Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Ein geplatzter Traum vom Eigenheim und der teure Streit mit der Bank
- Die Kernfragen: Wann darf eine Bank bei vorzeitigem Kredit-Ende Gebühren verlangen?
- Das Urteil: Ein Teilerfolg für die Familie
- Warum die Gebühr für die vorzeitige Rückzahlung zurückgezahlt werden musste
- Warum die Bank die hohe Gebühr für den nicht abgenommenen Kredit behalten durfte
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Hauptarten von Gebühren kann eine Bank verlangen, wenn ich mein Darlehen nicht voll nutze oder vorzeitig zurückzahle?
- Unter welchen Voraussetzungen kann eine Bank ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung verlieren?
- Warum können Verbraucherschutzregeln für eine Vorfälligkeitsentschädigung anders gelten als für eine Nichtabnahmeentschädigung?
- Was ist wichtig bezüglich des Zeitpunkts meiner Einwände, wenn eine Bank Gebühren für ein nicht abgenommenes oder vorzeitig zurückgezahltes Darlehen fordert?
- Welche konkreten Informationen zu potenziellen Kosten oder Gebühren müssen klar in meinem Darlehensvertrag stehen, um mich als Verbraucher zu schützen?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 25 O 24/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Hof
- Datum: 07.09.2023
- Aktenzeichen: 25 O 24/22
- Rechtsbereiche: Verbraucherrecht, Darlehensrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Darlehensnehmer, die ein Verbraucherdarlehen aufgenommen und vorzeitig abgelöst hatten. Sie forderten die Rückzahlung von Vorfälligkeits- und Nichtabnahmeentschädigungen sowie einer Bearbeitungsgebühr, da sie die vertraglichen Angaben für fehlerhaft hielten.
- Beklagte: Die Bank, die das Verbraucherdarlehen gewährte und die genannten Entschädigungen sowie Gebühren einforderte. Sie vertrat die Ansicht, die Vertragsangaben seien korrekt und ein Rückzahlungsanspruch bestehe nicht.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Kläger nahmen bei der Beklagten ein Verbraucherdarlehen zur Finanzierung eines Bauvorhabens auf. Aufgrund eines Architektenfehlers wurde das Bauvorhaben abgebrochen und das Darlehen vorzeitig abgelöst. Die Beklagte belastete das Darlehenskonto mit einer Vorfälligkeitsentschädigung, einer Nichtabnahmeentschädigung und einer Bearbeitungsgebühr, die die Kläger zurückforderten.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob Verbraucher einen Anspruch auf Rückzahlung von Vorfälligkeitsentschädigung, Nichtabnahmeentschädigung und Bearbeitungsgebühren haben, die sie nach vorzeitiger Beendigung eines Verbraucherdarlehensvertrages gezahlt haben, insbesondere bei unzureichenden vertraglichen Informationen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagte wurde zur Rückzahlung von 473,91 Euro zuzüglich Zinsen an die Kläger verurteilt. Die weitergehende Klage der Kläger wurde abgewiesen. Die Kläger müssen die Kosten des Rechtsstreits tragen.
- Begründung: Die Klage war nur hinsichtlich der Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung und eines anteiligen Bearbeitungsentgelts begründet. Der Bank stand hierfür kein Anspruch zu, weil die Angaben im Darlehensvertrag zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung und zum Kündigungsrecht unzureichend waren. Ein Anspruch auf Rückzahlung der Nichtabnahmeentschädigung bestand hingegen nicht, da die entsprechende gesetzliche Regelung hierauf nicht anwendbar ist und die Nichtabnahme auf einer Vertragsverletzung der Kläger beruhte.
- Folgen: Die Kläger erhalten lediglich einen geringen Teil der von ihnen gezahlten Beträge zurück, nämlich die Vorfälligkeitsentschädigung und einen kleinen Teil der Bearbeitungsgebühr. Die deutlich höhere Nichtabnahmeentschädigung müssen sie tragen. Da ihre Klage größtenteils abgewiesen wurde, müssen die Kläger die Kosten des Rechtsstreits übernehmen.
Der Fall vor Gericht
Ein geplatzter Traum vom Eigenheim und der teure Streit mit der Bank
Ein eigenes Haus zu bauen, ist für viele Familien ein großer Lebenstraum. Doch was passiert, wenn dieser Traum platzt, bevor er überhaupt richtig begonnen hat? Ein Ehepaar hatte genau dieses Pech: Es schloss einen Darlehensvertrag über 254.000 Euro für sein Bauvorhaben ab. Doch aufgrund eines schweren Fehlers ihres Architekten konnte das Projekt nicht wie geplant umgesetzt werden. Die Familie stand vor einem Scherbenhaufen und einem großen Problem: einem Kredit, den sie nun nicht mehr benötigte.

Das Ehepaar hatte von dem großen Darlehen erst einen kleinen Teil in Höhe von rund 44.000 Euro für bereits erfolgte Arbeiten in Anspruch genommen. Der weitaus größere Restbetrag wurde nicht mehr benötigt. Die Familie informierte ihre Bank, dass sie den Kredit nicht weiter abrufen und den bereits erhaltenen Teil vorzeitig zurückzahlen wolle. Die Bank stimmte einer Auflösung des Vertrages grundsätzlich zu, stellte dafür aber hohe Kosten in Rechnung: eine Gebühr für die vorzeitige Rückzahlung des ausgezahlten Betrags und eine noch deutlich höhere Entschädigung für den nicht abgenommenen Kreditteil. Am Ende zahlte die Familie, um die Sache abzuschließen, aber sie war überzeugt, dass diese Forderungen nicht rechtens waren. Der Fall landete vor dem Landgericht Hof.
Die Kernfragen: Wann darf eine Bank bei vorzeitigem Kredit-Ende Gebühren verlangen?
