Rechte und Pflichten von Zeugen bei Vorladung: Wann muss eine Aussage gemacht werden? Was sind die Konsequenzen bei Nichterscheinen? Erfahren Sie alles über Vorladungen der Polizei, Staatsanwaltschaft oder des Gerichts sowie über Ihre Rechte und Pflichten als Zeuge bei einer Vernehmung. Erhalten Sie Tipps, wie Sie sich am besten auf einen Zeugenstatus vorbereiten und eine korrekte Aussage tätigen können.
Übersicht:
- Wichtige Rechte und Pflichten von Zeugen bei Vorladung
- Arten von Vorladungen
- Pflichten als Zeuge
- Wann gilt die Erscheinenspflicht bei Polizeivorladungen?
- Erscheinungspflicht-Verletzung: Zeugen drohen Sanktionen
- Mindest- und Maximalhöhe des Ordnungsgeldes gemäß § 6 Abs. 1 EGstGB
- Zeugen unentschuldigt ferngeblieben: Gericht kann Zwangsvorführung anordnen
- Vorführungsbefehl: Zeugen dürfen nicht vorab inhaftiert werden
- Zeugenaussage: Wahrheitspflicht und Folgen bei Falschaussagen
- Zeugenbelehrung: Wichtig vor Aussage als Zeuge
- Rechte als Zeuge
Wichtige Rechte und Pflichten von Zeugen bei Vorladung
Wird ein Mensch als Zeuge von den zuständigen Behörden vorgeladen, so kann diese Vorladung zu einer gewissen Unsicherheit oder auch Verwirrung führen. In der gängigen Praxis erfolgt eine derartige Zeugenvorladung durch die zuständige Polizeidirektion oder auch Staatsanwaltschaft, da die zuständigen Behörden davon ausgehen, dass die vorgeladene Person als Zeuge einen wichtigen Beitrag zu der Aufklärung von einer Straftat leisten können.
Der vorgeladene Zeuge stellt sich dann natürlich die Frage, welche Pflichten sowie auch Rechte mit dem Zeugenstatus einhergehen und ob der Vorladung überhaupt Folge geleistet werden muss. Dass ein Zeuge die Wahrheit sagen muss, dürfte hinlänglich bekannt sein, aber die Fragen, ob überhaupt eine Aussage getätigt werden muss und unter welchen Umständen die Aussage verweigert werden darf, sind nicht allgemein hin bekannt. Eine als Zeuge vorgeladene Person sollte sich dementsprechend optimal auf den Zeugenstatus vorbereiten und keinesfalls unvorbereitet in die Vernehmung gehen.
Arten von Vorladungen
Es gibt verschiedene Arten von Vorladungen, wie zum Beispiel Vorladungen der Polizei, Staatsanwaltschaft oder des Gerichts. Jede Art hat ihre eigenen Regeln und Vorschriften.
- Vorladung der Polizei: Die Polizei kann Zeugen vorladen, um Informationen zu einem laufenden Ermittlungsverfahren zu sammeln. In der Regel handelt es sich dabei um eine freiwillige Aussage, es sei denn, es besteht eine gesetzliche Pflicht zur Aussage (siehe nächster Punkt). Die Polizei muss den Zeugen über seine Rechte und Pflichten informieren, bevor er aussagt.
- Vorladung der Staatsanwaltschaft: Die Staatsanwaltschaft kann Zeugen vorladen, um Informationen zu einem Strafverfahren zu sammeln. In diesem Fall besteht eine gesetzliche Pflicht zur Aussage, und der Zeuge kann bei Nichterscheinen mit einer Strafe belegt werden. Auch hier muss die Staatsanwaltschaft den Zeugen über seine Rechte und Pflichten informieren.
- Vorladung des Gerichts: Wenn ein Gerichtsverfahren ansteht, kann das Gericht Zeugen vorladen, um vor Gericht auszusagen. Auch hier besteht eine gesetzliche Pflicht zur Aussage, und bei Nichterscheinen kann eine Strafe verhängt werden. Das Gericht muss den Zeugen über seine Rechte und Pflichten informieren und ihm eine angemessene Vorlaufzeit geben, um sich auf die Aussage vorzubereiten.
Es ist wichtig zu beachten, dass es in jedem Fall ratsam ist, sich vor der Aussage von einem Anwalt beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass man seine Rechte und Pflichten kennt und die Aussage korrekt und vollständig ist.
Pflichten als Zeuge
Sollte eine Polizeidirektion oder eine Staatsanwaltschaft bzw. ein Gericht einen Zeugen für einen Vernehmungstermin vorladen, so hat die vorgeladene Person die gesetzliche Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten. Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich in dem § 48 Strafprozessordnung (StPO) wieder.
Wann gilt die Erscheinenspflicht bei Polizeivorladungen?
