Klägerin gefahrlos benutzt werden kann.

Auch die Klägerin greift diese Überlegungen und Feststellungen nicht näher an, so dass sie wegen § 529 ZPO zugrundezulegen sind.

b) Ohne Erfolg macht die Berufung der Klägerin geltend, dass die Eigentümer des Grundstücks FlNr. XXX3 (nicht näher bezeichnete Mitglieder der Familie T1) nicht am vorliegenden Verfahren beteiligt sind. Aufgrund der Dispositionsmaxime und dem Zweiparteienprinzip, die im Zivilprozessrecht herrschen, hätte es der Klägerin oblegen, Klage gegen die Eigentümer zu erheben oder ihnen den Streit zu verkünden, wenn sie der Gefahr begegnen hätte wollen, dass ein Gericht in einem Streit mit den Eigentümern dieses Grundstücks zu einem anderen Ergebnis kommt als das Landgericht im vorliegenden Rechtsstreit.

Daher oblag dem Landgericht lediglich eine Beurteilung, ob der vom Beklagten favorisierte Weg für die Klägerin sinnvoll und tauglich ist, weil sie nach § 917 BGB auch berechtigt ist, über das Grundstück FlNr. XXX3 zu dem Bereich zu fahren, den der Beklagte als Ausübungsstelle zugewiesen hat. Dies ist zu bejahen. Nachdem die Brüder T1 einen entsprechenden Weg auf ihrem Grundstück FlNr. XXX3 angelegt haben, wird ihnen eine Duldung des Befahrens dieses Grundstücksteils durch die Klägerin zuzumuten sein, auch wenn die Strecke auf dem Grundstück FlNr. XXX3 länger ist als früher. Überdies haben sich der Brüder T1 mit dem Vorgehen ausdrücklich einverstanden erklärt.

c) Die Klägerin kann daher die Benutzung des Grundstücks des Beklagten als Notweg lediglich in der Form verlangen, wie er es ihr zuletzt angeboten hat. Ihre auf Beseitigung der Hindernisse gerichtete Klage bleibt insoweit ohne Erfolg, was auch dazu führt, dass sie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht verlangen kann. Demgegenüber war auf den Widerklageantrag 2. des Beklagten, den das Landgericht zutreffend sachdienlich interpretiert hat, der Verlauf entsprechend festzustellen.

4. Die Festlegung der dem Beklagten zustehenden Notwegrente auf 30,00 € pro Jahr hält den Angriffen der Berufung ebenfalls Stand.

a) Voranzuschicken ist, dass das Gericht nach § 287 Abs. 2 ZPO in vermögensrechtlichen Streitigkeiten befugt war, die Höhe einer Forderung zu schätzen, wenn die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Der Gesetzgeber begnügt sich damit in Fällen, in denen eine vollständige oder weitergehende Aufklärung z.B. durch Sachverständigengutachten unverhältnismäßig wäre, weil die möglichen Beträge und Abweichungen wesentlich geringer sind als die aufzuwendenden Kosten, mit einem geringeren Grad an Gewissheit. Dies entspricht regelmäßig auch im Interesse der Parteien, die die Kosten hierfür zu tragen hätten.

b) Die Höhe der nach § 917 Abs. 2 i.V.m. § 913 BGB geschuldeten Notwegrente bestimmt sich nach dem Nutzungsverlust, den das Verbindungsgrundstück durch den Notweg erleidet, nicht nach den Vorteilen des verbindungslosen Grundstücks. Maßgeblich ist die Minderung des Verkehrswerts des gesamten in Anspruch genommenen Grundstücks infolge des Notwegs; hierbei ist auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Verlangens des Berechtigten auf Einräumung des Notwegs abzustellen (BeckOGK/G. Vollkommer, 1.4.2022, BGB § 917 Rn. 81; MüKoBGB/Brückner, 8. Aufl. 2020, BGB § 917 Rn. 56; Staudinger/Roth (2020) BGB § 917 Rn. 52). Erleidet das Verbindungsgrundstück keinen Nachteil oder ist eine Beeinträchtigung des zu befahrenden Grundstücks nicht feststellbar, entfällt der Anspruch vollständig (Staudinger/Roth (2020) BGB § 917 Rn. 52; MüKoBGB/Brückner, 8. Aufl. 2020, BGB § 917 Rn. 56); hierzu kommt es aber nicht allein schon dadurch, dass ein bestandskräftiger Bebauungsplan für den Bereich des Notwegrechts ohnehin eine Verkehrsfläche ausweist, weil auch dann noch eine privatrechtliche Nutzungsmöglichkeit für den Eigentümer besteht, die durch das Notwegrecht eingeschränkt wird (BeckOGK/G. Vollkommer, 1.4.2022, BGB § 917 Rn. 81).