Das Gericht musste nun mehrere komplexe Fragen klären, die für jeden Kreditnehmer von Bedeutung sein können. Im Kern ging es darum, unter welchen Umständen eine Bank Entschädigungen fordern darf, wenn ein Darlehen nicht wie geplant zu Ende geführt wird. Was war hier das Problem? Die Familie war der Meinung, die Bank habe sie im ursprünglichen Vertrag nicht korrekt über die Berechnung solcher Gebühren informiert.
Konkret musste das Gericht entscheiden:
- Hatte die Bank einen Anspruch auf die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung? Das ist eine Gebühr, die eine Bank für den Zinsverlust verlangt, wenn ein Kreditnehmer sein Darlehen früher als vereinbart zurückzahlt.
- Hatte die Bank außerdem einen Anspruch auf eine Nichtabnahmeentschädigung? Diese Gebühr wird fällig, wenn ein Kreditnehmer einen zugesagten Kredit gar nicht oder nur zum Teil abruft.
- Waren die Klauseln im Darlehensvertrag, die diese Entschädigungen regelten, klar, verständlich und juristisch korrekt? Denn das Gesetz stellt hier hohe Anforderungen zum Schutz von Verbrauchern.
Das Urteil: Ein Teilerfolg für die Familie
Das Gericht fällte eine differenzierte Entscheidung. Es gab der klagenden Familie nur in einem kleinen Teil recht. Die Bank wurde verurteilt, die gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 471,41 Euro und einen winzigen Teil der Bearbeitungsgebühr (2,50 Euro) zurückzuzahlen. Die Klage auf Rückzahlung der weitaus höheren Nichtabnahmeentschädigung von über 18.000 Euro wurde jedoch abgewiesen.
Was bedeutet das konkret? Die Familie bekam zwar einen kleinen Betrag zurück, blieb aber auf dem Großteil der Kosten sitzen. Außerdem musste sie die gesamten Kosten des Gerichtsverfahrens tragen, da sie mit ihrer Hauptforderung gescheitert war. Wie konnte es zu dieser Entscheidung kommen? Um das zu verstehen, müssen wir uns die juristische Begründung des Gerichts genauer ansehen.
Warum die Gebühr für die vorzeitige Rückzahlung zurückgezahlt werden musste
Das Gericht stellte fest, dass die Familie die 471,41 Euro ohne einen gültigen Rechtsgrund an die Bank gezahlt hatte. Nach dem Gesetz muss jemand, der Geld ohne rechtliche Grundlage erhalten hat, dieses zurückgeben. Die entscheidende Frage war also: Hatte die Bank überhaupt einen rechtlichen Anspruch auf diese Vorfälligkeitsentschädigung? Die Antwort des Gerichts war ein klares Nein.
Der Grund dafür liegt in einer speziellen Schutzvorschrift für Verbraucher im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 502 BGB). Diese Regel besagt: Eine Bank verliert ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung, wenn die Angaben im Darlehensvertrag über die Berechnung dieser Entschädigung unzureichend oder fehlerhaft sind. Und genau das war hier der Fall, wie das Gericht in mehreren Punkten feststellte.
Fehler 1: Falsche Angaben zur Berechnungsdauer
Ein entscheidender Fehler lag in der Erklärung, wie lange die Entschädigung berechnet wird. Jeder Kreditnehmer hat bei einem Darlehen mit langer Zinsbindung ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht. Er kann den Vertrag immer nach zehn Jahren und sechs Monaten kündigen, egal was im Vertrag steht. Die Vorfälligkeitsentschädigung darf daher auch nur für die Zeit bis zu diesem frühestmöglichen Kündigungstermin berechnet werden.
Im Vertrag der Familie stand jedoch, die Bank werde so gestellt, als wäre der Kredit bis zum Ende der Zinsbindung – hier also über 18 Jahre – planmäßig fortgeführt worden. Das erweckte den falschen Eindruck, die Entschädigung würde für die gesamten 18 Jahre anfallen. Dass an einer anderen Stelle im Vertrag das Kündigungsrecht nach zehn Jahren erwähnt wurde, heilte diesen Fehler laut Gericht nicht. Die Information muss im direkten Zusammenhang mit der Entschädigungsberechnung stehen, um für den Verbraucher verständlich zu sein.
Fehler 2: Unverständliche Erklärung der Berechnungsmethode
Der Vertrag versuchte zwar, die komplexe Berechnungsmethode zu erklären, scheiterte aber daran. Stellen Sie es sich so vor: Jemand gibt Ihnen eine Liste mit Zutaten für einen Kuchen, aber nicht das Rezept, das erklärt, wie man sie vermischt und backt. Ähnlich war es hier. Der Vertrag nannte zwar einige Faktoren für die Berechnung, ließ aber entscheidende Schritte aus. Es wurde nicht klar, wie die verschiedenen Zahlen miteinander verrechnet werden. Für einen Laien war es unmöglich nachzuvollziehen, wie die Bank auf den geforderten Betrag kommt. Diese mangelnde Transparenz wertete das Gericht als unzureichende Information.
Fehler 3: Falsche Informationen zum Kündigungsrecht
Zusätzlich fand das Gericht einen weiteren Fehler bei den Informationen zu den Kündigungsrechten, die nach dem Ende der festen Zinsbindung gelten sollten. Der Vertrag nannte eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Tatsächlich hätte aber nach der gesetzlichen Regelung, die auf diesen speziellen Vertragstyp zutraf, eine Frist von nur einem Monat gegolten. Auch diese falsche Angabe trug dazu bei, dass die vertraglichen Informationen insgesamt als fehlerhaft eingestuft wurden.
Wegen dieser Summe an Fehlern kam das Gericht zu dem Schluss, dass der Anspruch der Bank auf die Vorfälligkeitsentschädigung komplett entfallen war. Die bereits gezahlten 471,41 Euro mussten daher zurückerstattet werden, ebenso der winzige Anteil der Bearbeitungsgebühr, der auf diesen Betrag entfiel.
