Amtsgericht Sonthofen
Az: 144 Js 5270/10
Urteil vom 01.09.2010
Die Betroffene wird unter Bezugnahme auf den Bußgeldbescheid der …….. vom 04.02.2010 zu einer Geldbuße von 40 € verurteilt. Die Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens sowie ihre eigenen notwendigen Auslagen.
Gründe
I.
Die Betroffene fuhr am 21.1.10 als Führerin des Pkw Suzuki, amtliches Kennzeichen … auf der……., wobei sie während der Fahrt ihr sog. Walki-Talki, ein Sprechfunkgerät, am Ohr hielt und dessen Funktion testete. Dieses Gerät funktioniert dergestalt, dass lediglich eine Verbindung zum entsprechenden Gegengerät aufgebaut werden kann, also keine Nummernwahl erfolgt. Es erfolgt eine Gesprächsverbindung mittels Funkübertragung, wobei zum Sprechen eine Taste gedrückt werden muss.
II.
Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der eigenen Einlassung der Betroffenen. Eine weitere Sachaufklärung dahingehend, ob sie wirklich das genannte Gerät oder ein Handy im herkömmlichen Sinne hielt, konnte dahinstehen, da auch nach der eigenen Einlassung der Tatbestand der § 23 Ia, 49 StVO, 24 StVG erfüllt ist.
III.
Danach handelt ordnungswidrig, wer als Führer eines Kraftfahrzeuges ein Mobil- oder Autotelefon benutzt, wenn er hierfür den Hörer des Autotelefons oder das Mobilfunkgerät aufnimmt oder hält, außer der Motor wäre ausgeschaltet und das Fahrzeug steht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
1) Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er „hierfür das Mobiltelefon aufnimmt oder hält“. Nicht erforderlich ist, dass tatsächlich eine Telefonverbindung hergestellt wird. Zur Auslegung des Begriffs „Benutzung“ i. S. dieser Vorschrift wird nicht differenziert, auf welche Weise das Mobiltelefon benutzt wird. Es ist vielmehr jegliche Nutzung untersagt, bei der das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird. Ziel des Gesetzgebers war es zu gewährleisten, „dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobil- oder Autotelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Die Benutzung des Mobiltelefons schließt daher neben dem Gespräch im öffentlichen Fernnetz sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet etc. ein. Der Fahrzeugführer darf das Mobil- oder Autotelefon benutzen, wenn er dazu das Telefon oder den Telefonhörer nicht aufnehmen oder halten muss“ (Begr. zur ÄnderungsVO v. 11. 12. 2000, VBl 2001, 8). (OLG Hamm: NStZ 2006, 358) Unter Benutzung ist damit auch die Überprüfung der Funktionsfähigkeit zu subsumieren, da auch diese im bestimmungsgemäßen Gebrauch des Geräts liegt und auch teleologisch vom Sinn der Vorschrift umfasst ist, welche zu starke Ablenkungen des Fahrers vermeiden soll. Schließlich erfasst die Prüfung der Funktionsfähigkeit auch die Bedienfunktion des Geräts (vgl. NVZ 2006, 181).
