Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Wann ist ein Mensch vor Gericht nicht handlungsfähig?
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Voraussetzungen müssen für die Feststellung der Prozessunfähigkeit erfüllt sein?
- Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Feststellung der Prozessunfähigkeit für Betroffene?
- Wie können Angehörige oder Freunde eine betroffene Person unterstützen, wenn diese als prozessunfähig gilt?
- Welche Rolle spielen Gutachten und medizinische Diagnosen bei der Feststellung der Prozessunfähigkeit?
- Welche Möglichkeiten gibt es, wenn eine Person trotz Prozessunfähigkeit Rechtsmittel einlegen möchte?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Es geht um die Zulassung der Berufung der Klägerin gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stade.
- Die Klägerin wurde als prozessunfähig eingestuft.
- Prozessunfähigkeit liegt bei einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit vor, die die freie Willensbildung ausschließt.
- Die Klägerin leidet an einer querulatorischen Persönlichkeitsstörung, was durch mehrere Gutachten bestätigt wurde.
- Aufgrund ihrer Prozessunfähigkeit wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.
- Die Entscheidung basiert auf der Feststellung, dass die Klägerin ihre Rechtsangelegenheiten nicht selbstständig und vernünftig regeln kann.
- Diese Einschätzung wurde durch zahlreiche erfolglose Verfahren und die Unfähigkeit, aus diesen Konsequenzen zu ziehen, untermauert.
- Die Klägerin hat eine Vielzahl von aussichtslosen Anträgen gestellt, was ihre Prozessunfähigkeit weiter bestätigt.
- Das Gericht entschied, dass keine weiteren Gutachten notwendig sind, da die bestehende Diagnose ausreicht.
- Die Auswirkungen sind, dass die Klägerin nicht selbstständig vor Gericht agieren kann und eine Betreuung benötigt.
Wann ist ein Mensch vor Gericht nicht handlungsfähig?
Jeder Mensch ist in der Regel vor Gericht handlungsfähig und kann seine eigenen Interessen vertreten. Es gibt jedoch Fälle, in denen Personen aufgrund ihrer geistigen oder körperlichen Verfassung nicht in der Lage sind, ihre Rechte und Pflichten selbständig wahrzunehmen. In solchen Fällen spricht man von Prozessunfähigkeit. Die Voraussetzungen für Prozessunfähigkeit sind gesetzlich geregelt und dienen dem Schutz der rechtlichen Interessen der Betroffenen.
Die Prozessunfähigkeit kann auf verschiedene Weise begründet sein. So können beispielsweise Kinder, aufgrund ihres jungen Alters, oder Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen, aufgrund ihrer eingeschränkten Entscheidungsfähigkeit, als prozessunfähig gelten. Auch Personen unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen können vorübergehend prozessunfähig sein. Um die Prozessfähigkeit einer Person zu beurteilen, werden in der Regel ärztliche Gutachten oder andere Beweismittel herangezogen.
Dies ist jedoch nur ein allgemeiner Überblick. Um die komplexen Zusammenhänge der Prozessunfähigkeit im Detail zu verstehen, ist es wichtig, sich mit den jeweiligen gesetzlichen Regelungen und den Anforderungen der Rechtsprechung auseinanderzusetzen. Im Folgenden wird ein konkretes Gerichtsurteil im Bereich der Prozessunfähigkeit vorgestellt und analysiert, um einen tieferen Einblick in diese Thematik zu gewinnen.
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Der Fall vor Gericht
Prozessunfähigkeit einer Klägerin aufgrund paranoider Persönlichkeitsstörung
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat in einem aktuellen Beschluss vom 03.07.2024 (Az. 14 LA 87/24) den Antrag einer Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stade verworfen. Der Grund dafür war die Prozessunfähigkeit der Klägerin aufgrund einer paranoiden Persönlichkeitsstörung.
Hintergrund des Verfahrens und Prozessverhalten der Klägerin
Die Klägerin hatte seit Dezember 2014 eine Vielzahl von Verfahren bei verschiedenen Gerichten anhängig gemacht. Allein beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht waren es in einem Zeitraum von fünf Jahren 775 Verfahren, davon 176 allein im Jahr 2019. Diese richteten sich gegen zahlreiche Behörden, Gerichte und Einzelpersonen. Kennzeichnend für ihr Prozessverhalten waren permanente sinnlose und widersprüchliche Verfahrensaktionen.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte bereits 2017 festgestellt, dass die Klägerin unter einer die Prozessfähigkeit ausschließenden paranoiden Persönlichkeitsstörung leidet. Diese Einschätzung wurde durch weitere Gutachten und das anhaltende Prozessverhalten der Klägerin bestätigt.
Rechtliche Bewertung der Prozessunfähigkeit
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg schloss sich der Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts an. Es sah die Prozessunfähigkeit der Klägerin als offensichtlich an, da sich an ihrem Verhalten seit der letzten Begutachtung nichts geändert hatte. Die Klägerin setzte ihr nicht auf vernünftigen Erwägungen beruhendes Prozessverhalten fort.
Das Gericht betonte, dass bei der Beurteilung der Prozessfähigkeit alle verfügbaren Beweismittel ausgeschöpft werden müssen. Im vorliegenden Fall war jedoch offensichtlich, dass eine erneute Begutachtung zu keinem anderen Ergebnis kommen würde.
Konsequenzen für das Gerichtsverfahren und zukünftige Eingaben
Aufgrund der Prozessunfähigkeit der Klägerin wurde ihr Antrag auf Zulassung der Berufung als unzulässig verworfen. Das Gericht kündigte zudem an, künftige Eingaben der Klägerin nicht mehr als Verfahren einzutragen, sondern nach Prüfung durch den Vorsitzenden wegzulegen. Diese Vorgehensweise dient neben der Entlastung des Gerichts auch dem Schutz der Klägerin vor weiteren Gerichtskosten.
Der Antrag der Klägerin auf Bestellung eines Verfahrenspflegers wurde ebenfalls abgelehnt, da die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt waren. Das Gericht wies darauf hin, dass die Klägerin die Möglichkeit hat, einen Antrag auf Bestellung eines Betreuers zu stellen oder einen Dritten zu ihrer gerichtlichen Vertretung zu bevollmächtigen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht den Umgang mit prozessunfähigen Klägern im Verwaltungsrecht. Bei offensichtlicher Prozessunfähigkeit aufgrund einer psychischen Störung können Gerichte Anträge als unzulässig verwerfen und zukünftige Eingaben ohne förmliche Eintragung weglegen. Dies dient dem Schutz des Betroffenen vor weiteren Kosten und der Entlastung der Justiz. Gleichzeitig wird betont, dass die Beurteilung der Prozessfähigkeit einer sorgfältigen Prüfung bedarf und alle verfügbaren Beweismittel ausgeschöpft werden müssen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil verdeutlicht die rechtlichen Herausforderungen im Umgang mit prozessunfähigen Personen. Wenn Sie sich um ein Familienmitglied oder einen Freund sorgen, der möglicherweise aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage ist, seine rechtlichen Interessen selbst wahrzunehmen, ist es wichtig, frühzeitig zu handeln. Das Gericht kann bei offensichtlicher Prozessunfähigkeit Anträge abweisen und zukünftige Eingaben ignorieren, um die betroffene Person vor finanziellen Schäden zu schützen. In solchen Fällen sollten Sie erwägen, beim zuständigen Betreuungsgericht die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung zu beantragen oder eine Vorsorgevollmacht zu erteilen, um die Rechte und das Wohl der betroffenen Person zu schützen und ihre Interessen angemessen zu vertreten.