Im Fall einer Vorladung durch die Polizei sollte allerdings beachtet werden, dass die sogenannte Erscheinenspflicht nur dann gilt, wenn die Vorladung der Polizei unmittelbar im Auftrag von der zuständigen Staatsanwaltschaft erfolgte. Der § 163 Abs. 3 S. 1 StPO hat diese Einschränkung gesetzlich verankert. Sollte dementsprechend der polizeilichen Vorladung der staatsanwaltschaftliche Auftrag nicht zugrunde liegen, so muss der Zeuge der Vorladung nicht zwingend Folge leisten. Ist der Auftrag der Staatsanwaltschaft vorhanden oder die Vorladung als Zeuge erfolgte seitens der Staatsanwaltschaft bzw. dem Gericht direkt, so muss der Zeuge zu dem Anhörungstermin erscheinen.
Erscheinungspflicht-Verletzung: Zeugen drohen Sanktionen
Der Gesetzgeber sieht gewisse Sanktionen für diejenigen Zeugen vor, die der sogenannten Erscheinungspflicht zuwider handeln. Die rechtliche Grundlage für derartige Sanktionen stellt der § 380 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) dar. Zum einen können einem Zeugen diejenigen Kosten, welche durch das Fernbleiben des Zeugen verursacht wurden, auferlegt werden. Insbesondere die Reisekosten von den beteiligten Parteien sowie deren rechtlichen Beiständen zu einem erforderlichen neuen Termin können dabei merklich finanziell zu Buche schlagen. Zum anderen kann das zuständige Gericht auch dem nicht erschienenen Zeugen ein Ordnungsgeld oder alternativ dazu eine Ordnungshaft auferlegen.
Mindest- und Maximalhöhe des Ordnungsgeldes gemäß § 6 Abs. 1 EGstGB
Gem. § 6 Abs. 1 EGstGB beträgt die Mindesthöhe des Ordnungsgeldes 5 EUR und die Maximalhöhe des Ordnungsgeldes 1.000 EUR. Für die Festsetzung der Höhe berücksichtigt das zuständige Gericht die individuellen wirtschaftlichen Verhältnisse von dem Zeugen. Dies setzt jedoch voraus, dass diese tatsächlich gerichtlich bekannt sind.
Zeugen unentschuldigt ferngeblieben: Gericht kann Zwangsvorführung anordnen
Die sogenannten Ordnungsmittel stellen jedoch nur einen Teil der Sanktionen dar, die ein Gericht gegen einen Zeugen verhängen kann, der zum Termin nicht erschienen ist. Gem. § 380 Abs. 2 S. 2 ZPO kann das Gericht, sofern wiederholt Ordnungsmittel zuvor festgesetzt wurden, auch eine Zwangsvorführung von dem Zeugen anordnen. Mittels des sogenannten Vorführungsbefehls erfolgt eine Festnahme des Zeugen durch den zuständigen Gerichtsvollzieher mit einer anschließenden zwangsweisen Vorführung. Die gesetzliche Grundlage hierfür stellt der § 149 GVGA dar.
Vorführungsbefehl: Zeugen dürfen nicht vorab inhaftiert werden
Durch den Vorführungsbefehl wird der Gerichtsvollzieher lediglich eingeschränkt zu einer Freiheitsbeschränkung des Zeugen ermächtigt. Diese Freiheitsbeschränkung darf lediglich zu dem Vorführungszweck genutzt werden. Eine Inhaftierung des Zeugen an dem Vorabend des Termins zum Zweck der Vorführungssicherstellung ist rechtlich nicht zulässig, da für ein derartiges Vorgehen ausdrücklich ein Haftbefehl erforderlich ist.
Zeugenaussage: Wahrheitspflicht und Folgen bei Falschaussagen
Wer als Zeuge eine Aussage tätigen möchte, der muss sich seiner Pflichten bewusst sein. Die wichtigste Pflicht neben der Pflicht zum Erscheinen ist die Wahrheitspflicht. Als Zeuge besteht die gesetzliche Verpflichtung, den Sachverhalt wahrheitsgetreu wiederzugeben. Dies bedeutet, dass bei der Aussage weder etwas erfunden noch weggelassen werden darf. Es kann in der gängigen Praxis schon vorkommen, dass eine Straftat sehr schlimme Auswirkungen oder sogar ein Trauma ausgelöst hat. Ein derartiges Trauma kann Erinnerungslücken hervorrufen.
Angesichts dessen ist es nicht selten, dass ein Opfer einer Straftat oder auch ein Zeuge sich nicht vollständig oder korrekt daran erinnern kann, ob tatsächlich vor Gericht eine vollständige Aussage getätigt wurde. Auf derartige Erinnerungslücken sollte das Gericht dann hingewiesen werden. Ein derartiges Verhalten ist auf jeden Fall erheblich besser, als wenn Falschaussagen getätigt werden. Der Gesetzgeber kennt für Falschaussagen vor Gericht gravierende Strafen in Form von Freiheitsstrafen. Als Mindestfreiheitsstrafe gelten drei Monate und als Maximalfreiheitsstrafe können sogar fünf Jahre gerichtlich ausgesprochen werden. Sollte der Zeuge zuvor seitens des Gerichts vereidigt worden sein, so erhöht sich das Strafmaß für eine gerichtliche Falschaussage nochmals. Als Mindestfreiheitsstrafe gilt dann ein Jahr und als Maximalfreiheitsstrafe können sogar 15 Jahre Haft drohen.
