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Vornamenwahl für Kinder durch Eltern


BUNDESGERICHTSHOF

Az.: XII ZB 5/08

Beschluss vom 30.04.2008

Vorinstanzen:

LG Karlsruhe, Az.: 11 T 212/06, Entscheidung vom 18.12.2006

OLG Karlsruhe, Az.: 11 Wx 7/07, Entscheidung vom 19.12.2007


Leitsätze:

a) Bei der Wahl eines Vornamens für ihr Kind sind die Eltern grundsätzlich frei; sie sind insbesondere nicht an einen Kanon herkömmlicher Vornamen gebunden. Dem Recht der Eltern zur Vornamenswahl sind vielmehr allein dort Grenzen gesetzt, wo die Rechtsausübung das Kindeswohl konkret zu beeinträchtigen droht.

b) Auch Namen, die – zumindest bisher – nur als Familiennamen gebräuchlich sind, sind nicht generell und ohne konkrete Beeinträchtigung des Kindeswohls als wählbare Vornamen ausgeschlossen. Eine solche Beeinträchtigung kann sich allerdings etwa dann ergeben, wenn der bislang nur als Familienname gebräuchliche Name nicht geeignet erscheint, dem Kind die mit dem Vornamen einhergehende Identitätsfindung und Individualisierung zu ermöglichen (etwa: „Schmitz“).

c) Eine konkrete, d.h. im Einzelfall nachvollziehbar zu erwartende Beeinträchtigung des Kindeswohls liegt nicht schon darin begründet, dass die Eltern für ihr Kind, das den Familiennamen der Mutter als Geburtsnamen führt, den aktuell geführten Familiennamen des Vaters („L…“) als weiteren Vornamen wählen. Einen generellen „Verbrauch“ des väterlichen Familiennamens als Vorname des Kindes kennt das geltende Recht nicht.


In der Personenstandssache hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 30. April 2008 beschlossen:

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Karlsruhe vom 23. März 2006 und der 11. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 18. Dezember 2006 aufgehoben.

Der Standesbeamte wird angewiesen, den Namen „L…“ als (dritten) Vornamen des Kindes H. F. L… E. v. S. in das Geburtenbuch einzutragen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1.

Gründe:

I.

1.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des am 23. August 2005 geborenen Kindes H. F. (L…) E. v. S. Der Beteiligte zu 2 hat die Vaterschaft anerkannt; die Beteiligte zu 1 ist allein sorgeberechtigt.

Die Eltern erklärten gegenüber dem Standesbeamten, ihr Sohn, der den Mutternamen (E. /E. v. S.) als Geburtsnamen führt, solle die Vornamen „H. F. L…“ erhalten; der Name „L…“ ist der Familiename des Vaters. Der Standesbeamte lehnte die Eintragung des Namens „L…“ ab, da dieser als Vorname nicht geeignet sei. Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1, den Standesbeamten zur Eintragung auch des Namens „L…“ als weiteren Vornamen anzuweisen, abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihr erstinstanzliches Begehren weiter.

2.

Das Oberlandesgericht hat die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung über die weitere Beschwerde vorgelegt.

a) Das Oberlandesgericht möchte der weiteren Beschwerde entsprechen.

Dem Recht der Eltern zur Vornamenswahl für ihre Kinder dürfe allein dort eine Grenze gesetzt werden, wo seine Ausübung das Kindeswohl zu beeinträchtigen drohe. Bis zu der in § 1666 BGB gezogenen Grenze sei die Vornamenswahl der Eltern hinzunehmen; unterhalb dieser Schwelle liegende Unzweckmäßigkeiten oder Pflichtwidrigkeiten rechtfertigten keine Versagung der Eintragung der gewählten Namen. Bei dem Namen „L…“ handele es sich zwar um einen gebräuchlichen Nachnamen. Die Wahl eines solchen Namens als Vorname sei jedoch nur dann unzulässig, wenn durch diese Namenswahl das Kindeswohl erheblich gefährdet werde. Das lasse sich vorliegend nicht feststellen.

Zwar sei die Gefahr der Verwechslung des Vornamens „L…“ mit einem Nachnamen nicht von der Hand zu weisen. Sie könne Erklärungsbedarf begründen und das Kind in Situationen bringen, in denen es den Namen erläutern müsse. Dabei handle es sich aber nicht um ein Spezifikum der Wahl des Familiennamens eines Elternteils zum Vornamen. Ähnliches sei zu besorgen, wenn dem Kind im Inland nicht gebräuchliche Vornamen oder gar Phantasienamen erteilt würden. Beides sei jedoch grundsätzlich zulässig. Eine etwaige Belastung des Kindes könne – bei mehreren Vornamen – zudem dadurch gemindert werden, dass das Kind den erklärungsbedürftigen Vornamen nicht verwende.

