Zusammenfassung:
Was ist die Rechtsfolge einer nicht nur vorübergehenden, sondern dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung, wenn der Verleiher über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügt? Kommt bei nicht nur vorübergehender Arbeitnehmerüberlassung in diesem Fall ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zustande? Bleibt das Arbeitsverhältnis zum Verleiher bestehen? Handelt es sich um eine illegale Arbeitnehmerüberlassung?
Bundesarbeitsgericht
Az: 9 AZR 883/13
Urteil vom 29.04.2015
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. August 2013 – 11 Sa 112/13 – aufgehoben.
2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11. Dezember 2012 – 8 Ca 820/12 – wird zurückgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die Beklagte ist gesellschaftsrechtlich mit der G Holding GmbH & Co. KG verbunden und betreibt mehrere Warenhäuser, ua. ein Warenhaus in K.
Unter dem 12. Juni 2008 schloss die Beklagte als Entleiherin mit der G Personalservice GmbH & Co. KG (im Folgenden Personalservicegesellschaft) als Verleiherin für die Betriebsstätte K den „Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vom 01.06.2008“. Die Bundesagentur für Arbeit erteilte der Personalservicegesellschaft zuletzt mit Bescheid vom 9. November 2009 die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Die Klägerin ist seit dem 23. Juni 2008 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge und zuletzt unbefristet ab dem 1. Februar 2011 bei der Personalservicegesellschaft beschäftigt. Sie wurde im Warenhaus K der Beklagten als Mitarbeiterin im Bereich Kasse/Info zuletzt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden eingesetzt.
Die Klägerin meint, ihr Einsatz bei der Beklagten sei nicht nur vorübergehend iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Deshalb sei zwischen ihr und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis als Mitarbeiterin im Bereich Kasse/Info mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden besteht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, zwischen ihr und der Klägerin sei kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die Klägerin sei ihr nur vorübergehend zur Arbeitsleistung überlassen worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, zwischen den Parteien bestehe ein Arbeitsverhältnis.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es sei rechtsmissbräuchlich, dass die Beklagte sich auf die der Personalservicegesellschaft erlaubte Arbeitnehmerüberlassung berufe. Denn diese habe die Klägerin in unzulässiger Weise nicht nur vorübergehend an die Beklagte verliehen. Deshalb sei zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 9 Nr. 1 AÜG zustande gekommen.
II. Es kann dahinstehen, ob die Personalservicegesellschaft die Klägerin nicht nur vorübergehend zur Arbeitsleistung an die Beklagte verliehen hatte. Ein Verstoß gegen das Verbot der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG führt entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht zum Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer, wenn der Verleiher – wie hier – die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat, seine Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung zu überlassen (BAG 3. Juni 2014 – 9 AZR 111/13 – Rn. 10; ausführlich BAG 10. Dezember 2013 – 9 AZR 51/13 – Rn. 11 ff., BAGE 146, 384, zum Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs vgl. insb. Rn. 36 ff.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die Klägerin hat keine Argumente vorgebracht, die die tragenden Ausführungen des Senats im Urteil vom 10. Dezember 2013 (- 9 AZR 51/13 -) infrage stellen können.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.