Warum die Bank die hohe Gebühr für den nicht abgenommenen Kredit behalten durfte
Ganz anders bewertete das Gericht jedoch die zweite, viel höhere Forderung: die Nichtabnahmeentschädigung von über 18.000 Euro. Hier entschied das Gericht, dass die Bank diesen Betrag zu Recht erhalten hatte. Aber warum dieser Unterschied?
Der entscheidende Punkt ist die rechtliche Natur der beiden Gebühren. Die Vorfälligkeitsentschädigung ist die Folge der Ausübung eines gesetzlichen Rechts – des Rechts zur vorzeitigen Rückzahlung. Die Nichtabnahmeentschädigung hingegen ist die Folge einer Vertragsverletzung. Die Familie hatte sich vertraglich verpflichtet, ein Darlehen von 254.000 Euro abzunehmen. Indem sie den größten Teil davon verweigerte, verletzte sie diese Pflicht. Dafür kann die Bank Schadensersatz verlangen.
Warum gelten die strengen Informationspflichten hier nicht?
Die Anwälte der Familie argumentierten, dass die strengen Informationspflichten, die die Vorfälligkeitsentschädigung zu Fall brachten, auch auf die Nichtabnahmeentschädigung angewendet werden müssten. Das Gericht lehnte dies jedoch ab. Es erklärte, dass das Gesetz (§ 502 BGB) ganz klar nur von der „Vorfälligkeitsentschädigung“ spricht. Es auf eine andere Art von Entschädigung anzuwenden, wäre eine unzulässige Ausdehnung des Gesetzes. Der Gesetzgeber habe bewusst nur den Fall der vorzeitigen Rückzahlung regeln wollen, nicht den der Nichtabnahme. Es handelt sich um zwei verschiedene Sachverhalte, die juristisch unterschiedlich behandelt werden.
Zu spät protestiert: Die Höhe der Gebühr wurde nicht mehr geprüft
Ein weiterer, für die Familie fataler Punkt kam hinzu. Ihre Anwälte hatten zwar von Anfang an bestritten, dass die Bank überhaupt einen Anspruch auf die Nichtabnahmeentschädigung hat. Die konkrete Höhe dieser Entschädigung und ihre Berechnung hatten sie aber erst einen Tag vor der mündlichen Verhandlung zum ersten Mal kritisiert.
Hier griffen die strengen Regeln des Zivilprozesses. Ein Gericht kann Argumente und Beweismittel zurückweisen, wenn sie zu spät vorgebracht werden und ihre Zulassung den Prozess verzögern würde. Man spricht hier von Präklusion. Das Gericht entschied, dass dieser Einwand gegen die Berechnungshöhe viel zu spät kam. Es wäre für die Bank unzumutbar gewesen, sich auf diesen neuen, komplexen Vorwurf innerhalb von einem Tag vorzubereiten. Die Folge war, dass das Gericht die Berechnung der Bank gar nicht mehr überprüfte. Es ging davon aus, dass die geforderten 18.075,74 Euro als Schaden korrekt waren, weil die Familie dies nicht rechtzeitig und substantiiert bestritten hatte.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass Banken bei Darlehensverträgen sehr präzise über mögliche Gebühren informieren müssen, sonst verlieren sie ihren Anspruch darauf. Wenn eine Bank fehlerhafte oder unverständliche Angaben zur Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung macht, muss sie bereits gezahlte Beträge zurückerstatten. Allerdings gelten diese strengen Schutzregeln nur für vorzeitige Rückzahlungen, nicht aber wenn Kreditnehmer einen zugesagten Kredit gar nicht erst abholen. Für Verbraucher bedeutet dies: Sie sollten Darlehensverträge genau prüfen und rechtliche Einwände frühzeitig vorbringen, da verspätete Kritik vor Gericht oft nicht mehr berücksichtigt wird.
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Kommentar: Ein Urteil, das mehr Fragen als Antworten hinterlässt
Das Urteil des Landgerichts Hof ist auf den ersten Blick formaljuristisch schlüssig, hinterlässt bei genauerer Betrachtung jedoch einen faden Beigeschmack und wirft grundlegende Fragen zum Verbraucherschutz im Darlehensrecht auf. Die strikte Trennung zwischen Vorfälligkeits- und Nichtabnahmeentschädigung, auf der die gesamte Entscheidung beruht, ist juristisch angreifbar.
Ist die Nichtabnahmeentschädigung nur eine umbenannte Vorfälligkeit?
Das Gericht argumentiert, die Nichtabnahme sei eine Vertragsverletzung, während die vorzeitige Rückzahlung die Ausübung eines Rechts sei. Diese Unterscheidung ignoriert jedoch einen wesentlichen Punkt des Darlehensrechts: Die Zinspflicht des Darlehensnehmers ist nicht zwangsläufig an die vollständige Auszahlung gekoppelt. Wenn die Pflicht zur Zahlung von Zinsen auf den gesamten Betrag aber grundsätzlich besteht, ist die Nichtabnahmeentschädigung dann nicht im Kern dasselbe wie die Vorfälligkeitsentschädigung – nämlich ein Ausgleich für zukünftig entgehende Zinsen? Wäre dies der Fall, hätten die strengen und verbraucherfreundlichen Informationspflichten des § 502 BGB für den gesamten Darlehensbetrag gelten müssen. Die fehlerhaften Klauseln der Bank hätten dann auch ihren Anspruch auf die hohe Nichtabnahmeentschädigung zu Fall gebracht.
Formale Hürden und ein problematischer Rechtsweg
Besonders problematisch wird der Fall, wenn man den weiteren Verlauf betrachtet. Das Scheitern der Kläger bezüglich der Nichtabnahmeentschädigung wurde maßgeblich durch prozessuale Formalien besiegelt (Präklusion wegen zu spät eingereichter Einwände gegen die Berechnung). Dies erweckt den Eindruck, dass die materielle Gerechtigkeit hinter prozessualen Hürden zurücktreten musste.