FAQ – Häufige Fragen
Sie stehen vor einer rechtlichen Herausforderung und fragen sich, ob und wann jemand prozessunfähig ist? Unsere FAQ-Rubrik liefert Ihnen verlässliche Antworten auf wichtige Fragen zu diesem Thema, die auf fundierten juristischen Kenntnissen basieren.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Voraussetzungen müssen für die Feststellung der Prozessunfähigkeit erfüllt sein?
- Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Feststellung der Prozessunfähigkeit für Betroffene?
- Wie können Angehörige oder Freunde eine betroffene Person unterstützen, wenn diese als prozessunfähig gilt?
- Welche Rolle spielen Gutachten und medizinische Diagnosen bei der Feststellung der Prozessunfähigkeit?
- Welche Möglichkeiten gibt es, wenn eine Person trotz Prozessunfähigkeit Rechtsmittel einlegen möchte?
Welche Voraussetzungen müssen für die Feststellung der Prozessunfähigkeit erfüllt sein?
Die Feststellung der Prozessunfähigkeit erfordert die Erfüllung spezifischer rechtlicher und medizinischer Voraussetzungen. Grundsätzlich gilt eine Person als prozessunfähig, wenn sie sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern dieser Zustand nicht nur vorübergehender Natur ist. Dies entspricht den Kriterien der Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Nr. 2 BGB, die im Zivilprozessrecht für die Beurteilung der Prozessfähigkeit herangezogen werden.
Für die Feststellung der Prozessunfähigkeit müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die auf eine mögliche Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten hindeuten. Diese können sich aus verschiedenen Quellen ergeben, wie etwa ärztlichen Attesten, Gutachten oder dem Verhalten der betroffenen Person im Verfahren. Das Gericht ist verpflichtet, bei Vorliegen solcher Anhaltspunkte von Amts wegen die Prozessfähigkeit zu prüfen.
Eine zentrale Voraussetzung ist das Vorliegen einer psychischen Erkrankung oder Störung, die die Umsetzung persönlicher Wertvorstellungen verhindert. Dies kann der Fall sein, wenn die kognitiven Voraussetzungen der Intentionsbildung beeinträchtigt sind oder wenn der Zugang zu persönlichen Wertvorstellungen verstellt ist. Beispiele für solche Erkrankungen können akute schizophrene Psychosen, fortgeschrittene demenzielle Syndrome oder schwerste affektive Störungen sein. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass nicht jede psychische Erkrankung automatisch zur Prozessunfähigkeit führt. Leichtere und mittelschwere psychische Erkrankungen haben in der Regel keinen Einfluss auf die Prozessfähigkeit.
Die Beurteilung der Prozessfähigkeit erfordert eine umfassende Prüfung der psychischen Funktionen der betroffenen Person. Dabei wird untersucht, ob die Person in der Lage ist, den Inhalt und die Bedeutung des Verfahrens zu verstehen, ihre Interessen angemessen wahrzunehmen und rationale Entscheidungen zu treffen. Besonders relevant ist die Fähigkeit, dem Verfahrensablauf zu folgen und das Prozessgeschehen über einen längeren Zeitraum im Gedächtnis zu behalten.
Ein wichtiger Aspekt bei der Feststellung der Prozessunfähigkeit ist die Berücksichtigung der Komplexität des jeweiligen Verfahrens. So kann eine Person möglicherweise für ein einfaches Verfahren noch als prozessfähig gelten, während sie bei einem komplexeren Rechtsstreit als prozessunfähig eingestuft wird. Dies zeigt, dass die Beurteilung der Prozessfähigkeit stets einzelfallbezogen erfolgen muss.
Für die rechtliche Feststellung der Prozessunfähigkeit ist in der Regel ein fachärztliches Gutachten erforderlich. Dieses Gutachten muss von einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie erstellt werden, der die psychischen Funktionen der betroffenen Person eingehend untersucht und bewertet. In besonders schwierigen Fällen kann sogar die Hinzuziehung eines forensisch erfahrenen Psychiaters notwendig sein.
Es ist zu beachten, dass die Prozessunfähigkeit nicht mit der Verhandlungsunfähigkeit gleichzusetzen ist. Während die Prozessunfähigkeit die grundsätzliche Fähigkeit zur Teilnahme am Rechtsverkehr betrifft, bezieht sich die Verhandlungsunfähigkeit lediglich auf die temporäre Unfähigkeit, an einer konkreten Gerichtsverhandlung teilzunehmen.
Die Feststellung der Prozessunfähigkeit hat weitreichende Konsequenzen für das Gerichtsverfahren. Wird eine Partei als prozessunfähig eingestuft, muss für sie ein gesetzlicher Vertreter oder ein Betreuer bestellt werden, der ihre Interessen im Verfahren wahrnimmt. Alternativ kann das Gericht einen Prozesspfleger bestellen, wenn die Bestellung eines Betreuers nicht möglich oder nicht zweckmäßig erscheint.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Feststellung der Prozessunfähigkeit mit großer Sorgfalt erfolgen muss, da sie einen erheblichen Eingriff in die Rechte der betroffenen Person darstellt. Die Gerichte sind daher angehalten, alle verfügbaren Erkenntnisquellen auszuschöpfen und im Zweifel weitere Untersuchungen anzuordnen, bevor sie eine Entscheidung über die Prozessfähigkeit treffen.
Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Feststellung der Prozessunfähigkeit für Betroffene?
Die Feststellung der Prozessunfähigkeit hat weitreichende rechtliche Konsequenzen für die betroffenen Personen. Prozessunfähige können nicht selbstständig vor Gericht auftreten oder Prozesshandlungen vornehmen. Dies gilt für alle Arten von Gerichtsverfahren, sei es in Zivil-, Straf- oder Verwaltungssachen.
Eine wesentliche Folge ist, dass für prozessunfähige Personen ein gesetzlicher Vertreter bestellt werden muss, um ihre Interessen im Gerichtsverfahren wahrzunehmen. Dies kann ein Betreuer sein, der vom Betreuungsgericht eingesetzt wird. Der gesetzliche Vertreter übernimmt dann alle prozessualen Handlungen für den Betroffenen, wie das Einreichen von Klagen, das Stellen von Anträgen oder das Einlegen von Rechtsmitteln.
Wird die Prozessunfähigkeit während eines laufenden Verfahrens festgestellt, tritt eine Unterbrechung des Verfahrens ein. Dies ist in § 241 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Das Verfahren wird erst dann fortgesetzt, wenn ein gesetzlicher Vertreter bestellt wurde und dieser dem Gericht seine Bestellung anzeigt.
Für die Betroffenen bedeutet die Feststellung der Prozessunfähigkeit einen erheblichen Eingriff in ihre Autonomie. Sie können nicht mehr selbst über die Führung von Gerichtsverfahren entscheiden, sondern sind auf die Entscheidungen ihres gesetzlichen Vertreters angewiesen. Dies kann zu Konflikten führen, wenn der Betroffene und sein Vertreter unterschiedliche Ansichten über das weitere Vorgehen haben.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Prozessunfähigkeit nicht automatisch mit der Geschäftsunfähigkeit gleichzusetzen ist. Eine Person kann in bestimmten Bereichen noch geschäftsfähig sein, aber dennoch als prozessunfähig gelten. Die Beurteilung erfolgt im Einzelfall und kann sich auf spezifische Verfahren oder Rechtsgebiete beschränken.
