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Vorfahrtsverzicht

Verzichtet man auf die Vorfahrt, wenn man zweimal aufblendet, die Geschwindigkeit deutlich verlangsamt und mit beiden Händen Winkzeichen gibt? Nein!


OLG Hamm

Az.: 27 U 76/99

Verkündet am 21.09.1999

Vorinstanz: LG Essen – Az.: 12 O 414/98


In dem Rechtsstreit hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 1999 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 22. Januar 1999 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die am 13. Februar 1979 geborene Klägerin, die seit dem 16. Januar 1998 Inhaberin einer Fahrerlaubnis ist, verlangt Schmerzensgeld (Vorstellung 9.500,00 DM) sowie die Feststellung materieller und immaterieller Ersatzpflicht aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 14. Februar 1998 um 18.40 Uhr innerorts von als sie mit dem Pkw ihres Vaters die in Fahrtrichtung fuhr und in die Straße nach links einbiegen wollte. Dazu ordnete sich die Klägerin mit dem zur Mittellinie ein und bremste bis zum Stillstand ab, um die bevorrechtigten Teilnehmer des Begegnungsverkehrs passieren zu lassen. Nachdem die Klägerin einige Fahrzeuge im Gegenverkehr passieren gelassen hatte, näherte sich sodann der Pkw der Zeugin X, die die Geschwindigkeit ihres Fahrzeugs in streitigem Umfang verminderte und die „Lichthupe“ betätigte. Nachdem die Klägerin unmittelbar vor dem Pkw der Zeugin mit dem Abbiegevorgang begonnen hatte, stieß sie auf der Gegenfahrbahn mit dem Pkw der Zeugin X, die bei der Beklagten haftpflichtversichert ist, zusammen.

Die Klägerin hat behauptet, daß die Zeugin X bei Annäherung an die Einmündung deutlich ihre Geschwindigkeit verlangsamt und zusätzlich zur „Lichthupe“ mit der Hand Zeichen gegeben habe, so daß sich ein unzweideutiger Verzicht der Zeugin X auf ihr Vorfahrtsrecht ergeben habe. Als sie, die Klägerin, deshalb angefahren sei, habe die Zeugin X ihr Fahrzeug wieder beschleunigt und sei ungebremst in die Seite gefahren. Die Klägerin hat behauptet, die Zeugin X habe damit nicht nur fahrlässig gehandelt, sondern den Zusammenprall bewußt und vorsätzlich im Rahmen eines von ihr unternommenen Suizidversuches herbeigeführt. Sie hat behauptet, über ein unstreitig erlittenes Schleudertrauma auch eine Kiefergelenksfraktur erlitten zu haben, die über 1-2 Jahre das Tragen einer Gebißführungsplatte erforderlich gemacht habe. Eine endgültige Ausheilung der Verletzung sei nicht sicher.

Der Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe mit ihrem Fahrzeug ohne Blinkzeichen, jedoch mit eingeschaltetem Fernlicht an der Mittellinie gestanden, so daß die Zeugin geblendet worden sei. Diese habe deshalb die Geschwindigkeit ihres Fahrzeugs geringfügig herabgesetzt und zur Warnung der Klägerin ihre Lichthupe betätigt.