Zeugenbelehrung: Wichtig vor Aussage als Zeuge
Bevor der Zeuge jedoch seine Aussage macht, erfolgt zunächst eine behördliche Zeugenbelehrung und die Feststellung, ob ein etwaiges Zeugnisverweigerungsrecht besteht.
Rechte als Zeuge
Ein Zeuge hat natürlich nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte. In erster Linie ist hierbei das sogenannte Zeugnisverweigerungsrecht zu nennen, wobei zunächst eine Unterscheidung der Zeugnisverweigerungsrechte vorgenommen werden muss. Der Gesetzgeber unterscheidet bei den Zeugnisverweigerungsrechten zwischen denjenigen Rechten, welche ihre rechtliche Grundlage in dem § 52 StPO haben und solchen, die sich aus dem § 53 und 53a StPO heraus ergeben. Das Zeugnisverweigerungsrecht aus dem § 52 StPO kann zur Anwendung kommen, wenn ein Zeuge eine persönliche Beziehung zu dem Beschuldigten pflegt. Als Beispiele hierfür können eine Ehe oder auch ein enges Verwandtschaftsverhältnis dienen. Das Recht eines Zeugen auf die Verweigerung der Aussage gem. § 53 sowie 53a StPO kann zur Anwendung kommen, wenn berufliche Gründe ein derartiges Recht begründen.
Zeugnisverweigerungsrecht: Wichtigkeit gerichtlicher Hinweis
Vor der Zeugenvernehmung muss zwingend ein gerichtlicher Hinweis bzw. eine Belehrung bezüglich eines Zeugnisverweigerungsrechts gem. § 52 StPO erfolgen. Sollte ein derartiger Hinweis nicht erfolgen, so führt dies zu einer gerichtlichen Unverwertbarkeit der Aussage.
Besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 52 StPO, so ist der Zeuge nicht zu einer Aussage verpflichtet. Gem. § 61 StPO berechtigt ein Zeugnisverweigerungsrecht im Sinne des § 52 Abs. 1 StPO einen Zeugen sogar dazu, die Beeidigung abzulehnen. Dies hat jedoch lediglich dann eine juristische Relevanz, wenn der Zeuge die Bereitschaft zu der Aussage erklärt hat.
Auskunftsverweigerungsrecht: Zeugenaussage ohne Strafverfolgung
Ein weiteres Recht des Zeugen ist das sogenannte Auskunftsverweigerungsrecht im Sinne des § 55 StPO. Dieses Recht ist von dem Zeugnisverweigerungsrecht dahin gehend zu unterscheiden, dass ein Zeuge sich oder auch seine Angehörigen durch die wahrheitsgemäße Beantwortung von gerichtlichen Fragen nicht der Gefahr einer möglichen Strafverfolgung auszusetzen braucht. Es kann in der gängigen Praxis vorkommen, dass ein Zeuge von diesem Recht von Frage zu Frage wiederholt Gebrauch machen muss.
Rechte des Zeugen bei Vernehmung: Rechtsbeistand und Kostenerstattung
Ein Zeuge hat auch das Recht, einen Rechtsbeistand in Form eines Rechtsanwalts zu der Vernehmung hinzuzuziehen. Dieser Rechtsbeistand agiert in dem Vernehmungsverfahren jedoch gänzlich ohne eigene Rechte und dient lediglich der juristischen Beratung des Zeugen im Hinblick auf dessen Rechte und Pflichten. Ein weiteres Recht des Zeugen bezieht sich auf die Kostenerstattung nebst einer möglichen Aufwands- sowie Verdienstausfallentschädigung. Dieses Recht muss von dem Zeugen jedoch aktiv in Anspruch genommen werden. Sowohl bei einer polizeilichen als auch bei einer gerichtlichen Vernehmung finden sich diesbezüglich jedoch Belehrungen sowie Hinweise auf Vordrucke, die genutzt werden können.
Fazit
Dieser Artikel gibt eine umfassende Übersicht über die Pflichten und Rechte eines Zeugen bei einer Vorladung. Eine polizeiliche Vorladung muss in der Regel Folge geleistet werden, ansonsten können Zwangsmaßnahmen ergriffen werden. Es gibt jedoch auch bestimmte Gründe, die eine Verweigerung der Aussage rechtfertigen, wie z. B. ein Beziehungsverhältnis mit dem Beschuldigten oder die Gefahr der Selbstbelastung. Als Zeuge hat man auch das Recht, einen Zeugenbeistand hinzuzuziehen, der einen berät und unterstützt. Es ist wichtig, die eigenen Rechte und Pflichten zu kennen und sich bei Bedarf rechtlich beraten zu lassen.