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Wärmelieferungsvertrag – Aufrechungsverbot – Gegenforderungen

Oberlandesgericht Brandenburg

 Az.: 7 U 22/07

Urteil vom 18.07.2007

Vorinstanz: Landgericht Frankfurt (Oder), Az.: 14 O 349/05


In dem Rechtsstreit hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2007 für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 20. Dezember 2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) – Az. 14 O 349/05 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Forderungen aus Wärmelieferungen der Klägerin für die im Eigentum der Beklagten stehenden Gebäudeeinheiten am …ring 5-7 (Vertragskonto 21008928), …ring 24-27 (Vertragskonto 21008929) und …ring 28-31 (Vertragskonto 21008930) in F…. Die Parteien haben am 12./17. September 2003 für die genannten Gebäude einen Fernwärmeversorgungsvertrag mit Wirkung ab dem 1. Juli 2003 abgeschlossen und diesen am 22. September 2003 mit einer Zusatzvereinbarung versehen, wonach sich die Klägerin verpflichtet, „einen über 676 MWh hinausgehenden Wärmebedarf im ersten Jahr nach Abschluss des Wärmelieferungsvertrages unentgeltlich zu liefern, sofern sich die Nutzerstruktur nicht wesentlich verändert und die in Gradtagszahlen ausgedrückten Witterungsverhältnisse von denen

des Kalenderjahres 2002 nur unwesentlich abweichen“.

Die Klägerin hat der Beklagten für die Wärmeversorgung im Zeitraum von Juni bis einschließlich Dezember 2004 insgesamt 23.123,87 EUR in Rechnung gestellt und darauf eine Teilzahlung der Beklagten von 122,15 EUR angerechnet. Des Weiteren hat die Klägerin der Beklagten im Hinblick auf die für das erste Vertragsjahr getroffene Zusatzvereinbarung eine Gutschrift über 8.607,36 EUR erteilt. Den sich sodann ergebenden Restbetrag von 14.394,36 EUR nebst Zinsen hat sie mit ihrer Klage geltend gemacht.

Die Parteien streiten über den Regelungsgehalt der Zusatzvereinbarung und den Eintritt der in derselben geregelten Voraussetzungen für eine unentgeltliche Belieferung der Beklagten mit Fernwärme.

Die Beklagte hat gemeint, aufgrund der Zusatzvereinbarung stehe ihr aus dem Abrechnungszeitraum Juli 2003 bis Juni 2004 ein die Klageforderung übersteigender Rückzahlungsanspruch zu, mit dem sie vorrangig die Aufrechnung erklärt hat. Hilfsweise hat sie wegen der Überzahlung im ersten Vertragsjahr Widerklage mit dem Ziel der Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 11.128,91 EUR nebst Zinsen erhoben.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der in den Abschluss der Zusatzvereinbarung involvierten Personen die Beklagte antragsgemäß verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des am 20. Dezember 2006 verkündeten Urteils wird Bezug genommen (Bl. 413 ff. d.A.).

Gegen dieses ihr am 28. Dezember 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 26. Januar 2007 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 15. Februar 2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte erstrebt unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus erster Instanz zum Inhalt der Zusatzvereinbarung vom 22. September 2003 weiterhin die Klageabweisung, hilfsweise die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 11.128,91 EUR.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung.

II.

Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der aus dem Wärmelieferungsvertrag der Parteien folgende Restzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 14.394,36 EUR nicht durch Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen der Beklagten aus dem Abrechnungszeitraum von Juli 2003 bis Juni 2004 erloschen ist.

Die in den Versorgungsvertrag der Parteien unstreitig einbezogenen AVBFernwärmeV sehen in § 31 grundsätzlich ein Aufrechungsverbot mit bestrittenen und nicht rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen vor. Eine davon abweichende individualvertragliche Vereinbarung ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Zusatzvereinbarung der Parteien vom 22. September 2003 gibt dafür nichts her. Selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass im ersten Vertragsjahr die über 676 MWh hinausgehende Wärmemenge jedenfalls unentgeltlich hätte geliefert werden müssen, die Klägerin also insoweit in der Vergangenheit ohne Rechtsgrund gezahlt hätte, besagt dies allein für die hier zu beantwortende Frage nach der Zulässigkeit der Aufrechung mit entsprechenden Rückforderungsansprüchen gar nichts.