c) Die Notwegrente kann daher nicht ohne weiteres mit dem Miet- oder Pachtwert einer entsprechenden Teilfläche gleichgesetzt werden. Ebenso kommt es nicht unmittelbar darauf an, ob und wie oft von dem Notwegerecht tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Die Notwegrente besteht vielmehr unabhängig davon, ob das Notwegrecht tatsächlich ausgeübt wird (BeckOGK/G. Vollkommer, 1.4.2022, BGB § 917 Rn. 80). Dies ergibt sich daraus, dass alleine die Befugnis des Berechtigten, dieses jederzeit ausüben zu können, Einschränkungen für den Eigentümer des belasteten Grundstücks mit sich bringt. Dieser kann insbesondere die entsprechenden Bereiche nicht beliebig nutzen und muss u.U. elementaren Verkehrssicherungspflichten nachkommen. Diese Nachteile bestehen unabhängig davon, wie häufig eine tatsächliche Benutzung erfolgt. Letztere kann nur im Hinblick auf nachteilige Veränderungen des Bodens/Untergrunds, die bei der jeweiligen Benutzungshandlung auftreten (“Ausfahren des Wegs“), relevant sein.

d) Nach diesen Kriterien erscheint der vom Landgericht angesetzte Betrag im unteren zweistelligen Euro-Bereich angemessen.

Die Ausübung des Wegerechts erfolgt auf Teilflächen, die ohnehin vom Beklagten und einem Dritten, für den eine entsprechende Grunddienstbarkeit besteht, als Wegflächen genutzt werden und hierzu bestimmt sind. Auch wenn vorliegend nicht über die von der Anschlussberufung geltend gemachten Gesichtspunkte zu entscheiden ist, folgt daraus, dass der Verlust der Möglichkeit für den Beklagten, auch in diesem Bereich Holz anzubauen und gewinnbringend zu verkaufen, nicht aus dem Notweg zugunsten der Klägerin, sondern bereits aus der von ihm den Eigentümern des Grundstücks FlNr. XXX3 bestellten Grunddienstbarkeit folgt.

Eine zusätzliche und damit relevante Einschränkung der Nutzbarkeit des Grundstücks für den Beklagten ergibt sich daraus, dass auch die Klägerin dort fahren darf. Die Benutzung durch Fahrzeuge der Klägerin führt insoweit zu gewissen Nachteilen, weil (was die Parteien thematisiert haben und in der Zeugenaussagen zutage getreten ist) mit jeder zusätzlichen Benutzung Veränderungen des Bodens (Ausfahren von Strecken und Kurven, Beseitigung von Aufweichungen) einhergehen. Insoweit muss typisierend davon ausgegangen werden, dass durch die Benutzung auch durch die Klägerin die Instandhaltungsarbeiten (Befestigung etc.) entsprechend häufiger anfallen. Den Aufwand für regelmäßig anfallende Befestigungsarbeiten soll die Notwegrente kompensieren. Aufgrund der Art des Waldgrundstücks der Klägerin und seiner Bewirtschaftung führt die Wegnutzung durch die Klägerin allerdings nur zu einer gelegentlichen Inanspruchnahme, so dass auch die mit einer Ausnutzung einhergehenden Erscheinungen (“Ausfahren“ des Wegs) seltener und die Steigerung des Instandhaltungsaufwands nicht exorbitant hoch ist.

Die zusätzlichen Belastungen durch die Benutzung seitens der Klägerin sind aus dem genannten Grund allerdings auch nicht so geringfügig, dass sie vollständig zu vernachlässigen wären.

Der betroffene Bereich umfasst lediglich eine Fläche von rund 48 qm (ca. 8 m Weglänge bei 6 m Breite). Er befindet sich zudem am Rand bzw. der Ecke des Grundstücks des Beklagten, sodass zusätzliche negative Effekte infolge eines „Durchschneidens“ kaum denkbar und auch nicht aufgezeigt sind.

Bei Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte ist der Betrag von 30,00 € erforderlich, den aufgezeigten Umständen Rechnung zu tragen und die Nachteile für den Beklagten abzubilden. Da über die Anschlussberufung nicht zu entscheiden ist, kann der Senat dahinstehen lassen, ob der dem Beklagten zuerkannte Betrag zu niedrig ist. Er ist jedenfalls nicht zum Nachteil der Klägerin überhöht.

5. Auch die Zuerkennung eines Anspruchs wegen Rückständen auf die Notwegrente i.H.v. 120,00 € hält der Überprüfung durch das Berufungsgericht stand.

a) Das Notwegrecht entsteht erst, wenn dieses der Eigentümer (oder ein anderer Berechtigter) des verbindungslosen Grundstücks verlangt. Dieses Verlangen ist eine formfreie empfangsbedürftige Willenserklärung, die gegenüber allen Verpflichteten abzugeben ist. Inhaltlich muss das Verlangen auf die Gewährung des Notwegrechts gerichtet sein; sein Umfang und seine Richtung müssen nicht näher angegeben werden. Mit dem Duldungsverlangen entsteht daher der Anspruch auf Duldung nach Abs. 1 kraft Gesetzes mit dem gesetzlich festgelegten Inhalt (BeckOGK/G. Vollkommer, 1.4.2022, BGB § 917 Rn. 42; Staudinger/Roth (2020) BGB § 917 Rn. 51) Der Rentenanspruch entsteht zeitgleich mit dem Verlangen des Notwegs; es kommt weder auf die Rechtskraft des Urteils an, in dem der Notweg festgestellt wird noch auf den Zeitpunkt, in dem Nachbarn wegen des Notwegrechts ein Vermögensnachteil entsteht.

