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Vorfälligkeitsklausel in Verträgen über webbasierte Software

Das OLG Nürnberg hat eine Vorfälligkeitsklausel in einem Softwarevertrag für unwirksam erklärt, da sie den Verbraucher unangemessen benachteiligt und einseitig das Risiko einer möglichen Insolvenz des Anbieters auf den Kunden abwälzt. Dieser Entscheidung stärkt den Verbraucherschutz und schützt Kunden vor übermäßigen Forderungen von Anbietern.

→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 U 1166/23

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Vorfälligkeitsklausel benachteiligt Verbraucher unangemessen und ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.
  • Eine Fälligstellung der gesamten Restlaufzeit nach nur zwei Ratenrückständen stellt eine unangemessene Übersicherung dar.
  • Das einseitig übertragene Ausfallrisiko belastet den Verbraucher in unverhältnismäßiger Weise.
  • Die Klausel führt zu einer nicht gerechtfertigten Vorwegnahme des Schadensersatzanspruchs ohne Rücksicht auf tatsächliche Schäden.
  • Die vorgesehene automatische Fälligstellung greift unverhältnismäßig in die Vertragsfreiheit des Verbrauchers ein.
  • Die Klausel lässt unberücksichtigt, dass der Schuldner gerade nach Ratenrückstand ein Interesse an Vertragskontinuität haben kann.
  • Es besteht die Gefahr der Ausnutzung einer möglicherweise drangvollen Situation des Verbrauchers.
  • Weniger einschneidende Möglichkeiten wie Kündigung und Schadensersatz bleiben der Beklagten erhalten.

Vorfälligkeitsklauseln im Visier: OLG Nürnberg stärkt Verbraucherschutz

Vertrag webbasierte Software
(Symbolfoto: Ground Picture /Shutterstock.com)

Vorfälligkeitsklauseln in Verträgen sind ein häufig diskutiertes Thema im Verbraucherschutz. Diese Klauseln geben Unternehmen das Recht, die gesamte Restlaufzeit eines Vertrags fällig zu stellen, wenn der Verbraucher mit Zahlungen in Rückstand gerät. Ob solche Bestimmungen zulässig sind, hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab.

In der Rechtsprechung wurden verschiedene Fallkonstellationen beleuchtet, in denen Vorfälligkeitsklauseln als unwirksam eingestuft wurden. So können sie etwa eine unzulässige Vertragsstrafe darstellen oder den Verbraucher unangemessen benachteiligen. Entscheidend ist, wie die konkrete Ausgestaltung der Klausel ausfällt und in welchem Verhältnis die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien zueinander stehen.

Im Folgenden wird ein aktuelles Urteil zu einer Vorfälligkeitsklausel in einem Vertrag über webbasierte Software näher beleuchtet. Die Entscheidung liefert wichtige Erkenntnisse dazu, wann solche Klauseln zulässig sind und wann sie gegen geltendes Recht verstoßen.

Der Fall vor dem OLG Nürnberg im Detail

Unwirksame Vorfälligkeitsklausel in Softwareverträgen: OLG Nürnberg stärkt Verbraucherschutz

Der vorliegende Fall befasst sich mit einer Klage eines Verbraucherschutzverbands gegen einen Anbieter von webbasierter Finanzmanagement-Software. Im Zentrum des Rechtsstreits stand eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Anbieters, die eine sofortige Fälligstellung des gesamten Entgelts für die Vertragslaufzeit vorsah, falls der Kunde mit mehr als zwei Monatsraten in Zahlungsverzug gerät. Der klagende Verband betrachtete diese Vorfälligkeitsklausel als unzulässig und benachteiligend für Verbraucher.

Streitpunkt: Angemessenheit der Vorfälligkeitsregelung

Das rechtliche Kernproblem des Falls lag in der Frage, ob die Vorfälligkeitsklausel gegen die AGB-rechtlichen Vorschriften verstößt, insbesondere gegen die Generalklausel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Es ging darum, ob die Klausel den Verbraucher unangemessen benachteiligt und ob die Interessen des Anbieters an einer sofortigen Fälligstellung gegenüber den Nachteilen für den Kunden überwiegen.

Gerichtliche Entscheidung: Klausel benachteiligt Verbraucher

Das OLG Nürnberg gab dem Verbraucherschutzverband Recht und erklärte die angegriffene Vorfälligkeitsklausel für unwirksam. Die Richter betonten, dass die automatische Fälligstellung der gesamten Restlaufzeit nach nur zwei Ratenrückständen eine unangemessene Übersicherung darstellt und den Verbraucher in unverhältnismäßiger Weise belastet.

Argumentation des Gerichts: Unverhältnismäßige Risikoverteilung und fehlender Ausgleich

Das Gericht führte mehrere Gründe für die Unwirksamkeit der Klausel an:

  • Übersicherung des Anbieters: Die Klausel führt zu einer nicht gerechtfertigten Vorwegnahme des Schadensersatzanspruchs des Anbieters, ohne Rücksicht auf tatsächliche Schäden.
  • Einseitige Risikoverteilung: Der Verbraucher trägt das Risiko einer möglichen Insolvenz des Anbieters über einen langen Zeitraum, ohne einen entsprechenden Ausgleich zu erhalten.
  • Eingriff in die Vertragsfreiheit: Die automatische Fälligstellung greift unverhältnismäßig in die Vertragsfreiheit des Verbrauchers ein und lässt unberücksichtigt, dass der Schuldner gerade nach Ratenrückstand ein Interesse an Vertragskontinuität haben kann.
  • Missbrauchspotenzial: Die Klausel birgt die Gefahr der Ausnutzung einer möglicherweise drangvollen Situation des Verbrauchers.
  • Alternativen zur Klausel: Dem Anbieter stehen weniger einschneidende Möglichkeiten wie Kündigung und Schadensersatz zur Verfügung.

Das Gericht relativierte zwar die Schutzwürdigkeit des Verbrauchers durch dessen vorangegangene Pflichtverletzung, betonte jedoch, dass die Nachteile für den Kunden und die Vorteile für den Anbieter durch die Klausel in keinem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.

✔ FAQ zum Thema: Vorfälligkeitsklauseln in Verträgen


Was ist eine Vorfälligkeitsklausel in Verträgen über webbasierte Software?

Eine Vorfälligkeitsklausel in Verträgen über webbasierte Software ist eine Bestimmung, nach der bei einem schuldhaften Zahlungsverzug des Kunden von mehr als einer bestimmten Anzahl von Monatsraten (meist zwei oder drei) der gesamte Rechnungsbetrag für die jeweilige Vertragslaufzeit sofort fällig wird.

Durch eine solche Klausel trägt der Kunde bei langfristigen Verträgen das Risiko einer Insolvenz des Softwareanbieters, da er nach Entrichtung des Gesamtbetrags zwangsläufig in Vorleistung gegangen ist. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar, da das AGB-Recht keine Bagatellklausel kennt.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine in Unterrichtsverträgen verwendete Vorfälligkeitsklausel, nach der bei einem Zahlungsverzug von mehr als drei Monaten sofort die Kursgebühren für die gesamte Vertragslaufzeit fällig werden, den Schüler entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist. Diese Rechtsprechung lässt sich auf Verträge über webbasierte Software übertragen.