Schwerer wiegt der Vorwurf, dass das nachfolgende Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht auf einer offensichtlichen Tatsachenverkennung – einer Verwechslung des entscheidenden Jahres 2037 mit 2027 – beruht haben soll. Ein solcher Fehler würde die Rechtsfindung ad absurdum führen und könnte der Grund sein, warum der Fall beim Bundesgerichtshof keine Zulassung fand. Er wirft ein kritisches Licht auf die Kontrollfunktion der höheren Instanzen.
Das Urteil mag somit formal Bestand haben, doch es manifestiert ein Ergebnis, das dem Schutzzweck des Verbraucherdarlehensrechts nicht gerecht wird und die Frage offenlässt, ob hier nicht eine finanzielle Notlage einer Familie durch eine zu enge und formale Auslegung des Rechts verschärft wurde.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Hauptarten von Gebühren kann eine Bank verlangen, wenn ich mein Darlehen nicht voll nutze oder vorzeitig zurückzahle?
Wenn Sie ein Darlehen bei einer Bank nicht wie ursprünglich geplant in Anspruch nehmen oder es früher als vereinbart zurückzahlen, können in der Tat zwei Hauptarten von Gebühren entstehen. Diese Gebühren dienen dazu, der Bank Verluste auszugleichen, die ihr durch die geänderte Nutzung des Darlehens entstehen.
Nichtabnahmeentschädigung
Diese Gebühr fällt an, wenn Sie ein Darlehen, das Ihnen die Bank bereits zugesagt hat, gar nicht oder nur teilweise abrufen. Stellen Sie sich vor, Sie und die Bank haben einen Vertrag über ein Darlehen für den Kauf einer Immobilie geschlossen, Sie benötigen das Geld aber letztlich nicht oder nur einen geringeren Betrag als ursprünglich vorgesehen.
- Grundlage: Die Bank hat das Geld für Sie reserviert und fest eingeplant. Für diesen reservierten Betrag hat sie oft schon Kosten gehabt oder hätte das Geld zwischenzeitlich gewinnbringend anderweitig anlegen können. Wenn Sie das Darlehen nicht abnehmen, entgeht der Bank der erwartete Zinsertrag. Die Nichtabnahmeentschädigung soll diesen Schaden ausgleichen.
- Wichtige Punkte: Die Höhe dieser Entschädigung muss dem tatsächlich entstandenen Schaden der Bank entsprechen und darf nicht willkürlich sein. Die genaue Berechnung ist komplex und orientiert sich an den der Bank entgangenen Zinsen und ersparten Aufwendungen.
Vorfälligkeitsentschädigung
Diese Gebühr wird fällig, wenn Sie Ihr Darlehen vor dem ursprünglich vereinbarten Ende der Laufzeit zurückzahlen. Dies kann der Fall sein, wenn Sie beispielsweise Ihre Immobilie verkaufen und den Kredit ablösen, oder wenn Sie das Darlehen mit Ersparnissen oder durch eine Umschuldung tilgen möchten.
- Grundlage: Die Bank hat mit Ihnen einen bestimmten Zinssatz für eine fest vereinbarte Laufzeit kalkuliert. Bei einer vorzeitigen Rückzahlung entgehen ihr die Zinsen, die Sie bis zum regulären Laufzeitende gezahlt hätten. Gleichzeitig muss die Bank das vorzeitig zurückgezahlte Geld eventuell zu einem niedrigeren Zinssatz neu anlegen, als Ihr ursprüngliches Darlehen einbrachte. Die Vorfälligkeitsentschädigung soll diesen Zinsverlust und die Kosten der Bank ausgleichen.
- Wichtige Punkte: Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ist ebenfalls detailliert geregelt und muss den tatsächlich entstandenen Schaden der Bank abbilden. Für Verbraucherdarlehen (z.B. Ratenkredite) gibt es gesetzliche Obergrenzen für die Höhe dieser Entschädigung. Bei Immobiliendarlehen sind die Berechnungsgrundlagen spezifischer und berücksichtigen unter anderem den Zinsverlust der Bank und eventuell ersparte Risikoaufschläge.
Unter welchen Voraussetzungen kann eine Bank ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung verlieren?
Eine Bank kann ihren Anspruch auf eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung (VFE) verlieren, wenn sie bestimmte gesetzlich vorgeschriebene Pflichten nicht korrekt erfüllt. Die Vorfälligkeitsentschädigung ist grundsätzlich eine Ausgleichszahlung, die eine Bank verlangen kann, wenn Sie Ihren Kredit vorzeitig zurückzahlen, um den ihr dadurch entgangenen Gewinn auszugleichen. Doch dieser Anspruch der Bank ist an strenge Bedingungen geknüpft.
Fehler in der Widerrufsbelehrung
Einer der häufigsten Gründe, warum Banken ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung verlieren, sind Fehler oder Unvollständigkeiten in der Widerrufsbelehrung. Die Widerrufsbelehrung ist die Information, die Ihnen als Darlehensnehmer bei Vertragsabschluss darüber Auskunft gibt, wie und wann Sie den Kreditvertrag ohne Angabe von Gründen innerhalb einer bestimmten Frist widerrufen können.
- Was bedeutet das für Sie? Wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft oder unvollständig war, kann dies dazu führen, dass Ihre Widerrufsfrist nie richtig begonnen hat. Man spricht dann vom sogenannten „ewigen Widerrufsrecht„. Das bedeutet, Sie könnten den Kreditvertrag möglicherweise auch noch Jahre später widerrufen. Bei einem wirksamen Widerruf wird der Vertrag rückabgewickelt, und die Bank hätte in diesem Fall keinen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung.