Die Gefahr von Verwechslungen sowie von Hänseleien oder Spott sei durch den Namen „L…“, der – als Vorname – mit „der Kleine“ assoziiert werden könnte, nicht zu besorgen. Im Übrigen sei auch hier zu berücksichtigen, dass das Kind, das noch über zwei andere Vornamen verfüge, den belasteten Vornamen nicht zu verwenden brauche und damit Beeinträchtigungen abwenden oder mildern könne.

b) Das Oberlandesgericht sieht sich an der beabsichtigten Entscheidung allerdings durch Entscheidungen des Kammergerichts (FamRZ 2000, 53 = StAZ 1999, 171, 173) und des Oberlandesgerichts Köln (StAZ 2002, 43) gehindert.

In dem vom Kammergericht entschiedenen Fall waren die Eltern verheiratet, führten aber keinen Ehenamen. Sie wollten dem Kind den Namen des (deutschen) Vaters P. als Geburtsname und als weiteren Vornamen den Namen der (amerikanischen) Mutter S. erteilen. Das Kammergericht hat einer solchen Vornamensgebung die Anerkennung versagt. Nach Auffassung des Kammergerichts ist der Name S. infolge der Beibehaltung dieses Familiennamens durch die Mutter als Familienname festgelegt und daher als möglicher weiterer Vorname des Kindes verbraucht. Die gleichzeitige Verwendung des Namens S. als Familienname der Mutter und als weiterer Vorname des Kindes widerspreche der sozialen Ordnungsfunktion des Namens und führe zu einer nicht mehr hinnehmbaren Auflösung der nach deutschem Namensrecht zwingend gebotenen Unterscheidung zwischen Vor- und Familiennamen innerhalb der aus den Eltern und dem Kind bestehenden Familie.

Auch in dem vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall führten die miteinander verheirateten Eltern keinen Ehenamen; sie wollten dem Kind, das als Geburtsnamen den Mutternamen führt, als weiteren Vornamen den vom Vater beibehaltenen Familiennamen „Schmitz“ erteilen. Der Standesbeamte lehnte die Eintragung dieses Namens als Vorname ab – nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln zu Recht: Zwar komme der Ordnungsfunktion des Namens nur noch eine Restbedeutung zu. Die Verwendung des vom Vater als Familienname geführten Namens als Vorname des Kindes führe aber zu einer nicht mehr hinnehmbaren Auflösung der nach deutschem Namensrecht zwingend gebotenen Unterscheidung zwischen Vor- und Familiennamen innerhalb der Familie. Aufgrund des Umstands, dass der Vater seinen Familiennamen „Schmitz“ auch in der Ehe als Familienname beibehalte, sei dieser Name als Familienname (des Vaters) festgelegt und damit als möglicher weiterer Vorname des Kindes verbraucht.

II.

1.

Die Vorlage ist zulässig. Das vorlegende Oberlandesgericht will in der Frage, ob der von einem Elternteil fortgeführte Familienname zum Vornamen des Kindes bestimmt werden kann, von einer auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen.

Zwar vermag die vom vorlegenden Oberlandesgericht angeführte Entscheidung des Kammergerichts (vom 24. November 1998, FamRZ 2000, 53 = StAZ 1999, 171) die Vorlage nicht zu rechtfertigen. Denn die dieser Entscheidung zugrundeliegende Rechtausfassung hat das Kammergericht in einem späteren Beschluss (vom 29. März 2006, StAZ 2007, 204) aufgegeben. Dort hat das Kammergericht im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG FamRZ 2005, 2049) klargestellt, dem Recht der Eltern zur Vornamenswahl dürfe allein dort eine Grenze gesetzt werden, wo seine Ausübung das Kindeswohl zu beeinträchtigen drohe. Damit hat es an seiner früheren Auffassung, der von einem Elternteil fortgeführte Familienname sei als Geburtsname des Kindes schlechthin – also losgelöst von einer Beeinträchtigung des Kindeswohls – verbraucht, nicht festgehalten.

Das vorlegende Oberlandesgericht würde mit der von ihm vertretenen Auffassung, der von einem Elternteil fortgeführte Familienname könne – in den Grenzen der Kindeswohlverträglichkeit – zum Vornamen des Kindes bestimmt werden, allerdings von der von ihm ebenfalls angeführten Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (StAZ 2002, 43) abweichen. Da diese Rechtsfrage für

die Entscheidung des vorliegenden Falles ebenso erheblich ist wie für die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln, liegen die Voraussetzungen einer zulässigen Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG vor.

