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Voraussetzungen eines Anspruchs auf Opferentschädigung – Beweiserleichterung

Über 30 Jahre nach einem mutmaßlichen Überfall in einem Park scheitert eine Frau mit ihrem Antrag auf Opferentschädigung vor Gericht. Der Grund: Sie hatte den Vorfall damals nicht angezeigt und konnte den Angriff nicht mehr beweisen. Das Landessozialgericht Hamburg sah die Beweisnot als selbst verschuldet an und wies den Antrag ab.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landessozialgericht Hamburg
  • Datum: 29.11.2022
  • Aktenzeichen: L 3 VE 2/20
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren im Rahmen eines Opferentschädigungsverfahrens
  • Rechtsbereiche: Sozialrecht, Opferentschädigungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Eine Frau, die am 26. Juli 2011 Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) beantragte, insbesondere wegen eines Ereignisses aus dem Jahr 1979, das sie als Überfall im Park beschrieb. Ihre wesentlichen Argumente waren, dass sie aufgrund der Jugend des Täters und ihrer beruflichen Situation keine Strafanzeige damals stellte, und dass dieser Vorfall zusammen mit anderen Gewaltvorfällen betrachtet werden sollte.
  • Beklagte: Die zuständige Behörde, die den Antrag der Klägerin ablehnte. Sie argumentierte, dass der vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriff nicht nachgewiesen sei, insbesondere aufgrund des langen Zeitablaufs ohne frühere Anzeige oder Benennung von Zeugen.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin beantragte fast 32 Jahre nach einem angeblichen Überfall eine Beschädigtenversorgung nach dem OEG, ausgehend von einem Vorfall im Oktober 1979, bei dem sie von einem jungen Mann sexuell bedrängt worden sei. Sie hatte damals keine Strafanzeige erstattet und nannte auch keine Zeugen.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob die Klägerin Anspruch auf Opferentschädigung hat, obwohl kein Nachweis eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs vorliegt, und ob die Beweislage durch die lange Zeitspanne verschuldet war.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung wurde zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die geforderten Versorgungsleistungen.
  • Begründung: Es fehle der Nachweis eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs. Die Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG greife nicht, da der Beweisverlust der Klägerin zuzurechnen ist. Der Antrag wurde erst 32 Jahre nach dem Vorfall gestellt, und es wurden weder Strafanzeige erstattet noch Zeugen benannt.
  • Folgen: Die Klägerin erhält keine Leistungen nach dem OEG für den Vorfall von 1979. Die geltend gemachten Vorfälle werden weiterhin separat betrachtet, und es erfolgt keine Revision der Entscheidung. Außergerichtliche Kosten werden im Berufungsverfahren nicht erstattet.

Opferentschädigung: Finanzielle und psychosoziale Unterstützung für Gewaltopfer

Opferentschädigung spielt eine entscheidende Rolle im Entschädigungsrecht, indem sie Opfern von Gewalt oder schweren Straftaten finanzielle Unterstützung bietet. Die gesetzlichen Regelungen zum Thema beinhalten klare Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Beweiserleichterung zu, die es Opfern ermöglicht, ihre Ansprüche leichter nachzuweisen, ohne übermäßige Hürden überwinden zu müssen.

Zudem bietet das Opferentschädigungsgesetz psychosoziale Unterstützung und stellt sicher, dass Betroffene nicht allein mit den Folgen eines Traumas umgehen müssen. In der folgenden Analyse wird ein konkreter Fall betrachtet, der die Anwendung dieser gesetzlichen Bestimmungen und die damit verbundenen Herausforderungen aufzeigt.

Der Fall vor Gericht


Opferentschädigung nach Überfall: Landessozialgericht Hamburg weist Antrag zurück

Schwach beleuchteter Parkweg mit Laternen zwischen Büschen und Bäumen
Ablehnung eines Opferentschädigungsantrags wegen Beweisnot (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Eine Frau scheiterte vor dem Landessozialgericht Hamburg mit ihrem Antrag auf Opferentschädigung für einen im Jahr 1979 erlittenen Überfall. Nach ihrer Schilderung war sie in einem Park von einem jugendlichen Täter angegriffen worden, der sie unsittlich berührte und seine Hände um ihren Hals legte. Ein zufällig anwesender Elektriker habe durch sein Eingreifen Schlimmeres verhindert.

