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Vornahme von Zahlungen auf fremde Darlehensschuld – Erstattungsanspruch

OLG Frankfurt – Az.: 11 U 63/11 – Urteil vom 06.10.2011

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Limburg vom 20.4.2011 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 20.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.12.2010 zu zahlen sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von EUR 523,48.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Beklagte 90 % und der Kläger 10% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils werden gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Bezug genommen und wie folgt ergänzt:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe den Abschluss eines Darlehensvertrags zwischen seiner verstorbenen Ehefrau und dem Beklagten nicht führen können. Ein schriftlicher Vertrag sei nicht geschlossen worden. Das Schriftstück vom 7.1.2003 diene allein als Nachweis, dass der Beklagte den Erhalt von EUR 150.000 mit der Eingehung einer Rückzahlungsverpflichtung im Fall des Verkaufs des erhaltenen Familiengrundstücks anerkenne. Hinreichender Vortrag für die Annahme eines unbedingten Darlehens zwischen der Erblasserin und dem Beklagten liege nicht vor.

Für einen mündlichen Darlehensvertrag bestünde ebenfalls keine Grundlage. Dem nicht näher datierten Brief des Beklagten an seine verstorbene Mutter könne keine bindende Rückzahlungsverpflichtung entnommen werden.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Das Landgericht habe verkannt, dass er, der Kläger, selbst dem Beklagten ein Darlehen gewährt habe. Seine verstorbene Ehefrau habe auf das ursprüngliche Darlehen monatlich EUR 2.500 abbezahlt. Zum Todeszeitpunkt hätten noch EUR 27.500 offengestanden. Er habe dieses Darlehen in der genannten Höhe an die Bank1 zurückgeführt, indem elf Raten a EUR 2.500 gezahlt worden seien, d.h. insgesamt EUR 27.500 (Bl. 60, 61). Darauf habe der Beklagten am 2.5.2008 eine Rückzahlung von EUR 5.000 geleistet.

Er beantragt, das Urteil des Landgerichts Limburg vom 20.4.2011 abzuändern und den Beklagten zur Zahlung an den Kläger von EUR 22.500,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2010 sowie vorgerichtlichen Kosten in Höhe von EUR 554,20 zu zahlen; hilfsweise den Kläger von einer Forderung seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von EUR 554,20 freizustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Den Betrag in Höhe von EUR 2.500 vom 10.1.2005 habe sein Bruder erhalten, nicht er. Der Betrag von EUR 5.000 sei nicht als Rückzahlung auf das Darlehen geleistet worden, sondern wegen anderer Verpflichtungen. Unstreitig sei allein, dass auf das von ihm unterhaltene Darlehenskonto nach dem Tod der Mutter weitere Zahlungen aus dem vormals der Mutter zuzurechnenden Girokonto geflossen seien. Durch diese Zahlungen sei lediglich fortgesetzt worden, was die Mutter ihm, dem Beklagten, zugesagt hatte.

Mit zu den rechtlichen Hinweisen in der mündlichen Verhandlung vom 8.9.2011 nachgelassenem Schriftsatz vom 19.9.2011 erhebt der Beklagte erstmals die Einrede der Verjährung im Prozess unter Verweis auf vorprozessuale Schreiben vom April und Mai 2010. Zudem ist er der Ansicht, das subsidiäre Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag könne vorliegend nicht zur Anwendung gelangen, da es nicht an einem Auftrag gefehlt habe und auch der Kläger zur Zahlung verpflichtet gewesen sei. Es fehle insoweit zudem am Fremdgeschäftsführungswillen des Klägers.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die zur Akte gelangten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie zum überwiegenden Teil Erfolg.

1. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von EUR 20.000,00 im Hinblick auf die von ihm veranlasste Rückführung des Darlehens des Beklagten bei der Bank1 zum Konto Nummer … gemäß §§ 670, 683 BGB. Die weitergehende Klage ist unbegründet.

a. Soweit sich der Beklagte im Schriftsatz vom 19.9.2011 erstmals im Prozess auf die Einrede der Verjährung beruft, erfolgte dieses Vorbringen – unabhängig von weiteren Fragen der Verspätung – nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 8.9.2011 gemäß § 296 a ZPO, so dass es unberücksichtigt bleiben muss. Der dem Beklagten gewährte Schriftsatznachlass bezog sich allein auf die in der mündlichen Verhandlung erörterten rechtlichen Gesichtspunkte – insbesondere im Zusammenhang mit dem Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag. Fragen der Verjährung standen nicht im Raum, da der Beklagte weder erstinstanzlich noch im Rahmen des Berufungsverfahrens die Einrede der Verjährung erhoben hatte.

Ob im Fall der Beifügung der seitens des Beklagten nunmehr erwähnten vorprozessualen Schreiben vom April und Mai 2010 als Anlagen vor Schluss der mündlichen Verhandlung hinreichend deutlich von der Erhebung der Einrede der Verjährung auszugehen gewesen wäre, kann offenbleiben. Die Schreiben liegen bis zum heutigen Tag nicht vor.

b. Der Kläger hat die Zahlungen in Höhe von EUR 20.000,00 als Geschäftsführer ohne Auftrag erbracht.

aa. Die Zahlungen erfolgten seitens des Klägers, der unstreitig Alleinerbe geworden ist, so dass die von dem vormals seitens der Verstorbenen geführten Girokonto erbrachten Leistungen aus seinem Vermögen erfolgten.

bb. Die Zahlungen erfolgten ohne Auftrag oder anderweitige gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung des Klägers.