2) Auch handelt es sich bei dem sog. „Walki-Talki“ um ein Mobilfunkgerät im Sinne der o.g. Vorschrift. Unter Mobiltelefon ist ein bewegliches Kommunikationsgerät zur Übertragung von Tönen, insbesondere von Sprache mittels elektrischer Signale zu verstehen. Die Beweglichkeit des Geräts ist vorliegend evident, auch dient es zur Übertragung von Sprache mittels elektrischer Signale. Einziger Unterschied zu gewöhnlichen Mobilfunkgeräten ist, dass kein Mobilfunknetz benötigt wird und keine Nummer zu wählen ist. Dies rechtfertigt weder eine andere Betrachtung noch wird dadurch die grundsätzlich enge Auslegung des Begriffs „Mobilfunkgerät“ gesprengt. Bei Wikipedia wird Mobilfunk sogar bereits noch deutlicher als Sammelbezeichnung für den Betrieb von beweglichen Funkgeräten definiert. Darunter fallen vor allem tragbare Telefone, (Mobiltelefone, Gegensprechverfahren) und in Fahrzeuge eingebaute Wechselsprechgeräte (z. B. Taxifunk). Wäre eine Einschränkung des Anwendungsbereichs, zum Beispiel auf die Nutzung „öffentlich zugängliche Telefondienste“, § 3 Nr. 17 TKG (i.d.F. v. 7. 7. 2005; § 3 Nr. 19 TKG a. F.) durch Kraftfahrer, auf bestimmte Kommunikationszwecke, auf bestimmte Betriebsarten oder auf nachrichtentechnische Verfahren („Wechselsprechen“ oder „Gegensprechen“) gewollt gewesen, hätte es einer anderen Fassung des Wortlauts des Bußgeldtatbestandes selbst bedurft. Hinweise auf ein „ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal“ finden sich in der amtlichen Begründung freilich nicht (vgl. auch AG Urach, Urteil vom 27.6.06, BeckRS 2006, 11838).
3) Ob eine Nummer – wie in der Regel – bei einem Mobiltelefon über eine Namensliste über wenige Tastendrucke oder gar über Kurzwahl erfolgt oder schlicht eine Taste zu drücken ist, um die Verbindung herzustellen, kann für die Begrifflichkeit des Mobilfunkgeräts nicht entscheidend sein, zumal ja bereits das Halten sanktioniert ist, also ein Gesprächsaufbau nicht einmal zwingende Voraussetzung ist. Ferner ändert auch die Art der elektrischen Signale bzw. deren Frequenz nicht das Geringste an der Verwendungsart des Geräts. Auch die Tatsache, dass Walki-Talkis nicht gleichzeitiges Hören und Sprechen ermöglichen, vermag einen entscheidenden Unterschied nicht zu begründen, nachdem dafür bei Walki-Talkis für die Sprechfunktion eine Taste gedrückt werden und gedrückt gehalten werden muss. Für Letzteres ist sicher nicht weniger Konzentration erforderlich als für die aus persönlichen Gesprächen gewohnte und insbesondere bei Paarbeziehungen häufige Konstellation, dass beide Gesprächsteilnehmer gleichzeitig reden und zuhören (sollten). Hinzu kommt, dass selbst das Abhören von Musikdateien aus einem Handy der Sanktion unterfällt, vgl. OLG Köln, NStZ 2010, 88). 4) In concreto ist mit dieser Auslegung weder der mögliche Wortsinn durch Analogie, noch auch nur die Definition des Begriffs überschritten. Die entgegenstehende Auffassung (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Auflage, § 23 Ia StVO) vermag demgegenüber nicht zu überzeugen: Alleine die Möglichkeit, aufgrund minimaler Unterschiede Abgrenzungen vornehmen zu können, rechtfertigt nicht eine unterschiedliche Beurteilung. Es wäre lebensfremd, würde man bei derartigen Unterscheidungskriterien ansetzen, zumal der Gesetzgeber dann auf jede technische Weiterentwicklung von Mobilfunkgeräten mit einer Gesetzesänderung reagieren müsste. So wird – soweit ersichtlich – auch nicht vertreten, Mobilfunkgeräte mit UMTS unterfielen deswegen der Definition nicht mehr, weil aufgrund dieser Neuerung Abgrenzungsmöglichkeiten zu bisherigen Modellen bestehen. Selbstverständlich kann es im Straf- und Ordnungswidrigkeitsrecht nur Sanktionen für klar definierte Tatbestände geben. Dieser Definition ist indes vorliegend Genüge getan, was ja auch bereits die – richtige – Auffassung der Betroffenen bei der Anhaltung zeigt, durch ihre Handlung eine Ordnungswidrigkeit verwirklicht zu haben.