Fehlende oder unvollständige Pflichtangaben im Darlehensvertrag
Neben der Widerrufsbelehrung müssen Banken im Darlehensvertrag eine Reihe weiterer wichtiger Informationen (Pflichtangaben) klar und verständlich mitteilen. Diese Angaben sind im Bürgerlichen Gesetzbuch und der Einführung zum Bürgerlichen Gesetzbuch detailliert geregelt (z.B. § 492 BGB, Art. 247 EGBGB). Dazu gehören unter anderem der effektive Jahreszins, der Gesamtbetrag der Zinszahlungen, die Laufzeit des Darlehens und die Bedingungen für eine Kündigung.
- Was bedeutet das für Sie? Sind diese gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtangaben im Darlehensvertrag unvollständig, unverständlich oder fehlerhaft, kann dies zu einer Unwirksamkeit des Vertrages in Bezug auf die Vorfälligkeitsentschädigung führen. Die Konsequenz könnte sein, dass die Bank keinen Anspruch auf eine VFE hat, selbst wenn der Kredit vorzeitig zurückgezahlt wird.
Fehler bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung
Auch wenn die Vertragsgrundlagen in Ordnung sind, kann die Bank ihren Anspruch verlieren, wenn die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung selbst fehlerhaft ist. Die Bank muss transparent und nachvollziehbar darlegen, wie sie die Höhe der Entschädigung ermittelt hat.
Typische Berechnungsfehler, die zu einem Verlust des Anspruchs oder einer deutlichen Reduzierung führen können, sind:
- Falsche Annahme des Wiederanlagezinses: Die Bank muss bei der Berechnung annehmen, dass sie das zurückgezahlte Geld zu einem realistischen Zinssatz wieder anlegt. Wenn sie einen zu hohen Zinssatz annimmt, würde dies die VFE künstlich erhöhen.
- Nichtberücksichtigung von ersparten Risikokosten und Verwaltungskosten: Durch die vorzeitige Rückzahlung spart die Bank bestimmte Kosten ein (z.B. für die Verwaltung des Darlehens oder das Risiko eines Kreditausfalls). Diese ersparten Kosten müssen von der VFE abgezogen werden. Werden sie nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt, ist die Berechnung falsch.
- Verwendung unzulässiger Berechnungsmethoden: Gerichte haben klare Vorgaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gemacht. Wenn die Bank davon abweicht, kann die Berechnung angefochten werden.
- Was bedeutet das für Sie? Eine fehlerhafte Berechnung kann dazu führen, dass die geforderte Vorfälligkeitsentschädigung entweder gar nicht oder nur in einer wesentlich geringeren Höhe zu zahlen ist.
Sonderkündigungsrechte des Darlehensnehmers
In bestimmten Fällen hat der Darlehensnehmer ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht, das ihm eine Kündigung ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ermöglicht.
- Das bekannteste Beispiel: Ein fester Zinssatz für ein Darlehen, das länger als zehn Jahre läuft (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Nach Ablauf von zehn Jahren seit der vollständigen Auszahlung des Darlehens können Sie Ihren Kreditvertrag mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen, ohne dass die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen darf.
- Was bedeutet das für Sie? Wenn Sie einen Kredit mit langer Zinsbindung haben, der die Zehn-Jahres-Frist überschritten hat, können Sie diesen in der Regel ohne zusätzliche Kosten kündigen.
Warum können Verbraucherschutzregeln für eine Vorfälligkeitsentschädigung anders gelten als für eine Nichtabnahmeentschädigung?
Der entscheidende Grund für die unterschiedliche Anwendung von Verbraucherschutzregeln liegt im unterschiedlichen Status des Kreditvertrags zum Zeitpunkt der Entschädigungsforderung. Diese Differenzierung beeinflusst maßgeblich, welche gesetzlichen Bestimmungen greifen und wie stark der Verbraucher geschützt wird.
Vorfälligkeitsentschädigung: Schutz bei vorzeitiger Kreditbeendigung
Eine Vorfälligkeitsentschädigung wird fällig, wenn Sie einen bereits ausgezahlten und laufenden Kredit vor dem vereinbarten Ende zurückzahlen. Hier verliert die Bank die ursprünglich kalkulierten Zinserträge für die Restlaufzeit des Darlehens. Für diese Situation hat der Gesetzgeber, insbesondere im Bereich der Verbraucherdarlehen, sehr spezifische und strenge Schutzvorschriften geschaffen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 502 BGB) regelt genau, wie eine solche Entschädigung maximal berechnet werden darf, beispielsweise welche Kostenpositionen die Bank ansetzen darf und welche nicht. Der Schutzgedanke ist hier besonders ausgeprägt, da es um das Recht des Verbrauchers geht, sich aus einem bestehenden und bereits erfüllten Vertrag zu lösen.
Nichtabnahmeentschädigung: Ausbleiben des Kreditbeginns
Die Nichtabnahmeentschädigung entsteht hingegen, wenn ein Kreditvertrag zwar rechtsverbindlich unterschrieben wurde, das vereinbarte Darlehen aber nie von Ihnen abgerufen und ausgezahlt wird. Der Kredit kommt also nicht zur Auszahlung und damit nicht zur vollen Entfaltung. Die Bank hatte sich darauf verlassen, den Betrag zu den vereinbarten Konditionen zu verleihen, und hat möglicherweise dafür entsprechende Mittel bereitgestellt. In diesem Fall handelt es sich rechtlich nicht um die vorzeitige Beendigung eines laufenden Kredits, sondern eher um die Nichterfüllung eines geschlossenen Vertrages von Ihrer Seite. Für diese Situation gelten in der Regel die allgemeinen Regeln des Schadenersatzrechts (§ 280 BGB). Diese allgemeinen Regeln bieten zwar auch Schutz, sind aber im Vergleich zu den speziellen Vorgaben für die Vorfälligkeitsentschädigung weniger detailliert und restriktiv zugunsten des Verbrauchers ausgestasst, was die Berechnung und die Höhe der Forderung angeht.