Finanziell kann die Feststellung der Prozessunfähigkeit ebenfalls Auswirkungen haben. Die Kosten für den gesetzlichen Vertreter oder Betreuer müssen in der Regel vom Betroffenen getragen werden, sofern er über ausreichende finanzielle Mittel verfügt. In Fällen der Bedürftigkeit können diese Kosten jedoch auch vom Staat übernommen werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Möglichkeit der Aufhebung der Prozessunfähigkeit. Wenn sich der Zustand des Betroffenen verbessert und die Voraussetzungen für die Prozessunfähigkeit nicht mehr vorliegen, kann das Gericht die Prozessfähigkeit wiederherstellen. Dies erfordert in der Regel ein erneutes Gutachten und eine gerichtliche Entscheidung.
Die Gerichte sind verpflichtet, die Prozessfähigkeit von Amts wegen zu prüfen, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine mögliche Prozessunfähigkeit vorliegen. Dies dient dem Schutz der Betroffenen und der Sicherstellung eines fairen Verfahrens. Allerdings kann diese Prüfung auch zu Verzögerungen im Verfahrensablauf führen, was wiederum negative Auswirkungen auf die Rechtsdurchsetzung haben kann.
Es ist zu beachten, dass in bestimmten Verfahren, insbesondere in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren, spezielle Regelungen gelten. Hier kann die betroffene Person trotz möglicher Prozessunfähigkeit in anderen Bereichen als verfahrensfähig gelten, um ihre Interessen selbst wahrnehmen zu können.
Die Feststellung der Prozessunfähigkeit ist eine komplexe rechtliche Angelegenheit, die sorgfältig geprüft werden muss. Sie hat erhebliche Auswirkungen auf die Rechtsstellung und Handlungsfähigkeit der Betroffenen im gerichtlichen Kontext und erfordert eine sensible Abwägung zwischen dem Schutz der Person und der Wahrung ihrer Autonomie.
Wie können Angehörige oder Freunde eine betroffene Person unterstützen, wenn diese als prozessunfähig gilt?
Die Unterstützung einer als prozessunfähig geltenden Person erfordert ein umsichtiges und rechtlich korrektes Vorgehen. Angehörige und Freunde können auf verschiedene Weise helfen, um die Interessen der betroffenen Person zu wahren.
Zunächst ist es wichtig, die Situation richtig einzuschätzen. Prozessunfähigkeit bedeutet, dass eine Person nicht in der Lage ist, ihre rechtlichen Angelegenheiten selbst wahrzunehmen. Dies kann beispielsweise aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer geistigen Behinderung der Fall sein. Die Feststellung der Prozessunfähigkeit erfolgt in der Regel durch ein Gericht.
Ein erster Schritt zur Unterstützung kann die Anregung einer rechtlichen Betreuung sein. Hierfür wendet man sich an das zuständige Betreuungsgericht. Das Gericht prüft dann, ob die Voraussetzungen für eine Betreuung vorliegen und in welchem Umfang diese notwendig ist. Es ist wichtig zu verstehen, dass eine Betreuung nicht automatisch mit einem vollständigen Verlust der Handlungsfähigkeit einhergeht. Vielmehr soll sie die betroffene Person in den Bereichen unterstützen, in denen sie Hilfe benötigt.
Angehörige oder Freunde können sich auch als Betreuer zur Verfügung stellen. Dies erfordert jedoch eine sorgfältige Abwägung, da die Aufgabe mit erheblicher Verantwortung verbunden ist. Der Betreuer vertritt die Interessen der betroffenen Person in den vom Gericht festgelegten Aufgabenkreisen. Dies kann die Vermögenssorge, Gesundheitssorge oder auch die Vertretung gegenüber Behörden umfassen.
Eine weitere Möglichkeit der Unterstützung besteht darin, der betroffenen Person bei der Suche nach einem geeigneten Rechtsbeistand zu helfen. Ein Rechtsanwalt kann die Interessen der Person im Prozess vertreten und sicherstellen, dass ihre Rechte gewahrt bleiben. Dabei ist es wichtig, einen Anwalt zu finden, der Erfahrung im Umgang mit prozessunfähigen Mandanten hat.
Angehörige und Freunde können auch eine wichtige Rolle bei der Sammlung und Bereitstellung relevanter Informationen spielen. Sie können dem Gericht oder dem Betreuer wichtige Hintergründe zur Lebenssituation, zu medizinischen Befunden oder zu finanziellen Angelegenheiten der betroffenen Person liefern. Diese Informationen können entscheidend sein, um die bestmögliche Unterstützung zu gewährleisten.
Es ist zudem ratsam, medizinische Fachkräfte einzubeziehen. Ein ärztliches Gutachten kann die Grundlage für die Beurteilung der Prozessfähigkeit bilden und dem Gericht bei der Entscheidungsfindung helfen. Angehörige können hier unterstützend wirken, indem sie Kontakt zu behandelnden Ärzten herstellen oder bei der Organisation von Untersuchungsterminen helfen.
Die emotionale Unterstützung der betroffenen Person sollte nicht unterschätzt werden. Der Verlust der Prozessfähigkeit kann belastend sein. Angehörige und Freunde können durch ihre Präsenz und ihr Verständnis einen wichtigen Beitrag zum Wohlbefinden leisten.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Unterstützung einer prozessunfähigen Person stets im Einklang mit deren Willen und Wohl erfolgen sollte. Auch wenn eine Person als prozessunfähig gilt, sollten ihre Wünsche und Vorstellungen so weit wie möglich berücksichtigt werden. Dies entspricht dem Grundsatz der Autonomie, der auch im Betreuungsrecht eine zentrale Rolle spielt.
Angehörige und Freunde sollten sich bewusst sein, dass die Unterstützung einer prozessunfähigen Person eine langfristige Aufgabe sein kann. Es ist ratsam, sich über Unterstützungsangebote und Selbsthilfegruppen zu informieren, um die eigenen Kräfte nicht zu überfordern.
Die rechtliche Situation rund um die Prozessunfähigkeit kann komplex sein und unterliegt ständigen Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung. Es ist daher empfehlenswert, sich regelmäßig über aktuelle Änderungen zu informieren und bei Bedarf fachkundige Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Welche Rolle spielen Gutachten und medizinische Diagnosen bei der Feststellung der Prozessunfähigkeit?
Bei der Feststellung der Prozessunfähigkeit spielen Gutachten und medizinische Diagnosen eine entscheidende Rolle. Sie dienen als wichtige Erkenntnisquellen für Gerichte, um die Fähigkeit einer Person zur Prozessführung zu beurteilen.
Gutachten von Sachverständigen, insbesondere psychiatrische Gutachten, sind häufig das zentrale Beweismittel zur Klärung der Prozessfähigkeit. Diese Gutachten müssen eine konkrete Diagnose enthalten und das Diagnoseverfahren darlegen. Eine bloße Ferndiagnose reicht nicht aus. Der Gutachter muss die betroffene Person persönlich untersuchen und eine eigene Anamnese erstellen.
Die Gerichte sind bei der Beurteilung der Prozessfähigkeit nicht an die förmlichen Beweismittel der Zivilprozessordnung gebunden. Sie können alle verfügbaren Erkenntnisquellen nutzen, um zu einer fundierten Entscheidung zu gelangen. Neben psychiatrischen Gutachten können auch Atteste von behandelnden Ärzten, Berichte von Betreuern oder Aussagen von Angehörigen berücksichtigt werden.
Für die Annahme einer Prozessunfähigkeit reicht eine bloße Diagnose einer psychischen Erkrankung nicht aus. Entscheidend ist vielmehr, ob die betroffene Person aufgrund ihrer Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, ihre Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. Die Gutachten müssen daher detailliert darlegen, wie sich die diagnostizierte Erkrankung konkret auf die Fähigkeit zur Prozessführung auswirkt.