Jahrzehntelange Verzögerung bei Antragstellung führt zu Ablehnung

Die Frau stellte den Antrag auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz erst im Jahr 2011 – rund 32 Jahre nach dem behaupteten Vorfall. Sie begründete ihre damalige Entscheidung gegen eine Strafanzeige mit dem jugendlichen Alter des Täters sowie ihrer bevorstehenden Arbeitsaufnahme in einer sozialtherapeutischen Einrichtung, wo sie möglicherweise mit dem Täter als Klienten hätte konfrontiert werden können.

Strenge Beweisanforderungen bei Opferentschädigung

Das Landessozialgericht betonte in seiner Entscheidung, dass für die Bewilligung von Opferentschädigung der Nachweis eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Vollbeweis erforderlich sei. Ein solcher Nachweis konnte im vorliegenden Fall nicht erbracht werden. Es lagen weder polizeiliche Ermittlungsunterlagen vor, noch konnten Zeugen benannt werden. Der Name des Täters war unbekannt, und auch der erwähnte Elektriker konnte nicht mehr ausfindig gemacht werden.

Keine Beweiserleichterung bei selbst verschuldeter Beweisnot

Eine mögliche Beweiserleichterung nach dem Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung kam nicht in Betracht. Diese greift nur, wenn der Beweisverlust ohne Verschulden des Antragstellers eingetreten ist. Das Gericht sah die Beweisnot jedoch als selbst verschuldet an, da die Antragstellerin erst Jahrzehnte nach dem Vorfall den Antrag gestellt hatte. Die von ihr vorgebrachten Gründe für den Verzicht auf eine damalige Strafanzeige wurden vom Gericht als weder zwingend noch objektiv nachvollziehbar eingestuft.

Vorsorgliche Beweissicherung für spätere Ansprüche

Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung einer zeitnahen Dokumentation und Anzeige von Gewalttaten. Ein Tätlicher Angriff im Sinne des Opferentschädigungsgesetzes erfordert nach ständiger Rechtsprechung eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung. Dieser Nachweis wird mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur Tat immer schwieriger zu führen. Das Gericht stellte klar, dass Betroffene die Folgen einer unterlassenen Strafanzeige im Hinblick auf die spätere Beweissituation selbst zu tragen haben.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht, dass für eine erfolgreiche Opferentschädigung der Nachweis einer Gewalttat zeitnah dokumentiert werden muss. Eine jahrzehntelange Verzögerung bei der Antragstellung führt zum Verlust von Beweismöglichkeiten, der dann zu Lasten des Opfers geht. Auch bei nachvollziehbaren persönlichen Gründen für den Verzicht auf eine Strafanzeige trägt das Opfer die Konsequenzen für die spätere Beweissituation.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie Opfer einer Gewalttat werden, sollten Sie unbedingt zeitnah eine Strafanzeige erstatten und Beweise sichern – auch wenn Sie sich unsicher sind oder zunächst keine Entschädigung beantragen möchten. Die Dokumentation durch eine Strafanzeige, ärztliche Atteste oder Zeugenaussagen ist später entscheidend, um Ihre Ansprüche durchsetzen zu können. Persönliche Gründe für den Verzicht auf eine Anzeige, wie zum Beispiel Rücksichtnahme auf den Täter oder berufliche Überlegungen, werden vom Gericht nicht als Entschuldigung für fehlende Beweise akzeptiert. Lassen Sie sich daher direkt nach der Tat von einer Opferberatungsstelle über Ihre Rechte und Möglichkeiten informieren.


Benötigen Sie Hilfe?

Als Opfer einer Gewalttat stehen Sie vor weitreichenden rechtlichen und persönlichen Herausforderungen – die korrekte Dokumentation und zeitnahe Beweissicherung sind dabei entscheidend für Ihre späteren Ansprüche. Unsere erfahrenen Anwälte kennen die rechtlichen Anforderungen und unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte von Anfang an optimal zu wahren. Lassen Sie uns gemeinsam Ihre individuelle Situation analysieren, damit keine wichtigen Fristen oder Beweismöglichkeiten verloren gehen. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Beweise brauche ich für einen erfolgreichen Antrag auf Opferentschädigung?

Für einen erfolgreichen Antrag auf Opferentschädigung sind mehrere Nachweise erforderlich, die die Gewalttat und deren gesundheitliche Folgen belegen.

Dokumentation der Gewalttat

Eine Strafanzeige oder ein Polizeiprotokoll sind besonders wichtige Beweismittel. Sie sollten die Tat unmittelbar nach dem Vorfall bei der Polizei anzeigen und alle verfügbaren Unterlagen zum Ermittlungsverfahren aufbewahren.

