Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Hamburg: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung bei Negativzinsen und späterem Widerruf nach Grundstücksverkauf
- Ausgangslage: Vorfälligkeitsentschädigung nach Hausverkauf und Darlehensablösung durch Käufer
- Streitpunkt Zahlungsweg: War die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung durch den Käufer eine Leistung der Verkäufer?
- Streitpunkt Berechnung: Ist die Vorfälligkeitsentschädigung mit Negativzinsen korrekt berechnet?
- Streitpunkt Widerruf: Konnten die Darlehensverträge nachträglich wirksam widerrufen werden?
- Entscheidung des OLG Hamburg: Berufung der Darlehensnehmer erfolglos
- Fazit: Keine Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung und keine Revision
- Keine Anrechnung eines Neugeschäfts mit dem Käufer auf die Vorfälligkeitsentschädigung
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was genau ist eine Vorfälligkeitsentschädigung und wann fällt sie an?
- Welche Faktoren beeinflussen die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung?
- Kann ich eine Vorfälligkeitsentschädigung vermeiden oder reduzieren?
- Was bedeutet „ungerechtfertigte Bereicherung“ im Zusammenhang mit einer Vorfälligkeitsentschädigung?
- Welche Rolle spielt der Käufer bei der Ablösung eines Kredits im Rahmen eines Hausverkaufs?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 13 U 102/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Hamburg
- Datum: 23.03.2022
- Aktenzeichen: 13 U 102/21
- Rechtsbereiche: Bankrecht, Immobiliardarlehensrecht, Bereicherungsrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ehemalige Grundstückseigentümer, die ihre Immobiliardarlehen vorzeitig ablösten und die Rückzahlung der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung begehrten.
- Beklagte: Eine Bank, bei der die Kläger die Immobiliardarlehen aufgenommen hatten und an die die Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt wurde.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Kläger verkauften ein mit Darlehen der Beklagten belastetes Grundstück. Der Käufer zahlte einen Teil des Kaufpreises direkt an die Beklagte zur Ablösung der Darlehen, wozu auch eine Vorfälligkeitsentschädigung gehörte. Die Kläger verlangten später die Rückzahlung dieser Entschädigung.
- Kern des Rechtsstreits: Zentrale Fragen waren, ob die Zahlung durch den Käufer als Leistung der Kläger anzusehen war, ob die Beklagte die Vorfälligkeitsentschädigung rechtmäßig erhalten hatte, insbesondere ob die Berechnung unter Berücksichtigung negativer Zinsen korrekt war, und ob ein später erklärter Widerruf der Darlehensverträge wirksam war.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Kläger gegen die Klageabweisung durch das Landgericht wurde zurückgewiesen. Die Kläger müssen die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
- Begründung: Das Gericht bestätigte, dass die Beklagte die Vorfälligkeitsentschädigung mit Rechtsgrund erhalten hat. Die Zahlung durch den Käufer wurde den Klägern zugerechnet, es lag kein Schuldnerwechsel vor. Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nach der Aktiv-Passiv-Methode, auch unter Ansatz negativer Zinsen, wurde als zulässig angesehen. Später von den Klägern erklärte Widerrufe der Darlehensverträge wurden als verwirkt betrachtet.
- Folgen: Die Kläger erhalten die von ihnen begehrte Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht. Sie müssen zudem die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
Der Fall vor Gericht
OLG Hamburg: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung bei Negativzinsen und späterem Widerruf nach Grundstücksverkauf

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat in einem Urteil vom 23. März 2022 (Az.: 13 U 102/21) entschieden, dass Darlehensnehmer, die ihre Immobiliardarlehen im Zuge eines Grundstücksverkaufs vorzeitig ablösen, keinen Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung haben, auch wenn diese unter Berücksichtigung von Negativzinsen berechnet wurde und die Darlehensnehmer später den Widerruf ihrer Darlehensverträge erklärten. Das Gericht bestätigte damit die Abweisung der Klage durch das Landgericht Hamburg.
Ausgangslage: Vorfälligkeitsentschädigung nach Hausverkauf und Darlehensablösung durch Käufer
Die Kläger in diesem Fall waren Eigentümer eines Grundstücks, welches mit insgesamt sechs Immobiliardarlehen bei der beklagten Bank belastet war. Diese Darlehen waren durch Grundpfandrechte auf dem Grundstück gesichert. Die Eigentümer entschlossen sich, das Grundstück zu verkaufen. Im notariellen Kaufvertrag wurde vereinbart, dass ein Teil des Kaufpreises direkt vom Käufer dazu verwendet werden sollte, die bestehenden Belastungen bei der Bank abzulösen. Wichtig war hierbei die Regelung, dass der Käufer zwar die Grundpfandrechte, also die Sicherheiten auf dem Grundstück, übernehmen sollte (dingliche Übernahme), jedoch nicht die persönlichen Darlehensschulden der Verkäufer.
Aufgrund des Verkaufs lösten die Verkäufer ihre sechs Darlehen bei der Bank vorzeitig ab. Für diese vorzeitige Beendigung der Darlehensverträge berechnete die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung in beträchtlicher Höhe von 117.467,95 Euro. Dieser Betrag wurde, wie sich später herausstellte, direkt vom Käufer des Grundstücks an die Bank gezahlt, um die Darlehensverbindlichkeiten der Verkäufer zu tilgen und die Löschung der Grundschulden zu ermöglichen. Entgegen einer anfänglichen Annahme der Bank lief die Zahlung also nicht über ein Notaranderkonto.
Die ehemaligen Darlehensnehmer (die Verkäufer) forderten diese Summe anschließend von der Bank zurück. Sie argumentierten, die Bank habe die Vorfälligkeitsentschädigung ohne rechtlichen Grund erhalten und sei daher ungerechtfertigt bereichert (§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB). Zudem verlangten sie die Freistellung von den Kosten für ihre Anwälte, die sie vorgerichtlich eingeschaltet hatten.
Streitpunkt Zahlungsweg: War die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung durch den Käufer eine Leistung der Verkäufer?
Ein zentraler Streitpunkt war die Frage, ob die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung durch den Käufer überhaupt als eine Leistung der Verkäufer an die Bank angesehen werden kann, was eine Voraussetzung für einen Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung wäre. Die Verkäufer argumentierten, dass das Geld ja direkt vom Käufer kam und ihnen somit kein Schaden entstanden sei, da der Bank keine Liquidität zugeflossen sei, die sie hätte wieder anlegen müssen. Sie vermuteten eine Art Verrechnung im Rahmen der Kaufpreiszahlung oder sogar einen stillschweigenden Schuldnerwechsel, bei dem der Käufer ihre Verbindlichkeiten übernommen habe.
Das OLG Hamburg folgte dieser Argumentation nicht. Es stellte klar, dass die Zahlung des Ablösebetrags durch den Käufer rechtlich als eine Leistung der Verkäufer an die Bank zu werten ist. Die Regelung im Kaufvertrag (§ 2), wonach ein Teil des Kaufpreises zur Ablösung der Belastungen zu verwenden sei, stelle eine klassische Anweisung der Verkäufer an den Käufer dar, in ihrem Namen und zur Tilgung ihrer Schulden an die Bank zu zahlen. Es liege ein typisches Dreiecksverhältnis vor: Das Deckungsverhältnis zwischen Verkäufern und Käufer (Kaufvertrag) und das Valutaverhältnis zwischen Verkäufern und Bank (Darlehensverträge und Ablösevereinbarung).
Die Tatsache, dass die Zahlung direkt vom Käuferkonto auf das Kreditkonto der Verkäufer bei der Bank erfolgte, änderte nichts an dieser rechtlichen Bewertung. Es korrigierte lediglich eine falsche Annahme des Landgerichts bezüglich eines Notaranderkontos. Einen tatsächlichen Schuldnerwechsel, bei dem der Käufer die persönlichen Schulden der Verkäufer übernommen hätte, sah das Gericht als nicht gegeben an. Der Kaufvertrag regelte ausdrücklich nur die dingliche Übernahme der Grundpfandrechte. Für anderslautende Absprachen, wie eine Freistellungsvereinbarung zwischen Bank und Käufer zugunsten der Verkäufer, fehlte jeglicher konkrete Vortrag oder Beweis.
Streitpunkt Berechnung: Ist die Vorfälligkeitsentschädigung mit Negativzinsen korrekt berechnet?
Der zweite große Streitpunkt betraf die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung selbst. Die Verkäufer hielten diese für fehlerhaft, insbesondere weil die Bank die sogenannte Aktiv-Passiv-Methode angewendet und dabei negative Wiederanlagezinsen berücksichtigt hatte. Sie argumentierten, diese Methode sei in Zeiten von Negativzinsen unzulässig oder führe zumindest zu einer überhöhten Entschädigung, wenn der Betrag die Summe der restlichen Zinszahlungen übersteige. Die Bank hätte nachweisen müssen, wie sie das vorzeitig zurückgezahlte Geld tatsächlich wieder angelegt habe. Zudem bemängelten sie, die Bank habe für die Annuitätendarlehen keine detaillierten Cash-Flow-Tabellen vorgelegt und damit ihre sekundäre Darlegungslast verletzt.
Auch hier folgte das OLG Hamburg der Argumentation der Verkäufer nicht und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Berechnung durch die Bank.
Das Gericht stellte fest, dass die Aktiv-Passiv-Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung vom Bundesgerichtshof (BGH) anerkannt und zulässig ist. Diese Methode vergleicht die Zinserträge, die der Bank durch die vorzeitige Rückzahlung entgehen, mit den Erträgen, die sie durch eine hypothetische, risikofreie Wiederanlage des Geldes am Kapitalmarkt erzielen könnte.
Entscheidend war die Feststellung des Gerichts, dass die Bank bei dieser Berechnung auch negative Wiederanlagezinsen berücksichtigen darf. Wenn die Zinsen am Kapitalmarkt für eine sichere Wiederanlage negativ sind (im konkreten Fall von der Bank mit -0,3 % bis -0,32 % angesetzt und von den Klägern nicht substantiiert bestritten), dann entsteht der Bank durch die vorzeitige Rückzahlung nicht nur ein Schaden durch den Wegfall der vereinbarten Darlehenszinsen, sondern zusätzlich ein Schaden, weil sie das Geld nur zu negativen Zinsen wieder anlegen kann. Dieser gesamte Nachteil darf in die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung einfließen.
Das Gericht betonte, dass es keine gesetzliche Obergrenze für die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung bei grundpfandrechtlich gesicherten Immobiliardarlehen gibt. Anders als bei Verbraucherdarlehen ohne Grundpfandsicherung (§ 490 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. bzw. § 502 BGB n.F.) findet hier keine Kappung statt. Dass die Entschädigung unter Umständen höher ausfallen kann als die Summe der bis zum Vertragsende noch ausstehenden Zinsen, ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Rüge bezüglich fehlender Cash-Flow-Tabellen griff das Gericht nicht auf, da die grundsätzliche Methode und der Ansatz von Negativzinsen als korrekt bestätigt wurden. Die Bank hatte Berechnungsprotokolle vorgelegt und sich auf die Vorgaben des BGH berufen (vgl. BGH, Urteil v. 7.11.2000, XI ZR 27/00). Die tatsächliche Refinanzierung der Bank sei für die fiktive Berechnung nach der Aktiv-Passiv-Methode unerheblich.
Streitpunkt Widerruf: Konnten die Darlehensverträge nachträglich wirksam widerrufen werden?
Als dritten Punkt hatten die Verkäufer versucht, die Darlehensverträge, die alle vor 2016 abgeschlossen worden waren, nachträglich zu widerrufen. Wäre der Widerruf wirksam gewesen, hätte dies die Grundlage für die Vorfälligkeitsentschädigung beseitigt. Das Landgericht hatte einen Widerruf jedoch wegen Verwirkung ausgeschlossen.
Das OLG Hamburg bestätigte auch diese Einschätzung vollumfänglich. Das Widerrufsrecht der Verkäufer war verwirkt. Für die Verwirkung müssen zwei Elemente vorliegen: ein Zeitmoment (seit der Möglichkeit des Widerrufs ist längere Zeit verstrichen) und ein Umstandsmoment (die Bank durfte aufgrund des Verhaltens der Darlehensnehmer darauf vertrauen, dass diese ihr Recht nicht mehr ausüben würden).
Das Gericht sah insbesondere das Umstandsmoment als erfüllt an. Die Darlehensverträge wurden auf ausdrücklichen Wunsch der Verkäufer im Rahmen des Grundstücksverkaufs vorzeitig abgewickelt. Die Bank hat die Darlehen daraufhin abgerechnet, die Restschulden samt Vorfälligkeitsentschädigung entgegengenommen und die Grundpfandrechte im Verhältnis zu den Verkäufern freigegeben. Nach dieser endgültigen Abwicklung und Ausbuchung der Kredite durfte die Bank darauf vertrauen, dass die Verkäufer keine alten Rechte – wie ein möglicherweise noch bestehendes Widerrufsrecht – mehr geltend machen würden. Dieses Vertrauen war schutzwürdig. Auf die Motive der Verkäufer für den Widerruf oder die Frage der Zumutbarkeit kam es für die Beurteilung der Verwirkung nicht an.
Entscheidung des OLG Hamburg: Berufung der Darlehensnehmer erfolglos
Basierend auf diesen Überlegungen wies das OLG Hamburg die Berufung der Verkäufer vollständig zurück. Es bestätigte das Urteil des Landgerichts Hamburg (Az. 318 O 277/20 vom 06.05.2021).
Die Kosten des Berufungsverfahrens müssen die Verkäufer tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO). Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Fazit: Keine Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung und keine Revision
Das OLG Hamburg hat klargestellt, dass die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung durch den Käufer im Auftrag der Verkäufer als Leistung der Verkäufer gilt. Die Berechnung der Entschädigung nach der Aktiv-Passiv-Methode unter Einbeziehung von Negativzinsen ist zulässig und nicht auf die Höhe der Restzinsen begrenzt. Ein nachträglicher Widerruf von Immobiliardarlehensverträgen kann verwirkt sein, wenn die Darlehen auf Wunsch der Darlehensnehmer im Zuge eines Verkaufs vollständig abgewickelt wurden und die Bank auf die Endgültigkeit vertrauen durfte.
Eine Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen, da der Fall keine grundsätzliche Bedeutung habe und das OLG nicht von etablierter höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen sei (§ 543 Abs. 2 ZPO). Damit ist die Entscheidung rechtskräftig. Darlehensnehmer müssen sich somit darauf einstellen, dass auch bei Negativzinsen eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen kann, die unter Umständen die Summe der verbleibenden Zinszahlungen übersteigt, und ein späterer Widerruf nach vollständiger Abwicklung des Darlehensverhältnisses ausgeschlossen sein kann.
Keine Anrechnung eines Neugeschäfts mit dem Käufer auf die Vorfälligkeitsentschädigung
Das Gericht stellte zudem klar, dass sich die Bank einen möglichen Gewinn aus einem neu abgeschlossenen Darlehensvertrag mit dem Käufer des Grundstücks nicht auf die von den Verkäufern geschuldete Vorfälligkeitsentschädigung anrechnen lassen muss. Selbst wenn die Bank die vom Käufer erhaltenen Mittel direkt wieder als neues Darlehen an eben diesen Käufer ausgereicht hätte (was die Bank bestritt), würde dies keinen Vorteilsausgleich zugunsten der Verkäufer begründen.
Die Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Urteil v. 1.7.97, XI ZR 267/96) besagt, dass die Bank sich ein Ersatzgeschäft mit einem neuen Kunden nicht anrechnen lassen muss. Eine sogenannte Margenerstattung (Anrechnung der Marge aus dem Neugeschäft) kommt nur bei einer Umschuldung oder Anschlussfinanzierung mit demselben Kunden in Betracht. Da der Käufer ein anderer Kunde als die Verkäufer ist, lag hier ein Neugeschäft vor, dessen Konditionen für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung der Verkäufer irrelevant sind.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass Darlehensnehmer, die nach einem Hausverkauf eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben, diese nicht zurückfordern können, selbst wenn negative Wiederanlagezinsen in die Berechnung einflossen und die Entschädigung dadurch die Restzinsen übersteigt. Ein nachträglicher Widerruf der Darlehensverträge ist nach vollständiger Abwicklung im Zuge eines Verkaufs verwirkt, da die Bank auf die Endgültigkeit vertrauen durfte. Zudem muss sich die Bank einen möglichen Gewinn aus einem neu abgeschlossenen Darlehensvertrag mit dem Käufer nicht auf die von den Verkäufern geschuldete Vorfälligkeitsentschädigung anrechnen lassen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was genau ist eine Vorfälligkeitsentschädigung und wann fällt sie an?
Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist ein Betrag, den Sie unter bestimmten Umständen an Ihre Bank zahlen müssen, wenn Sie einen Kredit mit festem Zinssatz vorzeitig zurückzahlen. Stellen Sie sich vor, Sie schließen einen Kredit ab, zum Beispiel für ein Haus, und vereinbaren mit der Bank einen bestimmten Zinssatz für eine feste Laufzeit, etwa zehn Jahre. Die Bank kalkuliert fest damit, dass Sie über diese zehn Jahre Zinsen zahlen.
Wenn Sie den Kredit nun aber schon nach fünf Jahren komplett zurückzahlen, beispielsweise weil Sie das Haus verkaufen, entgehen der Bank die Zinsen, die sie in den restlichen fünf Jahren erwartet hätte. Genau diesen finanziellen Nachteil der Bank, der durch die vorzeitige Rückzahlung entsteht, soll die Vorfälligkeitsentschädigung ausgleichen. Es ist quasi ein Schadensersatz für die entgangenen Zinseinnahmen.
Eine Vorfälligkeitsentschädigung fällt in der Regel immer dann an, wenn Sie einen Kreditvertrag mit einer vereinbarten festen Zinsbindung vor Ablauf dieser Zinsbindung oder der gesamten Kreditlaufzeit beenden und den Kredit komplett zurückzahlen. Dies ist besonders häufig bei Baufinanzierungen oder Immobilienkrediten der Fall.
Typische Situationen, in denen eine solche Entschädigung relevant werden kann, sind:
- Sie verkaufen eine Immobilie, die noch mit einem Kredit belastet ist, und müssen den Kredit daher ablösen.
- Sie möchten Ihren Kredit vorzeitig umschulden oder mit einem neuen Kredit bei einer anderen Bank ablösen.
Es gibt jedoch auch Ausnahmen oder Situationen, in denen keine oder eine geringere Vorfälligkeitsentschädigung anfällt. Bei Verbraucherkrediten, die nach dem 10.06.2010 abgeschlossen wurden, gibt es zum Beispiel gesetzliche Regelungen zur Höhe der Entschädigung (§ 502 BGB). Auch wenn die Bank den Kreditvertrag kündigt oder wenn Sie ein gesetzliches Recht zur vorzeitigen Kündigung haben, kann die Situation anders sein.
Wichtig zu verstehen ist, dass die Bank die Vorfälligkeitsentschädigung nicht einfach willkürlich festlegen darf. Die Berechnung muss nach bestimmten Regeln erfolgen und berücksichtigt neben den entgangenen Zinsen auch, welche Einnahmen die Bank stattdessen erzielen kann (indem sie das zurückgezahlte Geld neu verleiht) und welche Kosten sie sich durch die vorzeitige Beendigung spart.
Für Sie als Kreditnehmer bedeutet dies: Wenn Sie planen, einen festverzinslichen Kredit vorzeitig zurückzuzahlen, sollten Sie sich bewusst sein, dass neben der Restschuld möglicherweise auch eine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt. Die Höhe kann je nach Kredithöhe, Restlaufzeit der Zinsbindung und Zinssatz erheblich sein.
Welche Faktoren beeinflussen die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung?
Wenn Sie Ihren Kredit vorzeitig zurückzahlen, kann die Bank eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Das ist im Grunde ein Ausgleich für den Zinsschaden, der der Bank dadurch entsteht, dass sie Zinsen für die vereinbarte Laufzeit „verliert“. Die Höhe dieser Entschädigung hängt von mehreren wichtigen Faktoren ab.
Die wichtigsten Einflussfaktoren
Mehrere Elemente spielen zusammen, um die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zu bestimmen:
- Die verbleibende Restschuld: Je höher der Betrag ist, den Sie noch schulden, desto größer kann der Zinsschaden für die Bank sein, wenn dieser Betrag früher als geplant zurückgezahlt wird.
- Die Restlaufzeit des Kredits: Wie viele Jahre oder Monate hätte der Kredit eigentlich noch laufen sollen? Je länger die ursprüngliche Laufzeit noch gewesen wäre, desto länger fallen Zinsen für die Bank weg, was die Entschädigung erhöhen kann. Stellen Sie sich vor, die Bank hat fest damit gerechnet, über viele Jahre Zinsen von Ihnen zu erhalten – diese Einnahmen fallen nun weg.
- Der aktuelle Marktzins für Kredite mit vergleichbarer Laufzeit: Dieser Punkt ist entscheidend. Die Bank kann das zurückgezahlte Geld ja wieder neu ausleihen. Die Frage ist: Zu welchem Zinssatz kann sie das?
- Wenn die aktuellen Marktzinsen NIEDRIGER sind als Ihr ursprünglicher Kreditzins, erleidet die Bank einen größeren Verlust. Sie bekommt Ihr Geld zurück, kann es aber nur zu einem schlechteren (niedrigeren) Zins neu verleihen. Das führt in der Regel zu einer höheren Vorfälligkeitsentschädigung. Dieser Unterschied zwischen Ihrem alten Zins und dem neuen möglichen Zins für die Bank ist ein Kernpunkt der Berechnung.
- Wenn die aktuellen Marktzinsen HÖHER oder gleich Ihrem ursprünglichen Kreditzins sind, kann die Bank Ihr Geld zu einem besseren oder gleichen Zins neu anlegen. Der Zinsschaden für die Bank ist dann geringer oder entfällt sogar. Die Vorfälligkeitsentschädigung fällt dann entsprechend niedriger aus oder kann sogar null sein.
- Ersparte Aufwendungen der Bank: Wenn ein Kredit vorzeitig endet, spart die Bank auch Kosten, die sonst noch angefallen wären, zum Beispiel für Verwaltung oder das Risiko eines Kreditausfalls. Diese ersparten Kosten müssen von dem errechneten Zinsschaden abgezogen werden.
Gesetzliche Begrenzung bei Verbraucherkrediten
Für bestimmte Kredite, insbesondere Verbraucherkredite, gibt es seit einigen Jahren eine gesetzliche Obergrenze für die Vorfälligkeitsentschädigung. Diese darf laut Gesetz (genauer gesagt § 502 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) in der Regel nicht mehr als 1 % der verbleibenden Restschuld betragen. Wenn die Restlaufzeit des Kredits weniger als ein Jahr beträgt, sind es sogar nur maximal 0,5 % der Restschuld. Diese Begrenzung bietet Ihnen als Kreditnehmer zusätzliche Sicherheit.
Das Verständnis dieser Faktoren – Restschuld, Restlaufzeit, vor allem aber der Vergleich Ihres alten Zinssatzes mit dem aktuellen Marktzins und die Berücksichtigung ersparter Kosten – hilft Ihnen, die Berechnung, die Ihnen die Bank vorlegt, besser nachzuvollziehen.
Kann ich eine Vorfälligkeitsentschädigung vermeiden oder reduzieren?
Wenn ein Darlehen, insbesondere ein Immobiliendarlehen mit Zinsbindung, vorzeitig zurückgezahlt wird, verlangt die Bank oft eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung. Dies ist grundsätzlich ein Ausgleich für den Zinsgewinn, der der Bank durch die vorzeitige Beendigung des Vertrags entgeht. Es gibt jedoch bestimmte Situationen und rechtliche Grundlagen, die es ermöglichen können, diese Zahlung zu vermeiden oder zumindest zu verringern.
Gesetzliche Möglichkeiten zur Vermeidung
Das Gesetz sieht in bestimmten Fällen ein Sonderkündigungsrecht vor, das eine vorzeitige Ablösung des Darlehens ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung erlaubt. Ein wichtiger Fall ist hierbei das Recht zur Kündigung nach Ablauf von zehn Jahren. Bei vielen Verbraucher-Immobiliendarlehen können Sie den Kreditvertrag nach Ablauf von zehn Jahren seit Vollauszahlung mit einer Frist von sechs Monaten kündigen, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Das bedeutet, wenn Ihr Darlehen bereits länger als zehn Jahre läuft, könnten Sie diesen Weg nutzen.
Eine weitere Möglichkeit, die in der Vergangenheit relevant war und sich auf ältere Verträge beziehen kann, ist das sogenannte „ewige Widerrufsrecht“. Wenn die Widerrufsbelehrung in Ihrem Darlehensvertrag fehlerhaft war, konnte dies dazu führen, dass die gesetzliche Widerrufsfrist nie korrekt begonnen hat. In solchen Fällen war es unter bestimmten Umständen möglich, den Darlehensvertrag auch noch Jahre nach Abschluss zu widerrufen. Ein erfolgreicher Widerruf führt dazu, dass der Vertrag rückabgewickelt wird und die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung entfällt. Diese Möglichkeit hängt jedoch stark von der genauen Formulierung der Widerrufsbelehrung und dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ab.
Überprüfung der Berechnung
Auch wenn grundsätzlich eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen ist, weil keines der gesetzlichen Sonderrechte greift (z.B. bei Verkauf der finanzierten Immobilie vor Ablauf der Zinsbindung und vor Ablauf der 10-Jahres-Frist), muss die Berechnung durch die Bank bestimmten rechtlichen Regeln folgen.
Die Bank muss bei der Berechnung unter anderem Zinsen abziehen, die sie durch eine mögliche Neuanlage des zurückgezahlten Geldes erzielen kann. Auch ersparte Kosten, die der Bank durch die vorzeitige Beendigung nicht entstehen (z.B. Verwaltungskosten), müssen berücksichtigt werden. Fehler in dieser Berechnung können dazu führen, dass die geforderte Vorfälligkeitsentschädigung zu hoch angesetzt ist und sich reduzieren lässt. Die Überprüfung der Bankberechnung ist oft komplex.
Gespräch mit der Bank
Schließlich besteht immer auch die Möglichkeit, das Gespräch mit der Bank zu suchen. Manchmal sind Banken bereit, im Einzelfall Regelungen zu treffen, besonders wenn es sich um Kunden handelt, die ein neues Geschäft mit der Bank planen (z.B. Finanzierung einer neuen Immobilie). Eine solche Vereinbarung hängt jedoch vom jeweiligen Kreditinstitut und der spezifischen Situation ab und ist kein gesetzlich verankertes Recht.
Was bedeutet „ungerechtfertigte Bereicherung“ im Zusammenhang mit einer Vorfälligkeitsentschädigung?
Der Begriff „Ungerechtfertigte Bereicherung“ beschreibt in der Rechtswissenschaft eine Situation, in der jemand einen Vermögensvorteil erlangt hat, für den es keinen rechtlichen Grund gibt. Stellen Sie sich vor, jemand erhält Geld oder einen anderen Wert, ohne dass ein Vertrag, ein Gesetz oder ein anderer rechtlicher Anlass dies rechtfertigt. Dieser Zustand, in dem eine Person auf Kosten einer anderen einen ungerechtfertigten Gewinn hat, wird als ungerechtfertigte Bereicherung bezeichnet. Das Gesetz sieht dann unter bestimmten Voraussetzungen vor, dass dieser Vorteil wieder herausgegeben werden muss.
Ungerechtfertigte Bereicherung bei der Vorfälligkeitsentschädigung
Im Zusammenhang mit einer Vorfälligkeitsentschädigung (VFE) kann eine Bank möglicherweise ungerechtfertigt bereichert sein, wenn sie vom Kreditnehmer eine VFE erhält, die höher ist als gesetzlich zulässig. Die VFE soll die Bank für den Zinsschaden entschädigen, der ihr entsteht, wenn ein Darlehen vorzeitig zurückgezahlt wird. Allerdings gibt es genaue gesetzliche Vorgaben, wie diese Entschädigung berechnet werden darf.
Wann könnte eine Bank ungerechtfertigt bereichert sein?
Eine Bank könnte ungerechtfertigt bereichert sein, wenn die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung Fehler aufweist, die dazu führen, dass der Betrag zu hoch ausfällt. Solche Fehler können beispielsweise entstehen durch:
- Falsche Annahmen bei der Berechnung des Zinsschadens.
- Die Nichtberücksichtigung bestimmter ersparter Kosten der Bank (z.B. Verwaltungskosten), die eigentlich vom Betrag abgezogen werden müssten.
- Die Anwendung einer fehlerhaften Berechnungsmethode, die nicht den gesetzlichen oder richterrechtlichen Vorgaben entspricht.
Erhält die Bank aufgrund einer solchen fehlerhaften Berechnung einen zu hohen Betrag, so hat sie diesen ohne rechtlichen Grund im Übermaß erhalten. Dieser übermäßige Betrag stellt dann die ungerechtfertigte Bereicherung dar.
Welche rechtlichen Ansprüche können sich daraus ergeben?
Wenn eine Bank ungerechtfertigt bereichert ist, weil sie eine zu hohe Vorfälligkeitsentschädigung verlangt und erhalten hat, kann dies für den Kreditnehmer bedeuten, dass er einen Anspruch auf Rückzahlung des zu viel gezahlten Betrags hat. Dieser Anspruch leitet sich direkt aus dem Gedanken der ungerechtfertigten Bereicherung ab. Es geht darum, den Zustand wiederherzustellen, der bestanden hätte, wenn nur die rechtlich zulässige VFE gezahlt worden wäre. Im Allgemeinen kann also ein Anspruch auf Rückzahlung des Teils der VFE bestehen, der die gesetzlich oder vertraglich geschuldete Summe überschreitet und somit einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil für die Bank darstellt.
Welche Rolle spielt der Käufer bei der Ablösung eines Kredits im Rahmen eines Hausverkaufs?
Beim Verkauf eines Hauses ist es häufig so, dass der Verkäufer noch einen Kredit bei einer Bank hat, der durch eine Grundschuld auf dem Haus abgesichert ist. Dieser Kredit muss in der Regel abgelöst werden, damit das Eigentum lastenfrei auf den Käufer übergehen kann. Die Rolle des Käufers dabei ist zentral, denn sein Kaufpreis ist oft die Quelle, aus der der Verkäufer den Kredit zurückzahlt.
Die Art und Weise, wie der Käufer seinen Kaufpreis bezahlt und wie dieser zur Ablösung des Kredits genutzt wird, kann sich rechtlich unterscheiden. Hier sind die gängigsten Konstellationen:
Zahlung über ein Notaranderkonto
Dies ist der in Deutschland häufigste und sicherste Weg. Stellen Sie sich ein Notaranderkonto wie einen sicheren Zwischenspeicher vor, der vom Notar verwaltet wird.
- Ihre Rolle als Käufer: Sie zahlen den gesamten Kaufpreis oder zumindest den für die Kreditablösung benötigten Teil davon nicht direkt an den Verkäufer oder dessen Bank, sondern auf dieses spezielle Konto des Notars. Damit erfüllen Sie Ihre Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises gegenüber dem Verkäufer.
- Was dann passiert: Der Notar prüft, ob alle Voraussetzungen für die Eigentumsübertragung erfüllt sind (z.B. die Löschungsbewilligung der Bank für die Grundschuld liegt vor). Erst dann verwendet der Notar einen Teil des Geldes auf dem Notaranderkonto, um den Kredit des Verkäufers bei der Bank abzulösen. Den verbleibenden Kaufpreis überweist der Notar an den Verkäufer.
- Ihre Absicherung: Für Sie als Käufer hat dieser Weg den Vorteil, dass Ihr Geld sicher verwahrt ist und nur fließt, wenn gewährleistet ist, dass Sie lastenfreies Eigentum erhalten.
Direkte Zahlung an die Bank des Verkäufers
Manchmal wird vereinbart, dass ein Teil des Kaufpreises direkt von Ihnen als Käufer an die Bank des Verkäufers gezahlt wird.
- Ihre Rolle als Käufer: Sie zahlen hierbei einen bestimmten Betrag des Kaufpreises direkt an die Gläubigerbank des Verkäufers, um dessen Kredit zu reduzieren oder abzulösen. Den restlichen Kaufpreis zahlen Sie an den Verkäufer.
- Rechtliche Einordnung: Obwohl Sie das Geld an die Bank zahlen, leisten Sie diese Zahlung rechtlich gesehen im Grunde für den Verkäufer, um dessen Schuld bei der Bank zu erfüllen. Es ist weiterhin eine Erfüllung Ihrer Kaufpreisschuld gegenüber dem Verkäufer, die nun eben aufgeteilt ist. Sie treten dadurch aber in der Regel nicht in den Kreditvertrag des Verkäufers ein.
- Wichtigkeit der Vereinbarung: Diese direkte Zahlung muss klar im Kaufvertrag geregelt sein.
Übernahme der Darlehensschuld durch den Käufer (Schuldübernahme)
Dies ist ein anderer Vorgang als die Zahlung des Kaufpreises, auch wenn er oft im Zusammenhang mit einem Hausverkauf steht.
- Ihre Rolle als Käufer: Hier zahlen Sie den Kredit des Verkäufers nicht nur aus dem Kaufpreis ab, sondern Sie übernehmen die gesamte Darlehensschuld des Verkäufers. Das bedeutet, Sie treten an die Stelle des Verkäufers und werden zum neuen Kreditnehmer der Bank.
- Voraussetzung: Eine solche Schuldübernahme ist nur wirksam, wenn die Bank des Verkäufers zustimmt. Sie prüft dabei Ihre Bonität.
- Konsequenz für den Kaufpreis: Wenn Sie die Schuld übernehmen, wird der übernommene Kreditbetrag in der Regel vom Kaufpreis abgezogen. Sie zahlen also nur die Differenz (Kaufpreis minus übernommener Kredit) an den Verkäufer.
- Ihre neue Position: Für Sie bedeutet das, dass Sie fortan die Raten für diesen Kredit an die Bank zahlen müssen, so als hätten Sie ihn selbst aufgenommen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Ihre primäre Rolle als Käufer ist die Zahlung des Kaufpreises. Wie dieser Kaufpreis verwendet wird, um einen bestehenden Kredit des Verkäufers abzulösen (ob über Notaranderkonto, direkte Zahlung an die Bank oder durch Übernahme der Schuld), beeinflusst die Abwicklung des Verkaufs und kann unterschiedliche rechtliche Wirkungen für Sie haben, insbesondere im Hinblick darauf, wem Sie gegenüber zur Zahlung verpflichtet sind und ob Sie selbst Schuldner werden.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Vorfälligkeitsentschädigung
Die Vorfälligkeitsentschädigung ist ein Ausgleichsbetrag, den Kreditnehmer an ihre Bank zahlen müssen, wenn sie ein Darlehen mit festem Zinssatz vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit vollständig zurückzahlen. Sie soll die Zinseinnahmen ausgleichen, die der Bank durch die vorzeitige Rückzahlung entgehen (§ 490 BGB). Die Höhe berechnet sich aus dem Zinsschaden der Bank, unter Berücksichtigung der Erträge, die die Bank durch eine mögliche Wiederanlage des zurückgezahlten Geldes erzielt, sowieersparter Kosten. Beispiel: Sie verkaufen Ihr Haus und lösen den Kredit vorzeitig ab; die Bank verlangt als Entschädigung den Betrag, der ihr durch den Wegfall der Restzinsen entsteht.
Ungerechtfertigte Bereicherung
Ungerechtfertigte Bereicherung liegt vor, wenn jemand Vermögensvorteile erhält, ohne dass dafür ein rechtlicher Grund besteht (§ 812 BGB). Im Kontext der Vorfälligkeitsentschädigung bedeutet dies, dass die Bank zu viel gezahlte Beträge zurückzahlen muss, wenn die Entschädigung falsch berechnet oder unrechtmäßig verlangt wurde. Beispiel: Wenn eine Bank eine zu hohe Vorfälligkeitsentschädigung fordert und bekommt, kann der Kreditnehmer die Rückzahlung des überzahlten Betrags verlangen, weil die Bank andernfalls unrechtmäßig bereichert wäre.
Schuldnerwechsel
Bei einem Schuldnerwechsel tritt eine andere Person anstelle des ursprünglichen Schuldners in eine Schuld ein und übernimmt die persönliche Pflicht zur Zahlung (§ 415 BGB). In dem hier beschriebenen Fall wurde kein Schuldnerwechsel angenommen, weil der Käufer zwar die Grundpfandrechte (Sicherheiten) übernahm, aber nicht persönlich die Darlehensschulden der Verkäufer. Beispiel: Wenn Sie einen Kredit bei einer Bank haben und jemand anderes sich gegenüber der Bank verpflichtet, Ihre Schulden zu übernehmen, liegt ein Schuldnerwechsel vor. Ohne Zustimmung der Bank gilt dies aber nicht automatisch.
Aktiv-Passiv-Methode
Die Aktiv-Passiv-Methode ist eine anerkannte Berechnungsmethode zur Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Sie vergleicht die entgangenen Zinserträge der Bank durch die vorzeitige Rückzahlung (Passivseite) mit den Erträgen, die die Bank durch eine sichere Wiederanlage des zurückgezahlten Geldes hätte erzielen können (Aktivseite). Dabei können auch negative Zinsen berücksichtigt werden, wenn die tatsächlichen Marktzinsen negativ sind. Beispiel: Die Bank verliert Zinsen aus dem ursprünglichen Kredit, kann aber bei negativen Marktzinsen das Geld nur mit einem Verlust neu anlegen, was die Entschädigung entsprechend erhöht.
Verwirkung
Verwirkung bedeutet, dass ein Recht nicht mehr geltend gemacht werden kann, weil der Berechtigte es über längere Zeit nicht ausgeübt hat und der Gegner darauf vertrauen durfte, dass das Recht nicht mehr eingefordert wird. Im Falle des Widerrufsrechts bei Darlehensverträgen führt Verwirkung dazu, dass ein späterer Widerruf nicht mehr möglich ist, wenn z. B. die Darlehen bereits abgewickelt wurden und die Bank darauf vertrauen durfte, dass kein Widerruf mehr erfolgt. Beispiel: Wenn Sie jahrelang untätig sind und erst nach Abschluss sämtlicher Verträge Ihren Widerruf erklären wollen, kann das Recht verwirkt sein, weil die Gegenseite bereits auf dessen Verzicht vertraut hat.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB (Ungerechtfertigte Bereicherung): Regelt, dass ein Vermögensvorteil, der ohne Rechtsgrund erlangt wurde, zurückzuverlangen ist. Wichtig ist, dass eine Leistung des Bereichernden an den Bereicherten vorliegen muss. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG entschied, dass die Vorfälligkeitsentschädigung als Leistung der Verkäufer an die Bank gilt, auch wenn direkt vom Käufer gezahlt wurde, sodass kein Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung besteht.
- Aktiv-Passiv-Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, bestätigt durch BGH (z.B. BGH XI ZR 27/00): Diese Methode vergleicht die Zinsverluste der Bank aus den ausbleibenden Kreditraten mit den Erträgen, die die Bank aus einer Ersatzanlage (risikofrei am Kapitalmarkt) erzielen kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG bestätigte die Zulässigkeit der Methode einschließlich der Berücksichtigung negativer Wiederanlagezinsen, womit die entstehende Vorfälligkeitsentschädigung auch höhere Summen als Restzinsansprüche erreichen darf. Beachten Sie, dass die Aktiv-Passiv-Methode weder im BGB noch in anderen Gesetzen explizit als Paragraph erwähnt wird, sondern als Praxisbestätigung durch den BGH gilt.
- § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. / § 502 BGB n.F. (Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehen): Regelt die Beschränkung der Vorfälligkeitsentschädigung und die Bedingungen für den Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen, insbesondere hinsichtlich Fristen und Verwirkung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da es sich um grundpfandrechtlich gesicherte Immobiliardarlehen handelt, finden diese Verbraucherschutzvorschriften keine volle Anwendung; die Vorfälligkeitsentschädigung kann höher ausfallen und das Widerrufsrecht war verwirkt.
- Grundsatz der Verwirkung (Rechtsinstitut in der Rechtsprechung verankert): Verwirkung setzt ein Zeitmoment (längeres Abwarten) und ein schutzwürdiges Vertrauen des Gegners in die Nichtausübung eines Rechts voraus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG entschied, dass der Widerruf der Darlehensverträge verwirkt ist, weil die Verkäufer den Verkauf und die vollständige Ablösung der Darlehen veranlassten und die Bank auf die Endgültigkeit vertrauen durfte.
- Dreiecksverhältnis aus Kaufvertrag und Darlehensverträgen (Valuta- und Deckungsverhältnis): Die Zahlung durch den Käufer an die Bank erfolgt im Auftrag der Verkäufer aufgrund einer vertraglichen Anweisung, ohne dass ein Schuldnerwechsel stattfindet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG bewertete die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung durch den Käufer als Leistung der Verkäufer, sodass der Rückforderungsanspruch ausgeschlossen ist.
- BGH-Rechtsprechung zur Margenerstattung bei Vorfälligkeitsentschädigung (z.B. BGH XI ZR 267/96): Die Bank muss sich Gewinne aus einem Ersatzgeschäft mit einem anderen Kunden nicht auf die Vorfälligkeitsentschädigung anrechnen lassen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Selbst wenn die Bank das vom Käufer erhaltene Geld als neues Darlehen an denselben weiterverliehen hat, begründet das keinen Vorteilsausgleich zugunsten der Verkäufer. Beachten Sie, dass dies keine direkte Gesetzesreferenz ist, sondern eine BGH-Rechtsprechung.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Hamburg – Az.: 13 U 102/21 – Urteil vom 23.03.2022
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