Gerichte haben einen weiten Beurteilungsspielraum bei der Frage, ob Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit vorliegen. Bestehen konkrete Hinweise, muss das Gericht von Amts wegen tätig werden und weitere Ermittlungen anstellen. Dabei gilt der Grundsatz des Freibeweises, das heißt, das Gericht ist nicht an die strengen Beweisregeln der Zivilprozessordnung gebunden.
Die Vorlage eines ärztlichen Attests bei Gericht wird in der Regel als konkludente Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht gewertet. Dies ermöglicht es dem Gericht, bei Bedarf ergänzende Auskünfte beim Arzt einzuholen, um die Frage der Prozessfähigkeit umfassend zu klären.
Bei der Beurteilung der Prozessfähigkeit müssen alle zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft werden. Dazu gehört in der Regel die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die persönliche Anhörung der betroffenen Person. Verbleiben nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten Zweifel an der Prozessfähigkeit, gehen diese zu Lasten der betroffenen Person.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Anordnung einer rechtlichen Betreuung allein noch nicht automatisch zur Prozessunfähigkeit führt. Auch bei geschäftsfähigen Betreuten ohne Einwilligungsvorbehalt entscheidet der Betreuer im Einzelfall, ob er das Gerichts- oder Verwaltungsverfahren „übernimmt“.
Die Feststellung der Prozessunfähigkeit hat weitreichende Folgen für das Verfahren. Gegen einen prozessunfähigen Beklagten darf kein Versäumnisurteil erlassen werden. Zustellungen müssen an den gesetzlichen Vertreter erfolgen, um wirksam zu sein.
Für Ärzte, die Atteste zur Verhandlungsunfähigkeit ausstellen, gelten besondere Anforderungen. Ein einfaches Attest über Arbeitsunfähigkeit reicht nicht aus. Das Attest muss konkret darlegen, warum die Person nicht in der Lage ist, ihre Interessen im Prozess wahrzunehmen oder welche schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen bei einer Teilnahme am Termin drohen würden.
Welche Möglichkeiten gibt es, wenn eine Person trotz Prozessunfähigkeit Rechtsmittel einlegen möchte?
Bei Prozessunfähigkeit einer Person stehen verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung, um deren Interessen im gerichtlichen Verfahren zu wahren und Rechtsmittel einzulegen.
Grundsätzlich können prozessunfähige Personen keine wirksamen Prozesshandlungen vornehmen. Dies dient ihrem Schutz vor nachteiligen Folgen aufgrund mangelnder Einsichtsfähigkeit. Dennoch existieren Wege, um die Rechte dieser Personen zu sichern.
Eine zentrale Option ist die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters. Dieser kann für die prozessunfähige Person Rechtsmittel einlegen und deren Interessen im Verfahren vertreten. Bei Minderjährigen sind dies in der Regel die Eltern. Für volljährige Personen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht selbst besorgen können, kann das Betreuungsgericht einen rechtlichen Betreuer bestellen.
Der Betreuer wird zum gesetzlichen Vertreter in seinem Aufgabenkreis. Umfasst dieser die Vertretung vor Gericht, kann er für den Betreuten Rechtsmittel einlegen. Dabei muss der Betreuer stets zum Wohl des Betreuten handeln und dessen Wünsche berücksichtigen, soweit dies seinem Wohl nicht zuwiderläuft.
Eine weitere wichtige Figur ist der Verfahrenspfleger. Er wird vom Gericht bestellt, um die Interessen des Betroffenen im Verfahren zu vertreten. Der Verfahrenspfleger hat ein eigenständiges Beschwerderecht und kann unabhängig vom Willen des Betroffenen Rechtsmittel einlegen. Dies ist besonders relevant, wenn die Bestellung eines Betreuers erst Gegenstand des Verfahrens ist.
In bestimmten Fällen kann das Gericht auch einen Prozesspfleger bestellen. Dies geschieht, wenn eine Partei prozessunfähig ist und keinen gesetzlichen Vertreter hat. Der Prozesspfleger kann dann die notwendigen Prozesshandlungen, einschließlich der Einlegung von Rechtsmitteln, vornehmen.
Es ist zu beachten, dass die Prozessunfähigkeit einer Person nicht automatisch bedeutet, dass sie in allen Lebensbereichen handlungsunfähig ist. Die Beurteilung erfolgt einzelfallbezogen und kann sich auf bestimmte Verfahrensarten oder Rechtsgebiete beschränken.
Sollte sich im Laufe eines Verfahrens herausstellen, dass eine Partei prozessunfähig ist, wird das Verfahren unterbrochen, bis ein gesetzlicher Vertreter bestellt ist. Dies dient dem Schutz der betroffenen Person und soll sicherstellen, dass ihre Rechte gewahrt bleiben.
Bei der Einlegung von Rechtsmitteln durch einen Vertreter ist die Einhaltung von Fristen besonders wichtig. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn das entsprechende Schriftstück dem Vertreter zugeht. Dies schützt die Interessen der prozessunfähigen Person zusätzlich.
Trotz Prozessunfähigkeit bleibt das Recht auf rechtliches Gehör gewahrt. Die Gerichte sind verpflichtet, die Betroffenen anzuhören und ihre Wünsche und Vorstellungen zu berücksichtigen, auch wenn sie nicht selbst prozessfähig sind.
Die genannten Möglichkeiten stellen sicher, dass auch prozessunfähige Personen ihre Rechte im gerichtlichen Verfahren wahrnehmen können. Sie gewährleisten einen Ausgleich zwischen dem Schutz der Betroffenen und ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Prozessunfähigkeit: Prozessunfähigkeit bezeichnet den Zustand, in dem eine Person nicht in der Lage ist, ihre rechtlichen Angelegenheiten vor Gericht selbstständig zu führen. Dies kann aufgrund geistiger oder psychischer Erkrankungen oder aufgrund des Alters der Fall sein. Prozessunfähige Personen benötigen einen gesetzlichen Vertreter oder Betreuer, um ihre Interessen vor Gericht zu wahren.
- Paranoide Persönlichkeitsstörung: Eine paranoide Persönlichkeitsstörung ist eine psychische Erkrankung, die durch ein tiefes Misstrauen und Verdächtigungen gegenüber anderen Menschen gekennzeichnet ist. Betroffene interpretieren das Verhalten anderer oft als feindselig oder bedrohlich, was ihre Fähigkeit zur rationalen Entscheidungsfindung erheblich einschränken kann.
- Gutachten: Ein Gutachten ist ein schriftlicher Bericht eines Sachverständigen, der eine fachliche Einschätzung zu bestimmten Fragen gibt. Im rechtlichen Kontext werden Gutachten häufig genutzt, um die geistige oder psychische Verfassung einer Person zu beurteilen und damit ihre Prozessfähigkeit zu überprüfen.
- Verfahrenspfleger: Ein Verfahrenspfleger wird vom Gericht bestellt, um die Interessen einer prozessunfähigen Person in einem Gerichtsverfahren zu vertreten. Er hat die Aufgabe, die betroffene Person zu beraten und sicherzustellen, dass deren Rechte und Interessen gewahrt bleiben.
- Betreuung: Eine rechtliche Betreuung wird für Personen eingerichtet, die aufgrund geistiger oder psychischer Beeinträchtigungen ihre Angelegenheiten nicht selbst regeln können. Ein Betreuer übernimmt dann die Vertretung in bestimmten Bereichen wie Vermögensverwaltung oder medizinische Entscheidungen. Die Bestellung erfolgt durch ein Gericht.