Medizinische Nachweise

Ärztliche Dokumentationen sind unverzichtbar für den Nachweis der gesundheitlichen Schäden:

  • Arztberichte und Befunde
  • Krankenhausberichte
  • Therapieunterlagen
  • Fotodokumentation von sichtbaren Verletzungen

Persönliche Dokumentation

Ein detailliertes Schmerztagebuch stärkt die Beweisführung erheblich. Darin sollten Sie täglich festhalten:

  • Art und Intensität der Schmerzen
  • Einschränkungen im Alltag
  • Psychische Belastungen
  • Therapiemaßnahmen und deren Wirkung

Zeugenaussagen

Aussagen von Zeugen können die Beweisführung unterstützen. Notieren Sie sich die Kontaktdaten von Personen, die:

  • Die Tat beobachtet haben
  • Erste Hilfe geleistet haben
  • Die Folgen der Tat bezeugen können

Der Antrag wird auch ohne vollständige Beweise entgegengenommen. Die zuständige Behörde klärt den Sachverhalt von Amts wegen auf und zieht weitere erforderliche Unterlagen selbstständig bei. Sie müssen jedoch bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirken und alle notwendigen Angaben machen.


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Welche Fristen muss ich bei der Antragstellung für eine Opferentschädigung beachten?

Für die Antragstellung auf Opferentschädigung nach dem Sozialgesetzbuch XIV (SGB XIV) gilt eine einjährige Antragsfrist nach dem schädigenden Ereignis. Diese Frist ist besonders wichtig für den Beginn der Leistungsgewährung:

Antragstellung innerhalb der Jahresfrist

Wenn Sie den Antrag innerhalb eines Jahres nach der Gewalttat stellen, erhalten Sie die Leistungen rückwirkend ab dem Monat des schädigenden Ereignisses.

Antragstellung nach der Jahresfrist

Bei einer Antragstellung nach Ablauf eines Jahres werden die Leistungen erst ab dem Monat der Antragstellung gewährt. Ein Anspruch auf rückwirkende Leistungen besteht in diesem Fall nicht mehr.

Wichtige Besonderheiten

Der Ausgang eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens gegen den Täter muss für die Antragstellung nicht abgewartet werden. Der Entschädigungsanspruch unterliegt auch keiner Verjährung.

Formale Anforderungen

Sie können den Antrag auf verschiedene Weisen stellen:

  • formlos (telefonisch oder per E-Mail)
  • mit den Formularen der Landesversorgungsbehörden
  • über das bundeseinheitliche Antragsformular

Die zuständige Versorgungsbehörde richtet sich nach Ihrem Wohnsitz oder – falls Sie keinen Wohnsitz in Deutschland haben – nach dem Ort der Gewalttat.


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Was bedeutet Beweiserleichterung bei der Opferentschädigung?

Die Beweiserleichterung im Opferentschädigungsrecht ermöglicht es Gewaltopfern, ihre Ansprüche auch dann durchzusetzen, wenn der übliche Nachweis der Tat schwierig oder unmöglich ist.

Grundprinzip der Beweiserleichterung

Bei der Beweiserleichterung können die persönlichen Angaben des Opfers als ausreichender Nachweis für einen bestimmten Tathergang anerkannt werden, wenn keine anderen Unterlagen verfügbar sind. Dies ist besonders relevant, wenn Unterlagen über ein Strafverfahren nicht mehr existieren oder nie erstellt wurden.

Anwendung bei psychischen Erkrankungen

Eine besondere Form der Beweiserleichterung gilt bei psychischen Erkrankungen nach einer Gewalttat. Wenn nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Tat und der psychischen Erkrankung spricht, wird dieser Zusammenhang vermutet. Dies ist beispielsweise bei einer posttraumatischen Belastungsstörung nach einer Sexualstraftat der Fall.

Eidesstattliche Versicherung

Im neuen Sozialen Entschädigungsrecht (SGB XIV) besteht die Möglichkeit, eine eidesstattliche Versicherung gegenüber der Versorgungsverwaltung abzugeben, wenn die persönliche Aussage das einzige Beweismittel darstellt. Diese Regelung stellt einen betroffenenorientierten Umgang bei fehlender Beweislage dar und kann die Verfahrensdauer erheblich verkürzen.

Traumaambulanzen und vereinfachtes Verfahren

Für die Behandlung in einer Traumaambulanz gilt ein vereinfachtes Antragsverfahren. Hier reicht eine summarische Prüfung aus, bei der der dargelegte Sachverhalt zunächst als wahr unterstellt wird. Dies ermöglicht einen schnellen und niedrigschwelligen Zugang zu notwendiger Hilfe.


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Welche Rolle spielt die Erstattung einer Strafanzeige für den Opferentschädigungsantrag?