Bedeutung für Sie als Verbraucher
Für Sie als Verbraucher ist es wichtig zu verstehen, dass die rechtliche Grundlage und damit die Prüfungsmaßstäbe für die beiden Entschädigungsarten unterschiedlich sind. Während bei einer Vorfälligkeitsentschädigung die Bank bei der Berechnung an enge gesetzliche Grenzen gebunden ist, die den Verbraucher schützen sollen, kann die Prüfung einer Nichtabnahmeentschädigung unter anderen, allgemeineren vertragsrechtlichen Gesichtspunkten erfolgen, die nicht dieselben speziellen Verbraucherschutzregelungen für laufende Darlehen umfassen. Es geht somit um eine unterschiedliche Einordnung, die sich auf die Durchsetzbarkeit und mögliche Höhe der Forderung auswirken kann.
Was ist wichtig bezüglich des Zeitpunkts meiner Einwände, wenn eine Bank Gebühren für ein nicht abgenommenes oder vorzeitig zurückgezahltes Darlehen fordert?
Wenn eine Bank Gebühren für ein Darlehen fordert, das Sie nicht abgenommen oder vorzeitig zurückgezahlt haben, und Sie diese Forderung für ungerechtfertigt halten, ist der Zeitpunkt Ihrer Einwände von entscheidender Bedeutung. Dies betrifft einen wichtigen Grundsatz im Gerichtsverfahren, der als „Präklusion“ bekannt ist.
Die Bedeutung der Fristen im Gerichtsverfahren
Präklusion ist ein juristischer Begriff, der vereinfacht bedeutet, dass Argumente, Behauptungen oder Beweismittel, die nicht innerhalb bestimmter Fristen oder in bestimmten Phasen eines Gerichtsverfahrens vorgebracht werden, vom Gericht später nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Stellen Sie sich ein Gerichtsverfahren wie ein Spiel mit festen Regeln und Zeitfenstern vor. Jede Partei erhält Gelegenheiten, ihre Sichtweise darzulegen und Beweise vorzulegen. Wenn diese Gelegenheiten oder festgelegten Fristen ungenutzt verstreichen, können versäumte Argumente oder Beweise für das weitere Verfahren verloren gehen.
Was bedeutet Präklusion für Ihre Einwände gegen Bankgebühren?
Wenn Sie sich gegen Gebührenforderungen der Bank wehren und die Sache vor Gericht landet, legt das Gericht bestimmte Zeitpunkte fest, bis zu denen beide Seiten ihre Argumente und Beweise vollständig vorlegen müssen.
- Vollständigkeit ist entscheidend: Alle Einwände, warum die Gebühren unberechtigt sind – zum Beispiel, dass die Forderung der Bank rechtlich nicht haltbar ist, dass bestimmte Vertragsklauseln unwirksam sind oder dass die Berechnung falsch ist – sollten frühzeitig und vollständig vorgebracht werden.
- Konsequenz des Verzögerns: Bringen Sie ein wichtiges Argument oder einen entscheidenden Beweis erst sehr spät oder gar nicht vor, obwohl Sie dazu Gelegenheit hatten, kann das Gericht diese Punkte trotz ihrer Relevanz ignorieren. Dies kann dazu führen, dass Sie einen Prozess verlieren, selbst wenn Sie inhaltlich im Recht wären.
Frühes und umfassendes Handeln ist wichtig
Das Wissen um die Notwendigkeit eines frühzeitigen und umfassenden Vorgehens ist entscheidend, um eigene Ansprüche oder eine erfolgreiche Verteidigung in einem möglichen Rechtsstreit nicht durch Verfahrensfehler zu gefährden. Es geht darum, dass das Gericht in der Lage sein muss, den Fall effizient und auf Basis aller relevanten Informationen zu entscheiden, die fristgerecht vorgelegt wurden. Für Sie bedeutet das: Sobald Sie mit einer Forderung der Bank konfrontiert werden, die Sie anfechten möchten, ist es wichtig, Ihre Argumente und die entsprechenden Nachweise nicht auf die lange Bank zu schieben, sondern diese systematisch und zeitnah zu prüfen und gegebenenfalls vorzubringen.
Welche konkreten Informationen zu potenziellen Kosten oder Gebühren müssen klar in meinem Darlehensvertrag stehen, um mich als Verbraucher zu schützen?
Damit Sie als Verbraucher die potenziellen Kosten und Gebühren eines Darlehensvertrags vollständig verstehen und bewerten können, müssen bestimmte Informationen klar und verständlich im Vertrag aufgeführt sein. Es geht darum, dass Sie alle Kostenbestandteile nachvollziehen können.
Wesentliche Informationen zu Kosten und Gebühren:
Ein gut gestalteter Darlehensvertrag enthält präzise Angaben zu allen Kosten, die im Zusammenhang mit dem Kredit entstehen können. Dazu gehören insbesondere:
- Der Gesamtbetrag des Darlehens: Dies ist der Betrag, den Sie tatsächlich von der Bank erhalten.
- Die Gesamtkosten des Kredits: Hierzu zählen nicht nur der Darlehensbetrag, sondern auch alle Zinsen, Gebühren und sonstigen Kosten, die über die gesamte Laufzeit des Kredits anfallen. Dies ist wichtig, um die tatsächliche finanzielle Belastung zu erkennen.
- Der effektive Jahreszins: Dieser gibt die jährlichen Gesamtkosten des Kredits in Prozent des Nettodarlehensbetrags an. Er berücksichtigt neben dem Nominalzins auch alle weiteren Kosten wie Bearbeitungsgebühren. Er ermöglicht es Ihnen, Kreditangebote verschiedener Banken miteinander zu vergleichen.