- Einwilligungsvorbehalt: Ein Einwilligungsvorbehalt bedeutet, dass eine prozessunfähige Person bestimmte Rechtsgeschäfte nur mit Zustimmung eines Betreuers abschließen darf. Dies dient dem Schutz der betroffenen Person vor finanziellen oder rechtlichen Nachteilen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung): Dieser Paragraph regelt die Verwerfung eines unzulässigen Antrags auf Zulassung der Berufung. Im vorliegenden Fall wurde der Antrag der Klägerin als unzulässig verworfen, da sie aufgrund ihrer Prozessunfähigkeit nicht in der Lage war, einen solchen Antrag wirksam zu stellen.
- § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung): Dieser Paragraph verknüpft die Prozessfähigkeit mit der Geschäftsfähigkeit nach bürgerlichem Recht. Da die Klägerin aufgrund ihrer paranoiden Persönlichkeitsstörung als geschäftsunfähig angesehen wurde, war sie auch nicht prozessfähig und konnte ihre Rechte im Verwaltungsgerichtsverfahren nicht wirksam wahrnehmen.
- § 104 Nr. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph definiert die Prozessunfähigkeit als einen nicht nur vorübergehenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit, der die freie Willensbestimmung ausschließt. Die Klägerin erfüllte diese Voraussetzungen aufgrund ihrer diagnostizierten paranoiden Persönlichkeitsstörung.
- § 5 A 4/17 (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts): Dieser Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts bestätigte die Prozessunfähigkeit der Klägerin aufgrund ihrer paranoiden Persönlichkeitsstörung. Er stellte fest, dass ihr Zustand die freie Willensbildung ausschließt und sie nicht in der Lage ist, ihre Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen.
- § 8 LA 17/20 (Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts): Dieser Beschluss bekräftigte die Prozessunfähigkeit der Klägerin und verwies auf die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts. Er führte aus, dass die Klägerin aufgrund ihrer paranoiden Persönlichkeitsstörung nicht in der Lage ist, ihre Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen und daher nicht prozessfähig ist.
Das vorliegende Urteil
OVG Lüneburg – Az.: 14 LA 87/24 – Beschluss vom 03.07.2024
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Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade – Einzelrichterin der 10. Kammer – vom 10. Mai 2024 wird verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Der von der Klägerin persönlich gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade – Einzelrichterin der 10. Kammer – vom 10. Mai 2024 ist unzulässig und daher in entsprechender Anwendung von § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu verwerfen.
Die Klägerin ist prozessunfähig. Dieser Einschätzung, die das erstinstanzliche Gericht in seinem angefochtenen Urteil unter Bezugnahme auf den Beschluss des 8. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2020 – 8 LA 17/20- dargelegt hat und die der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Beschluss vom 11. Dezember 2017 (Az. 5 A 4/17, juris Rn. 4 ff.) entspricht, schließt der Senat sich aus eigener Überzeugung an (siehe bereits Senatsbeschl. v. 21.7.2022 – 14 LA 273/22-).
In dem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2020 – 8 LA 17/20 – wurde ausgeführt:
„Die Fähigkeit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen knüpft nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO an die Geschäftsfähigkeit des bürgerlichen Rechts an. Prozessfähig ist, wer nach bürgerlichem Recht geschäftsfähig ist. Prozessunfähig ist demgegenüber, wer sich in einem nicht nur vorübergehenden, die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet (§ 104 Nr. 2 BGB) und deshalb nicht in der Lage ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen (BSG, Beschl. v. 14.8.2017 – B 12 KR 103/14 B -, juris Rn. 4; BFH, Beschl. v. 10.3.2016 – X S 47/15 -, juris Rn. 12; BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04 -, juris Rn. 13 m.w.N.). Eine derartige Prozessunfähigkeit liegt im Fall der Klägerin offensichtlich vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem angeführten Beschluss vom 11. Dezember 2017 ausgeführt:
‚Bei der Klägerin liegt ein die freie Willensbildung ausschließender, nicht lediglich vorübergehender Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit offensichtlich vor. Das ergibt sich unzweifelhaft aus dem in dem Betreuungsverfahren vor dem Amtsgericht Rotenburg (Wümme) vorgelegten Sachverständigengutachten vom 6. Oktober 2014, dem ergänzenden mündlichen Gutachten des Sachverständigen in der Anhörung vor dem Landgericht Verden am 4. Februar 2015, den Beschlüssen des Amtsgerichts Rotenburg (Wümme) vom 18. Dezember 2014 (10 XVII S 1057) und vom 7. Februar 2017 (10 XVII S 1057), dem Beschluss des Landgerichts Verden vom 6. Februar 2015 (1 T 4/15) sowie aus der Prozessführung der Klägerin vor dem Bundesverwaltungsgericht zwischen dem 24. September 2014 und dem 4. Dezember 2017.
Anlass des Betreuungsverfahrens, in dem das Betreuungsgericht um die Erstellung des Sachverständigengutachtens ersucht hat, war eine Anregung des örtlichen Familiengerichts, im Hinblick auf die Vielzahl dort anhängiger Verfahren der Klägerin deren Betreuungsbedürftigkeit zu überprüfen. In dem Gutachten vom 6. Oktober 2014 gelangt der Sachverständige nach einer Untersuchung der Klägerin zu der Einschätzung, dass diese unter einer querulatorischen Persönlichkeitsstörung leide, die eine Betreuung für den Wirkungskreis Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten im Interesse der Betreuten rechtfertige. In Bezug auf ihre Rechtsangelegenheiten sei die Betroffene logischen und sinnvollen Argumentationen gegenüber unzugänglich und habe den Realitätsbezug verloren, so dass sie sich durch ihr konkretes Verhalten potentiell und real selbst schädige. Diese Einschätzung hat der Sachverständige in der Anhörung vor dem Landgericht Verden am 4. Februar 2015 in einem mündlichen Gutachten bestätigt und konkretisiert und kommt zu dem Ergebnis, dass eine paranoide Persönlichkeitsstörung mit der ICD-Klassifizierung F 60.0 anzunehmen sei.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Rotenburg (Wümme) vom 18. Dezember 2014 wurde die Klägerin aufgrund dieses Gutachtens für ihre Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt gestellt. Ihre dagegen erhobene Beschwerde wies das Landgericht Verden mit Beschluss vom 6. Februar 2015 (1 T4/15) aufgrund der Anhörung am 4. Februar 2015 zurück. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Rotenburg (Wümme) in dem Beschluss vom 4. Februar 2015 (10 XVII S 1057) versagte der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 31. März 2015 mangels hinreichender Erfolgsaussichten die Verfahrenskostenhilfe für ein dagegen eingelegtes Rechtsmittel.
Mit Beschluss vom 7. Februar 2017 (10 XVII S 1057) hat das Amtsgericht – Betreuungsgericht – Rotenburg (Wümme) die Betreuung der Klägerin mit sofortiger Wirksamkeit aufgehoben. Gleichwohl ist der Senat aber nach Würdigung aller vorliegenden Erkenntnismittel davon überzeugt, dass die Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nach wie vor an der von dem Sachverständigen in dem Gutachten vom 6. Oktober 2014 und der Anhörung am 4. Februar 2015 diagnostizierten Persönlichkeitsstörung leidet, die ihre freie Willensbildung für die Führung von Gerichtsverfahren ausschließt.