Die Erstattung einer Strafanzeige ist seit dem 1. Januar 2024 keine zwingende Voraussetzung mehr für die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialen Entschädigungsrecht.

Mitwirkungspflicht bei der Sachverhaltsaufklärung

Sie müssen jedoch grundsätzlich an der Aufklärung des Sachverhalts mitwirken. Die Leistungen können ganz oder teilweise versagt werden, wenn Sie nicht das Ihnen Zumutbare zur Sachverhaltsaufklärung beitragen.

Ausnahmen von der Mitwirkungspflicht

In bestimmten Fällen kann von der Mitwirkungspflicht abgesehen werden. Dies gilt insbesondere, wenn die Erstattung einer Strafanzeige für Sie eine besondere Belastung darstellt. Diese Ausnahmeregelung berücksichtigt vor allem die Situation besonders vulnerabler Opfergruppen.

Bedeutung für das Verfahren

Eine Strafanzeige kann dennoch wichtige Beweise für das Entschädigungsverfahren liefern. Die im Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse können die Bearbeitung Ihres Entschädigungsantrags erheblich beschleunigen und vereinfachen.

Schnelle Hilfen

Unabhängig von einer Strafanzeige können Sie sofort Unterstützung erhalten. Das neue Soziale Entschädigungsrecht sieht „Schnelle Hilfen“ vor, zu denen insbesondere die Soforthilfe in einer Traumaambulanz gehört. Für die Behandlung in einer Traumaambulanz gilt ein vereinfachtes Antragsverfahren.


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Wo finde ich professionelle Unterstützung bei der Antragstellung für Opferentschädigung?

Für die Antragstellung stehen mehrere kostenfreie Anlaufstellen zur Verfügung. Die Landschaftsverbände haben ein spezielles Fallmanagement eingerichtet, das Betroffene durch das gesamte Entschädigungsverfahren begleitet.

Erste Anlaufstellen

Der WEISSE RING bietet über das kostenlose Opfertelefon 116 006 täglich von 7 bis 22 Uhr Beratung und Unterstützung. Zusätzlich können Sie sich an das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ wenden, das rund um die Uhr unter einer kostenfreien Nummer erreichbar ist.

Behördliche Unterstützung

Die Versorgungsämter der Bundesländer stellen Fallmanager zur Verfügung, die Sie bei der Antragstellung unterstützen. In Nordrhein-Westfalen erreichen Sie die Beratung der Landschaftsverbände unter der kostenfreien Nummer 0800/654 654 6.

Antragswege

Der Antrag kann auf verschiedenen Wegen eingereicht werden:

  • Bei der Versorgungsbehörde Ihres Bundeslandes
  • Bei einer Krankenkasse
  • Bei einem Rentenversicherungsträger
  • In Ihrer Gemeinde

Die Traumaambulanzen der Kliniken bieten neben der psychotherapeutischen Unterstützung auch Hilfe bei der Antragstellung. Erwachsene haben dort Anspruch auf bis zu 15 Stunden Behandlung, Kinder und Jugendliche auf bis zu 18 Stunden.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Opferentschädigung

Eine staatliche Leistung für Personen, die Opfer von Gewalttaten geworden sind. Sie umfasst finanzielle Unterstützung, Heilbehandlungen und Rentenzahlungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). Der Staat übernimmt damit Verantwortung für das Versagen seines Gewaltmonopols. Ansprüche können beispielsweise nach Körperverletzungen, sexuellen Übergriffen oder Raubüberfällen entstehen. Die Leistungen müssen beantragt werden und setzen grundsätzlich eine Strafanzeige voraus.


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Beweiserleichterung

Eine rechtliche Regelung, die es Antragstellern ermöglicht, Tatsachen auch dann als bewiesen anzusehen, wenn ein Vollbeweis nicht möglich ist, aber eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht. Im Opferentschädigungsrecht greift sie nur, wenn der Beweisverlust nicht selbst verschuldet ist. Geregelt in § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung. Beispiel: Wenn Unterlagen durch höhere Gewalt vernichtet wurden.


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Vollbeweis

Der höchste Beweisstandard im deutschen Recht, der eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für die Wahrheit einer Tatsache verlangt. Im Gegensatz zur Glaubhaftmachung reichen bloße Vermutungen oder Wahrscheinlichkeiten nicht aus. Bei der Opferentschädigung wird dieser strenge Maßstab für den Nachweis der Gewalttat verlangt. Beispielsweise durch Polizeiprotokolle, Zeugenaussagen oder ärztliche Atteste.