Vorfälligkeitsklauseln sind nur dann wirksam, wenn sie auf Vertragsverletzungen abstellen, die so schwerwiegend sind, dass sie ohne Rücksicht auf den Einzelfall eine Vertragsbeendigung rechtfertigen würden. Dies ist bei einem Zahlungsverzug von zwei oder drei Monatsraten in der Regel nicht der Fall.


Wie beeinflusst eine Vorfälligkeitsklausel die Rechte der Verbraucher?

Eine Vorfälligkeitsklausel in Verträgen über webbasierte Software kann die Rechte der Verbraucher in mehrfacher Hinsicht beeinträchtigen:

Durch eine solche Klausel trägt der Verbraucher bei langfristigen Verträgen das Risiko einer Insolvenz des Softwareanbieters, da er nach Entrichtung des Gesamtbetrags zwangsläufig in Vorleistung gegangen ist. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers dar, da das AGB-Recht keine Bagatellklausel kennt.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine in Unterrichtsverträgen verwendete Vorfälligkeitsklausel, nach der bei einem Zahlungsverzug von mehr als drei Monaten sofort die Kursgebühren für die gesamte Vertragslaufzeit fällig werden, den Schüler entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist. Diese Rechtsprechung lässt sich auf Verträge über webbasierte Software übertragen.

Vorfälligkeitsklauseln sind nur dann wirksam, wenn sie auf Vertragsverletzungen abstellen, die so schwerwiegend sind, dass sie ohne Rücksicht auf den Einzelfall eine Vertragsbeendigung rechtfertigen würden. Dies ist bei einem Zahlungsverzug von zwei oder drei Monatsraten in der Regel nicht der Fall.

Durch die sofortige Fälligkeit des gesamten Restbetrags wird der Verbraucher finanziell deutlich stärker belastet als der Anbieter. Denn bei einem Softwarevertrag kommt es während des Zahlungsverzugs des Kunden nicht zu einer unmittelbaren Vermögenseinbuße auf Seiten des Anbieters, da die Software weiterhin anderen Kunden zur Verfügung gestellt werden kann.

Im Vergleich dazu ist die Zahlung des gesamten Restbetrags für den Verbraucher eine erhebliche finanzielle Belastung, ohne dass ihm ein angemessener Ausgleich seiner Nachteile zugestanden wird. Gerade bei langen Vertragslaufzeiten von 24 Monaten benachteiligt dies den Verbraucher in unangemessener Weise.

Zusammenfassend höhlen Vorfälligkeitsklauseln den Verbraucherschutz aus, indem sie das finanzielle Risiko einseitig auf den Verbraucher abwälzen. Sie ermöglichen dem Anbieter eine unverhältnismäßige Sanktion bereits bei geringfügigen Vertragsverletzungen des Verbrauchers, ohne dessen berechtigte Interessen angemessen zu berücksichtigen. Daher sind solche Klauseln in Verbraucherverträgen über webbasierte Software in der Regel unwirksam.


Unter welchen Umständen kann eine Vorfälligkeitsklausel als unangemessen angesehen werden?

Eine Vorfälligkeitsklausel in Verträgen über webbasierte Software kann unter folgenden Umständen als unangemessen angesehen werden:

Wenn die Vorauszahlungspflicht lange Zeiträume umfasst, wird in der Literatur eine ungerechtfertigte Benachteiligung des Verbrauchers angenommen. Gerade bei langen Vertragslaufzeiten von 24 Monaten benachteiligt eine Vorfälligkeitsklausel den Verbraucher in unangemessener Weise.

Durch die sofortige Fälligkeit des gesamten Restbetrags wird der Verbraucher finanziell deutlich stärker belastet als der Anbieter. Denn bei einem Softwarevertrag kommt es während des Zahlungsverzugs des Kunden nicht zu einer unmittelbaren Vermögenseinbuße auf Seiten des Anbieters, da die Software weiterhin anderen Kunden zur Verfügung gestellt werden kann.

Im Vergleich dazu ist die Zahlung des gesamten Restbetrags für den Verbraucher eine erhebliche finanzielle Belastung, ohne dass ihm ein angemessener Ausgleich seiner Nachteile zugestanden wird.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine in Unterrichtsverträgen verwendete Vorfälligkeitsklausel, nach der bei einem Zahlungsverzug von mehr als drei Monaten sofort die Kursgebühren für die gesamte Vertragslaufzeit fällig werden, den Schüler entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist. Diese Rechtsprechung lässt sich auf Verträge über webbasierte Software übertragen.

Vorfälligkeitsklauseln sind nur dann wirksam, wenn sie auf Vertragsverletzungen abstellen, die so schwerwiegend sind, dass sie ohne Rücksicht auf den Einzelfall eine Vertragsbeendigung rechtfertigen würden. Dies ist bei einem Zahlungsverzug von zwei oder drei Monatsraten in der Regel nicht der Fall.

Zusammenfassend kann eine Vorfälligkeitsklausel als unangemessen angesehen werden, wenn sie den Verbraucher durch eine lange Vorauszahlungspflicht und eine unverhältnismäßige Sanktion bereits bei geringfügigen Vertragsverletzungen einseitig benachteiligt, ohne seine berechtigten Interessen angemessen zu berücksichtigen.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 307 Abs. 1 S. 1 BGB: Dieser Paragraph ist zentral für die Beurteilung der Zulässigkeit von Vorfälligkeitsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Er prüft, ob eine Klausel den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt. Im vorliegenden Fall führte dies zur Unwirksamkeit der Vorfälligkeitsklausel, da sie als unverhältnismäßige Belastung für den Verbraucher angesehen wurde.
  • § 13 BGB: Definiert den Verbraucher als natürliche Person, die Rechtsgeschäfte zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Dies ist wichtig, um festzustellen, ob die Klauseln des Anbieters sich an Verbraucher richten und somit unter besonderen Verbraucherschutz fallen.
  • UKlaG, insbesondere § 1 und § 5 UKlaG: Das Unterlassungsklagengesetz ermöglicht es qualifizierten Einrichtungen, gegen die Verwendung unzulässiger AGB-Klauseln vorzugehen. § 1 UKlaG gibt dem Kläger das Recht auf Unterlassung, § 5 regelt die Erstattung vorgerichtlicher Kosten. Dies bildet die rechtliche Grundlage für die Klage der Verbraucherschutzorganisation gegen die Beklagte.
  • § 321 BGB: Dieser Paragraph regelt das Recht auf Sicherheitsleistung bei Vermögensverfall des Schuldners und wurde im vorliegenden Fall erwähnt, um die Position des Kunden zu stärken, der durch den eigenen Vertragsbruch zur riskanten Situation beigetragen hat.
  • § 309 Nr. 6 BGB: Obwohl im vorliegenden Fall nicht direkt anwendbar, ist dieser Paragraph wichtig für das Verständnis von Vertragsstrafen und deren Unzulässigkeit in AGB. Die Vorfälligkeitsklausel wurde nicht als Vertragsstrafe angesehen, was zur Anwendbarkeit von § 307 BGB führte.
  • § 8 und § 9 UKlaG: Diese Paragraphen sind spezifisch für Verbandsklagen und regeln die genaue Ausgestaltung der Klageanträge und Urteilsfassungen. Sie sichern, dass nur die wirklich strittigen und für die Vertragsart relevanten Klauseln gerichtlich geprüft werden, was im Fall der Begrenzung auf Verträge über Software mit Mindestlaufzeit relevant war.


➜ Das vorliegende Urteil vom OLG Nürnberg

OLG Nürnberg – Az.: 3 U 1166/23 – Urteil vom 28.11.2023

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16. Mai 2023, Az. 7 O 3271/22, abgeändert und die Beklagte verurteilt,

1. es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern i.S.v. § 13 BGB die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen über Verträge zur Nutzung von webbasierter Software, die eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten aufweisen, zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen:

„Bei durch den Kunden schuldhaft verursachtem Zahlungsrückstand (Verzug) von mehr als 2 Monatsraten, wird der gesamte Rechnungsbetrag für die jeweilige Vertragslaufzeit sofort fällig.“

2. an die Klägerin 243,51 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 16. Juli 2022 zu zahlen.

II. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das unter I. 1 ausgesprochene Verbot ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte in ihren Verträgen eine Klausel zur Gesamtfälligkeit des an sich monatlich zu entrichtenden Entgelts im Fall eines Zahlungsverzug des Verbrauchers verwenden darf.

Die Klägerin ist eine in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragene qualifizierte Einrichtung, die Verbraucherinteressen verfolgt. Die Beklagte bietet Verbrauchern ein Paket von webbasierter Software zum privaten Finanzmanagement an, bestehend aus Software zum „Liquiditätsmanagement“, zum „Finanzierungsmanagement“ und zum „Informationsmanagement“. Darin enthalten ist insbesondere ein Haushaltsrechner und ein Manager zum Überblick über laufende Verbindlichkeiten; ferner sollen der Vergleich einzelner Angebote für Kredite, Bausparverträge u.Ä. ermöglicht und aktuelle Nachrichten aus dem Finanzbereich geliefert werden. In ihren Vertragsformularen ist eine anfängliche Laufzeit von 24 Monaten fest vorgesehen, die sich bei Ausbleiben einer Kündigung verlängert. In der in den Vertragsbedingungen enthaltenen angegriffenen Klausel wird bestimmt, dass bei einem schuldhaft verursachten Rückstand um mehr als 2 Monate der gesamte Rechnungsbetrag für die Vertragslaufzeit sofort fällig wird.

Die Klägerin sieht Bestimmungen dieser Art unter mehreren Gesichtspunkten als Verstoß gegen AGB-rechtliche Vorschriften an, weshalb sie – nachdem eine Abmahnung erfolglos geblieben ist – mit ihrer am 15. Juli 2022 zugestellten Verbandsklage Unterlassung sowie Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten i.H.v. 243,51 € begehrt.

Das Landgericht hat die Klage im angegriffenen Endurteil abgewiesen. Die Klausel höhle weder eine individuelle Gestaltung zur Fälligkeit aus noch benachteilige sie Verbraucher unangemessen. Die Bestimmung knüpfe an einen Zahlungsverzug von mehr als 2 Monatsbeiträgen an, der eine besonders schwerwiegende schuldhafte Vertragsverletzung des Kunden darstelle und die Beklagte nach den Regelungen für Mietverträge sogar zur fristlosen Kündigung berechtigen würde. Der Beklagten könne nicht angesonnen werden, bei Zahlungsverzug des Kunden statt dessen eine Kündigung auszusprechen; der Kunde habe kein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Klägerin diesen Schritt unternimmt. Daraus, dass selbst bei einer Kündigung nicht die gesamten künftigen Raten sofort fällig würden, könne die Klägerin auch deshalb nichts herleiten, weil lediglich der Erfüllungsanspruch modifiziert werde und die schadensersatzrechtliche Differenzhypothese keine Anwendung finde. Schließlich belaste den Kunden die Überbürdung des Insolvenzrisikos der Beklagten nicht in unvertretbarer Weise, da er durch den vorangegangenen eigenen Vertragsbruch die Situation verursacht habe und ihm ferner die Rechte aus § 321 BGB zustünden.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Sie beantragt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.05.2023 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Nümberg-Fürth – Az.: 7 O 3271122 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:

I. Der Beklagten wird untersagt, gegenüber Verbrauchern gemäß § 13 BGB die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Verträgen über die Durchführung eines Kredit- und Finanzmanagements zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen:

Bei durch den Kunden schuldhaft verursachtem Zahlungsrückstand (Verzug) von mehr als 2 Monatsraten, wird der gesamte Rechnungsbetrag für die jeweilige Vertragslaufzeit sofort fällig.

II. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00 (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 243,51 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Parteien haben im Berufungsrechtszug ihre Argumente wiederholt und vertieft.

Der Senat hat zur Sache mündlich verhandelt; eine Beweisaufnahme war nicht erforderlich. Im Übrigen wird zur Darstellung des Sachverhalts auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung sowie die ausgetauschten Schriftsätze, auf Letztere auch wegen des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens im Übrigen, Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin erweist sich als begründet. Die von der Beklagten verwendete Klausel verstößt gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, sodass die Klägerin einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG geltend machen und gem. § 5 UKlaG Ersatz ihrer vorgerichtlichen Auslagen verlangen kann.

1. Gegenstand der vorzunehmenden Inhaltskontrolle ist die im Antrag und Tenor wiedergegebene Vertragsbestimmung, soweit sie in Verträgen zur Nutzung von webbasierter Software, die eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten aufweisen, verwendet wird, nicht die Klausel in Verträgen über derartige Software generell.

a) § 8 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2 UKlaG verlangt vom Verbandskläger nicht nur die Angabe des Wortlauts der angegriffenen Klausel, sondern auch der Art der Rechtsgeschäfte, für die die Klausel beanstandet wird. Entsprechend ist nach § 9 Nr. 2 UKlaG der Urteilsausspruch zu fassen.

Diese Vorgabe trägt dem Umstand Rechnung, dass die Unwirksamkeit einer Klausel davon abhängen kann, für welche Art von Rechtsgeschäften sie verwendet wird (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 41. Aufl. 2023, UKlaG § 8 Rn. 3); es soll verhindert werden, dass das Verbot sich durch eine zu abstrakte Fassung auch auf solche Geschäftsbereiche erstreckt, in denen sie nicht als AGB-widrig anzusehen ist (Micklitz/Rott, in: MüKoZPO, 6. Aufl. 2022, UKlaG § 8 Rn. 4; Walker, in: Nomos-BR/Walker, UKlaG, 1. Aufl. 2016, UKlaG § 8 Rn. 6; BGH, Urteil vom 10. Februar 1993, XII ZR 74/91, NJW 1993, 1133 (1134)). Die Beschränkung kann dabei u.U. im Hinblick auf bestimmte Vertragstypen, Geschäfte eines bestimmten Vertragstyps über bestimmte Gegenstände, Geschäfte mit einem bestimmten Personenkreis (insbes. Verbraucher) oder bestimmte Abschlusssituationen (BGH, Urteil vom 10. Februar 1993, XII ZR 74/91, NJW 1993, 1133 (1134)) sein; diese Aufzählung ist aber nicht abschließend, so dass weitere und andersartige Eingrenzungen möglich sind und geboten sein können (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 41. Aufl. 2023, UKlaG § 8 Rn. 3; Walker, in: Nomos-BR/Walker, UKlaG, 1. Aufl. 2016, UKlaG § 8 Rn. 6). Die beschriebene Vorgabe dient damit nicht zuletzt dazu, die Urteilswirkungen klar zu umschreiben; da Antrag, Urteilstenor/Urteilsgegenstand und Streitgegenstand einheitlich zu betrachten sind (BGH, Urteil vom 3. September 2012 – I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 = GRUR 2013, 401 Rn. 21 – Biomineralwasser; MüKoZPO/Gottwald, 6. Aufl. 2020, ZPO § 322 Rn. 113; G. Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, Vorbem zu § 322 Rn. 39), hat dies aber auch Rückwirkungen darauf, was Streitgegenstand und somit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist.