Denn das Betreuungsgericht hat die Betreuung nicht etwa deshalb aufgehoben, weil der ursprünglich angenommene Grund für die Betreuung weggefallen wäre. Vielmehr hat es offensichtlich keinerlei Anhaltspunkte dafür gesehen, dass die Persönlichkeitsstörung der Klägerin, die Grund für die Bestellung eines Betreuers war, nicht mehr bestehen könnte. Im Gegenteil hat es seiner Entscheidung eine „Unbetreubarkeit“ der Klägerin zugrunde gelegt, die darauf beruht, dass die Klägerin ihr Prozessverhalten, das zu der Diagnose des Sachverständigen geführt hat, nicht nur unverändert fortgesetzt, sondern unter der Betreuung sogar noch erheblich gesteigert hat, so dass der Betreuer seine Aufgaben nicht habe wahrnehmen können, weil die Klägerin vollständig beratungsresistent sei. Seine Bestellung habe vielmehr zu einer annähernden Verdoppelung der Anträge geführt, die sich nun auch gegen die in den Verfahren tätigen Organwalter und den Betreuer selbst richteten, so dass ihr mit Beschluss vom 31. August 2015 ein Ergänzungsbetreuer mit dem Aufgabenbereich „Prüfung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen den Betreuer“ bestellt worden sei.
Dass sich an der die Prozessfähigkeit ausschließenden Persönlichkeitsstörung der Klägerin seit ihrer letzten Begutachtung und insbesondere seit der Aufhebung ihrer Betreuung am 7. Februar 2017 nichts geändert hat, ergibt sich außerdem mit jeden vernünftigen Zweifel ausschließendem Gewicht aus ihrer Prozessführung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Klägerin hat zwischen dem 24. September 2014 und dem 4. Dezember 2017 insgesamt 457 in die Verfahrensregister eingetragene Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gemacht. Bis zur Anordnung der Betreuung mit Beschluss vom 18. Dezember 2014 hatte sie innerhalb von etwa 4 Monaten insgesamt 56 Nichtzulassungsbeschwerden und Revisionen in Jugend-hilfe- und Wohngeldangelegenheiten erhoben, Anträge auf Prozesskostenhilfe gestellt oder Kostenerinnerungen eingelegt, was etwa 14 Anträgen im monatlichen Durchschnitt entspricht. Während der Zeit ihrer Betreuung vom 18. Dezember 2014 bis zum 7. Februar 2017, also in einem Zeitraum von knapp 26 Monaten, machte sie insgesamt 305 Anträge und Verfahren anhängig, darunter neben Nichtzulassungsbeschwerden und Revisionen oder Anträgen auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Notanwalts auch Anhörungsrügen sowie Nichtigkeits- und Restitutionsklagen gegen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, also etwa 12 Anträge im Monatsdurchschnitt. Von all diesen Anträgen war wegen fehlender Prozessvoraussetzungen kein einziger erfolgreich, wobei der Senat erst am 17. Juni 2015 davon Kenntnis erhielt, dass die Klägerin unter Betreuung gestellt worden war und deshalb zunächst nicht auf ihre Prozessunfähigkeit und das Fehlen einer Genehmigung des Betreuers abstellen konnte.
Dieses Prozessverhalten hat die Klägerin nach der Aufhebung der Betreuung unverändert fortgesetzt. Zwar hat sie abweichend von dem vorherigen „Muster“ erst zweieinhalb Monate nach Aufhebung der Betreuung am 26. April 2017 wieder einen Antrag beim Bundesverwaltungsgericht gestellt. Diese vergleichsweise kurze „Pause“ markiert aber ebenso wenig eine grundlegende Veränderung ihres Prozessverhaltens wie der Umstand, dass zwischen dem 26. April 2017 und dem 1. September 2017, also in einem Zeitraum von rund vier Monaten, für die Klägerin nur 11 Verfahren und Anträge beim Bundesverwaltungsgericht in die Verfahrensregister eingetragen worden sind. Dies beruht maßgeblich darauf, dass die betroffenen Senate teilweise dazu übergegangen sind, die Vielzahl von Anträgen unter einem Aktenzeichen zusammenzufassen. So sind zum Beispiel unter dem Aktenzeichen1 ER12 16.17 mit Beschluss vom 4. Juli 2017 Anträge und Rechtsmittel in Schriftsätzen aus den Monaten April und Mai 2017 und insbesondere Rechtsmittel gegen drei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und 8 Entscheidungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts als unzulässig verworfen worden. In dem Verfahren 5 B 16.17hatte die Klägerin Entschädigungsklage und Feststellungsklage im Hinblick auf 20 PKH-Verfahren erhoben und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Nachdem der Senat die Anträge mit Beschluss vom 5. Juli 2017 als offensichtlich unzulässig verworfen hatte, wurden unter dem Aktenzeichen die dagegen erhobenen Nichtzulassungsbeschwerden und Anhörungsrügen sowie die Befangenheitsanträge gegen die entscheidenden Richterinnen und Richter zusammengefasst, während die ebenfalls beantragten „Amtsverfahren“ und „Dienstverfahren“ zuständigkeitshalber an den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts abgegeben wurden. Unter dem Aktenzeichen 5 A 3.17 D ist „Entschädigungsklage gem. § 198 GVG“ und „Feststellungsklage“ in mehr als 20 Einzelverfahren erhoben worden. Auch in dem vorliegenden Verfahren sind unter dem Aktenzeichen 5 A 4.17 Nichtigkeitsklagen und Verzögerungsrügen zu den Entscheidungen des Senats in den Verfahren 5 A 32.16 bis 5 A 59,16 also insgesamt 28 Einzelverfahren zusammengefasst. In dem Verfahren 5 A 17.17 hat die Klägerin „PKH-Beschwerde“, „Nichtzulassungsbeschwerde“, „Anhörungsrüge“, „Befangenheitsanträge“, „Amtsverfahren“ und „Dienstverfahren“ in dem Verfahren 5 PKH 9.17erhoben. Die Zahl der Anträge hat sich also nicht nur nicht verringert, sondern mit mehr als 87 Einzelanträgen innerhalb von vier Monaten vielmehr noch erhöht. Das gilt auch für die darauffolgenden Monate, in denen zwischen dem 2. September und dem 4. Dezember 2017 insgesamt 85 neue Verfahren für die Klägerin eingetragen worden sind.
Diese immense Anzahl – soweit darüber bereits entschieden wurde, offensichtlich erfolgloser – Anträge, die völlige Beratungsresistenz der Klägerin und ihre Unfähigkeit, aus erfolglosen Verfahren Konsequenzen für ihre Verfahrensführung zu ziehen, legen bereits für sich genommen den Schluss nahe, dass ihr die dafür erforderliche Einsichtsfähigkeit fehlt und ihre freie Willensbildung entsprechend eingeschränkt ist. Sie bestätigen außerdem die Diagnose des Sachverständigen in den Gutachten vom 6. Oktober 2014 und 4. Februar 2015, da sie exakt dem Verhalten der Klägerin entsprechen, dass für den Sachverständigen im Betreuungsverfahren maßgeblich für die Einschätzung war, dass die Klägerin wegen einer Persönlichkeitsstörung nicht in der Lage ist, ihre Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten selbst zu besorgen. Es ist daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die in den Sachverständigengutachten im Betreuungsverfahren getroffene Diagnose nach wie vor zutrifft und die Klägerin unter einer die Prozessfähigkeit ausschließenden paranoiden Persönlichkeits-störung leidet.“
Diese Einschätzung wird weiterhin durch das in dem Verfahren vor dem Landgericht Hannover (Az. 10 O 95/16) erstellte Gutachten des Sachverständigen D. vom 5. Dezember 2017 bestätigt, das unter Auswertung des Gutachtens E. vom 6. Oktober 2014 und der sich aus den Akten des Landgerichts Hannover ergebenden Umstände der Klägerin eine paranoide Persönlichkeitsstörung (ICD 10 F 60.0) attestiert, die die Fähigkeit, Prozesshandlungen selbst oder durch selbst bestellte Vertreter vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen, aufhebt.