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Tätlicher Angriff

Eine in feindseliger Absicht unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung. Im Sinne des § 1 OEG muss die Handlung vorsätzlich und rechtswidrig sein. Nicht jede Berührung ist ein tätlicher Angriff – entscheidend ist die feindselige Willensrichtung des Täters. Beispiele sind Schläge, Tritte oder das gewaltsame Festhalten einer Person gegen ihren Willen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1 Abs. 1 S. 1 OEG: Dieser Paragraph legt fest, dass für die Bewilligung von Opferentschädigung der Nachweis eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs erforderlich ist. Der Nachweis muss im Vollbeweis geführt werden, was bedeutet, dass der Antragsteller die Umstände des Übergriffs umfassend und überzeugend darlegen muss. Im vorliegenden Fall konnte die Kläger nicht erfüllen, dass ein solches Angriff stattgefunden hat, da sie ersthnte nach dem Vorfall einen Antrag stellte und die Details unzureichend waren.
  • § 15 S. 1 KOVVfG: Laut diesem Paragraphen besteht eine Beweiserleichterung, wenn die Beweisnot durch ein Verschulden des Antragstellers nicht verursacht wurde. Hier wird jedoch festgestellt, dass die Klägerin für die lange Verzögerung in der Antragstellung verantwortlich ist, was die Beweiserleichterung in ihrem Fall ausschließt. Dies ist entscheidend, da die Klägerin nicht die notwendigen Beweise für den Vorfall nachweisen konnte.
  • Bundesversorgungsgesetz (BVG): Dieses Gesetz regelt die Versorgungsansprüche von Personen, die durch Gewalt oder andere Straftaten zu Schaden gekommen sind. Für die Klägerin ist dieses Gesetz insofern relevant, als sie Leistungen in Anspruch nehmen wollte, die hierunter fallen. Ihre Ansprüche wurden jedoch abgelehnt, was auf die strengen Nachweisanforderungen zurückzuführen ist, die auch im BVG verankert sind.
  • Zivilrechtliche Beweislast: Im Zivilrecht, insbesondere für Entschädigungsansprüche, trägt der Kläger die Beweislast für die relevanten Tatsachen. Im aktuellen Fall war die Klägerin nicht in der Lage, die wesentlichen Tatsachen für ihren Anspruch zu belegen, was zur Ablehnung des Antrags führte. Ein frühzeitiges Einreichen und Belegen der Ansprüche ist in diesen Verfahren entscheidend.
  • Psychosoziale Folgen und Beweisführung: Die psychologischen Auswirkungen eines Übergriffs können die Fähigkeit des Opfers zur Beweisführung beeinträchtigen. Der Gerichtshof nahm jedoch an, dass die späte Antragstellung und der damit verbundene Mangel an Beweisen nicht durch die psychischen Belastungen der Klägerin bedingt waren, was in der rechtlichen Bewertung problematisch für den Entschädigungsanspruch war.

Weitere Beiträge zum Thema

  • Opferentschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz – Voraussetzungen
    In diesem Artikel wird ein Fall behandelt, in dem ein Antrag auf Opferentschädigung aufgrund fehlender Beweise abgelehnt wurde. Der Kläger konnte die erforderlichen Nachweise für die geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erbringen, was zur Ablehnung führte. → → Nachweisprobleme bei Opferentschädigung
  • Opferentschädigung – vorsätzlich rechtswidriger tätlicher Angriff
    Hier wird ein Fall beschrieben, bei dem die Klägerin aufgrund mangelnder Beweise für einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff keine Opferentschädigung erhielt. Die fehlende Nachweisbarkeit der Tat führte zur Ablehnung des Antrags. → → Beweislast bei tätlichem Angriff
  • Opferentschädigung Keine nach Tod unter spielenden Vorschulkindern
    Der Artikel thematisiert die Ablehnung eines Opferentschädigungsantrags, da der Tod eines Kindes durch das Spiel anderer Kinder verursacht wurde und kein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff vorlag. → → Kinderunfall und Entschädigung
  • Anspruch nach Opferentschädigungsgesetz bei Schockschaden
    In diesem Fall wurde der Antrag auf Opferentschädigung abgelehnt, da die Klägerin den erforderlichen Nachweis für einen Schockschaden nicht erbringen konnte. Die Beweislast lag bei der Klägerin, die den Zusammenhang zwischen der Tat und dem erlittenen Schaden nicht ausreichend belegen konnte. → → Schockschaden und Nachweisproblematik

Das vorliegende Urteil

Landessozialgericht Hamburg – Az.: L 3 VE 2/20 – Urteil vom 29.11.2022


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