Auch das Argument der Beklagten, die Klägerin sei gar nicht schutzbedürftig, weil das Aufrechungsverbot einzig dazu diene, die Versorgungsunternehmen „davor zu schützen, zunächst in Vorleistung gehen zu müssen„, diese Gefahr sich im Streitfall aber nicht realisieren könne, weil „die Beklagte (…) unstreitig die Zeiträume, für welche die Klägerin ihre Wärmelieferungsforderungen geltend macht, gezahlt (hat)“ (vgl. Seite 6 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 490 d.A.), ist schon sachlich falsch und rechtfertigt jedenfalls keine andere Beurteilung.

Tatsächlich hat die Beklagte die der Klageforderung zugrunde liegenden Wärmemengen, die sie unstreitig abgenommen hat, gerade nicht bezahlt. Ausweislich der Berechnung in der Klageschrift vom 29. August 2005, dort Seite 13 (= Bl. 13 d.A.), verfolgt die Klägerin nach der selbst vorgenommenen Verrechnung mit Gutschriften nur noch solche Ansprüche für die Versorgung der Beklagten, die mit Rechnungen seit dem 20. September 2004 (teilweise) bzw. seit dem 7. Oktober 2004 (und jünger) abgerechnet worden sind. Von diesen Rechnungen werden aber keine Wärmelieferungen der Klägerin aus dem ersten Vertragsjahr mehr erfasst. Den der Klageforderung zugrunde liegenden Wärmeverbrauch hat die Klägerin eben nicht bezahlt, weshalb sie auch konsequenterweise nicht den Einwand der Erfüllung erhebt, sondern die Aufrechnung mit eigenen Ansprüchen aus Überzahlung für einen vorangegangenen Abrechnungszeitraum erklärt hat. Für den von der Klageforderung erfassten Abrechnungszeitraum ist die Klägerin in Vorleistung gegangen und insoweit nach der Intention des Verordnungsgebers durch das Aufrechnungsverbot jedenfalls zu schützen.

Schließlich ist der Hinweis der Beklagten auf die Verrechnung durch die Klägerin selbst im Umfang der nach ihrer Auffassung begründeten Gegenansprüche der Beklagten unerheblich.

Insoweit handelt es sich nämlich gerade um unbestrittene, nämlich von der Klägerin anerkannte Forderungen der Beklagten. Der Aufrechnung mit unbestrittenen Gegenansprüchen des Versorgungsnehmers steht aber § 31 AVBFernwärmeV gerade nicht entgegen.

2.

Das Landgericht hat weiter mit Recht festgestellt, dass der Beklagten ein Zahlungsanspruch in Höhe von 11.128,91 EUR aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB – der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage – nicht zusteht.

Es kann auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz nicht festgestellt werden, dass die in der Zusatzvereinbarung der Parteien vom 22. September 2003 enthaltenen Voraussetzungen für eine unentgeltliche Wärmeversorgung der Beklagten in dem von dieser beanspruchten Umfang vorgelegen haben.

a) Der Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, dass die Zusatzvereinbarung dahin auszulegen ist, dass zunächst grundsätzlich jeder 676 MWh übersteigende Wärmemengenverbrauch unentgeltlich bereitzustellen war und eine Zahlungspflicht der Beklagten erst (wieder) einsetzen sollte, wenn die weiter vorgesehenen Einschränkungen im Hinblick auf die Nutzerstruktur und die Witterungsverhältnisse eingetreten sind, wofür die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig sei.

Die – in jeder Hinsicht auslegungsbedürftige – Zusatzvereinbarung enthält mit der Abrede einer unentgeltlichen Wärmelieferung eine von den grundsätzlichen Hauptpflichten des Versorgungsvertrages der Parteien – Belieferung mit Fernwärme gegen Bezahlung – abweichende Ausnahmeregelung, die zugleich an die weitere(n) Bedingung(en) geknüpft ist, dass sich die Nutzerstruktur nicht wesentlich ändert und die Witterungsverhältnisse von denen des Kalenderjahres 2002 nur unwesentlich abweichen. Diese Sonderreglung der Parteien muss insgesamt bewertet werden. Weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck der Regelung oder die Interessenlage der Parteien gebieten oder erlauben auch nur eine Zerlegung dieser Abrede in eine