An dem so zu beurteilenden Verhalten der Klägerin, das auf eine geistige und psychische Störung schließen lässt, hat sich seit dem Gutachten D. und der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom Dezember 2017 ersichtlich nichts geändert, so dass ein weiteres Gutachten zur Prozessfähigkeit der Klägerin nicht einzuholen ist. Um die Prozessfähigkeit von Verfahrensbeteiligten beurteilen zu können, muss ein Fachgericht alle verfügbaren Beweismittel ausschöpfen und insbesondere regelmäßig ein Sachverständigengutachten einholen und vor der Beweisaufnahme zur Prozessfähigkeit eine persönliche Anhörung durchführen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.11.2005 – 1 BvR 1542/05 -, juris Rn. 15, v. 19.8.2013 – 1 BvR 577/13 -, juris Rn. 12, u. v. 16.6.2016 – 1 BvR 2509/15 -, juris Rn. 14). Es kann dazu auch auf Erkenntnisse und Beweismittel aus anderen Verfahren zurückgreifen (BVerwG, Beschl. v. 11.12.2017 – 5 A 4/17 –, juris Rn. 14, u. v. 13.9.1991 – 7 B 114.91 – juris Rn. 2; BVerwG, Urt. v. 25.1.1973 – V CB 119.69 –, juris Rn. 7). Im Fall der Klägerin ist indes offensichtlich, dass eine erneute Begutachtung zu keinem anderen Ergebnis kommen würde. Sie überzieht weiterhin Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgericht mit einer Vielzahl von sinn- und aussichtslosen Verfahren.
In dem ausgewerteten Zeitraum vom 31. Dezember 2014 bis zum 2. Dezember 2019 hat die Klägerin bei 7 Senaten allein des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts insgesamt 775 Verfahren anhängig gemacht, davon 573 seit Dezember 2017, allein im Jahr 2019 waren es 176 Verfahren. Sie richteten sich gegen den Landkreis Rotenburg, die F., das Finanzamt Rotenburg, die Landeskartellbehörde Niedersachsen, die Generalstaatsanwaltschaft Celle, die Amtsgerichte Rotenburg (Wümme), Soltau, Goslar und Helmstedt, die Präsidentin des Oberlandesgerichts Oldenburg, das Oberlandesgericht Celle, die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Stade, die Polizeiinspektion Rotenburg, das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, die Staatsanwaltschaft Verden, das Land Niedersachsen, die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, die Ärztekammer Niedersachsen, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, das Niedersächsische Justizministerium, die Rechtsanwaltskammern Oldenburg und Celle, das Sozialgericht Stade, die Landgerichte Verden, Hannover und Lüneburg, den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Hannover, die Verwaltungsgerichte Stade, Lüneburg und Hannover, das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht, das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, die G.., gegen zwei Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht persönlich sowie verschiedene natürliche Personen und blieben allesamt erfolglos. Außerdem liegen dem Senat derzeit bereits wieder eine Reihe weiterer Eingaben der Klägerin vor. Es ist durchweg nicht nachvollziehbar, welches tatsächliche Ziel sie mit ihren vielfältigen Rechtsschutzersuchen in der Sache verfolgt, dass diese auf dem Verwaltungsrechtsweg durchsetzbar und die in Betracht zu ziehenden konkreten rechtlichen Voraussetzungen dafür auch nur ansatzweise erfüllt sein könnten (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 31.5.2018 – 13 ME 191/18 -, V.n.b.). Kennzeichnend für ihr Prozessverhalten sind die in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stade vom 12. Dezember 2019 (Az. 10 A 2382/18, Seite 8 der Entscheidungsgründe) beschriebenen permanenten sinnlosen und widersprüchlichen Verfahrensaktionen.
Der für das Sachgebiet „Sonstiges“ zuständige Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat dem Vorsitzenden des Senats des erkennenden Gerichts als (damals) geschäftsverteilungsplanmäßig zuständigem Spruchkörper für das Rechtsgebiet „Sonstiges“ mit Schreiben vom 23. Mai 2018 (Az. 6 ER12 24.18) mitgeteilt, dass er „…die unstatthaften Rechtsmittel … (der Klägerin) … nicht länger förmlich bescheidet“. Im Anschluss an die Vorgehensweise des Senats des Bundesverwaltungsgerichts würden alle (von der Klägerin) eingehenden Anträge und Rechtsmittel ohne förmliche Entscheidung durch den Spruchkörper weggelegt, wenn dies von dem Vorsitzenden nach Prüfung des jeweiligen Antrags bzw. Rechtsmittels verfügt werde. Der … Senat des Bundesgerichtshofes hat in seinem Beschluss vom Beschluss vom 23. Februar 2017 (Az.III ZB 96/16) die Klägerin darauf hingewiesen, dass „… der Senat … in Zukunft vergleichbare – substanzlose, offensichtlich unzulässige oder rechtsmissbräuchliche – Eingaben … nicht mehr bescheiden (werde). Der Senat … (müsse) es nicht hinnehmen, durch sinnentleerte Inanspruchnahme seiner Arbeitskapazitäten bei der Erfüllung seiner Aufgaben behindert zu werden“. Der Senat schließt sich nunmehr der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts an und wird künftige Eingaben der Klägerin – nach Prüfung ihres jeweiligen Gehalts durch den Vorsitzenden – weglegen und nicht mehr als Verfahren eintragen. Diese Vorgehensweise dient neben der Entlastung des Gerichts dem Schutz der Klägerin, die durch die zahlreichen von ihr veranlassten Verfahren und die daraus erwachsenden Kosten, insbesondere Gerichtskosten, die sie als unterliegende Partei zu tragen hat, in ruinösem Maße finanziell belastet wird (vgl. insoweit BFH, Beschl. v. 12.7.1999 – IX S 8/99 -, juris Rn. 51, wonach Eingaben eines prozessunfähigen Klägers zur Vermeidung weiterer Gerichtskosten nicht als förmliche Anträge oder Rechtsmittel in den Registern zu erfassen sind).“
An dieser Rechtsprechung hält der 8. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts weiterhin fest (vgl. Beschl. v. 14.5.2024 – 8 LA 34/24 – V.n.b.; Urt. v. 26.1.2024 – 8 LB 104/23 -, juris Rn. 25 f.; Beschl. v. 24.8.2022 – 8 ME 58/22 -, V.n.b; Beschl. v. 15.2.2022 – 8 LA 32/22 -, V.n.b.; im Anschluss: BVerwG, Beschl. v. 16.6.2022 – 8 B 29.22 -, V.n.b.). In seinem Urteil vom 26. Januar 2024 führt der 8. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts noch aus, dass das Verhalten der Klägerin auch in neuerer Zeit nicht wesentlich nachlasse. Seit Januar 2022 habe sie allein bei dem Senat über 100 unverständliche und/oder von vornherein aussichtslose Eingaben eingereicht (8 LB 104/23 -, juris Rn. 40).