Dass der Beklagte den Kläger ausdrücklich beauftragt hatte, diese Zahlungen als Dritter i.S.d. § 267 BGB für ihn zu übernehmen, behaupten weder der Kläger noch der Beklagte.

Aus den Angaben der Parteien ist auch nicht zu ermitteln, dass der Kläger mit den Zahlungen eine ihn als Erben treffende Verbindlichkeit der Erblasserin erfüllte. Dass sich die Verstorbene verbindlich gegenüber dem Beklagten verpflichtet hatte, dass Darlehen des Beklagten gegenüber der Bank1 auszugleichen unter gleichzeitigem Verzicht auf Rückgriffsansprüche, kann den Schriftsätzen nicht entnommen werden. Aus dem sog. privatschriftlichen Vertrag zwischen dem Beklagten und der verstorbenen Mutter aus dem Jahr 2003 folgt lediglich, dass diese zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Vereinbarung dem Beklagten EUR 150.000 zur Verfügung gestellt hatte, die der Beklagte im Fall der Verkaufs des Familienanwesens an diese zurückzuzahlen hatte. Dieser Vereinbarung kann dem Wortlaut nach nicht entnommen werden, dass sich die Verstorbene verbindlich verpflichtet hatte, dass zu diesem Zeitpunkt nicht vollständig zurückgezahlte Darlehen gegenüber der Bank1 zukünftig zurückzuführen unter erneutem Verzicht auf Rückzahlungsleistungen seitens des Beklagten.

Weitere Anhaltspunkte, aus denen hinreichend konkret eine entsprechende Verpflichtung der Verstorbenen und nunmehr des Klägers, weitere Zahlungen auf Verbindlichkeiten des Beklagten zu leisten, entnommen werden könnte, werden nicht vorgetragen.

Soweit der Kläger selbst unscharf formuliert, dass die Verstorbene dem Beklagten ein Darlehen gewährt habe und dafür ihrerseits bei der Bank1 ein Darlehen aufgenommen habe, ist diese rechtliche Konstruktion mit der tatsächlich durch Vorlage der Bank1 auch belegten Darlehensaufnahme durch den Beklagten (Bl. 12 d.A.) selbst nicht in Einklang zu bringen. Eine Verpflichtung der Verstorbenen, dass unmittelbar vom Beklagten aufgenommene Darlehen unter Verzicht auf Rückgriffsansprüche zu tilgen, kann jedenfalls auch dem klägerischen Vortrag nicht entnommen werden.

Die ebenfalls vagen Ausführungen des Klägers, zwischen den Parteien selbst sei es zum Abschluss eines Darlehensvertrags gekommen, stehen der Annahme der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht entgegen. Nähere unterfütternde Angaben, die diese Ansicht, es sei ein Darlehensvertrag geschossen worden, belegen könnten, werden nicht vorgetragen. Allein eine unrichtige rechtliche Einschätzung hindert nicht die Anwendung des grundsätzlich subsidiären Instituts der Geschäftsführung ohne Auftrag.

cc. Bestand demnach keine – vertragliche oder gesetzliche – Verpflichtung des Klägers zur Vornahme der Zahlungen, hat er mit dem Ausgleich der Darlehensschuld des Beklagten ein fremdes Geschäft geführt. Der entsprechende Fremdgeschäftsführungswille wird im Fall eines rein fremden Geschäfts, wie hier, bereits vermutet. Im Übrigen kann auch dem Vortrag des Beklagten nicht entnommen werden, welche Umstände dafür sprechen würden, dass der Kläger nicht den Willen hatte, die Darlehensschuld des Beklagten als Dritter zu tilgen.

dd. Die Geschäftsführung lag im Interesse des Beklagten. Das Darlehen ist nunmehr zurückgezahlt, so dass der Beklagte keine Verbindlichkeiten gegenüber der Bank1 aus diesem Darlehensvertrag mehr selbst zu erfüllen hat.

ee. Der Höhe nach kann der Kläger Aufwendungsersatz für zehn Raten a EUR 2.500,00 abzüglich der nach dem eigenen Vortrag des Klägers bereits erfolgten Rückzahlung in Höhe von EUR 5.000,00 verlangen.

Der seitens des Klägers eingereichten Auflistung ist zu entnehmen, dass die Zahlung vom 10.1.2005 an Herrn X, den Bruder des Beklagten, gerichtet war. Für diesen Betrag besteht keine Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten.

Soweit der Beklagte bestreitet, dass der an den Kläger von ihm geleistete Betrag von EUR 5.000,00 als Rückzahlung auf ein Darlehen geflossen sei, kann dies offenbleiben. Der Kläger lässt sich unstreitig diesen Betrag anrechnen, so dass insgesamt ein Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von EUR 20.000,00 besteht.

2. Soweit der Kläger über die Grundsätze des Verzugs gemäß §§ 286, 288 BGB Ersatz der für die Mahnung des Betrags von EUR 20.000,00 entstandenen Rechtsanwaltsgebühren verlangen kann, besteht unter Ansatz eines Gegenstandswertes von EUR 20.000,00 und unter Zugrundelegung einer 1,3-fachen Gebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer – unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgenommenen Geltendmachung lediglich von 50% dieser Forderung – ein Anspruch in Höhe von EUR 523,48.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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