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Vorführwagen ist kein Neuwagen

Oberlandesgericht Köln

Az: 19 U 115/09

Beschluss vom 23.11.2009


Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 23.07.2009 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 86 O 6/09 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

Gründe:

Die Berufung der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Das angefochtene Urteil entspricht der Sach- und Rechtslage. Das Vorbringen in der Berufungsbegründung gibt zu einer Abänderung der Entscheidung keinen Anlass.

Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung beanstandet, das Landgericht habe § 478 BGB zu Unrecht für nicht anwendbar gehalten, kann sie hiermit keinen Erfolg haben. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs die Voraussetzungen des § 478 BGB nicht vorliegen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen unter Ziffer I. des Hinweis- und Auflagenbeschusses des erstinstanzlichen Gerichts vom 30.04.2009 Bezug genommen.

Der von der Klägerin an den Endkunden L. veräußerte Auto D. war zuvor von der Klägerin über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten als Vorführwagen genutzt worden und wies zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung an den Endkunden eine Laufleistung von 1.500 km auf. Unter diesen Umständen handelte es sich um die Veräußerung eines gebrauchten Fahrzeugs und nicht um den Verkauf einer neu hergestellten Sache im Sinne des § 478 BGB (vgl. MK-BGB/S.Lorenz, 5. Aufl., § 478 Rz. 8, wonach ein Sache nur dann als „neu hergestellt“ angesehen werden kann, wenn sie „ungebraucht“ ist). Die von der Klägerin herangezogene Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 18.12.1992 – 19 U 57/92 –, zitiert nach Juris) gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Bewertung. Zum einen verhält sich das vorgenannte Urteil nicht zu der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht existenten Vorschrift des § 478 BGB n.F., sondern Gegenstand des Rechtsstreits war die Frage, ob in dem Verhältnis zwischen Händler und Endkunde die Lieferung eines Fahrzeugs mit einer Laufleistung von 1.700 km als vertragsgemäße Lieferung eines Neufahrzeugs anzusehen war. Darüber hinaus war die Laufleistung in dem von dem Oberlandesgericht Hamm zu beurteilenden Fall allein darauf zurückzuführen, dass das Fahrzeug im Einvernehmen mit dem Erwerber zur Vermeidung von Lieferfristen auf dem freien Markt beschafft worden war und sich hierdurch die Transportwege verlängert hatten. Die erhöhte Laufleistung stand also in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb des Fahrzeugs durch den Endkunden und war nicht durch eine vorherige Nutzung durch den Händler selbst entstanden.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt auch eine analoge Anwendung des § 478 BGB auf den hier vorliegenden Fall der Weiterveräußerung eines zuvor von einem Vertragshändler als Vorführwagen genutzten Fahrzeugs nicht in Betracht. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass das Vorhalten von Vorführwagen im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs nahezu unvermeidlich ist und ggf. sogar von Herstellerseite verbindlich vorgegeben wird. Gleichwohl scheidet eine entsprechende Anwendung des § 478 BGB schon angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift aus. Darüber hinaus ist eine Analogie auch mit dem Sinn und Zweck des § 478 BGB nicht vereinbar. Die Regelung soll verhindern, dass der Einzelhandel das volle Risiko des Verbrauchsgüterkaufs tragen muss. Dies findet beim Verkauf neu hergestellter Sachen an den Endkunden seine Berechtigung darin, dass Sachmängel meist bei der Herstellung, der Lagerung oder dem Transport verursacht werden (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 478 Rz. 2, MK-BGB/S. Lorenz, § 478 Rz. 3 m.w.N.). Handelt es sich aber um eine Sache, die von dem Händler vor der Weiterveräußerung an den Endkunden längere Zeit selbst genutzt worden war, so trägt dieser Gedanke nicht. Die den Endkunden zur Rückgabe oder Minderung berechtigenden Mängel können nämlich gerade auch durch den zwischenzeitlichen Gebrauch des Händlers entstanden sein. Zudem hat der Händler in Bezug auf Mängel, die aus der Hersteller-/Lieferantensphäre stammen und bereits bei der Auslieferung des Fahrzeugs an ihn vorhanden waren, größere Möglichkeiten, diese vor der Weiterveräußerung festzustellen und gegenüber seinem Verkäufer zu rügen, als dies bei der unmittelbaren Weiterveräußerung eines Neuwagens an den Endkunden der Fall ist.