unmittelbar mit Abnahme der 677. MWh beginnende Ausnahme von der Zahlungspflicht, die – als Gegenausnahme – allerdings dann wieder aufleben sollte, wenn sich – denknotwendig nachträglich – feststellen lässt, dass die weiter vorgesehenen Einschränkungen eingetreten sein sollten. Der Begriff „unentgeltliche Lieferung„ stützt das von der Beklagten favorisierte Auslegungsergebnis einer nachhaltigen und uneingeschränkten Vorleistungspflicht der Klägerin nur, solange der nachfolgende Halbsatz, der weitere Bedingungen für die Kostenfreiheit vorsieht, außer Acht gelassen wird. Es ist allerdings auch vor dem Hintergrund der Streitigkeiten der Parteien um die für die Zeit vor dem 1. Juli 2003 angefallenen – ganz wesentlich bautechnisch begründeten unverhältnismäßig hohen – Verbrauchskosten für die Wärmeversorgung kein Grund dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Klägerin ab einer Verbrauchsmenge von 676 MWh zunächst in Vorleistung gehen und sodann auch noch das Risiko tragen sollte, das Vorliegen der weiter vereinbarten Bedingungen für ein Wiederaufleben der Entgeltpflicht nicht beweisen zu können. Dies gilt umso mehr, als zwar einerseits beide Parteien naturgemäß keinen Einfluss auf Witterungsverhältnisse nehmen konnten, aber andererseits jedenfalls einzig die Beklagte die „Nutzerstruktur„ – gleich welcher Bedeutungsgehalt diesem Begriff beizumessen ist – beeinflussen konnte.

Ausgehend davon, dass eine unentgeltliche Wärmelieferung die Ausnahme darstellt, erscheint es deshalb sachgerecht, die in der Zusatzvereinbarung genannten verschiedenen Voraussetzungen als einheitliche aufschiebende Bedingung für die kostenfreie Wärmeversorgung anzusehen, deren Eintritt dann insgesamt von der Beklagten zu beweisen ist.

b) Die Witterungsverhältnisse in dem Abrechnungszeitraum vom 1. Juli 2003 bis zum 30. Juni 2004 sind von denen des Kalenderjahres 2002 wesentlich abgewichen.

Die Klägerin hat Bezug nehmend auf die schriftliche Auskunft des Instituts für Meteorologie vom 11. Juli 2005 eine Veränderung der Gradtagszahlen für B… von 3.518,7 im Kalenderjahr 2002 auf 3.613,6 im Kalenderjahr 2003, also eine Steigerung um 2,7 %, behauptet. Diesem Vorbringen ist die – aus den oben unter a) genannten Gründen für den Nichteintritt dieses Ereignisses als Bedingung für die Befreiung von der Zahlungspflicht darlegungs- und beweispflichtige – Beklagte nicht einmal erheblich entgegen getreten. Einen eigenen hinreichend konkreten Tatsachenvortrag zu den Witterungsverhältnissen in den in der Zusatzvereinbarung genannten Vergleichszeiträumen, der einer Beweisaufnahme zugänglich wäre, hat die Beklagte nicht unterbreitet.

Der Hinweis darauf, dass es zwischen B… und F… durchaus Abweichungen in den Gradtagszahlen von 3-5 % geben mag, ist zwar sachlich richtig, aber unbehelflich. Es ist angesichts der relativen Nähe der genannten Orte zueinander naheliegend, dass eine in B… zu konstatierende Änderung der Witterungsverhältnisse sich wirkungsgleich, wenn auch vielleicht auf einem insgesamt höheren oder niedrigeren Niveau, auch in F… niederschlägt.

„Dass die behauptete Abweichung der Gradtageszahlen von 2,7 % eine wesentliche Abweichung darstellen“ (Seite 5 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 489 d.A.), kann die Beklagte nicht (nochmals) „bestreiten„, weil es insoweit nicht so sehr um eine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung, sondern vielmehr um eine rechtliche Bewertung geht. Das Vorbringen der Klägerin, die Veränderung der Gradtagszahl um 1 % ziehe einen um 10 % höheren Wärmeverbrauch nach sich – eine Veränderung, die selbst die Beklagte in Anlehnung an die Rechtsprechung zu Flächenabweichungen im Mietrecht für wesentlich hält -, hat die Beklagte schon nicht wirksam bestritten.

Der Umstand eines trotz höheren Vermietungsstandes im Vergleich zu den vorausgegangenen 12 Monaten tatsächlich insgesamt niedrigeren Wärmemengenverbrauchs im ersten Jahr nach dem 1. Juli 2003 steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil unstreitig erhebliche bauliche Veränderungen an den Gebäudeeinheiten und den dort befindlichen Heizungsanlagen vorgenommen worden waren, die zwangsläufig zu einem spürbar niedrigeren Verbrauch beigetragen haben dürften.