Daneben geht auch der Bundesfinanzhof u.a. unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2017 (5 A 4.17 -, juris) davon aus, dass die Klägerin prozessunfähig ist, weil sie nach wie vor weiterhin hunderte aussichtslose Verfahren vor den (Ober-)Gerichten anhängig mache. Anhaltspunkte dafür, dass sie in dem seit der Begutachtung verstrichenen Zeitraum ihre Prozessfähigkeit wiedererlangt haben könnte, seien nicht ersichtlich (Beschl. v. 31.1.2024 – X S 32-40/23 (PKH) u.a. -, juris Rn. 19).
Diese Feststellungen macht sich der Senat nach unabhängiger Überprüfung der Sach- und Rechtslage vollumfänglich zu eigen. Anhaltspunkte dafür, dass sich an dieser Einschätzung zwischenzeitlich etwas geändert haben könnte, sind nicht ersichtlich. Ein weiteres Sachverständigengutachten ist daher – jedenfalls derzeit – nicht einzuholen. Vielmehr setzt die Klägerin ihr bisheriges, nicht auf vernünftigen Erwägungen beruhendes Prozessverhalten bei diesem Gericht offensichtlich weiterhin fort. Seit 2018 hat die Klägerin bei dem zuvor für das Datenschutzrecht zuständigen Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts 57 datenschutzrechtliche Verfahren anhängig gemacht. Diese sowie das vorliegende und die hiermit im Zusammenhang stehenden Verfahren 14 ME 89/24, 14 OB 88/24 und 14 OB 90/24 zeigen kein anderes Verhalten der Klägerin auf. Auch in diesen Verfahren bleibt unklar, welches tatsächliche Ziel die Klägerin mit diesen Rechtsschutzersuchen in der Sache verfolgt, warum diese auf dem Verwaltungsrechtsweg durchsetzbar und die in Betracht zu ziehenden konkreten rechtlichen Voraussetzungen dafür auch nur ansatzweise erfüllt sein könnten.
Der Antrag der Klägerin auf Bestellung eines Verfahrenspflegers für das Beschwerdeverfahren ist abzulehnen. Nach § 62 Abs. 4 VwGO i.V.m. § 57 Abs. 1 ZPO ist auf Antrag der nicht prozessfähigen Partei, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, bis zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters ein besonderer Vertreter (sogenannter Prozess- oder Verfahrenspfleger) zu bestellen, wenn sie verklagt werden soll und mit dem Verzug Gefahr verbunden ist. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin soll im hiesigen Verfahren nicht als Passivpartei im Sinne der genannten Bestimmungen in Anspruch genommen werden. Sinn und Zweck der Bestellung des Prozess- und Verfahrenspflegers als eines kurzzeitig (bis zum Einsatz des gesetzlichen Vertreters) tätigen, besonderen Vertreters bestehen darin, die Rechtsdurchsetzung der Aktivpartei nicht an einer mangelnden Prozessfähigkeit der Passivpartei scheitern zu lassen (NdsOVG, Beschl. v. 23.5.2018 – 13 ME 170/18 -, juris Rn. 3 m.w.N.). Dieser Zweck erfordert die Bestellung eines Prozess- oder Verfahrenspflegers für eine Aktivpartei ersichtlich nicht. Die Ausnahmefälle, in denen die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die (analoge) Anwendung der Vorschriften über die Bestellung eines Prozess- oder Verfahrenspfleger auch auf eine Aktivpartei als geboten erachtet (BVerwG, Beschl. v. 9.12.1986 – 2 B 127.86 -, juris Rn. 5 m.w.N.; Urt. v. 22.5.1974 – VIII C 9.73 -, Buchholz, 2. Folge, 310 § 133 VwGO Nr. 12; v. 31.8.1966 – V C 223.65 -, juris Rn. 13, 17; v. 3.12.1965 – VII C 90/61 -, NJW 1966, 1883; Bier/Steinbeiß-Winkelmann, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: April 2022, § 62 Rn. 16; Czybulka/Siegel, in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 62 Rn. 56), liegen nicht vor. Weder wird im vorliegenden Verfahren um lebensnotwendige Leistungen gestritten, noch ist die Klägerin einem Eingriffsakt ausgesetzt, der ihre Stellung der eines Beklagten im Zivilprozess vergleichbar machen könnte. Geht die Klägerin, wie der Antrag nahelegt, selbst von ihrer mangelnden Prozessfähigkeit aus, kann sie das mit der Prozessunfähigkeit verbundene Prozesshindernis durch eigenes Handeln beseitigen, indem sie einen Antrag auf Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB durch das Betreuungsgericht stellt (vgl. BFH, Beschl. v. 10.3.2016 – X S 47/15 -, juris Rn. 16) oder nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 51 Abs. 3 ZPO einen Dritten zu ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt. Mit einem Verzug bis dahin ist ersichtlich auch keine Gefahr i.S.v. § 57 Abs. 1 ZPO verbunden, der durch die zwischenzeitliche Bestellung eines Prozess- oder Verfahrenspflegers zu begegnen wäre. Im Übrigen kann es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte sein, die Entscheidung des zuständigen Betreuungsgerichts, Amtsgericht Rotenburg (Wümme), vom 7. Februar 2017 (Az. 10 XVII S 1057), die für die Klägerin eingerichtete Betreuung für Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten wieder aufzuheben, dadurch (partiell) zu korrigieren, dass der prozessunfähigen Beteiligten für jedes der von ihr betriebenen unzähligen Verfahren jeweils ein Prozesspfleger bestellt und damit de facto (Einzel-)Pflegschaften für den Geschäftskreis gerichtlicher Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (wieder) eingerichtet würden (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.6.1968 – V C 147.67 -, juris Rn. 21), zumal auch dies nicht kostenfrei wäre (§ 57 ZPO i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 und § 41 RVG analog; Lindacher, in Münchener Kommentar z. ZPO, 6. Aufl. 2020, § 57 Rn. 24 m.w.N.; Weth, in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 57 Rn. 6f.).
Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass der Zulassungsantrag der Klägerin darüber hinaus mangels Postulationsfähigkeit unzulässig sein dürfte. Nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO müssen sich die Beteiligten vor dem Oberverwaltungsgericht, außer in Prozesskostenhilfeverfahren sowie in den von § 66 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 5 GKG erfassten Kosten- und Streitwertangelegenheiten, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Gemäß § 67 Abs. 4 Sätze 3 und 7 VwGO sind als Bevollmächtigte nur die in § 67 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen zugelassen, zu denen die Klägerin nicht zählt. Auf das Vertretungserfordernis ist die Klägerin in der mit dem erstinstanzlichen Urteil verbundenen Rechtsmittelbelehrung und nochmals in der Eingangsverfügung vom 6. Juni 2024 durch die Vorsitzende hingewiesen worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Von der Erhebung von Gerichtskosten ist nach § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG abzusehen. Nach dieser Vorschrift kann für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht. Diese Voraussetzungen sieht der Senat im Hinblick auf die – oben dargelegte – Prozessunfähigkeit der Klägerin als gegeben an. Sie ist offensichtlich nicht in der Lage, die Tragweite ihrer Prozesshandlungen zu erfassen und ihr Verhalten vernunftgerecht zu steuern. Die Entscheidung betrifft nur das Zulassungsverfahren; für die Anwendung des § 21 GKG im erstinstanzlichen Verfahren ist das Verwaltungsgericht zuständig (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.11.1989 – 3 C 9.86 -, Buchholz 360 § 8 GKG Nr. 3; v. 3.12.1998 – 1 B 110.98 -, Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 6; NdsOVG, Urt. v. 26.1.2024 – 8 LB 104/23 -, juris Rn. 44).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).