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Wachhund gestreichelt – Schmerzensgeld und Schadensersatz


Oberlandesgericht Frankfurt (Main)

Az.: 7 U 91/99

Urteil vom 28.6.2000


Tenor

Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat auf die mündliche Verhandlung am 24.5.2000 für R e c h t erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 14.4.1999 -Aktenzeichen: 1 O 62 168 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beschwer beträgt 9.151,95 DM.


Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs.1 ZPO abgesehen.


Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet, denn dem Kläger steht kein über den Betrag des erstinstanzlichen Urteils hinausgehender Schadensersatzanspruch zu.

Zu Recht wird in dem angegriffenen Urteil bei der unzweifelhaft dem Grunde nach bestehenden Haftung des Beklagten aus § 833 BGB gemäß § 254 BGB ein Mitverschulden in Ansatz gebracht. Dieses Mitverschulden ist mit mindestens 50 % zu bewerten.

Dieses Mitverschulden ergibt sich aus dem Umstand, daß der Kläger den Hund des Beklagten streichelte, obwohl er den Hund nicht kannte und es sich bei dem Tier um einen Rottweiler handelte; also einer -wenn auch unstreitig nicht per se aggressiven- großen und stämmigen Wachhundrasse. Insbesondere bei derartigen Hunderassen gebietet, wie auch gerade der streitgegenständliche Vorfall zeigt, die im Verkehr erforderlich Sorgfalt, das Tier allenfalls nach einer längeren Phase des wechselseitigen Vertrautwerdens zu streicheln, jedoch keinesfalls bereits bei einem ersten Besuch; erst Recht nicht in dessen ersten fünfzehn Minuten.

Das Mitverschulden des Kläger ist zumindest mit 50 % anzusetzen. Die Gefährdungshaftung des § 833 BGB rechtfertigt sich aus dem Umstand, daß der Tierhalter aufgrund des nur eingeschränkt einschätzbaren Tierverhaltens für Dritte ein besonderes Risiko setzt. Dieser Gefährdungsaspekt wird vorliegend durch das Verhalten des Klägers überlagert: Der Kläger ist nicht Opfer eines von ihm unbeeinflußbaren Risikos in Form einer von ihm unbeherrschbaren Tiergefahr geworden, sondern hat bewußt die Nähe des Tieres geduldet und sich damit freiwillig der Tiergefahr ausgesetzt.

Soweit der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat erstmalig behauptet, der Beklagte habe ihn aufgefordert, den Hund zu streicheln, und hierfür Beweis anbietet, war dies nicht zu berücksichtigen, da dieses Vorbringen verspätet und damit unbeachtlich ist, §§ 527, 296 ZPO. Die Berufungsbegründungsfrist war abgelaufen. Die Berücksichtigung des Vorbringens würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögern, da angesichts des erfolgten Bestreitens der Beklagtenseite eine Beweisaufnahme erforderlich wäre. Entschuldigungsgründe für die Verspätung sind weder dargetan, noch ersichtlich.

Damit steht dem Kläger kein weiteres Schmerzensgeld zu. Die Verletzungsfolgen rechtfertigen allenfalls ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,- DM. Es ist zu berücksichtigen, daß zwar ein ambulanter operativer Eingriff erforderlich war und die Verletzung, wie sich aus dem ärztlichen Zeugnis von Dr. VV vom 17.2.1995 und dessen Attest vom 3.3.1998 ergibt, in den ersten Tagen auch äußerst schmerzhaft war. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß auch nach den genannte Bescheinigungen nach vier Wochen die volle Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt war und lediglich in den ersten 10 Tagen stärker Schmerzen bestanden. Die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes tritt angesichts eines allenfalls einfachen Fahrlässigkeitsverschuldens des Beklagten und des eigenen Verschuldens des Klägers in den Hintergrund: Im Hinblick auf die Mitverschuldensquote und die unstreitig erfolgte Zahlung des Haftpflichtversicherers des Beklagten in Höhe von 2.400,- DM auf die Schmerzensgeldforderung ist diese bereits überreguliert.

Dem Kläger steht auch kein über die zuerkannten 2.951,47 DM hinausgehender Anspruch auf Ersatz seines materiellen Schadens zu.

Der Verdienstausfallschaden des Klägers ist lediglich hinsichtlich eines Betrages von 4.132,- DM schlüssig dargelegt. Zwar errechnet der Kläger einen Verdienstausfallsschaden in doppelter Höhe, doch geht er hierbei von einer einmonatigen Arbeitsunfähigkeit aus. Dieser Zeitraum ist jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt. Nachzuvollziehen ist längstens eine zweiwöchige Arbeitsunfähigkeit, so daß sich der angesetzte Verdienstausfall um die Hälfte reduziert. Zwar wird in dem Attest von DR. VV eine Arbeitsunfähigkeit vom 25.1.1995 bis 26.2.1995 ausgewiesen, in dem zeitnah zu dem Vorfall erstellten ärztlichen Zeugnis von Dr. VV vom 17.2.1995 werden aber stärkere Schmerzen lediglich bis zum 6.2.1995 bescheinigt, danach nur schwächere Schmerzen, An Beschwerden werden Steifigkeit und noch nichtabgeheilte Wunden der rechten Hand angegeben. Angesichts dieses Befundes ist nicht ersichtlich, weswegen der Kläger nicht nach zwei Wochen seiner Beschäftigung als Anlageberater wieder nachgehen konnte. Dabei ist zu berücksichtigen, daß eine Arbeit als -Anlageberater schwerpunktmäßig mündliche Tätigkeiten im Rahmen von persönlichen oder telephonischen Geschäftskontakten- erfordert. Derartige Tätigkeiten sind dem Kläger auch mit einer Handverletzung möglich. Soweit darüberhinaus in begrenzten Umfang Schreibarbeiten erforderlich werden, mag zwar durch die abklingende Handverletzung noch eine gewisse Behinderung bestanden haben, doch ist nicht ersichtlich, weswegen dies nicht durch geeignete organisatorische Maßnahmen hätte aufgefangen werden können. Zwar hat der Kläger im Senatstermin eine Arbeitsunfähigkeit auf die fehlende Möglichkeit zu stützen versucht, mit der Verletzung an der rechten Hand einen Pkw zu führen. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß weder ausreichend dargetan, noch sonstwie ersichtlich ist, daß der Kläger auf die Benutzung eines Pkws angewiesen war, und sich nicht übergangsweise anders, etwa mit Taxifahrten oder stärkerer Innendiensttätigkeit, behelfen konnte.

Auch wenn man von einer vollen Ersatzfähigkeit der geltend gemachten weiteren Schadenspositionen über insgesamt 1.026,93 DM. ausgeht, vgl. Seite 4 der Klageschrift sowie den klageerweiternden Schriftsatz vom 9.4.1998, ergibt sich unter Berücksichtigung des hälftigen Mitverschuldens sowie der Zahlung des Haftpflichtversicherers von 40,- DM auf die Unkostenpauschale kein über die zugesprochenen 2.951,47 DM hinausgehender Anspruch.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs.1 ZPO sowie aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Beschwer entspricht dem abgewiesenen Teil der erstinstanzlichen Zahlungsanträge, die mit der Berufung erfolglos weiterverfolgt wurden. Für den Schmerzensgeldantrag war dabei entsprechend der vom Kläger geäußerten Vorstellung von einem Betrag in Höhe von 1.600,– DM auszugehen.


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