- Informationen zur Vorfälligkeitsentschädigung: Sollte der Darlehensvertrag eine Möglichkeit zur vorzeitigen Rückzahlung vorsehen, muss klar beschrieben werden, wie eine dabei möglicherweise anfallende Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird. Der Vertrag muss Ihnen ermöglichen, die Berechnungsgrundlagen dieser Gebühr genau zu verstehen. Dazu gehören Angaben zu den Faktoren, die in die Berechnung einfließen, wie die Restlaufzeit des Darlehens, der ursprüngliche Zinssatz, der aktuelle Marktzinssatz oder etwaige Bearbeitungskosten. Es ist entscheidend, dass der Vertrag die Methode der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nachvollziehbar darstellt, nicht nur einen pauschalen Hinweis.
- Mögliche weitere Kosten und deren Berechnung: Dazu zählen zum Beispiel Kosten für die Beantragung des Darlehens, Verwaltungskosten, aber auch Gebühren, die bei einem Verzug mit der Rückzahlung anfallen können (z.B. Mahngebühren). Auch hier muss klar sein, wie diese Kosten entstehen und wie hoch sie sein können.
Kurz gesagt: Der Darlehensvertrag sollte Ihnen als Verbraucher eine vollständige und transparente Übersicht über alle potenziellen finanziellen Verpflichtungen geben, damit Sie die Gesamtkosten des Kredits jederzeit überblicken und verstehen können.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Vorfälligkeitsentschädigung
Die Vorfälligkeitsentschädigung ist eine Gebühr, die eine Bank verlangen darf, wenn ein Kreditnehmer sein Darlehen vor dem vertraglich vereinbarten Ende der Laufzeit zurückzahlt. Sie dient dazu, die entgangenen Zinsen und Kosten der Bank auszugleichen, weil die Bank das zurückgezahlte Geld oft zu einem niedrigeren Zinssatz neu anlegen muss. Wichtig ist, dass die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung transparent und korrekt erfolgen muss, und dass der Kreditnehmer bei bestimmten gesetzlichen Sonderkündigungsrechten keine solche Gebühr zahlen muss (§ 502 BGB). Wenn die Vertragsinformationen zur Berechnung dieser Entschädigung unklar oder fehlerhaft sind, kann die Bank ihren Anspruch verlieren.
Beispiel: Wenn Sie ein Immobiliendarlehen nach fünf Jahren statt nach zehn Jahren komplett zurückzahlen, kann die Bank Ihnen eine Vorfälligkeitsentschädigung für den entgangenen Zinsgewinn berechnen – sofern die Vertragsinformationen korrekt sind und keine Sonderkündigungsrechte greifen.
Nichtabnahmeentschädigung
Die Nichtabnahmeentschädigung entsteht, wenn ein Kreditnehmer ein bereits vereinbartes Darlehen ganz oder teilweise nicht oder nicht rechtzeitig abruft, obwohl er sich im Kreditvertrag verpflichtet hat, dies zu tun. Die Bank hat für diesen zugesagten Kreditbetrag Mittel bereitgestellt oder reserviert und erleidet dadurch einen finanziellen Schaden, weil ihr Zinserträge entgehen oder sie Mittel anderweitig und möglicherweise weniger vorteilhaft anlegen muss. Anders als die Vorfälligkeitsentschädigung basiert diese Gebühr auf einer Vertragsverletzung des Kreditnehmers und wird nach allgemeinen Regeln des Schadenersatzrechts (§ 280 BGB) berechnet. Verbraucherschutzvorschriften wie für die Vorfälligkeitsentschädigung gelten hier nicht.
Beispiel: Sie schließen einen Kreditvertrag über 250.000 Euro ab, benötigen aber nur 50.000 Euro und rufen die restlichen 200.000 Euro nicht ab. Die Bank kann eine Nichtabnahmeentschädigung für die 200.000 Euro verlangen.
Sonderkündigungsrecht nach § 489 BGB
Das Sonderkündigungsrecht erlaubt es einem Darlehensnehmer, seinen Kreditvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nach zehn Jahren Laufzeit mit einer Frist von sechs Monaten zu kündigen, ohne dass die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen darf. Dieses Recht schützt Verbraucher bei langfristigen Krediten vor unangemessenen Gebühren bei vorzeitiger Rückzahlung. Die Kündigung ist auch dann wirksam, wenn im Vertrag längere Bindungsfristen stehen. Deshalb darf eine Bank die Vorfälligkeitsentschädigung nicht für Zeiträume nach Ablauf dieser zehn Jahre berechnen.
Beispiel: Sie haben einen Baukredit mit einer Zinsbindung von 18 Jahren, möchten aber nach zehn Jahren kündigen und zurückzahlen. Die Bank darf für die Zeit nach diesen zehn Jahren keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen.
Präklusion
Präklusion ist ein prozessualer Grundsatz, der besagt, dass ein Gericht Argumente, Einwände oder Beweise, die zu spät im Verfahren vorgebracht werden, nicht mehr berücksichtigt. Das soll einen zügigen und fairen Ablauf des Gerichtsverfahrens gewährleisten und verhindern, dass eine Partei den Prozess durch ständiges Nachreichen von Argumenten verzögert. Für den Kreditnehmer bedeutet das: Alle Einwände gegen Forderungen der Bank, etwa gegen die Höhe von Gebühren oder die Art ihrer Berechnung, müssen rechtzeitig und vollständig vorgebracht werden, sonst kann das Gericht diese Punkte ablehnen.
Beispiel: Werden Berechnungsmängel einer Gebühr erst kurz vor der Verhandlung oder gar erst danach vorgetragen, kann das Gericht diese Einwände wegen Präklusion ignorieren, auch wenn sie richtig wären.