2.

Aufgrund der zulässigen Vorlage entscheidet der Bundesgerichtshof anstelle des vorlegenden Oberlandesgerichts. Die weitere Beschwerde ist begründet.

a) Das Recht der Eltern, für ihr Kind Sorge zu tragen, umfasst auch die Befugnis, ihrem Kind einen Vornamen zu erteilen. Bei der Wahl dieses Vornamens sind die Eltern grundsätzlich frei; sie sind insbesondere nicht an einen Kanon herkömmlicher Vornamen gebunden. Dem Recht der Eltern zur Vornamenswahl sind vielmehr allein dort Grenzen gesetzt, wo die Rechtsausübung das Kindeswohl zu beeinträchtigen droht. Der Staat ist zwar in Wahrnehmung seines Wächteramtes (Art. 6 Abs. 2 GG) verpflichtet, das Kind vor verantwortungsloser Namenswahl durch die Eltern zu schützen; für darüber hinausgehende Eingriffe in das Elternrecht auf Bestimmung des Vornamens für ihr Kind bietet Art. 6 Abs. 2 GG jedoch keine Grundlage (BVerfG FamRZ 2004, 522; FamRZ 2005, 2049, 2050).

b) Die Frage, ob die Wahl eines bestimmten Vornamens das Kindeswohl zu beeinträchtigen droht, hat grundsätzlich der Tatrichter zu beurteilen. Das Gericht der weiteren Beschwerde hat jedoch u.a. zu prüfen, ob das Beschwerdegericht den Rechtsbegriff „Beeinträchtigung des Kindeswohls“ verkannt hat.

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Das ist hier der Fall.

aa) Nach Auffassung des Beschwerdegerichts widerspricht es bereits dem Kindeswohl, einem Kind einen Vornamen zu geben, der offenkundig nur als Nachname gebräuchlich ist. Dies sei bei dem Namen L… der Fall.

Diese Auffassung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dies gilt unabhängig davon, ob man die Annahme des Beschwerdegerichts, der Name L… sei „offenkundig“ nur als Nachnahme gebräuchlich, teilt oder der – allerdings erst im Verfahren der weiteren Beschwerde vorgetragenen – Behauptung der Beteiligten zu 1 folgt, der Name „L…“ sei bereits im 17. und 18. Jahrhundert in Schleswig-Holstein als Vorname nachweisbar (zu weiteren Nachweisen – aus der Kenntnis des Senats – siehe etwa: Wikipedia: „L… Namens“ = Ludolphus Naamani; Müllenhoff, Karl, Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, Kiel 1845: Märchen und Sagen; Sagen, Märchen und Lieder; Erstes Buch; 45. Herr Hinrich: „Des Golschmedes Dochter krige gi nicht, … se is L… Loiken all togesecht“; ferner die Nachweisungen der Namen Lütke, Lüdeke, Ludiki in: Derrik, Das Bruderbuch der Revaler Tafelgilde (1364-1549), Marburg 2000). Die für eine Beschränkung des elterlichen Namensbestimmungsrechts notwendige Beeinträchtigung des Kindeswohls kann nicht aus allgemeinen – letztlich doch wieder an einer Ordnungsfunktion ausgerichteten (vgl. dazu BVerfG FamRZ 2005, 2049, 2050) – Betrachtungen über die Tauglichkeit oder Untauglichkeit von Namensarten als Vorname hergeleitet werden. Entscheidend ist vielmehr, ob ein bestimmter, von den Eltern für ihr Kind gewählter Vorname das Wohl ihres Kindes konkret zu beeinträchtigen geeignet ist. Das ist im vorliegenden Fall weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Dem Beschwerdegericht ist zuzugeben, dass der Name „L…“ heute üblicherweise als Familienname bekannt ist. Als Vorname verwandt kann er deshalb für einen weiteren Familiennamen des Kindes gehalten werden oder in sonstiger Weise für Dritte erklärungsbedürftig erscheinen. Dies ist jedoch keine Besonderheit von Namen, die gemeinhin nur als Familiennamen gebräuchlich sind. Das geltende Recht beschränkt – wie dargelegt – die Eltern nicht auf einen vorgegebenen Kanon von Vornamen. Ihr Namenswahlrecht umfasst auch die Befugnis zur Bestimmung von in unserem Rechtskreis ungebräuchlichen oder der Phantasie entstammenden Vornamen. Für Namen, die – zumindest bisher – nur als Familiennamen gebräuchlich sind, kann schon angesichts der Vielgestalt möglicher Familiennamen grundsätzlich nichts anderes gelten. Auch solche Namen können von der umfassenden Wahl- und Gestaltungsfreiheit der Eltern nicht generell und ohne besondere Gründe des Kindeswohls als wählbare Vornamen ausgeschlossen werden. Solche besonderen Gründe können sich etwa dann ergeben, wenn der bislang nur als Familienname gebräuchliche Name – wie in dem vom Oberlandesgericht Köln (StAZ 2002, 43) entschiedenen Fall – nicht geeignet erscheint, dem Kind die mit dem Vornamen einhergehende Identitätsfindung und Individualisierung zu ermöglichen. Das ist hier indes nicht der Fall. Das vorlegende Oberlandesgericht weist zu Recht darauf hin, dass der Klang des Familiennamens „L…“ dem eines herkömmlichen Vornamens durchaus nahekommt (Lüdeke = Lothar); auch die von der Beteiligten zu 1 angeführten Beispiele (Luitger, Ludger) verdeutlichen die phonetische Nähe des gewählten Namens zu gebräuchlichen Vornamen.