Das Landgericht hat die Klägerin angehört sowie die Zeuginnen und (Beifahrerinnen der Klägerin) sowie uneidlich vernommen und dann die Klage aus im wesentlichen folgenden Gründen abgewiesen: Bereits das von der Klägerin persönlich geschilderte Verhalten der Zeugin X lasse nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf einen Vorfahrtsverzicht schließen; da dieses auch dahin gedeutet werden könne, daß sie die Klägerin auf eine Blendung durch eingeschaltetes Fernlicht aufmerksam machen wollte. Im übrigen sei die Unfalldarstellung der Klägerin nicht erweislich. Die Klägerin habe auch nicht bewiesen, daß die Zeugin X den Verkehrsunfall vorsätzlich herbeigeführt habe. Der auf die Feststellung der Ersatzpflicht künftiger materieller Schäden gerichtete Antrag sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig, weil die Klägerin nach ihren persönlichen Angaben materielle Schäden aus dem Führen der Gebißführungsplatte nicht erlitten habe. Im übrigen sei der Feststellungsantrag unbegründet, weil ein schuldhaftes Verhalten der Zeugin X nicht bewiesen sei.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts und steht auf dem Standpunkt, daß in dem als erwiesen anzusehenden zweimaligen Betätigen der „Lichthupe“ und im Abbremsen praktisch bis zum Stillstand ein Verzicht auf das Vorrecht der Zeugin liege. Nachdem die Zeugin zusätzlich ein Handzeichen gegeben habe, habe sie, die Klägerin, sich durch Blickkontakt vergewissert, fahren zu dürfen. Sie, die Klägerin, habe darauf vertrauen dürfen, daß die Zeugin ihr gezeigtes Fahrverhalten auch dahin meine, ihr das Vorrecht einzuräumen. Der auf materielle Zukunftsschäden bezogene Feststellungsantrag sei zulässig, weil neben Heilbehandlungskosten eine mit finanziellen Folgen verbundene Ausbildungsunterbrechung in Betracht komme. Auch sei die Erforderlichkeit einer zusätzlichen Operation noch nicht geklärt.

Der Beklagte verteidigt mit näheren Darlegungen das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung und des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat die Klägerin persönlich nach § 141 ZPO angehört. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung wird auf den Vermerk des Berichterstatters zur Senatssitzung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil ihre Klage zu Recht abgewiesen, denn sie kann von dem Beklagten nach den §§ 7 StVG, 823, 847 BGB, 3 PflVG keinen Ersatz ihrer Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 16. Januar 1998 verlangen. Ein schuldhafter Verstoß der Zeugin gegen ihre Verkehrspflichten ist nicht gegeben; deshalb steht der Klägerin kein Anspruch auf Schmerzensgeld zu (I.); ihr eigenes schwerwiegendes Verschulden stellt die Klägerin auch hinsichtlich ihrer Feststellungsanträge klaglos (II.).

I.

Ein schuldhafter Verstoß der Zeugin gegen ihre Verhaltenspflichten im Straßenverkehr ist nicht erweislich, so dass ein Anspruch der Klägerin auf Schmerzensgeld nicht besteht. Da die Klägerin ihren bisherigen Vortrag, das Unfallgeschehen vom 16. Januar 1998 stelle einen Suizidversuch der Zeugin dar, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat fallengelassen hat, stand allein der Vorwurf fahrlässigen Verhaltens zur Entscheidung durch den Senat.

1.

Angesichts dessen, daß die Klägerin grundsätzlich den Vorrang der Zeugin zu beachten hatte (§ 9 Abs. 3 Satz 1 StVO), wäre ein dem Beklagten zurechenbares schuldhaftes Verhalten der Zeugin dann in Betracht gekommen, wenn diese auf ihr Vorfahrtsrecht verzichtet hätte; in diesem Fall hätte sie deutlich der Klägerin zu verstehen geben müssen, wenn sie von dem ihr zustehenden Recht wieder Gebrauch machen wollte (§ 1 Abs. 2 StVO).

