LG Marburg – Az.: 7 O 11/20 – Beschluss vom 30.04.2020
Der angerufene Rechtsweg vor den Zivilgerichten ist unzulässig.
Der Rechtsstreit wird für verwiesen an das für Familiensachen zuständige Amtsgericht Kirchhain – Familiengericht.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe zur Durchsetzung eines Ausgleichsanspruches nach der Beendigung einer partnerschaftlichen Beziehung zum Antragsgegner.
Die Beteiligten führten im Zeitraum ab 2009 bis Dezember 2017 eine Beziehung. Nachdem die Parteien im Jahr 2010 erstmals zusammengezogen waren, erwarb der Antragsgegner ein Einfamilienhaus, dass die Beteiligten dann gemeinsam bewohnten. Die Antragstellerin wurde nicht Miteigentümerin, da sie sich an einer Finanzierung aufgrund von Altschulden nicht beteiligen konnte.
Die Antragsstellerin behauptet, zwischen den Parteien sei eine Eheschließung geplant gewesen, weshalb sie sich auch an der Realisierung des Bauvorhabens mit erheblichen Zahlungen beteiligt habe. Zudem sei die Immobilie angeschafft worden, um der Familie nach der geplanten Hochzeit als gemeinsame Ehewohnung zu dienen. Zudem sei beabsichtigt gewesen, sie nach Löschung der Negativeintragung in der SCHUFA ins Grundbuch und den Darlehensvertrag aufzunehmen. Sie meint, eine Verlobung sei nicht erfolgt, da dies in der Herkunftskultur der Parteien nicht praktiziert würde; eine Eheschließung sei aber beabsichtigt gewesen.
II.
Die Verweisung erfolgt analog § 17 Abs. 2 GVG. Die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe obliegt dem zuständigen Gericht, § 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Auch der zulässige Rechtsweg vor den Familiengerichten sieht die Bewilligung von (dort) Verfahrenskostenhilfe vor.
Im vorliegenden Fall ist kraft besonderer Zuständigkeit das Amtsgericht Kirchhain Abteilung Familiensachen gemäß § 23a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 GVG i.V.m. §§ 111 Nr. 11, 266 Abs. 1 Nr. 1 FamFG funktionell ausschließlich und gemäß § 267 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 12, 20 ZPO örtlich zuständig. Beide Beteiligten wohnen in Kirchhain. Nach dem Tatsachenvortrag der Antragstellerin, auf welchen es für die Zuständigkeitsbestimmung ausschließlich ankommt, ist von einem bürgerlichrechtlichen Verlöbnis gemäß § 1297 BGB auszugehen.
Ein Verlöbnis ist nach herrschender Meinung ein Vertrag, durch den sich zwei Personen gegenseitig versprechen, künftig die Ehe miteinander einzugehen. Das Verlöbnis ist als ernsthaftes wechselseitiges Heiratsversprechen auf die Ehe hin ausgerichtet. Faktisches Zusammenleben ist nicht ausreichend, ebenso wie die beiderseitige Vorstellung von der späteren (bloßen) Möglichkeit der Heirat. Es ist an keine Form gebunden, kann also in schlüssiger Weise erfolgen, sodass es insbesondere nicht auf die Einhaltung üblicher Formen (Ringwechsel, Anzeige) ankommt. (Palandt/Brudermüller, BGB, Einf. v. § 1297, Rn. 1 f, mwN.)
Nach dem Tatsachenvortrag der Antragstellerin ist davon auszugehen, dass es jedenfalls konkludent wechselseitige Willenserklärungen gegeben hat, zukünftig die Ehe eingehen zu wollen und ein Verlöbnis nach bürgerlichem Recht anzunehmen ist. Nach dem Vortrag in der Antragsschrift und der folgenden Replik war eine Eheschließung geplant bzw. beabsichtigt und diese Pläne bereits so konkret, dass man sich eine gemeinsame Ehewohnung habe schaffen wollen und dies bereits ins Werk setzte. Diesen Vortrag vertieft die Antragstellerin auch dahingehend, dass sie wiederholt eine geplante Eheschließung in Bezug nimmt und von einer Eintragung im Grundbuch und damit einer dauerhaften Verbindung mit dem Antragsgegner sobald als möglich ausgegangen ist.
Soweit die Antragstellerin zu dem rechtlichen Schluss kommt, ein Verlöbnis habe nicht vorgelegen, während sie zugleich dem Bestreiten einer beabsichtigten Eheschließung durch den Antragsgegner widerspricht, ist dem rechtlich nicht zu folgen. Das Verlöbnis im Sinne des BGB ist vom Begriff des Verlöbnisses im kulturellen, gesellschaftlichen oder kirchlichen Sinne zu trennen. Es ist daher unschädlich, wenn die ernsthafte wechselseitige Absicht heiraten zu wollen, in der Herkunftskultur der Parteien nicht als Verlöbnis bezeichnet wird, maßgeblich ist ausschließlich die bürgerlich rechtliche Beurteilung. Auf den gerichtlichen Hinweis diesbezüglich, hat die Antragstellerin auch nicht weiter gegen ein Verlöbnis gemäß § 1297 BGB vorgetragen.