Nach alledem kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass es keine erhebliche Veränderung der in Gradtagszahlen ausgedrückten Witterungsverhältnisse gegeben hat. Wenn die Klägerin bei dieser Sachlage in Ansehung der von ihr behaupteten Steigerung der Gradtagszahl um 2,7 % eine Anpassung des von der Beklagten zu vergütenden Wärmebedarfs von 676 MWh um 18,3 MWh vorgenommen hat, ist dies jedenfalls nicht zu beanstanden. Tatsächlich wäre auf der Grundlage des unbestrittenen Vortrages der Klägerin sogar eine – für die Beklagte nachteiligere – Anpassung um 182,52 MWh möglich gewesen, weil danach jedes Prozent einer Veränderung der Gradtagszahl zu einer 10%-igen Änderung des Wärmebedarfs führt.

c) Auch die weitere Bedingung für die Befreiung von der Zahlungspflicht für den 676 MWh übersteigenden Wärmebedarf, eine allenfalls unwesentliche Änderung der Nutzerstruktur, ist nicht festzustellen.

Das Landgericht hat unter Berücksichtigung der unstreitigen Vorgeschichte und des Ergebnisses der Beweisaufnahme mit zutreffender Begründung dem von den Parteien in der Zusatzvereinbarung verwendeten Begriff „Nutzerstruktur„ die Bedeutung des „Vermietungsstandes“ beigemessen.

Zwar weist die Beklagte mit Recht darauf hin, dass sich dieser Bedeutungsgehalt nicht ohne Weiteres aus dem Wortsinn des hier verwendeten Begriffes ableiten lässt und dieser Begriff – für einen objektiven Dritten – auch kein Synonym für „Vermietungsstand„ sein dürfte. Allerdings erschließt sich dem ungefangenen Leser der Begriff „Nutzerstruktur„ auch nicht ohne Weiteres, auch nicht im Kontext der in Rede stehenden Wärmeversorgung. Der Begriff könnte sowohl auf Art als auch auf das Maß der Nutzung hindeuten und damit sowohl dem Verständnis der Klägerin wie auch dem der Beklagten entsprechen. Es ist auch nachvollziehbar, dass für die abzunehmende Wärmemenge beide Faktoren, der Vermietungsstand wie auch die Art der Nutzung des zu versorgenden Objekts als gewerblicher oder Wohn-Raum, von maßgeblicher Bedeutung sind. Einen denklogischen Vorrang eines dieser beiden Faktoren für den Wärmebedarf gibt es nicht. Weshalb „die Klägerin bei Abschluss der Zusatzvereinbarung ein unkalkulierbares Risiko (nur) eingegangen (wäre)„ für den Fall, „dass die drei Gebäude gänzlich anders genutzt werden„ (Seite 5 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 489 d.A.), erschließt sich dem erkennenden Senat nicht. Selbstverständlich steigt der Wärmeverbrauch in Mehrfamilienhäusern mit einem höheren Vermietungsstand – jedenfalls dann, wenn nicht mehr sämtliche Wohnräume ungeachtet des Vermietungsstandes aus technischen Gründen durchgängig voll beheizt werden. Entsprechende bauliche Änderungen waren aber auch nach dem Vorbringen der Beklagten jedenfalls beabsichtigt und sind unstreitig auch vorgenommen worden.

Es kommt hinzu, dass keiner der vernommenen Zeugen bestätigt hat, dass während der Vertragsverhandlungen die Möglichkeit einer (teil-)gewerblichen Nutzung der Versorgungsobjekte auch nur thematisiert worden wäre, während der Vermietungsstand durchaus Gegenstand der Besprechung im Sinne eines für den Wärmeverbrauch maßgeblichen Faktors gewesen ist.

Dass es im Streitfall nicht unwesentliche Änderungen im Vermietungsstand (= in der Nutzerstruktur) gegeben hat, hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, ohne dass die Berufung dem im Einzelnen entgegen getreten wäre.

Nach alledem lag keine der beiden in Ziffer 1 der Zusatzvereinbarung genannten Voraussetzungen für eine unentgeltliche Versorgung der Beklagten ab einem Wärmebedarf von 677 MWh vor.

Der Wortlaut der Zusatzvereinbarung formuliert die genannten Bedingungen im Übrigen kumulativ, so dass schon der Nichteintritt einer der genannten Voraussetzungen die Befreiung von der Zahlungspflicht ausschließt – und zwar insgesamt und nicht nur mit der Folge einer entsprechenden Anpassung der Deckelungsgrenze. Die gleichwohl von der Klägerin vorgenommene Anpassung dürfte tatsächlich der Intention beider Parteien bei Abschluss der Zusatzvereinbarung eher entsprechen und ist jedenfalls als der Beklagten günstiges Vorgehen nicht weiter zu hinterfragen. Diese Abweichung vom Wortlaut der Vereinbarung ist allerdings weiteres beredtes Zeugnis dafür, dass es den Vertragsparteien nicht gelungen ist, das Gewollte in der gebotenen Klarheit zu formulieren und damit einem späteren Streit die Grundlage zu entziehen.

d) Mit Recht hat schließlich das Landgericht festgestellt, dass der in der Zusatzvereinbarung verwendete Begriff des „Wärmebedarfs„ bei sachgerechter Auslegung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage dahin zu verstehen ist, dass die Befreiung von der Zahlungspflicht nur den verbrauchsabhängigen Teil der Kosten der Wärmeversorgung erfasst und die ungeachtet der Witterungsverhältnisse, der Art und des Ausmaßes der tatsächlichen Nutzung stets anfallenden verbrauchsunabhängigen Kosten jedenfalls weiterhin von der Beklagten zu zahlen waren.

Eine eindeutige, über jeden Zweifel erhabene Regelung des Schicksals der verbrauchsunabhängigen Kosten für den Fall des Überschreitens des „entgeltpflichtig“ zu liefernden „Wärmebedarfs“ enthält Ziffer 1. dieser Zusatzvereinbarung nicht. Auch insoweit ist diese Vereinbarung daher auszulegen.

Es ist allgemein bekannt, dass sich die Kosten der Wärmeversorgung aus verbrauchsabhängigen und verbrauchsunabhängigen Bestandteilen zusammensetzen und deshalb Kosten auch dann entstehen, wenn für bestimmte Zeiträume tatsächlich keine Wärmemenge abgenommen wird. Wenn die Parteien dann als Abgrenzungsposten für die Vergütung eine bestimmte Wärmemenge, also eine eindeutig verbrauchsabhängige Größe, gewählt haben, dann bestand auch und gerade vor dem Hintergrund der Verhandlungen der Parteien über diese Zusatzvereinbarung zunächst kein Anlass anzunehmen, dass die Klägerin auf die Vergütung auch der verbrauchsunabhängig anfallenden Kosten verzichten wollte, soweit die sonst vereinbarten Voraussetzungen für eine unentgeltliche Belieferung vorgelegen. Auch der Begriff einer dann gegebenenfalls unentgeltlichen „Belieferung„ weist mit der Anknüpfung an eine Lieferung, also eine über die schon kostenpflichtige Bereitstellung hinausgehende aktive Leistung, eher ein verbrauchsabhängiges Element auf. Berücksichtigt man weiter, dass Hintergrund für die der Zusatzvereinbarung vorangegangenen Vertragsverhandlungen die dem hohen Verbrauch geschuldeten enormen Kosten der Wärmeversorgung in dem vorangegangenen Abrechnungszeitraum gewesen sind, so wird umso deutlicher, dass es – aus der für die Klägerin wahrnehmbaren Sicht der Beklagten – um die Kappung der aus dem Verbrauch resultierenden hohen Kosten gegangen ist. Es ist auch kein Grund vorgetragen oder sonst ersichtlich dafür, dass die Klägerin, die sich auf die konkrete Möglichkeit einer – an bestimmte weitere Voraussetzungen geknüpfte – unentgeltlichen Belieferung der Beklagten mit Wärmemengen eingelassen hat, weitergehende und ihr mit dem bestehenden Vertragsverhältnis ohne Weiteres zustehende Zahlungsansprüche aus fest anfallenden Kostenpositionen verzichten wollte oder sollte.

Das Landgericht hat ferner zutreffend darauf verwiesen, dass keiner der dort vernommenen Zeugen bestätigt hat, dass die Frage der verbrauchsunabhängigen Kostenpositionen ausdrücklich angesprochen worden wäre.

Die Unklarheiten der Formulierung in der Zusatzvereinbarung gehen zu Lasten der – für die ihr günstige Behauptung, von der Vergütungsbefreiung seien nicht nur die verbrauchsabhängigen, sondern sämtliche Kostenbestandteile aus der Wärmeversorgung erfasst darlegungs- und beweispflichtigen – Beklagten.

Nach alledem besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein über die im Wege einer Gutschrift bereits berücksichtigte und damit unstreitige Rückforderung der Beklagten hinausgehender weiterer Zahlungsanspruch der Beklagten, so dass der Widerklage insgesamt kein Erfolg beschieden sein konnte.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht angezeigt, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 25.523,27 EUR.

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