Mit dem Landgericht ist der Senat jedoch der Auffassung, dass die Klägerin noch nicht einmal einen Sachverhalt behauptet hat, dem ein Vorfahrtsverzicht zu entnehmen ist. Nach ganz einhelliger Auffassung ist dieser nur dann anzunehmen, wenn der Berechtigte seinen Verzicht unmißverständlich anzeigt (BGH DAR 1960, 137, 139; KG VM 1980, 87; Jagusch/Hentschel § 8 StVO Rdn. 37), wobei im Interesse der Verkehrssicherheit strenge Anforderungen gestellt werden. Soweit die Klägerin bei ihrer ausführlichen persönlichen Anhörung vor dem Landgericht angegeben hat, daß die Zeugin zweimal aufgeblendet, ihre Geschwindigkeit deutlich verlangsamt und mit beiden Händen Winkzeichen gegeben habe, so reicht dies zur Feststellung eines Vorfahrtsverzichts nicht aus. Denn nach der strengen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH DAR 1960, 137, 139), die dem Erfordernis klarer und unmißverständlich zu beurteilender Vorfahrtsregelungen Rechnung trägt, kann selbst ein kurzes, oft auf Vorsicht beruhendes Anhalten des Bevorrechtigten nicht ohne weiteres als Verzicht gewertet werden. Die Abgabe von Leuchtzeichen durch Betätigung der „Lichthupe“ hat nach § 16 Abs. 1 StVO allein die Funktion, andere Verkehrsteilnehmer zu warnen; Warnzeichen dürfen in aller Regel nicht als Zeichen der Verständigung gegeben werden (BGH NJW 1977, 1057). Zwar ist nicht zu übersehen, daß es sich im Verkehrsgeschehen vielfach eingebürgert hat, die Lichthupe gleichwohl als Verständigungsmittel einzusetzen. Wegen des gesetzlichen Zwecks von Leuchtzeichen kommt der Lichthupe jedoch nicht die erforderliche Eindeutigkeit zu. Auch den von der Klägerin dem Senat geschilderten Winkzeichen kann kein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen werden, da diese nicht von der erforderlichen Unmißverständlichkeit waren. Nach der Art der von der Klägerin dem Senat demonstrierten Winkbewegung kann eine Verwechselung mit einem Hinweis auf eine als blendend empfundene Fahrzeugbeleuchtung nicht völlig ausgeschlossen werden. Im übrigen fällt auf, daß die Klägerin am Unfallort gegenüber den Polizeibeamten nicht von zusätzlichen Gesten oder Handzeichen gesprochen hat. Bei einer Gesamtwürdigung der von der Klägerin vorgetragenen Umstände ist die Bewertung, es habe zwischen der Vorfahrtsberechtigten und der Wartepflichtigen eine Verständigung stattgefunden, die irgendwelchen Zweifeln keinen Raum läßt, nicht gerechtfertigt.

Daran mag auch das Berufungsvorbringen der Klägerin nichts zu ändern, mit dem sie offenbar den Versuch unternommen hat, den strengen an einen Vorfahrsverzicht zu stellenden Voraussetzungen gerecht zu werden. So soll die Zeugin Sawatzki nunmehr ihr Fahrzeug „fast bis zum Stillstand“ abgebremst haben; die Lichthupe soll nun „mindestens“ zweimal eingesetzt worden sein – in der Klageschrift war von einem einmaligen Lichthupen und bei der persönlichen Anhörung vor dem Landgericht von zweimaligem Lichtzeichengeben die Rede – und „natürlich“ habe sie sich auch durch Blickkontakt mit der Zeugin über den Vorfahrtsverzicht „vergewissert“, hiervon war zuvor noch nie die Rede gewesen. Auf den letzten Gesichtspunkt ist die Klägerin bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat auch nicht mehr zurückgekommen. Angesichts der zum Unfallzeitpunkt herrschenden Dunkelheit ist es dem Senat auch nicht verständlich, wie die Klägerin hierzu verlässliche Beobachtungen gemacht haben will, es sei denn, es wäre das Fernlicht des von ihr geführten Fahrzeugs war eingeschaltet gewesen.

Der Senat ist ebenso wie das Landgericht der Überzeugung, dass jedenfalls die Schilderung der Klägerin nicht erweislich ist.

Die Zeuginnen (allesamt ihre Beifahrerinnen) haben weder die Winkzeichen der Zeugin noch den Blickkontakt zwischen der Klägerin und dieser bestätigt. Zwar ist bei letzterem zu berücksichtigen, daß ein Blickkontakt des Fahrzeugführers mit anderen Verkehrsteilnehmern von Beifahrern vielfach nicht wahrgenommen wird; auffällig bleibt jedoch, daß die Beifahrerinnen – die sonst jede Einzelheit wahrgenommen haben wollen – die behaupteten Winkbewegungen mit beiden Händen nicht gesehen haben. Da eine Vergewisserung per Blickkontakt nach der Senatsverhandlung nicht zugrunde gelegt werden kann, bleiben danach allein das Verlangsamen der Geschwindigkeit und das Lichtzeichen geben als Anknüpfungspunkte für einen Vorfahrtsverzicht. Angesichts der Vielzahl der Motive für ein solches Verhalten gerade bei Dunkelheit kann dieses bei der erforderlichen objektiven Betrachtung nicht als Vorfahrtsverzicht verstanden werden, weil dann die unumgängliche Klarheit der Vorfahrtsberechtigung gefährdet wäre.