b) Die Klägerin hat vorliegend den Klageantrag lediglich auf Geschäfte mit Verbrauchern beschränkt und den Anwendungsbereich weiter mit „Verträgen über die Durchführung eines Kredit- und Finanzmanagements“ beschrieben. Diese Umschreibung erscheint dem Senat zunächst wenig griffig und präzis, da die Beklagte Verträge zur Nutzung von webbasierter Software anbietet; die von der Klägerin verwendete Formulierung könnte dagegen auch so verstanden werden, dass Beratungs- und Geschäftsführungsleistungen durch Personen erbracht werden, was die Tätigkeit er in die Nähe eines Dienstvertrags rücken würde. Der Senat wählt daher eine treffendere Bezeichnung. Da kein Zweifel daran besteht, welche Tätigkeiten die Beklagte erbringt und dass sich die Klage darauf bezieht (selbst die Klägerin argumentiert an mehreren Stellen damit, dass eine Überlassung von Software vorliege, die mietvertraglich zu qualifizieren sei), liegt in der möglichen Unklarheit des Antrags weder eine Unzulässigkeit noch in der abweichenden Tenorfassung eine Teilabweisung.

c) Der Senat hält es allerdings auch für erforderlich, den Ausspruch auf derartige Verträge mit einer vorgegebenen anfänglichen Laufzeit von 24 Monaten zu begrenzen.

Eine solche Eingrenzung hat die Klägerin zwar nicht unternommen; aus ihrer Argumentation, Vorfälligkeitsklauseln seien bei Verträgen über derartige Leistungen generell unzulässig, weil sie Vertragsstrafen seien und weil die monetäre Gegenleistung stets mit der jeweiligen Leistungseinheit fällig sein müsse, ergibt sich auch, dass nach ihrer Idealvorstellung Klauseln dieser Art in mietvertragsähnlichen Rechtsverhältnissen generell unzulässig seien.

Gleichwohl kann auch im Verbandsklageprozess eine verwendete Klausel nur insoweit der gerichtlichen Kontrolle unterworfen sein, wie sie vom beklagten Verwender tatsächlich Verwendung findet. Andernfalls wäre es möglich, Rechtsfragen in einem Prozess gegenüber dem Verwender einer Klausel unabhängig davon aufzuwerfen, ob dieser die Klausel überhaupt in dieser Form und diesem Zusammenhang verwendet hat und zu verwenden gedenkt. Die Begrenzung auf den Kontext, in dem sich die Klausel nach der vom Beklagten gewählten Gesamtgestaltung befindet, entspricht auch dem allgemeinen Grundsatz, dass der prozessuale Streitgegenstand zweigliedrig zu bestimmen ist und deshalb nicht nur aus dem Antrag, sondern auch dem Lebenssachverhalt besteht (MüKoZPO/Gottwald, 6. Aufl. 2020, ZPO § 322 Rn. 112); der maßgebliche Lebenssachverhalt ist vorliegend aber die Verwendung der Klausel für Verträge gerade mit einer „vorgegebenen langen Laufzeit“ von 24 Monaten. Dafür, dass die Beklagte auch andere Gestaltungen hinsichtlich der Laufzeit anbietet, ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.

Für den Verbandskläger entsteht hierdurch kein Nachteil, weil sich nach allgemeinen Grundsätzen ein Unterlassungsausspruch auch auf kerngleiche Verstöße erstreckt und daher geringfügige Abweichungen, die nach den Entscheidungsgründen die Bewertung nicht substantiell verändern, erfasst sind. Darauf, dass die Zulässigkeit einer Klausel auch im Hinblick auf qualitativ andere Situationen überprüft wird, hat der Verbandskläger aber keinen Anspruch, da auch die Verbandsklage nicht darauf abzielt, hypothetische Rechtsfragen zu klären. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte gezwungen werden sollte, eine Klausel in weitergehenden Umfang zu verteidigen, als er sie selbst einsetzt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass nach allgemeiner Auffassung die Unterlassungsklage teilweise unbegründet ist, wenn der Antrag zu weit geht. Dies bezieht sich darauf, dass der Verbandskläger entscheiden kann und muss, ob sich das Unterlassungsbegehren auf alle Rechtsgeschäfte beziehen soll, in die der Verwender die Klausel einbeziehen will oder einbezogen hat, oder nur einzelne, und eine Ausgliederung aus der Gesamtheit der vom Verwender getätigten Geschäfte vorzunehmen ist, soweit sie möglich ist (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 41. Aufl. 2023, UKlaG § 8 Rn. 3 unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 10. Februar 1993, XII ZR 74/91, NJW 1993, 1133 (1134), wo eine entsprechende Eingrenzung gefordert wurde, weil die Klausel nur in den Fällen AGB-widrig sein konnte, in denen der Abschluss in einer Haustürsituation erfolgte). Mithin ist der Verbandskläger lediglich gehalten, zu entscheiden, ob er die Klausel für den gesamten vom Beklagten verwendeten Bereich angreifen will oder nur für einen Teil desselben; er kann aber nicht über diesen Bereich hinausgehen. Auch insoweit liegt vor diesem Hintergrund keine Teilklageabweisung vor.

2. Eine Vorfälligkeitsklausel des genannten Inhalts ist in Verträgen, wie sie die Beklagte anbietet, mit den rechtlichen Vorgaben für Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht vereinbar.

a) Vorfälligkeitsklauseln sind allerdings, entgegen der Auffassung der Klägerin, nicht an § 309 Nr. 2 lit. a) oder b) BGB zu messen. Sie begründen weder ein Leistungsverweigerungs- noch ein Zurückbehaltungsrecht, sondern im Gegenteil die Vorleistungspflicht des Kunden (siehe nur BGH, Urteil vom 18. April 2019, III ZR 191/18, NJW-RR 2019, 1072, Rn. 11).

b) Ebenso wenig sind derartige Vorfälligkeitsklauseln als Vertragsstrafeversprechen zu behandeln und deswegen aufgrund von § 309 Nr. 6 BGB unwirksam. Die Regelung bürdet dem Kunden nicht zusätzliche Zahlungspflichten auf und führt auch nicht wie eine Verfall- oder Verwirkungsklausel dazu, dass er eigene Rechte verliert (BGH, Urteil vom 18. April 2019, III ZR 191/18, NJW-RR 2019, 1072, Rn. 14; bereits OLG Brandenburg, Urteil vom 25. Juni 2003, 7 U 36/03, NJW-RR 2004, 273 (273)). Hier ändert auch nichts, wie die Klägerin zuletzt geltend gemacht hat, dass das vorliegende Vertragsverhältnis mietvertragsähnlich zu bewerten ist, während dort ein Dienstvertrag beurteilt wurde. Auf die entscheidende Frage, dass die Klausel nicht zu zusätzlichen Zahlungspflichten des Kunden oder einem Verlust vertraglicher Rechte führt, hat die vertragstypologische Einordnung keine Auswirkungen.

c) Jedoch verstößt die angegriffene Vertragsbestimmung gegen die AGB-rechtliche Generalklausel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

aa) Der BGH hat vergleichbare Vorfälligkeitsklauseln in bestimmten Schuldverhältnissen dann für wirksam gehalten, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen zumindest nicht hinter den Anforderungen, die an eine außerordentliche Kündigung zu stellen wären, zurückbleiben. Die Vertragsverletzung, die die Vorfälligkeit auslöst, muss so schwerwiegend sein, dass sie ohne Rücksicht auf den Einzelfall eine automatische Vertragsbeendigung erlauben würde (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2019, III ZR 191/18, NJW-RR 2019, 1072, Rn. 20 m.w.N.; OLG Brandenburg, Urteil vom 25. Juni 2003, 7 U 36/03, NJW-RR 2004, 273 (273 f.)).

Diese Voraussetzung wäre vorliegend gegeben, da – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – auf die Einräumung des Rechts und der Möglichkeit zur Nutzung von Software (Softwarelizenz) die mietvertraglichen Regelungen Anwendung finden und dort § 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) BGB unter den genannten Bedingungen dem Vermieter ein Recht zur außerordentlichen Kündigung einräumt.

bb) Die hypothetische Zulässigkeit einer Kündigung stellt allerdings lediglich eine Mindestvoraussetzung dar, damit eine Vorfälligkeitsklausel zulässig sein kann. Weitere Bedingung ist, dass die Interessenabwägung nicht dazu führt, dass eine unangemessene Benachteiligung wider Treu und Glauben gegeben ist.

(1) Vorliegend ist in den Verträgen – anders als in dem vom BGH im Jahr 2019 entschiedenen Fall – eine Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten seitens der Beklagten als Verwenderin zwingend vorgegeben. Der Kunde kann daher nicht die Mindestvertragsdauer selbst aushandeln und so Einfluss darauf nehmen, welche Auswirkungen die Vorfälligkeitsklauseln in dem ihn betreffenden Vertragsverhältnis haben kann. Auch wenn die Vorgabe der Laufzeit selbst nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens und damit der Überprüfung ist, hat dies deshalb Bedeutung, weil von der Länge der (restlichen) Laufzeit die Auswirkungen der Klausel für den betroffenen Kunden abhängen.

(2) Zutreffend ist zwar, dass der Kunde kein Interesse daran haben kann, dass die Beklagte „einen Schritt weiter geht“ und die außerordentliche Kündigung erklärt, weil er in diesem Fall seinen Anspruch auf die Leistung verlieren würde, aber auf Nichterfüllung in Anspruch genommen werden könnte (BGH, Urteil vom 18. April 2019, III ZR 191/18, NJW-RR 2019, 1072, Rn. 20). Er würde daher bei einer Kündigung wesentlich schlechter stehen als dann, wenn lediglich die Fälligkeit der künftigen Zahlungen vorverlegt wird. Dies gilt umso mehr, als in Fällen der vorliegenden Art bei der Ermittlung des Kündigungsschadens eine Anrechnung von Vorteilen durch eine anderweitige Lizenzvergabe regelmäßig nicht vorzunehmen ist (vgl. Regenfus, ZIP 2023, 951 (957)).

(3) Erheblich nachteilig für den Kunden wirkt sich jedoch aus, dass fortan er das Risiko einer Insolvenz der Beklagten trägt. Die Folgen hiervon sind aufgrund der Umstände der vorliegend zu beurteilenden Fallkonstellation ganz erheblich.

(a) Infolge der Vertragslaufzeit von 24 Monaten kann der Kunde das Insolvenzrisiko der Beklagten über eine Zeit von 22 Monaten hinweg tragen müssen. Wie sich die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens über einen solchen Zeitraum entwickelt, ist selbst für Personen mit wirtschaftlichen Kenntnissen und erst recht für Laien kaum abzuschätzen, da sich die ökonomischen Rahmenbedingungen im Zeitraum von 1 ½ Jahren und mehr in erheblicher Weise ändern können. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass auch im Verbandsklageprozess nicht in jedem Sinne in tatsächlicher Hinsicht der „worst case“ zugrundezulegen ist. Gleichwohl kann die Klausel auch im Fall eines Verzugs mit einer der ersten Raten zur Anwendung kommen, so dass diese Situation einzubeziehen ist.

Selbst wenn man realistischerweise davon ausgeht, dass der Zahlungsverzug des Kunden nach der Hälfte der Laufzeit, also nach 12 Monaten, eintritt, trägt er noch das Insolvenzrisiko für einen Zeitraum von 10 Monaten. Dass in dieser Phase der letzten 10 Monate des 2-jährigen Zeitraums eine Insolvenzgefahr gegeben sein kann, selbst wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten bei Begründung des Vertragsverhältnisses noch ausreichend oder sogar zufriedenstellend waren, kann weder ausgeschlossen noch als fernliegend bezeichnet werden. Der Zeitraum ist auch so lang, dass eine Realisierung dieses Risikos während fortbestehender Vertragslaufzeit nicht als fernliegend abgetan werden kann.

Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt ganz erheblich von der Situation, die der Entscheidung des BGH vom 18. April 2019 (III ZR 191/18, NJW-RR 2019, 1072, Rn. 14) zugrunde lag. Dort war die Mindestdauer des Vertrags über Nachhilfeunterricht individuell auszuhandeln und verlängerte sich dieser ohne Kündigung nur um jeweils drei Monate. Der Zeitraum, auf den sich die Vorfälligkeitsklauseln auswirken und zu einer Überbürdung des Insolvenzrisikos führen konnte, war damit wesentlich geringer. Der Gesichtspunkt hat daher in der vorzunehmende Abwägung ein signifikant höheres Gewicht. Auch in der Literatur (BeckOGK/Zschieschack, Stand 1.6.2023, § 307 Vorfälligkeitsklausel Rn. 17) wird eine ungerechtfertigte Benachteiligung dann angenommen, wenn die Vorauszahlungspflicht lange Zeiträume umfasst.

(b) Die Unsicherheitseinrede des § 321 BGB, auf die u.a. das Landgericht (und auch der BGH) verwiesen hat, bewirkt in der vorliegenden Konstellation ebenfalls keinen adäquaten Schutz für den Kunden.

§ 321 BGB setzt eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen dem Zeitpunkt, in dem die Vorleistungspflicht begründet wurde (vorliegend also dem Vertragsschluss), und dem Fälligkeitszeitpunkt voraus. Der Kunde könnte daher lediglich die dort genannten Rechte ausüben, wenn bereits in dem Moment, in dem die Beklagte infolge der Vorfälligkeitsklausel die Leistung des noch offenen Gesamtbetrages fordern kann, Liquiditätszweifel bestehen. Wie ausgeführt, geht es aber nicht ausschließlich um diesen Gesichtspunkt, sondern vor allem darum, dass der Kunde in der Zeit nach Entrichtung des Gesamtbetrags bis zum Laufzeitende zwangsläufig in Vorleistung gegangen ist.

Für den Fall, dass die Liquiditätsprobleme erst nach Entrichtung dieser Zahlung auftreten, nützt das in § 321 Abs. 1 BGB eingeräumte Leistungsverweigerungsrecht nichts, und zwar selbst dann, wenn man die Bestimmung über ihren Wortlaut hinaus auch auf Fälle anwendet, in denen nach erfolgter Vorleistung des Kunden eine wirtschaftliche Schieflage des Gläubigers eintritt. Dem Kunden hilft nicht, dass er nun die Leistung verweigern dürfte, da er diese bereits erbracht hat; ein Rückforderungsrecht oder ein Recht auf nachträgliche Sicherheitsleistung durch den Gläubiger sieht § 321 BGB nicht vor. Ein Recht, den aufgrund der Vorfälligkeit entrichteten Betrag bei Eintritt der Unsicherheit von der Beklagten zurückzufordern, ergibt sich dabei auch nicht über das Bereicherungsrecht, insbesondere aus § 813 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Bestimmung setzt dauerhafte (peremptorische) Einwände voraus, doch gewährt § 321 BGB nach allgemeinem Verständnis lediglich einen vorübergehenden (dilatorischen) Einwand (so etwa ausdrücklich BeckOK BGB/H. Schmidt, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 321 Rn. 3; NK-BGB/Peter W. Tettinger, 4. Aufl. 2021, BGB § 321 Rn. 10).

Die Rechte aus § 321 Abs. 2 BGB helfen dem Kunden in dieser Situation ebenfalls nicht, zumal eine sofortige Bewirkung der gesamten Gegenleistung aufgrund der von der Beklagten geschuldeten Dauer-Leistung ausscheidet und auch nicht sichergestellt ist, dass sie noch zur Sicherheitsleistung in der Lage ist. Ebenso wenig ist sicher, dass nach Verschlechterung der Liquidität der Beklagten der Kunde seinen Anspruch auf Rückgewähr der Leistung nach Rücktritt tatsächlich realisieren können wird.

(c) Es ist auch zu befürchten, dass im Falle einer Insolvenz der Beklagten der Kunde die ihm zugesagte Leistung – Möglichkeit zur Nutzung der Softwarekomponenten – nicht mehr vertragsgemäß bis zum Laufzeitende erhält.

i. Die Beklagte hat zwar vorgebracht, dass ihre Software kaum Pflege bedürfe. Dies kann allerdings nur für die „Buchhaltungssoftware“ gelten. Für die Komponente „Informationsmanagement“, bei der die Beklagte in dem Vertragsformular aktuelle, von ihrem Experten auf ihn zugeschnittene Nachrichten aus dem Finanzbereich verspricht, bedarf es ersichtlich einer gewissen regelmäßigen Auswertung und Redaktionsarbeit.

ii. Zudem wird – was insbesondere auch den Bereich „Liquiditätsmanagement“ betrifft, welcher den Kern der beklagtenseits geschuldeten Leistung darstellen dürfte – die Software dem Kunden via Webbrowser zur Verfügung gestellt. Wie mündlich erörtert, muss daher bei jeder einzelnen Nutzung durch den Kunden die Software auf einem Server abrufbar sein. Kommt die Beklagte in Zahlungsschwierigkeiten oder fällt sie in Insolvenz, wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr in der Lage sein, die Server zu betreiben, oder ist damit zu rechnen, dass die Dienstleister, auf deren Server die Programme und Daten auf Servern von Dienstleistern gehostet sind, ihre Leistungen berechtigterweise einstellen.

Dieses Szenario wird auch nicht durch das Vorbringen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entkräftet, es sei in der Branche absolut üblich und müsse auch von der Beklagten so gehandhabt werden, dass die Host-Provider für Zeiträume von etwa 2 Jahren Vorkasse für ihre Dienstleistungen fordern. Zum einen hat der Kunde keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte auf diese Weise ihr Leistungsvermögen sicherstellt; rein faktische Gepflogenheiten oder branchenübliche Forderungen Dritter können einer Klausel nicht zur Wirksamkeit verhelfen. Zum anderen Ist nicht gesichert, dass die Laufzeit des Vertrags mit dem einzelnen Kunden mit der Laufzeit des Vertrags zwischen der Beklagten und dem Host-Provider kongruent ist. Es ist daher durchaus möglich und sogar zu erwarten, dass eine 2-jährige oder sogar längere Vertragsperiode während des Zeitraums endet, für den der Kunde die Leistungen der Beklagten beanspruchen kann. Kann ein Anschlusskontrakt nicht abgeschlossen werden, ist damit die Fortdauer der Nutzungsmöglichkeit nicht mehr gegeben.

Aus diesem Grund besteht trotz des beklagtenseits vorgetragenen, klägerseits nicht bestrittenen Vortrags ein greifbares Risiko, dass Dritte die Leistung gegenüber der Beklagten verweigern, weil sie keine Zahlung von der Beklagten mehr erwarten können. Ebenso besteht die Gefahr, dass ein Insolvenzverwalter nicht bereit ist, einen entsprechend langen Vertrag mit einem Host-Provider abzuschließen, und er sich daher gegen die Erfüllung des beiderseits nicht vollständig erfüllten Vertrags ausspricht. Der Kunde kann daher nicht sicher sein, dass er die Leistung weiter erhält, wie es bei einer auf seinem Rechner abgespeicherten Software, die lediglich lizenziert wurde, der Fall wäre.

iii. Unerheblich ist schließlich, ob aufgrund des Charakters als Web-basierte Anwendung die Software mit überschaubar umfangreichem Programmcode auch durch Wayback-Maschinen aufgefunden, rekonstruiert und so genutzt werden könnte. Unabhängig davon, ob ein solches Vorgehen rechtlich erlaubt wäre, kann jedenfalls nicht unterstellt werden, dass jeder Nutzer hierzu in der Lage ist und daher im Fall der Fälle auf diesem Weg sich auch ohne die notwendige Mitwirkung der Beklagten eine Nutzungsmöglichkeit verschaffen könnte

(4) Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Regelung kann ferner nicht außer Betracht bleiben, dass die Beklagte durch die Klausel in die Lage versetzt wird, mit dem Geld der Kunden über längere Zeiträume zu wirtschaften. Ein solcher Vorteil lässt sich sachlich nicht rechtfertigen, weswegen auch im Fall des „Kündigungsschadens“ entweder keine Vorfälligkeit eintritt (so die Lösung im Mietrecht) oder eine Abzinsung der erst später fälligen Raten vorzunehmen ist (so im Darlehens- und Leasingsrecht; vgl. zum Ganzen Regenfus, ZIP 2023, 951 (961 f.)). Auch wenn daher richtig ist, dass die Beklagte vorliegend keinen Schadensersatzanspruch gegen ihre Kunden geltend macht und deshalb das schadenersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht unmittelbar eingreift, zeigt dies, dass die Vorfälligkeit der an sich erst später geschuldeten Raten zu Vorteilen für die Beklagte führt, die zur Wahrung ihrer legitimen Interessen nicht erforderlich sind und auch nicht anderweitig kompensiert werden. Da vorliegend wiederum selbst dann, wenn man nicht vom „worst case“ ausgeht, Zeiträume von mehreren Monaten im Raum stehen, ist dieser Vorteil auch nicht so geringfügig, dass er als wirtschaftlich unerheblich und zwangsläufige Nebenfolge abgetan werden könnte.