Widerrufsbelehrung
Die Widerrufsbelehrung ist eine gesetzlich vorgeschriebene Information, die Kreditnehmer beim Abschluss eines Darlehensvertrags erhalten müssen. Sie erklärt, wie und innerhalb welcher Frist der Kreditnehmer den Vertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen kann. Ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft oder unvollständig, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen oder verlängert sich. Das kann dazu führen, dass der Kreditnehmer den Vertrag noch lange Zeit danach widerrufen kann – das sogenannte „ewige Widerrufsrecht“. Bei einem Widerruf wird der Vertrag rückabgewickelt, und Forderungen wie die Vorfälligkeitsentschädigung entfallen.
Beispiel: Wenn Sie einen Kreditvertrag mit einer falschen oder fehlenden Widerrufsbelehrung unterschreiben, können Sie ihn möglicherweise noch Jahre später widerrufen und müssen dann keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 502 BGB: Dieser Paragraph ist eine zentrale Verbraucherschutzvorschrift im Darlehensrecht. Er regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Bank ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung verliert, wenn sie ihren Informationspflichten im Darlehensvertrag nicht nachkommt. Insbesondere müssen die Angaben zur Berechnung dieser Entschädigung klar, verständlich und vollständig sein, damit der Verbraucher die finanziellen Konsequenzen einer vorzeitigen Rückzahlung vollumfänglich abschätzen kann. Ziel ist es, den Verbraucher vor bösen Überraschungen zu schützen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Aufgrund fehlerhafter und unzureichender Angaben zur Berechnung und Dauer der Vorfälligkeitsentschädigung im Darlehensvertrag entfiel der Anspruch der Bank gemäß dieser Vorschrift. Dies führte zur Verurteilung der Bank, den gezahlten Betrag zurückzuerstatten.
- Vorfälligkeitsentschädigung (als Rechtsinstitut): Die Vorfälligkeitsentschädigung ist eine Gebühr, die Banken von Kreditnehmern verlangen können, wenn diese einen Darlehensvertrag mit festem Zinssatz vorzeitig kündigen und zurückzahlen. Sie dient dem Ausgleich des Zinsschadens, den die Bank erleidet, weil sie das Geld nicht wie geplant über die gesamte Laufzeit verzinsen kann und es stattdessen zu möglicherweise niedrigeren Marktzinsen neu anlegen muss. Ihre Berechnung ist komplex und unterliegt strengen gesetzlichen Vorgaben zum Verbraucherschutz. Es handelt sich um eine Form des Schadensersatzes für die Nichterfüllung des Vertrages seitens des Kunden. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Familie hatte die Vorfälligkeitsentschädigung für den bereits ausgezahlten Darlehensteil entrichtet. Der Anspruch der Bank auf diese Entschädigung entfiel, da die vertraglichen Informationspflichten als mangelhaft bewertet wurden.
- Nichtabnahmeentschädigung / Schadensersatz wegen Nichterfüllung: Die Nichtabnahmeentschädigung ist eine Entschädigung, die eine Bank fordern kann, wenn ein Kreditnehmer einen bereits zugesagten Darlehensbetrag ganz oder teilweise nicht abruft. Anders als die Vorfälligkeitsentschädigung, die bei vorzeitiger Rückzahlung eines bereits in Anspruch genommenen Kredits anfällt, handelt es sich hier um Schadensersatz für die Nichterfüllung des Vertrages, also die Weigerung, das Darlehen überhaupt erst anzunehmen. Die Bank hat das Geld für den Kunden bereitgehalten und erleidet einen Zinsverlust, wenn es nicht abgerufen wird. Für diese Art der Entschädigung gelten grundsätzlich die allgemeinen Regeln des deutschen Schadensersatzrechts. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Dies war die wesentlich höhere Forderung der Bank für den nicht in Anspruch genommenen Darlehensteil. Das Gericht bejahte den Anspruch der Bank, da die speziellen Schutzvorschriften für die Vorfälligkeitsentschädigung hier nicht anwendbar waren und die Einwände gegen die Höhe der Forderung zu spät erfolgten.
- Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und das Transparenzgebot (§ 307 BGB): Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen stellt. Das Bürgerliche Gesetzbuch (insbesondere § 307 BGB) enthält Vorschriften, die die Inhaltskontrolle solcher Klauseln regeln. Das sogenannte Transparenzgebot verlangt, dass die Bedingungen klar und verständlich formuliert sein müssen, damit der Vertragspartner seine Rechte und Pflichten sowie die wirtschaftlichen Folgen der Klausel erkennen kann. Undurchsichtige oder missverständliche AGB-Klauseln sind unwirksam. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klauseln im Darlehensvertrag, die die Berechnung und Dauer der Vorfälligkeitsentschädigung betrafen, wurden als intransparent und fehlerhaft im Sinne dieser Vorschriften eingestuft. Dies war ein Hauptgrund für das Entfallen des Anspruchs der Bank.
- Zivilprozessordnung (ZPO) – Präklusion (§ 296 ZPO): Präklusion ist ein Begriff aus dem Zivilprozessrecht und bedeutet den Ausschluss von Angriffs- und Verteidigungsmitteln (z.B. neue Tatsachenbehauptungen oder Beweismittel), wenn diese zu spät im Verfahren vorgebracht werden. Das Gericht kann verspätetes Vorbringen zurückweisen, wenn dessen Zulassung das Verfahren verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit oder mangelnder Sorgfalt der Partei beruht. Dies dient der Beschleunigung des Prozesses und der Konzentration des Streitstoffs. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Anwälte der Familie hatten die konkrete Höhe der Nichtabnahmeentschädigung erst einen Tag vor der mündlichen Verhandlung angegriffen. Dieser Einwand wurde vom Gericht als präkludiert und somit zu spät vorgebracht eingestuft, weshalb er nicht mehr berücksichtigt werden durfte.
Das vorliegende Urteil
LG Hof – Endurteil v. 07.09.2023 – Az.: 25 O 24/22
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz