Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Streit um Vorfälligkeitsentschädigung: Transparenz als Schlüssel zum Recht
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Kann ich eine gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückfordern?
- Welche Fristen muss ich bei der Rückforderung einer Vorfälligkeitsentschädigung beachten?
- Was sind die typischen Fehler in Darlehensverträgen bei der Vorfälligkeitsentschädigung?
- Muss ich für die Rückforderung einer Vorfälligkeitsentschädigung vor Gericht gehen?
- Wie berechnet sich eine rechtmäßige Vorfälligkeitsentschädigung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein
- Datum: 21.12.2023
- Aktenzeichen: 5 U 107/23
- Verfahrensart: Berufungs- und Revisionsverfahren im zivilrechtlichen Kontext
- Rechtsbereiche: Zivilrecht, Vertragsrecht, Banken- und Finanzrecht
- Beteiligte Parteien:
- Kläger: Fordert die Rückzahlung einer gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von € 17.797,14 nebst Zinsen und benennt eine Mitdarlehensnehmerin; beruft sich auf einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB.
- Beklagte: Wird zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung nebst Zinsen verurteilt; ihre Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen und sie trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; zudem wird das Urteil vorläufig vollstreckbar erklärt.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger verlangte die Rückzahlung einer gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung, die ursprünglich geleistet wurde, sowie die Zahlung von Zinsen. Gleichzeitig wurde die freihaltende Wirkung hinsichtlich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten beantragt, was jedoch abgewiesen wurde.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging im Wesentlichen darum, ob ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 BGB besteht und in welchem Umfang die Beklagte zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung nebst Zinsen verpflichtet ist.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung:
- Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen.
- Die Revision wurde zugelassen.
- Die Beklagte wurde verurteilt, die Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von € 17.797,14 nebst Zinsen zu zahlen.
- Der Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurde abgewiesen.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei Sicherheitsleistungen zur Abwendung der Vollstreckung vorgesehen sind.
- Begründung: Das Landgericht Kiel hatte festgestellt, dass ein Anspruch auf Rückgewähr der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung aus § 812 Abs. 1 BGB besteht und stützte sich dabei auf die tatsächlichen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil.
- Entscheidung:
- Folgen:
- Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
- Das Urteil bleibt vorläufig vollstreckbar, wobei die Möglichkeit besteht, die Vollstreckung durch Hinterlegung bzw. Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden.
Streit um Vorfälligkeitsentschädigung: Transparenz als Schlüssel zum Recht
Die Vorfälligkeitsentschädigung ist ein komplexes Thema, das oft zu Diskussionen führt, wenn Banken bei unzureichenden Angaben versuchen, sich vom Anspruch auf Entschädigung auszuschließen. Dabei geht es um die Frage, ob fehlende Informationen die Rechtslage beeinflussen können. Wesentliche Aspekte sind hier Transparenz und faire Vertragsbedingungen.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall mit diesem Hintergrund beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Unzureichende Vertragsangaben machen Vorfälligkeitsentschädigung unwirksam

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hat in einem wegweisenden Urteil vom 21. Dezember 2023 (Az.: 5 U 107/23) die Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 17.797,14 Euro angeordnet. Die beklagte Bank muss die Summe nebst Zinsen an den Kläger und seine Mitdarlehensnehmerin zurückzahlen.
Mangelnde Transparenz bei der Berechnung
Der Fall betraf einen Immobilienkredit, den der Kläger gemeinsam mit einer Mitdarlehensnehmerin bei der beklagten Bank aufgenommen hatte. Im Darlehensvertrag war eine Zinsbindung bis zum 30. Dezember 2032 vereinbart worden. Als die Darlehensnehmer die finanzierte Immobilie im Jahr 2018 verkaufen wollten, verlangten sie von der Bank eine vorzeitige Rückzahlungsmöglichkeit. Die Bank forderte daraufhin eine Vorfälligkeitsentschädigung, die auch gezahlt wurde.
Das Gericht stellte fest, dass die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Darlehensvertrag unzureichend waren. Der Vertrag sah vor, dass die Bank so gestellt werden sollte, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre. Dies war nach Auffassung des Gerichts fehlerhaft, da die gesetzliche Kündigungsmöglichkeit nach zehn Jahren gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei der Berechnung nicht berücksichtigt wurde.
Verjährungseinrede scheitert
Die Bank hatte sich im Prozess auf Verjährung berufen. Diese Einrede wies das Gericht zurück. Zwar endete die dreijährige Verjährungsfrist grundsätzlich Ende 2021, jedoch wurde die Verjährung durch einen Schlichtungsantrag des Klägers vom Dezember 2021 gehemmt. Dass der Kläger den Schlichtungsantrag nur im eigenen Namen gestellt hatte, war nach Ansicht des Gerichts unschädlich. Als Mitgläubiger sei er berechtigt gewesen, den Anspruch geltend zu machen.
Keine Kenntnis von fehlender Zahlungspflicht
Auch der Einwand der Bank, die Zahlung sei in Kenntnis der Nichtschuld erfolgt und könne daher nicht zurückgefordert werden, hatte keinen Erfolg. Das Gericht verwies darauf, dass die Rechtslage zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht vollständig geklärt sei und es daher keinen absoluten Vertrauensschutz in die Endgültigkeit der Betragshöhe gebe. Zudem habe die Bank die Freigabe der Grundschuld von der vorbehaltlosen Zahlung abhängig gemacht.
Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, da andere Oberlandesgerichte die Frage der Wirksamkeit vergleichbarer Vertragsklauseln zur Vorfälligkeitsentschädigung anders beurteilt haben. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine höchstrichterliche Klärung.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stärkt die Position von Kreditnehmern bei der Rückforderung von Vorfälligkeitsentschädigungen. Eine fehlerhafte Angabe zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Vertrag – hier die falsche Berechnungsgrundlage bis zum Ende der Zinsbindung statt bis zur möglichen Kündigung – kann zur vollständigen Rückzahlungspflicht führen. Bedeutsam ist auch, dass bei mehreren Darlehensnehmern die Verjährung durch einen Schlichtungsantrag nur eines Mitgläubigers gehemmt werden kann.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben, können Sie diese möglicherweise zurückfordern, falls in Ihrem Kreditvertrag die Berechnungsgrundlage fehlerhaft angegeben wurde. Prüfen Sie besonders, ob die Bank die Entschädigung bis zum Ende der Zinsbindung statt nur bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin berechnet hat. Auch wenn die Zahlung bereits einige Jahre zurückliegt, können Sie durch einen Schlichtungsantrag die Verjährung hemmen – bei gemeinsamen Krediten reicht es aus, wenn einer der Kreditnehmer den Antrag stellt. Die Rückforderung ist auch ohne vorherige Kündigung des Darlehens möglich.
Benötigen Sie Hilfe?
Problematiken bei unzureichender Vertragsklarheit und Vorfälligkeitsentschädigungen?
Die jüngste Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung unterstreicht, wie wichtig präzise und nachvollziehbare Vertragsangaben im Zusammenhang mit vorzeitigen Rückzahlungsforderungen sind. Gerade bei Fragen zur Berechnung und rechtlichen Zulässigkeit solcher Forderungen können Unsicherheiten entstehen, die langfristige finanzielle Auswirkungen haben.
Unsere Kanzlei bietet Ihnen Unterstützung bei der Überprüfung Ihrer vertraglichen Vereinbarungen und hilft Ihnen, etwaige Unklarheiten fundiert zu analysieren. Mit einer präzisen und verständlichen Beratung begleiten wir Sie durch komplexe Fragestellungen und erarbeiten gemeinsam Lösungsansätze, die Ihre Rechte effektiv wahren.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Kann ich eine gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückfordern?
Eine Rückforderung der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung ist möglich, wenn die Bank in ihrem Darlehensvertrag unzureichende Angaben zur Berechnung gemacht hat. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 3. Dezember 2024 diese Rechtslage bestätigt.
Voraussetzungen für eine Rückforderung
Eine Rückforderung ist insbesondere dann erfolgreich, wenn die Vertragsklauseln zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht klar und verständlich formuliert sind. Die Bank muss im Darlehensvertrag präzise darlegen, wie sie die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet.
Rechtliche Grundlagen
Die Rückforderung stützt sich auf § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Wenn die Berechnungsgrundlagen im Vertrag unzureichend sind, entfällt der Anspruch der Bank auf die Vorfälligkeitsentschädigung vollständig.
Konkrete Fallbeispiele
Ein typischer Fall für unzureichende Angaben liegt vor, wenn die Bank:
- den Berechnungszeitraum falsch darstellt
- die vereinbarten Sondertilgungsrechte nicht ausreichend berücksichtigt
- die Aktiv-Passiv-Methode zur Berechnung nicht verständlich erklärt
Die Rückforderung erfolgt dann nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB, da die Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgte. In einem aktuellen Fall musste eine Bank über 8.200 Euro an ihre Kunden zurückzahlen.
Welche Fristen muss ich bei der Rückforderung einer Vorfälligkeitsentschädigung beachten?
Die Rückforderung einer Vorfälligkeitsentschädigung unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem Sie die Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben.
Konkrete Berechnungsbeispiele für die Verjährung
Wenn Sie die Vorfälligkeitsentschädigung im Jahr 2021 gezahlt haben, läuft die Verjährungsfrist bis zum 31.12.2024. Bei einer Zahlung im Jahr 2022 können Sie die Rückforderung bis zum 31.12.2025 geltend machen.
Hemmung der Verjährung
Die Verjährung kann durch bestimmte Ereignisse gehemmt werden. Eine Hemmung tritt insbesondere ein, wenn Sie mit der Bank in Verhandlungen über den Rückforderungsanspruch eintreten. Während der Verhandlungen läuft die Verjährungsfrist nicht weiter.
Vorgehen zur Fristwahrung
Um die Verjährungsfrist zu wahren, müssen Sie rechtzeitig tätig werden. Die bloße Ankündigung einer Rückforderung reicht nicht aus. Sie müssen Ihre Ansprüche innerhalb der Dreijahresfrist entweder gerichtlich geltend machen oder eine eindeutige Zahlungsaufforderung an die Bank richten.
Bei Darlehensverträgen, die nach dem 21. März 2016 abgeschlossen wurden, ist besonders auf die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zu achten. Sind diese unzureichend, besteht ein Rückforderungsanspruch, der jedoch ebenfalls der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegt.
Was sind die typischen Fehler in Darlehensverträgen bei der Vorfälligkeitsentschädigung?
Bei Immobiliendarlehensverträgen treten häufig Fehler auf, die den Anspruch der Bank auf eine Vorfälligkeitsentschädigung vollständig entfallen lassen.
Fehlerhafte Angaben zur Restlaufzeit
Die Bank darf die Vorfälligkeitsentschädigung nicht für die gesamte Restlaufzeit des Vertrages berechnen. Die Berechnung ist nur bis zur ersten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit zulässig. Nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB können Sie Immobiliendarlehen nach zehn Jahren mit einer Frist von sechs Monaten kündigen.
Unzureichende Berechnungsangaben
Wenn Sie einen Darlehensvertrag nach dem 21. März 2016 abgeschlossen haben, muss dieser folgende Informationen enthalten:
- Die grundsätzliche Berechnungsmethode
- Relevante Faktoren wie Restschuld und Zinsdifferenz
- Hinweise auf mögliche Kosteneinsparungen der Bank
- Informationen zur Obergrenze der Vorfälligkeitsentschädigung
Fehlende Berücksichtigung von Sondertilgungsrechten
Ein schwerwiegender Fehler liegt vor, wenn die Bank nicht darauf hinweist, dass Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der Entschädigung berücksichtigt werden müssen. Die Bank muss diese so einkalkulieren, als ob sie optimal ausgeübt worden wären.
Fehlerhafte Risikokostenberechnung
Die Bank muss den Risikoaufschlag bei vorzeitiger Kündigung mindernd berücksichtigen, da das ursprünglich einkalkulierte Risiko dann entfällt. Die Spanne liegt üblicherweise zwischen 0,01 und 0,1 Prozent.
Falsche Renditeberechnung
Wenn die Bank für die Zinsschadensberechnung die Renditen von Bundesanleihen heranzieht, ist dies fehlerhaft. Der Bundesgerichtshof schreibt vor, dass die höheren Renditen für Hypothekenpfandbriefe maßgeblich sind.
Unzulässige Bearbeitungsgebühren
Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung erfolgt im Eigeninteresse der Bank. Eine zusätzliche Bearbeitungsgebühr ist daher nach aktueller Rechtsprechung unzulässig.
Muss ich für die Rückforderung einer Vorfälligkeitsentschädigung vor Gericht gehen?
Eine gerichtliche Auseinandersetzung ist nicht der erste notwendige Schritt zur Rückforderung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Sie können zunächst außergerichtlich vorgehen, indem Sie Ihre Bank schriftlich zur Rückzahlung auffordern.
Außergerichtliche Schritte
Prüfen Sie zunächst die Vertragsunterlagen auf unzureichende Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. Nach dem aktuellen BGH-Urteil vom Dezember 2024 haben Banken keinen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung, wenn die vertraglichen Angaben zur Berechnung unzureichend sind.
Formulieren Sie ein Schreiben an Ihre Bank, in dem Sie die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung fordern. Legen Sie dar, weshalb Sie die Berechnung für fehlerhaft oder die Erhebung für unrechtmäßig halten.
Fristen beachten
Die Verjährungsfrist für Rückforderungsansprüche beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem Sie die Entschädigung gezahlt haben. Wenn Sie beispielsweise im Juni 2024 gezahlt haben, läuft die Frist bis zum 31.12.2027.
Gerichtlicher Weg
Erst wenn die Bank Ihre Forderung ablehnt oder nicht reagiert, wird der Rechtsweg relevant. Der BGH hat in mehreren Entscheidungen die Voraussetzungen für erfolgreiche Rückforderungen konkretisiert. So muss die Bank die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung transparent und nachvollziehbar gestalten.
Bei der Rückforderung können Sie sich auf die aktuelle BGH-Rechtsprechung stützen, nach der die Bank einen detaillierten Nachweis über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung erbringen muss. Die Erfolgsaussichten sind besonders hoch, wenn die Angaben zur Berechnung im Darlehensvertrag unzureichend waren.
Wie berechnet sich eine rechtmäßige Vorfälligkeitsentschädigung?
Die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet sich nach den vom Bundesgerichtshof festgelegten Grundsätzen als Ausgleich für den Zinsschaden der Bank.
Grundlegende Berechnungsmethode
Die Bank muss bei der Berechnung vier wesentliche Faktoren berücksichtigen:
- Die Zinsdifferenz zwischen dem vereinbarten Vertragszins und dem Wiederanlagezins zum Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung
- Eine Kürzung um ersparte Risikokosten, da eine Wiederanlage in festverzinslichen Wertpapieren für die Bank weniger riskant ist
- Die Einbeziehung aller planmäßigen Tilgungen bis zum Ende der Zinsbindung
- Eine Abzinsung aller errechneten Zinsausfälle auf den Tag der vorzeitigen Rückzahlung
Gesetzliche Höchstgrenzen bei Verbraucherkrediten
Bei Verbraucherdarlehen gelten folgende maximale Grenzen:
Maximale Vorfälligkeitsentschädigung = Restschuld × Prozentsatz
Dabei gilt:
- 1,0 Prozent der Restschuld bei einer Restlaufzeit von mehr als 12 Monaten
- 0,5 Prozent der Restschuld bei einer Restlaufzeit von maximal 12 Monaten
Wichtige Berechnungseinschränkungen
Die Bank muss bei der Berechnung das gesetzliche Kündigungsrecht nach 10 Jahren berücksichtigen. Wenn die Zinsbindung länger als 10 Jahre vereinbart wurde, darf die Vorfälligkeitsentschädigung nur bis zum Zeitpunkt des möglichen Kündigungsrechts berechnet werden.
Der Wiederanlagezins wird anhand der Renditen von Hypothekenpfandbriefen ermittelt, die in der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank veröffentlicht werden.
Die Berechnung entfällt vollständig, wenn im Darlehensvertrag die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Vorfälligkeitsentschädigung
Eine Gebühr, die Banken von Kreditnehmern verlangen, wenn diese einen Kredit vorzeitig zurückzahlen. Die Bank gleicht damit ihre entgangenen Zinseinnahmen aus. Die Berechnung muss transparent und nachvollziehbar sein sowie die gesetzliche Kündigungsmöglichkeit nach zehn Jahren berücksichtigen. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 502 BGB.
Beispiel: Bei einem Immobilienkredit mit 15 Jahren Zinsbindung zahlt der Kreditnehmer nach 5 Jahren alles zurück. Die Bank kann dann eine Entschädigung für die entgangenen Zinsen der restlichen 10 Jahre fordern.
Verjährungsfrist
Der gesetzlich festgelegte Zeitraum, innerhalb dessen ein Anspruch geltend gemacht werden muss. Nach Ablauf der Frist kann der Schuldner die Leistung verweigern. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre gemäß § 195 BGB. Die Frist beginnt zum Jahresende, in dem der Anspruch entstanden ist.
Beispiel: Ein Anspruch entsteht am 15. März 2020. Die Verjährungsfrist beginnt am 31.12.2020 und endet am 31.12.2023.
Verjährungshemmung
Ein rechtlicher Mechanismus, der den Ablauf der Verjährungsfrist vorübergehend stoppt. Während der Hemmung läuft die Verjährungsfrist nicht weiter. Dies ist beispielsweise bei Verhandlungen oder Schlichtungsverfahren der Fall. Geregelt in §§ 203-209 BGB.
Beispiel: Eine Schlichtung wird kurz vor Verjährungsende beantragt. Die verbleibende Verjährungsfrist läuft erst nach Ende des Schlichtungsverfahrens weiter.
Mitgläubiger
Eine Person, die zusammen mit anderen einen gemeinsamen Anspruch hat. Jeder Mitgläubiger kann grundsätzlich den gesamten Anspruch geltend machen, sofern nichts anderes vereinbart ist. Die rechtliche Grundlage findet sich in §§ 428 ff. BGB.
Beispiel: Zwei Personen nehmen gemeinsam einen Kredit auf. Beide sind Mitgläubiger und können Ansprüche aus dem Vertrag einzeln geltend machen.
Revision
Ein Rechtsmittel gegen Urteile der Berufungsgerichte, bei dem nur die rechtliche Beurteilung, nicht aber die Tatsachenfeststellung überprüft wird. Sie ist nur zulässig, wenn sie vom Berufungsgericht zugelassen wurde. Grundlage ist § 542 ZPO.
Beispiel: Das OLG lässt die Revision zu, weil andere Gerichte ähnliche Fälle unterschiedlich entschieden haben und eine grundsätzliche Klärung erforderlich ist.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 812 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph regelt den Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Er besagt, dass wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, zur Herausgabe verpflichtet ist. Ziel ist es, eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung zu verhindern und Betroffene zu entschädigen.
Im vorliegenden Fall besteht der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 812 Abs. 1 BGB, da die Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt ist. Die Beklagte hat somit das Geld ohne berechtigte Grundlage erhalten und ist zur Rückzahlung verpflichtet.
- § 432 BGB: Dieser Paragraph behandelt die Vollmacht und die Vertretung im Rechtsverkehr. Er regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Person berechtigt ist, für eine andere rechtliche Handlungen vorzunehmen und Verpflichtungen einzugehen.
Der Kläger kann gemäß § 432 BGB die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung alleine an sich und die Mitdarlehensnehmerin verlangen. Dies stellt sicher, dass berechtigte Personen ihre Ansprüche direkt geltend machen können.
- § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB: Dieser Absatz bezieht sich auf die vorzeitige Kündigung von Darlehensverträgen und die damit verbundene Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. Er bestimmt, dass die Entschädigung bis zum Zeitpunkt der rechtlichen Wirksamkeit der Kündigung zu berechnen ist.
Im Fall ist die Vorfälligkeitsentschädigung nur bis zur Wirksamkeit einer Kündigung gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu berechnen. Da keine wirksame Kündigung vorliegt, war die Berechnung der Entschädigung fehlerhaft, was zur Rückforderung berechtigt.
- § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB: Dieser Paragraph regelt die Ansprüche des Darlehensgebers bei vorzeitiger Rückzahlung eines Darlehens. Er sieht vor, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung nur unter bestimmten Voraussetzungen verlangt werden kann.
Der Anspruch der Beklagten aus § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB ist ausgeschlossen, da die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung fehlerhaft war. Die unzureichenden Angaben zur Berechnung rechtfertigen die Rückforderung der gezahlten Entschädigung.
- § 204 Abs. 1 Nr. 4a BGB: Dieser Paragraph behandelt die Hemmung der Verjährung durch ein Schlichtungsverfahren. Ein solcher Antrag muss bestimmten Voraussetzungen genügen, um die Verjährungsfrist zu unterbrechen.
Im vorliegenden Fall hat der Kläger gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4a BGB einen Schlichtungsantrag gestellt, der die Verjährungsfrist gehemmt hat. Dies ermöglicht es dem Kläger, seine Ansprüche trotz abgelaufener regulärer Verjährungsfrist weiterhin geltend zu machen.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 5 U 107/23 – Urteil vom 21.12.2023
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