(5) Keine Auswirkungen darf schließlich haben, dass die monatliche Zahlungspflicht der Kunden sich lediglich auf 14,95 € beläuft und damit selbst im „worst case“ maximal 323,80 € vorzeitig fällig werden. Das AGB-Recht kennt keine Bagatellklausel; die vermeintlich geringe Höhe eines Entgelts ist nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich kein geeignetes Kriterium, um eine unangemessene Benachteiligung zu rechtfertigen (so zuletzt BGH, Urteil vom 25.10.2016 – XI ZR 9/15, NJW 2017, 1018, Rn. 40). Auch dann, wenn die Leistungen niedrig sind, wirkt sich die Kumulation der Zahlungspflicht durch die sofortige Fälligstellung in Relation zu den Einzelbeträgen relativ hoch aus.

(6) Entgegen dem Vorbringen in der Berufungserwiderung ist es auch nicht so, dass der Kunde von seinen finanziellen Verpflichtungen frei wird, wenn er sich vertragsbrüchig verhält. Auch ohne Anwendung der Vorfälligkeitsklausel bliebe es dabei, dass er die monatlichen Raten für den gesamten Zeitraum von 24 Monaten schuldet.

(7) Die Unangemessenheit der Benachteiligung entfällt nicht deshalb, weil die Situation eine Folge des Verzugs des Kunden ist, er sich also selbst zuvor in erheblichem Umfang vertragswidrig verhalten hat, indem er die geschuldeten Zahlungen nicht geleistet hat, und insoweit auch der Zeitpunkt und damit der Umfang der betroffenen Raten von ihm beeinflusst werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2019, III ZR 191/18, NJW-RR 2019, 1072, Rn. 24).

Dieser Aspekt, dass die Vorfälligkeitsklausel nur nach einer Pflichtverletzung des Kunden zur Anwendung kommt, relativiert zwar die Schutzwürdigkeit des Kunden. Dies geht aber aufgrund der vorliegend zu berücksichtigenden Gesichtspunkte nicht so weit, dass er die beschriebenen nachteiligen Folgen für ihn, die bis zu einem faktischen Verlust seiner Zahlungen ohne Gegenleistung reichen können, aufwiegen. Ebenso wenig rechtfertigt die Verletzung des Zahlungsversprechens, dem anderen einen Vorteil in Gestalt vorab zu geflossener Liquidität zu verschaffen.

(a) Die vorangegangene eigene Vertragspflichtverletzung mindert die Schutzwürdigkeit des Kunden.

i. Auch eine Nichtleistung, die – was bei Nichtbegleichung eines absolut eher geringfügigen Betrags von 14,95 € regelmäßig der Fall sein dürfte – auf Zahlungsunfähigkeit (nicht: Zahlungsunwilligkeit) beruht, stellt eine Pflichtverletzung dar (“Geld hat man zu haben“). Diese bewegt sich nicht im untersten, gewöhnlich folgenlos bleibenden Bereich, wenn sie über mehr als 2 Fälligkeitstermine andauert.

ii. Der Senat lässt dabei die Frage, ob ein Verzug infolge Zahlungsunfähigkeit (wie er vorliegend wahrscheinlicher ist) weniger schwer zu bewerten ist als ein solcher infolge von Zahlungsunwilligkeit, ausdrücklich offen, da sie die Gesamtabwägung nicht mehr entscheidend beeinflussen würde. Dasselbe gilt im Hinblick auf das Gegenargument der Klägerin, dass ein Anbieter von Software dieser Art aufgrund der Klientel, für die sie bestimmt ist, mit einem Zahlungsausfall rechnen müsse.

iii. Allerdings kann nicht, wie die Beklagte argumentiert, davon ausgegangen werden, dass die Pflichtverletzung des Kunden stets oder zumindest typischerweise deswegen gesteigertes Gewicht besitzt, weil er über seine Leistungsfähigkeit getäuscht hat. Selbst in den Fällen, in denen der Verzug des Kunden in der „Anfangsphase“ eintritt, kann nicht mit hinreichender Sicherheit auf einen vorangegangenen Eingehungsbetrug des Kunden zu Lasten der Beklagten geschlossen werden. Es gilt insoweit nichts anderes als im Hinblick auf die Prognose der wirtschaftlichen Verhältnisse der beklagten Verwenderin: Auch der Verbraucher kann oftmals seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht für einen Zeitraum von mehreren Monaten bis zu 2 Jahren sicher absehen. Es mag zwar so sein, dass derjenige, der nicht einmal mehr als 15,00 € im Monat aufbringen kann, oftmals bereits seit längerem in wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist; andererseits darf auch ein solcher Verbraucher die Hoffnung haben, wenigstens einen solchen kleinen Betrag auch über die Gesamtdauer von 24 Monaten stemmen zu können. Mithin ist weder sicher noch typisch, dass diejenigen Verbraucher, bei denen die Vorfälligkeitsklausel nicht erst ganz am Ende des 2-Jahres-Zeitraums eingreift, vorsätzlich oder in besonderem Maße fahrlässig gehandelt haben, als sie sich für diesen Zeitraum verpflichtet hatten. Abgesehen davon gilt die Klausel unterschiedslos auch für die Fälle, in denen der Verzug erst am Ende der 24-monatigen Periode eintritt; hier lässt sich keinerlei Vermutung einer bereits anfänglichen Liquiditätskrise und einer relevanten Täuschung über die eigene Leistungsfähigkeit aufstellen.

(b) Die Schutzwürdigkeit der Beklagten Ist allerdings wiederum geringer als in den Fällen des Nachhilfeunterrichtvertrags (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2019, III ZR 191/18, NJW-RR 2019, 1072, Rn. 27).

i. Die Beklagte muss, wie sie selbst in einem Zusammenhang vorträgt, keine besonderen Anstrengungen unternehmen, um ihre Leistung zu erbringen, da die Software keiner intensiven Pflege bedarf. Ohnehin muss die Software funktionsfähig gehalten werden, unabhängig davon, ob der einzelne Kunde zahlungswillig und zahlungsfähig ist oder nicht. Die Beklagte muss somit nicht, um sich leistungsfähig zu halten, eigens für den konkreten Vertrag mit dem säumigen Schuldner Aufwendungen tätigen, sodass sie nicht verpflichtet ist, weiteres Geld für einen konkreten Kunden auszugeben, ohne von ihm die Gegenleistung erwarten zu können.

Soweit die Beklagte, was der Senat dem Inhalt des Vertrags entnimmt, dem Kunden auch Informationen liefern muss, dürfte die entsprechende Auswahl jedenfalls keinen erheblichen Aufwand bedeuten, da eine echte Individualisierung nicht geschuldet und zu erwarten sein dürfte. Jedenfalls dürfte auch an dieser Stelle nicht das Schwergewicht des Vertrags und damit der Aufwendungen für die Beklagte liegen.