Da die Sonderregelungen der §§ 478, 479 Abs. 2 BGB – wie ausgeführt – keine Anwendung finden, bestimmt sich die Verjährung der von der Klägerin geltend gemachten Forderung allein nach §§ 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 218 BGB. Danach beträgt die Verjährungsfrist zwei Jahre ab Ablieferung der Sache. Hierzu hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass bei Eingang bzw. Zustellung der vorliegenden Klage Verjährung bereits eingetreten war.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Nachbesserungsanweisungen der Beklagten nicht als Anerkenntnis gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu werten. Ein Anerkenntnis im Sinne dieser Vorschrift setzt stets voraus, dass sich aus dem Verhalten des Schuldners das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs unzweideutig ergibt. Dies kann den Reparaturanweisungen der Beklagten nicht entnommen werden, da es sich um allgemeine, nicht auf den streitgegenständlichen Einzelfall bezogene Hinweise an die Vertragspartner der Beklagten handelt, wie bestimmte, bei der betreffenden Baureihe auftretende Mängel zu beseitigen sind. Dies gilt auch für die von der Klägerin als Anlage K 3 vorgelegte „Info´Rapid Nr. 6″ vom 27.09.2005. Diese richtet sich ausweislich der ersten Seite der Anweisung an sämtliche Niederlassungen, G-Händler und Schulungszentren und beschreibt in allgemeiner Form die im Falle von Wassereintritt in den vorderen Bereich des Innenraums durchzuführenden Arbeitsschritte. Ein konkreter Bezug zur Reparatur des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist weder den vorgelegten Unterlagen zu entnehmen noch hat die Klägerin vorgetragen, dass die Beklagte der Klägerin die betreffende Reparaturanweisung gerade im Hinblick auf die von dem Endkunden L. gerügten Mängel und die Streitverkündung der Klägerin vom 02.06.2005 hat zukommen lassen. Außerdem enthält die Nachbesserungsanweisung vom 27.09.2005 auf S. 1 den ausdrücklichen Hinweis „Unbedingt beachten: Vor allen Arbeiten den Wassereintritt bestätigen“. Unter Ziffer 15 der Anweisung wird sodann genau beschrieben, wie zu überprüfen ist, ob ein Wassereintritt vorliegt. Dies macht deutlich, dass die Beklagte auch nicht etwa davon ausging, dass bei allen Fahrzeugen der betreffenden Baureihe eine unzureichende Abdichtung vorlag.

Auch die Bezahlung von Rechnungen, die die Klägerin für Reparaturen an dem streitgegenständlichen Fahrzeug an die Beklagte gerichtet hat, stellt kein Anerkenntnis im Sinne des § 212 BGB dar. Zunächst lässt sich überhaupt nur eine der von der Klägerin vorgelegten Rechnungen, nämlich diejenige vom 18.01.2005, der Wassereintrittsproblematik zuordnen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits von der Klägerin auf Gewährleistung des Kaufvertrags in Anspruch genommen worden war bzw. Kenntnis vom Fehlschlagen der Nachbesserungsversuche hatte. Wenn aber die Beklagte davon ausgehen durfte, dass die Reparatur erfolgreich verlaufen war und Gewährleistungsansprüche wegen des betreffenden Mangels nicht im Raum standen, kann der Bezahlung der Rechnung nicht die Bedeutung eines Anerkenntnisses beigelegt werden.

Auch eine Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB ist nicht eingetreten. Nach ihrem erstinstanzlichen Vortrag hatte die Klägerin die Beklagte zunächst mit dem als Anlage K 7 vorgelegten Schreiben vom 16.09.2006 zur Rücknahme des Fahrzeugs und Anerkennung einer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach aufgefordert. Ob und welche Reaktion seitens der Beklagten hierauf erfolgt ist, lässt sich dem Vortrag der Parteien nicht entnehmen. In ihrem weiteren Schreiben vom 30.01.2007 (Anlage K 8) schreibt die Klägerin lediglich, dass die „Bemühungen zur Rückabwicklung … keinen Erfolg hatten.“ Dass in der Zeit zwischen diesen beiden Schreiben Verhandlungen der Parteien im Sinne des § 203 BGB stattgefunden haben, ergibt sich weder aus dieser Formulierung noch aus dem sonstigen Vorbringen der Klägerin. Die Beklagte hat sodann mit den von der Klägerin als Anlagen K 9 und 10 vorgelegten Schreiben vom 29.03.2007 und vom 25.04.2007 eine Rücknahme des Fahrzeugs unmissverständlich abgelehnt und sich dabei bereits in ihrem Schreiben vom 29.03.2007 auf Verjährung berufen. Diese Reaktionen der Beklagten gaben der Klägerin keinerlei Anlass zu der Annahme, die Beklagte lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs ein, was aber Mindestvoraussetzung für ein Verhandeln im Sinne des § 203 BGB ist. Entgegen dem Berufungsvorbringen der Klägerin konnte jedenfalls auf der Grundlage ihres erstinstanzlichen Vortrags auch nicht davon ausgegangen werden, zwischen den Parteien habe Einigkeit bestanden, dass das streitbefangene Fahrzeug im Autohaus im G. S. GmbH überarbeitet werden sollte. Die Beklagte hatte in ihrem Schreiben vom 25.04.2007 zwar mitgeteilt, dass der von dem Kunden L. zurück gegebene Auto D. sowie zwei weitere im Besitz der Klägerin befindliche Fahrzeuge dieses Typs bei dem genannten Autohaus instand gesetzt werden sollten. Die Klägerin hat jedoch erstinstanzlich nicht vorgetragen, dass sie sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt habe. Im Hinblick auf die nunmehr zweitinstanzlich geltend gemachte Einigkeit, fehlt konkreter Sachvortrag, wie und wann diese erzielt worden sein soll und für welchen Zeitraum sie ggf. angedauert hat. Unabhängig von der Frage, ob das neue zweitinstanzliche Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO überhaupt der Entscheidung durch den Senat zugrunde zu legen ist, ist der Vortrag jedenfalls mangels hinreichender Substantiierung nicht geeignet, eine Hemmung der Verjährung gemäß § 203 BGB schlüssig zu begründen.

Nach alledem kann die Berufung keinen Erfolg haben. Die Klägerin hat Gelegenheit zur Stellungnahme – auch zur Frage der Durchführung des Berufungsverfahrens – innerhalb der ihr gesetzten Frist.

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