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Fahrerlaubnisentziehung (vorläufige) unter Bedingung

Landgericht Stuttgart

Az: 18 Qs 22/11

Beschluss vom17.03.2011


Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 3. März 2011, mit dem Ihm die Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO vorläufig entzogen wurde, wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Zu Recht hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO angeordnet. Nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen, dem inhaltlich kein Beschwerdevorbringen entgegen gesetzt wurde, liegen unverändert dringende Gründe für die Annahme vor, dass dem Angeklagten in der -nach rechtzeitigem Einspruch gegen den vom Amtsgericht erlassenen Strafbefehl vom 21. Februar 2011- alsbald zu terminierenden Hauptverhandlung die Fahrerlaubnis gemäß § 69 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB entzogen werden wird. Der Angeklagte ist dringend verdächtig, sich wegen des im Strafbefehl geschilderten Sachverhalts, auf dessen Inhalt zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, am 25. September 2010 in Stuttgart-Mitte des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig gemacht zu haben, obwohl er wissen konnte, dass bei dem Unfall an fremden Sachen bedeutender Schaden in Höhe von ca. 2000,- Euro entstanden war.

Soweit das Beschwerdevorbringen sich allein darin erschöpft, dass der angefochtene Beschluss aus rein verfahrensrechtlichen Gründen nicht hätte erlassen werden dürfen, trifft diese Ansicht nicht zu. Zwar wendet der Angeklagte unter Berufung auf eine vorgelegte Entscheidung des Amtsgerichts Montabaur vom 1. September 2010 – 2040 Js 30257/10 42 Cs – ein, dass der zusammen mit dem Strafbefehlsantrag gestellte Antrag der Staatsanwaltschaft auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis unter einer strafprozessual unzulässigen Bedingung, nämlich „für den Fall des Einspruchs“, gestellt worden sei. Diese Rechtsauffassung teilt die Beschwerdekammer ausdrücklich nicht.

Der Grundsatz, dass Prozesshandlungen bedingungsfeindlich sind, gilt nicht uneingeschränkt. Prozesshandlungen können immer dann mit einer Bedingung versehen werden, soweit dies mit Ihrer besonderen Zweckbestimmung vereinbar ist und das mit der Sache befasste Gericht die durch die Bedingung hervorgerufene Ungewissheit selbst beseitigen kann (vgl. BGH NJW 1981, 354; Meyer-Goßner, StPO, 53, Aufl. 2010, Aufl. Rdnr. 118; Pfeiffer/Hannich in KK-StPO, 6. Aufl. 2008, Einl. Rdnr. 129). Dies gilt insbesondere für bedingte Prozesshandlungen, bei denen an innenprozessuale Ereignisse und Zustände angeknüpft wird; an Umstände also, über deren Eintritt oder Ausfall und damit über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der betroffenen Verfahrenshandlung das Gericht anhand der Gerichtsakten oder im Hinblick auf anstehende Entscheidungen unschwer und alsbald befinden kann (vgl. Schmid GA 1982, 95, 99 f, mit Fallbeispielen).

So liegt der Fall hier. Die ohne Antragserfordernis der Staatsanwaltschaft im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Gerichts stehende Anordnung gemäß § 111a StPO ist grundsätzlich im gesamten Verfahrensabschnitt bis zur Rechtskraft des Urteil zulässig (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O.,§ 111a Rdnr. 3 und 14). Nach Sinn und Zweck dieser vorbeugenden Maßnahme soll ein schon vor dem rechtskräftigen Urteil gebotener Schutz der Allgemeinheit vor den von einem ungeeigneten Kraftfahrer regelmäßig ausgehenden Gefahren ermöglicht werden (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 111a Rdnr 1), Ein von der Staatsanwaltschaft bedingt gestellter Antrag für den Fall des (rechtzeitigen) Einspruchs mit der sich aus § 411 Abs. 1- Satz 2 StPO ergebenden Folge der Anberaumung eines Hauptverhandlungstermins entspricht deshalb der besonderen Zweckbestimmung des § 111a StPO. Auch kann das Gericht aufgrund des nach Zustellung des erlassenen Strafbefehls gemäß § 410 Abs. 1 StPO binnen zwei Wochen einzulegenden Einspruchs des Angeklagten unter Beachtung des Beschleunigungsgebots und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit alsbald und unschwer über die anstehende vorläufige Fahrerlaubnisentziehung befinden. Hierdurch entstehen weder eine irgendwie ins Gewicht fallende Unsicherheit noch ein unerträglicher Schwebezustand, Die bei einer solchen Fallgestaltung unter einer Art Fristbedingung stehende Antragstellung stellt auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens dar, da nicht erkennbar ist, dass hiermit eine Drucksituation für den Angeklagten geschaffen werden sollte, den Strafbefehl zu akzeptieren (vgl, den ähnlich gelagerten Fall der von der Staatsanwaltschaft bedingt beantragten vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis bei Einlegung der Berufung durch den Angeklagten: OLG Hamm, Blutalkohol Band 44 (2007), 379, 380).

Es ist auch sonst kein Grund ersichtlich, der Anlass zur Annahme rechtsmissbräuchlichen Handelns durch die Staatsanwaltschaft geben könnte. Vielmehr hat sich die in vergleichbaren Strafsachen auch in der Vergangenheit vielfach gebräuchliche bedingte Antragstellung der Staatsanwaltschaft als sachdienliche und insbesondere prozessökonomische Verfahrensweise bewährt.

Besondere Umstände, von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis abzusehen, liegen derzeit nicht vor. Auch der Beschleunigungsgrundsatz ist nach dem erforderlich gewesenen Ermittlungsumfang eingehalten. Angesichts der Schwere des Tatvorwurfs ist die vorläufige Entziehung weiterhin verhältnismäßig. Allerdings wird durch das Amtsgericht nach Aktenrücklauf umgehend ein Hauptverhandlungstermin zu bestimmen sein.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

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