Die Situation liegt damit anders als beim Nachhilfeunterricht, wo die Vorbereitung und Organisation der monatlichen Unterrichtsleistungen regelmäßig erheblichen tatsächlichen und finanziellen Aufwand erfordert.

ii. Der Beklagten kann schließlich nicht zugute kommen, dass Monatsbeträge von 14,95 € praktisch nicht beigetrieben werden können, weil die Verfahrenskosten in keinem Verhältnis zum Schuldbetrag stehen und aus dem zuvor genannten Grund die Realisierungsaussichten gering sind. Auch dieser Aspekt kann die beschriebenen Nachteile für den Kunden und die Besserstellung der beklagten Verwenderin nicht legitimieren. Zur Vermeidung einer Vielzahl von Mahn-, Erkenntnis- oder Vollstreckungsverfahren wegen Kleinbeträgen kann die Beklagte auch mehrere Monatsbeträge nach Fälligkeit gesammelt geltend machen.

cc) In der nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB vorzunehmenden Gesamtabwägung überwiegen daher die Interessen des Kunden, nicht über möglicherweise erhebliche Zeiträume in Vorleistung gehen, für diese Zeiträume das Insolvenzrisiko der Beklagten tragen und der Beklagten Liquidität zur Verfügung stellen zu müssen, die Belange der Beklagten, nicht ihre Leistungen erbringen zu müssen, ohne die Gegenleistung tatsächlich zu erhalten.

d) Der verfolgte Unterlassungsanspruch ist damit gegeben.

e) Offenbleiben kann daher, ob Vorfälligkeitsklauseln generell unzulässig sind, weil sie die individualvertragliche Abrede abändern, nach der der Verbraucher die monetäre Gegenleistung stets korrespondierend zur jeweiligen Zeiteinheit, in der die vertragstypische Leistung vom Verwender erbracht wird, schuldet.

Der Senat hat jedenfalls Zweifel, ob der entsprechenden Argumentationen des Klägervertreters gefolgt werden könnte. In seiner Entscheidung zu Vorfälligkeitsklauseln bei Nachhilfeunterrichtsverträgen (Urteil vom 18. April 2019, III ZR 191/18, NJW-RR 2019, 1072, Rn. 26 ff.) hat der Bundesgerichtshof betont, dass ein leitbildprägender Charakter einer gesetzlichen Regelung i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht schon dann gegeben ist, wenn eine gesetzliche Regelung auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern erst, wenn sie die Ausprägung eines Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die Überlegung, dass die in § 614 BGB angeordnete Vorleistungspflicht des Dienstverpflichteten nicht Leitbildcharakter in diesem Sinne besitzt, zumal sie in der Praxis oftmals modifiziert wird, gilt uneingeschränkt auch für das Mietrecht. Die Abhängigkeit von Leistungspflicht und Leistungseinheit ist im Mietrecht jedenfalls nicht schwächer ausgeprägt als im Dienstvertragsrecht; auch hier sind zudem häufig entsprechende abweichende Gestaltungen zu finden (Vorauszahlung der Miete für mehrere Monate oder sogar den gesamten Zeitraum, mag diese auch für kürzere Teileinheiten berechnet sein und bei vorheriger Auflösung zu zurückzuerstatten sein). Diese Überlegungen müssen auch bei § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB Berücksichtigung finden. Die Vereinbarung einer ratierlichen Zahlung eines (aufgrund der Festlaufzeit verbindlich vereinbarten) Gesamtbetrags für die fest vereinbarte Laufzeit dürfte ebenfalls in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhen, aber nicht die Pflichten der Parteien in einem wesentlichen Punkt betreffen. Auch wenn sie für beide Seiten praktisch sein mag, weil niemand zur Vorleistung von mehr als einem Monat gezwungen ist, sichert sie nicht ausschließlich und gezielt Interessen des Geldleistungsschuldners. Zudem stellt diese Zahlungsweise und Fälligkeitsregel vorliegend keine Individualvereinbarung dar, weil sie von der Verwenderin fest vorgegeben bzw. angeboten ist. Eine abweichende Regelung in AGB ist daher nicht in der Lage, den Leistungsaustausch so, wie er vereinbart wurde, ernsthaft infrage zu stellen.

Ebenso kann der Senat den weiteren von der Klägerin zitierten Entscheidungen nicht entnehmen, dass der BGH die Koppelung von Leistungszeitpunkt und Leistungseinheit als essenziell und AGB-fest ansieht. Richtig ist, dass der BGH jeweils für den „Kündigungschaden“ ausgesprochen hat, dass die Beendigung des Dauerschuldverhältnisses nicht zu einer Vorfälligkeit ratierlich geschuldeter Zahlungen führt (so im Mietrecht, BGH, Urteil vom 11. Juli 1979 – VIII ZR 183/78, BeckRS 1979, 30853179) oder eine Abzinsung geboten ist (so im Leasingsrecht, BGH, Urteil vom 28. Oktober 1981 – VIII ZR 302/80, BGHZ 82, 121 = NJW 1982, 870). Dies beruht aber schlicht auf dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot, besagt also nichts darüber, ob als Reaktion auf eine Pflichtverletzung in bestimmten Fällen, insbesondere nach sorgfältiger Interessenabwägung, eine derartige Rechtsfolge im Vereinbarungswege getroffen werden könnte.

3. Ebenso steht der Klägerin nach § 5 UKlaG i.V.m. § 13 UWG ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zu.

Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe die Höhe der pauschal bemessenen Kosten nicht substantiiert, bleibt erfolglos. Die Kalkulationsansätze sind in dem Schreiben der nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 26. Juli 2021, auf welches sie insoweit in der Klageschrift konkret Bezug genommen hat, eingehend dargestellt. Der angesetzte Zeitaufwand erscheint zur Befassung mit Angelegenheiten dieser Art angemessen. Der geforderte Betrag hält sich im Rahmen dessen, was Verbraucherschutzverbände in vergleichbaren Fällen anzusetzen pflegen und plausibel nachweisen konnten. Konkrete Einwände gegen diese Berechnung zeigt die Beklagte nicht auf. Das so begründete Maß an Gewissheit genügt angesichts der von § 287 Abs. 1 ZPO eröffneten Möglichkeit zur Schadenschätzung.

4. Der Kostenausspruch ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 i.V.m. § 713 ZPO.

5. Die Zulassung der Revision ist nicht geboten. Die Entscheidung fällt zwar im Ergebnis anders aus als die in der mehrfach zitierten BGH-Entscheidung, doch beruht dies maßgeblich auf den abweichenden Umständen des Einzelfalls, so dass die Argumentation nicht im Widerspruch zu den dortigen Ausführungen steht, sondern jene gedanklich fortführt. Da der Senat offenlassen kann, ob die Vorfälligkeitsklausel unabhängig von der Vertragslaufzeit zulässig wäre, ist mangels Eignung zur Herbeiführung einer Klärung einer generellen Rechtsfrage auch keine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung geboten.

Den Streitwert setzt der Senat, wie in Verfahren wegen AGB-Klauseln im Verbandsprozess üblich, auf 2.500,00 € fest; gegen den entsprechenden Ansatz des Landgerichts haben auch die Parteien nichts eingewandt.

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