bb) Das Beschwerdegericht sieht eine Kindeswohlgefährdung insbesondere darin, dass der für das Kind gewählte weitere Vorname der aktuell geführte Familienname des Vaters ist. Dadurch bestehe die Gefahr einer Verwechslung von Vor- und Nachnamen. Das Kind habe Anspruch auf einen Vornamen, der ihm in seiner individuellen Identitätsfindung auch die Abgrenzung innerhalb der Familie gestatte. Dies führe dazu, dass der Familienname „L…“ aufgrund der Weiterführung dieses Namens durch den Vater „verbraucht“ sei.

Auch diese Überlegung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Das Recht des sorgeberechtigten Elternteils zur Vornamenswahl findet – wie dargelegt – nur dort seine Grenze, wo die Rechtsausübung das Kindeswohl konkret zu beeinträchtigen droht. Dieses Erfordernis lässt sich nicht mit einer abstrakten Überlegung über eine notwendige Abgrenzung des Kindes innerhalb seiner Familie begründen. Es verlangt eine konkrete, d. h. im Einzelfall nachvollziehbar zu erwartende Beeinträchtigung des Kindeswohls, die hier weder dargetan noch sonst ersichtlich ist. Es erscheint – im Gegenteil – nicht fernliegend, dass das Kind die Verbundenheit mit seinem – mit der mit der Mutter nicht verheirateten – Vater und dessen Familie, die in dem gewählten Vornamen zum Ausdruck kommt, als in besonderer Weise identitätsstiftend empfindet. Einen generellen „Verbrauch“ des väterlichen Familiennamens als Vorname des Kindes kennt das geltende Recht nicht.

cc) Das Beschwerdegericht besorgt, die Aufeinanderfolge des Vornamens „L…“ und des sich unmittelbar anschließenden Familiennamens „E. v. S.“ könne den Eindruck eines aus den Familiennamen der Eltern zusammengesetzten Doppelnamens erwecken, der nach geltendem Recht nicht zulässig sei. Das Fehlen eines Bindestrichs zwischen beiden Namen werde im Alltagsgebrauch nicht erkennbar. Der falsche Eindruck eines Familien-(Doppel-) Namens könne das Kind unnötig in „Erklärungsnot“ bringen und gefährde das Kindeswohl.

Auch diesen Ausführungen vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Vornamenswahl bei einem nur mündlichen Namensgebrauch den Irrtum erwecken könne, die Namen „L…“ und „E. v. S.“ seien Bestandteile eines Familien-Doppelnamens. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum ein solcher – zudem in der Schriftform (durch Bindestrich) ohne weiteres behebbarer – Eindruck angesichts der zunehmenden Häufigkeit von Doppelnamen zu einer Erklärungsnot für das Kind führen und dessen Wohl gefährden soll; dies gilt um so mehr, als dem Kind die Möglichkeit verbleibt, sich etwaigen und von ihm als lästig empfundenen Nachfragen durch den Nichtgebrauch dieses weiteren Vornamens zu entziehen.

Die von der Beteiligten zu 1 getroffene Namenswahl lässt sich auch nicht als Umgehung der gesetzlichen Regelung verstehen, die es Eltern verwehrt, ihrem Kind einen aus ihren Namen zusammengesetzten Doppelnamen als Geburtsnamen zu erteilen. Das ergibt sich bereits aus der unterschiedlichen Funktion und der abweichenden rechtlichen Behandlung von Vor- und Geburtsnamen:

Der Vorname kennzeichnet vorrangig die Individualität des Namensträgers und dient insoweit dessen Identitätsfindung. Der Geburtsname kennzeichnet dagegen auch die Familienzugehörigkeit des Kindes und kann deshalb auf dessen Nachkommen tradiert werden. Die Beschränkung des Geburtsnamens von Kindern auf den vom Vater oder auf den von der Mutter geführten Namen (§ 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB) will die Entstehung von Namensketten, wie sie sich bei Zulassung von (Geburts-) Doppelnamen in den nachfolgenden Generationen ergeben könnten, verhindern (zur Verfassungsmäßigkeit dieses Anliegens BVerfG FamRZ 2002, 306). Diese Gefahr besteht bei der Wahl eines mit dem Familiennamen eines Elternteils identischen Vornamens, weil nicht tradierbar, aber gerade nicht.

Schließlich ist zu bedenken, dass das „Verbot“, einen aus den Namen der Eltern zusammengesetzten Geburtsnamen ihres Kindes zu bestimmen, spätestens seit der vom Gesetzgeber eröffneten Möglichkeit, den zur Zeit der Eheschließung geführten Namen als Ehenamen in eine neue Ehe zu tradieren, an Überzeugungskraft verloren hat (vgl. etwa Wagenitz, FS Schwab, 2005, 443, 451 ff.) und zudem in nicht angreifbarer Weise unterlaufen werden kann: So wenn die Ehegatten den Namen des einen Ehegatten zum Ehenamen bestimmen und der Ehegatte, dessen Name nicht Ehename geworden ist, dem Ehenamen seinen Geburtsnamen voranstellt. Lassen diese Ehegatten sich scheiden und heiraten sie einander erneut, so können sie den Namen des Ehegatten mit dem (unechten) Doppelnamen zum Ehenamen bestimmen, der dann kraft Gesetzes auf die gemeinsamen Kinder als Geburtsname übergeht. Die Realitätsnähe solcher Beispielsfälle kann hier dahinstehen. Sie verdeutlichen immerhin, dass ein aus den Elternnamen zusammengesetzter Doppelname des Kindes nach geltendem Recht möglich ist und schon deshalb nicht generell als Beeinträchtigung des Kindeswohls angesehen werden kann.

dd) Das Landgericht weist „lediglich ergänzend“ darauf hin, dass die Eltern des Kindes im Falle einer Heirat den Namen des Vaters zum Ehenamen bestimmen könnten mit der Folge, dass der gewählte Ehename zum Geburtsnamen des Kindes würde und das Kind auf diese Weise einen mit seinem Vornamen gleichlautenden Familiennamen erhielte.

Auch dieser – richtige – Hinweis trägt die angefochtene Entscheidung indes nicht. Denn bei der vom Landgericht erörterten etwaigen künftigen Eheschließung der Eltern und einer Bestimmung des Mannesnamens zum Ehenamen handelt es sich, worauf das vorlegende Oberlandesgericht mit Recht aufmerksam macht, nur um theoretische Möglichkeiten, deren Verwirklichung völlig ungewiss erscheint. Sie kann schon deshalb nicht zu einer Einschränkung des elterlichen Rechts zur Namensbestimmung führen.

3.

Die angefochtene Entscheidung kann nach allem nicht bestehen bleiben.

Der Senat vermag in der Sache zu entscheiden, da weitergehende und für die Entscheidung bedeutsame Feststellungen nicht zu erwarten sind.

Es ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass die von der Beteiligten zu 1 getroffene Namenswahl das Kindeswohl beeinträchtigt. Die vom Beschwerdegericht erwogene, aber letztlich offen gelassene Gefahr, das Kind könne wegen des gewählten weiteren Vornamens gehänselt werden, erscheint fernliegend. Auch hier ist zudem zu berücksichtigen, dass das Kind noch über zwei weitere Vornamen verfügt und deshalb die Verwendung des hier in Frage stehenden Vornamens unterlassen kann, falls dieser Name später zu vom Namensträger unerwünschten Assoziationen Anlass geben sollte (vgl. zu diesem Aspekt auch BVerfG FamRZ 2005, 2049, 2050). Andere Gesichtspunkte, die das Namenswahlrecht der Beteiligten zu 1 in zulässiger Weise beschränken könnten, liegen – wie dargelegt – nicht vor. Der Standesbeamte war daher anzuweisen, den Namen „L…“ als weiteren Vornamen in das Geburtenbuch einzutragen.

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