b) Aus dem unstreitigen Sachvortrag ergibt sich, dass die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger seit vielen Jahren die Benutzung des Grundstücks des Beklagten als Notweg beanspruchen. Dies geht insbesondere aus dem Schreiben der nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 29. September 2020 deutlich hervor. Dementsprechend muss in der Vergangenheit ein derartiges Verlangen geäußert worden sein.

Aus dem genannten Grund ist dabei unerheblich, dass die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger in der Vergangenheit einen anderen Wegverlauf vor Augen hatten und tatsächlich nutzten. Entscheidend für das Notwegerecht ist nach § 917 Abs. 1 S. 1 BGB allein, dass der Berechtigte verlangt, ein bestimmtes Grundstück zur Behebung der Wegenot in Anspruch nehmen zu dürfen, und für dieses auch die objektiven Voraussetzungen des Notwegerechts gegeben sind. Von dieser „Inanspruchnahme dem Grunde nach“ sind die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts zu trennen, die erforderlichenfalls durch das Gericht konkretisiert werden (vgl. § 917 Abs. 1 S. 2 BGB). Hieraus folgt, dass das Recht zur Benutzung als notwendig und die Notwegrente jeweils bereits dadurch entstanden sind, dass die Klägerin überhaupt verlangt hat, über das Grundstück des Beklagten zu und von ihrem Grundstück fahren zu dürfen. Ebenso wenig, wie es zu einem wirksamen Verlangen einer Konkretisierung auf einen bestimmten Verlauf bedurfte (siehe nur MüKoBGB/Brückner, 8. Aufl. 2020, BGB § 917 Rn. 30), lässt sich das Verlangen auf die bisherige Streckenführung beschränken.

c) Das erforderliche Verlangen war daher bereits zu einem Zeitpunkt vor dem Jahr 2018 gegeben. Dem Beklagten stehen daher für die unverjährte Zeit die geltend gemachten Ansprüche (wenn auch nur im oben beschriebenen Umfang) durchsetzbar zu. Die vom Landgericht zuerkannten Zinsen ergeben sich unter dem Gesichtspunkt der Rechtshängigkeit. (§ 291 ZPO).

d) Der Duldungspflichtige kann wegen des Anspruchs auf Zahlung der Notwegrente ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 1 BGB ausüben, so dass bei entsprechendem Antrag/Einwand eine Verurteilung Zug-um-Zug zu erfolgen hat (Saller/Siede, in: Schulze/Grziwotz/Lauda, BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 4. Auflage 2020, § 917 Rn. 7; Saller, in: Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 3. Auflage 2020, Kap. 4 Rn. 70; MüKoBGB/Brückner, 8. Aufl. 2020, BGB § 917 Rn. 56). Entsprechendes muss in der vorliegenden Konstellation gelten; den Antrag hat der Beklagte mit den Widerklageanträgen gestellt.

Der Senat legt deshalb aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

Durch die Berufungsrücknahme würde die Anschlussberufung gegenstandslos.

Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.

Betroffene Rechtsbereiche

  • Zivilrecht (Grundstücksrecht, Dienstbarkeiten, Notwegerecht, Notwegrente)
  • Prozessrecht (Zivilprozessordnung)
  • Rechtsgeschichte (Nürnberger Recht, Gemeines Recht, Bayerisches Notariatsgesetz von 1861)

Was ist ein Notwegerecht?

Ein Notwegerecht ist ein Rechtsbegriff im deutschen Recht, der ein Wegerecht für einen Grundstückseigentümer bezeichnet, dessen Grundstück aufgrund einer fehlenden Anbindung an eine öffentliche Straße oder eines fehlenden Geh- und Fahrweges im Rahmen einer Grunddienstbarkeit nicht ordnungsgemäß befahren werden kann. Dieses Wegerecht ist Teil des deutschen Nachbarrechts und kommt zur Anwendung, wenn kein ordnungsgemäßer Zugang zu einer öffentlichen Straße besteht und der Eigentümer des vorderen Grundstücks dessen Benutzung nicht zulässt.

Ein Notwegerecht kann zum Beispiel notwendig sein, wenn eine Baustelle den ordnungsgemäßen Zugang zum eigenen Grundstück verhindert. Mit diesem Recht kann der Grundstückseigentümer von seinem Nachbarn verlangen, dass dieser ihm die Nutzung seines Grundstücks gestattet, um den erforderlichen Anschluss herzustellen, bis die Angelegenheit geklärt ist. Gesetzlich verankert ist es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den §§ 917 und 918.

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