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Vorschuss nicht erhalten und trotzdem vom Lohn abgezogen

Arbeitsgericht Frankfurt am Main

Az.: 18 Ca 3183/01

Verkündet am 28.08.2001


In dem Rechtsstreit hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main Kammer 18 auf die mündliche Verhandlung vom 28.08.2001 für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 900,00 (i.W.: Neunhundert Deutsche Mark) netto nebst 9,26 % hieraus seit 16.05.2001 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 900,00 festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Arbeitsentgelt.

Der Kläger ist am 18.09.2000 bei der Beklagten als Fahrer eingestellt worden. Am 11.01.2001 wurde das Arbeitsverhältnis gekündigt.

In der Lohn- und Gehaltsabrechnung unter der Bezeichnung 01.2001 hat die Beklagte einen Vorschuss in Höhe von DM 900,– verrechnet bzw. diese Summe dem Kläger vom Arbeitsentgelt abgezogen. Wegen der Gestaltung und des Inhalts dieser Abrechnung wird auf die Anlage zur Klageschrift (BI. 4 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die vorgenommene Verrechnung ungerechtfertigt sei. Er behauptet hierzu, dass eine Vorschusszahlung zu keinem Zeitpunkt von der Beklagten an ihn geleistet worden sei.

Der Kläger behauptet weiter, dass die Wochenendfahrten von der Beklagten nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden seien.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 900,– netto nebst 9,26 Zinsen hieraus seit dem 16.05.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Verrechnung in der vorgenannten Gehaltsabrechnung zu Recht erfolgt sei.

Die Beklagte behauptet hierzu, der Kläger habe im Zeitraum von September 2000 bis Januar 2001 insgesamt einen Vorschuss in Höhe von DM 900,– erhalten.

Die Beklagte behauptet weiter, dass die Auszahlung jeweils durch an den Kläger erfolgt sei.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klage ist begründet, weil dem Kläger der geltend gemachte Anspruch aus dem Arbeitsvertrag der Parteien i. V. m. § 611 BGB zusteht. Der Anspruch ist gegeben, weil der Kläger unstreitig für den geltend gemachten Zeitraum Arbeitsleistung erbracht hat. Einwendungen im Hinblick auf die Anspruchshöhe hat die Beklagte auch nicht geltend gemacht.

Der Anspruch ist auch nicht erloschen, er konnte auch nicht mit der letzten Lohnabrechnung verrechnet werden,. Insbesondere besteht auch keine Vereinbarung dahingehend, dass der Kläger etwaig erhaltene Vorschusszahlungen zurückzuzahlen hätte.

Vorschüsse sind Vorauszahlungen des Arbeitgebers auf eine noch nicht verdiente Vergütung (BAG vom 11.02.1987, AP ZPO § 850 Nr. 11). Es besteht, außer im Fall der Provision, kein gesetzlicher Rechtsanspruch auf die Zahlung eines Vorschusses. Ein Anspruch kann aber durch den Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung ausdrücklich begründet werden.

Abschlagszahlungen hingegen sind Zahlungen auf eine bereits verdiente, aber noch nicht abgerechnete Vergütung (BAG vom 11.02.1987, AP ZPO § 850 Nr. 11).

Vorschüsse und Abschlagszahlungen sind zurückzuzahlen, wenn und soweit die Entgeltforderung, auf die sie gezahlt wurden, nicht oder nicht in dem angenommenen Zeitraum entsteht (BAG vom 10.03.1960, AP BGB § 138 Nr. 2; BAG vom 20.06.1989, AP HGB § 87 Nr. 8). Der RückzaWungsanspruch besteht auf der getroffenen Vorschussvereinbarung und nicht auf Bereicherungsrecht. Daraus ergibt sich folgende Darlegungs- und Beweislastverteilung: Der Arbeitgeber ist es, der die Tatsache der Vorschusszahlung darzulegen und notfalls zu beweisen hat, während der Arbeitnehmer seinerseits darzulegen und zu beweisen hat, dass er die erhaltene Vorschusszahlung behalten darf.

Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt sich schon im Ausgangspunkt, dass die Beklagte nicht dargelegt hat, zu welchen Zeitpunkten, in welcher Höhe, aus welchem Anlass oder auf Grund welcher Arbeitsleistungen der Kläger Vorschusszahlungen bzw. Abschlagszahlungen erhalten haben könnte. Dagegen hat der Kläger behauptet, die sog. Wochenendfahrten seien von der Beklagten nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden. Sollte die Beklagte tatsächlich Vorschüsse an den Kläger gezahlt haben, so wäre darzulegen gewesen, dass dies Vorauszahlungen des Arbeitgebers auf eine noch nicht verdiente Vergütung des Klägers gewesen ist. Demgegenüber hat die Beklagte in ihrem tatsächlichen Vorbringen immer wieder darauf abgestellt, dass die Wochenendfahrten des Klägers durch sie ordnungsgemäß abgerechnet worden seien bzw. der Kläger anlässlich der Fahrten Arbeitsentgelt erhalten haben soll. Genau dieses tatsächliche Vorbringen hat der vorsorglich geladene Zeuge in der Sitzung am 28.08. so ansatzweise wiederholt. Dann geht aus dem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten aber nicht hinreichend deutlich genug hervor, dass der Kläger Vorschusszahlungen zu einem bestimmten Zeitpunkt erhalten haben könnte, zu dem er noch keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt verdient haben könnte.

Genau diese Abgrenzungsarbeit hätte aber die Beklagte zu leisten gehabt, um dem Gericht zu verdeutlichen, dass Vorschusszahlungen zu bestimmten Zeitpunkten, in einer bestimmten Höhe an den Kläger geflossen sind. Wenn es aber zwischen den Parteien unklar bleibt, ob dies Vorschusszahlungen gewesen sein könnten oder aber ob der Kläger zum Zeitpunkt der Auszahlung des Entgeltes bereits Arbeitsleistungen für die Beklagte erbracht hatte, nämlich es sich um Abschlagszahlungen handeln könnte, so kann die Kammer eine Rückzahlungsvereinbarung im Zusammenhang mit den Vorschusszahlungen nicht erkennen. Existiert aber keine Rückzahlungsvereinbarung, so war die Beklagte nicht berechtigt, mit der letzten Lohnabrechnung dem Kläger DM 900,– netto abzuziehen.

Aus den gleichen Gründen scheitert eine Aufrechnung gemäß den §§ 833, 389, 390 BGB. Auch wenn man in der Verrechnung des Gehalts eine Aufrechnungserklärung sehen wollte, die Beklagte hätte auch in diesem Zusammenhang nicht klar und deutlich bezogen auf einzelne Zeitpunkte die Abgrenzung zwischen Vorschuss und Abschlagszahlung dargelegt. Dann bleibt aber auch im Zusammenhang mit der Prüfung einer Aufrechnungslage, nämlich, ob eine gleichartige, fällige Gegenforderung der Beklagten zusteht, unklar, ob der Kläger tatsächlich Vorschusszahlungen erhalten haben könnte. Auch deshalb scheidet eine Aufrechnungslage aus, die die Verrechnung der Beklagten in der letzten Lohnabrechnung lässt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht rechtfertigen.

Der vom Kläger geltend gemachte Zinsanspruch hält sich im gesetzlichen Rahmen, und findet seine Grundlage in der Tatsache der Rechtshängigkeit seines Anspruchs.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, da die Beklagte in vollem Umfang unterlegen ist.

Der Wert des Streitgegenstandes ist im Urteil festzusetzen, § 61 Abs. 1 ArbGG. Er bestimmt sich im vorliegenden Fall nach dem geltend gemachten Leistungsinteresse.

Die Berufung gegen das Urteil war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür, insbesondere eine grundsätzliche Bedeutung, nicht gegeben ist.

 

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