2.

Der Zeugin kann auch nicht als schuldhaftes Fehlverhalten zur Last gelegt werden, daß sie durch das Verlangsamen ihres Fahrzeugs und das Lichtzeichengeben eine unklare Verkehrssituation geschaffen hätte, so daß sie auf das Verhalten der Klägerin, die durch sie irritiert sein konnte, Obacht hätte geben müssen (§ 1 Abs. 2 StVO). Denn dies hätte die Feststellung vorausgesetzt, daß die Zeugin durch ihr Verhalten einen Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin gesetzt hätte. Dies wäre jedoch nur dann in Betracht zu ziehen gewesen, wenn es feststellbar wäre, daß die Zeugin zu einem Lichtzeichengeben von vornherein keinen anderen Grund gehabt hatte und wenn Feststellungen zu ihrem konkreten Fahrverhalten möglich wären. Beides ist hier jedoch nicht gegeben:

So konnten die Zeuginnen und keine Angaben dazu machen, ob die Klägerin nicht irrtümlich das Fernlicht des von ihr geführten Fahrzeugs eingeschaltet hatte, sowie es die Zeugin begründet hat. Der Senat hatte zu berücksichtigen, daß das Einschalten des Fernlichts nicht bereits einige Zeit vor der Kollision erfolgt sein müßte, sondern der damals 18-jährigen Klägerin, die weniger als einen Monat Fahrerlaubnisinhaberin war und das Fahrzeug ihres Vaters lenkte, beim Betätigen des linken Blinkers im Einmündungsbereich unterlaufen sein könnte. Angesichts dieser Umstände vermag sich der Senat ebenso wie das Landgericht in seiner überzeugend begründeten Entscheidung nicht über die Aussage der Zeugin hinwegzusetzen, die bekundet hat, sich durch das Licht des von der Klägerin geführten Fahrzeugs geblendet gefühlt zu haben. Daß sich die Klägerin in der Berufungsbegründung zum Beweis der Behauptung, nicht mit Fernlicht gefahren zu sein, auf das Zeugnis ihrer Beifahrerinnen beruft, gab zu deren erneuter Vernehmung keinen Anlaß, weil diese hierzu bereits erstinstanzlich vernommen und neue Erkenntnismöglichkeiten nicht dargetan worden sind. Die Senatsverhandlung hat ergeben, daß die Klägerin dies nunmehr ebenfalls so sieht.

Auch der unter Sachverständigenbeweis gestellten Behauptung der Klägerin, wegen der Linksabbiegeposition des Fahrzeugs sei eine Blendung der Zeugin ausgeschlossen gewesen, ist nicht weiter nachzugehen, weil die genaue Stellung der Fahrzeuge auch nicht annäherungsweise bekannt ist und ebensowenig verlässlich dokumentiert wurde. Feststellungen zum Fahrverhalten der Zeugin können ebenfalls nicht getroffen werden, weil es hier für an objektiven Anknüpfungspunkten fehlt. Die Klägerin hatte erstinstanzlich insoweit lediglich von einer Verlangsamung gesprochen; zweitinstanzlich soll der fast bis zum Stillstand gekommen sein. In welcher Entfernung zum späteren Kollisionsort dies geschehen sein soll, wird nicht näher mitgeteilt. Die Angabe der Klägerin vor dem Senat, vor der Kollision hätten die Fahrzeuge nahezu direkt voreinander gestanden, ist zu vage, um eine sachverständige Begutachtung zu ermöglichen, was der Senat als Fachsenat selbst beurteilen kann. Auch zur Frage der erneuten Beschleunigung des fehlt es an brauchbaren Angaben. Die Klägerin will diese am Aufheulen des Motors erkannt haben, hat jedoch erst dann gebremst, als ihre Beifahrerin sie auf das Beschleunigen des aufmerksam machte, was darauf schließen läßt, daß die Klägerin selbst den offenbar nicht weiter beobachtet hat. Von einem Aufheulen des Motors hat sonst keine Insassin des etwas bekundet.

Mangels erweislichen Verschuldens der Zeugin scheidet deshalb ein auf die §§ 823, 847 BGB gestützter Schmerzensgeldanspruch der Klägerin aus.

II.

Auch die Feststellungsanträge der Klägerin hat das Landgericht zu Recht abgewiesen.

1. Zwar wäre angesichts der offenbar noch nicht abgeschlossenen Behandlung der Klägerin das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO hinsichtlich künftiger materieller Schäden zu bejahen gewesen, falls der Kieferbruch – wie die Klägerin behauptet – auf dem Unfall beruht, weil die Klägerin dann materielle unfallbedingte Schäden in Gestalt weiterer Heilbehandlungskosten mit Eigenanteilen erleiden kann.

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Gleichwohl hat das Landgericht den Feststellungsanspruch bezüglich künftiger materieller Schäden im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil der Feststellungsanspruch unbegründet ist. Zwar kann nach Auffassung des Senates für die Zeugin der Unabwendbarkeitsnachweis nach § 7 Abs. 2 StVG nicht als geführt angesehen werden. Ein „Idealfahrer“ hätte von seinem überlegenen Standpunkt in seine Erwägungen einbezogen, daß ein Wartepflichtiger ein Verlangsamen des Vorfahrtsberechtigten bei gleichzeitiger Betätigung der Lichthupe falsch verstehen könnte, und deshalb größte Vorsicht bei der Weiterfahrt an den Tag gelegt. Daß die Zeugin diese äußerste mögliche Sorgfalt hat walten lassen, ist nicht erweislich.

Allerdings führt die Abwägung der Verursachungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 StVG dazu, daß der Haftungsanteil der Zeugin zurücktritt. Der Unfall beruht so sehr auf der Vorfahrtsverletzung seitens der Klägerin, daß es gerechtfertigt ist, sie ihren Schaden selbst tragen zu lassen.

Entgegen der von der Klägerin in der Senatsverhandlung vertretenen Auffassung spielt der von ihr behauptete Umstand, dass die Zeugin an einer psychischen Erkrankung leidet, bei der Abwägung nach § 17 StVG keine Rolle. Denn eine solche etwaige Erkrankung hat sich im Verkehrsgeschehen nicht erweislich objektiviert niedergeschlagen. Der Schluß von einer psychischen Störung auf ein auffälliges Verhalten im Straßenverkehr, wie ihn die Klägerin vor dem Senat gezogen hat, ist nicht gerechtfertigt. Ebenso ohne Bedeutung für die Abwägung der Verursachungsanteile ist der Umstand, daß die Zeugin eine mit Beruhigungsmitteln angereicherte Fruchtsaftflasche am Unfalltag mitgeführt hat, zumal die Klägerin selbst nicht behauptet, daß die Zeugin vor der Kollision unter dem Einfluß eines Beruhigungsmittels, zu dessen Art ebenfalls nichts näheres vorgetragen ist, gestanden hätte. Die Klägerin hat es beim Linksabbiegen an der erforderlichen Beachtung des Gegenverkehrs mangeln lassen. Ihre Wartepflichtverletzung gegenüber der Zeugin wiegt auch subjektiv schwer, weil sie sich ohne zureichenden Anhaltspunkt im Verhalten der Zeugin zum Abbiegen entschlossen hat. Angesichts ihres schwerwiegenden Verschuldens besteht kein Anlaß von dem Grundsatz, daß der Linksabbieger im allgemeinen den gesamten Schaden zu tragen hat, auch wenn sich der Zusammenstoß für den Gegenverkehr nicht als unabwendbares Ereignis darstellt (vgl. Geigel/Haag Kap. 27 Rz. 85) abzuweichen.

2.

Der Feststellungsanspruch bezüglich künftiger immaterieller Schäden ist ebenfalls unbegründet, denn der Beklagte hat mangels Verschuldens der Zeugin wie ausgeführt – für immaterielle Schäden der Klägerin nicht einzustehen.

Die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels hat die Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Beschwer der Klägerin überschreitet nicht 60.000,00 DM.

 

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