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Warendiebstahl bei Arbeitgeber – Kündigung

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Az: 9 Sa 485/08

Urteil vom 30.01.2009


1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 23.07.2008 abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die am 13.10.1949 geborene, alleinstehende Klägerin ist bei der Beklagten, die mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, seit dem 05.02.1991 als kaufmännische Sachbearbeiterin zu einer Bruttomonatsarbeitsvergütung von 2.400,– Euro beschäftigt. Die Beklagte wird durch zwei Geschäftsführer vertreten, die ausweislich der Eintragung im Handelsregister (Bl. 17 d. A.) jeweils einzelvertretungsberechtigt sind.

Unter dem 26.01.2007 erließ die Beklagte einen Aushang betreffend „Verhaltensanweisung zur privaten Mitnahme von Ware aus dem Zentrallager“ (Bl. 18 d. A.). In dieser heißt es auszugsweise:

„Zu b)

Die jeweiligen Vorgesetzten im Zentrallager sind nur befugt Restanten und Musterware kostenfrei abzugeben, wenn die Lagerleitung bzw. die Stellvertretung darüber in Kenntnis gesetzt wurde und eine Freigabe erteilt ist.

Die Ausgabe der Ware erfolgt vor dem Kommissionierleiterbüro. Zum Transport der Ware erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Plastiktüten im Kommissionierleiterbüro. Die mit Ware gefüllte Plastiktüte ist anschließend fest zu verschließen und mit einer Signatur durch den Vorgesetzten eindeutig zu kennzeichnen.

Es darf nur Ware in dem beschriebenen, verpackten, Zustand aus dem Werksgelände geführt werden.“

Am 19.08.2008 stellte die Klägerin gegen 16.00 Uhr Tragetaschen an ein Wareneingangstor und verlud diese in ihr Fahrzeug. In den Taschen befanden sich Sprudel, Süßigkeiten, Marmelade, Sülze, Mayonaise, Brötchen, Salat, Kartoffeln sowie Blattspinat. Einen Teil dieser Waren (Mayonaise, Mineralwasser, Marmelade, Sülze sowie Kartoffeln) hatte die Klägerin ausweislich der Belege gemäß Bl. 33, 31 d. A. bezahlt.

Nach Sichtung entsprechender Videoaufzeichnungen wurde am 20.03.2008 mit der Klägerin ein Gespräch geführt und diese mit dem Vorwurf der unberechtigten Mitnahme von Waren konfrontiert.

Mit Schreiben vom 20.03.2008 hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung an. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Beklagten an den Betriebsrat vom 20.03.2008 (Bl. 19 f. d. A.) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 25.03.2008 stimmte der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung zu.

Mit von einem ihrer Geschäftsführer unterschriebenen Schreiben vom 26.03.2008, der Klägerin zugegangen am 27.03.2008, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos.

Mit ihrer am 03.04.2008 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen diese Kündigung. Die Klägerin hat behauptet, die von ihr mitgenommenen Brötchen sowie Salat habe sich abgepackt vor dem Lagerbüro befunden und diese Artikel seien zur Mitnahme durch den Einkäufer B. freigegeben gewesen. Eine Freigabe hinsichtlich des von ihr mitgenommenen Blattspinats sei durch Herrn A. erfolgt. Diese Ware sei zudem für die Beklagte definitiv nicht mehr brauchbar gewesen.

Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 26.03.2008, zugegangen am 27.03.2008, nicht zum 27.03.2008 endete, sondern zu unveränderten Bedingungen über diesen Zeitpunkt hinaus fortbestanden hat.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Klägerin habe anlässlich des Gesprächs am 20.03.2008 eingeräumt, jedenfalls den Blattspinat ohne Erlaubnis aus dem Tiefkühllager geholt und ohne zu bezahlen mitgenommen zu haben. Eine Erlaubnis zur Mitnahme von Blattspinat habe nicht bestanden, insbesondere habe Herr A. dies nicht erlaubt, sondern die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Lagerleiter den Blattspinat noch nicht zur Verteilung an die Mitarbeiter freigegeben habe. Ebenso wenig habe Herr B. eine Freigabe für Brötchen und Salat erteilt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien wird im Übrigen Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 23.07.2008, Az.: 4 Ca 229/08 (Bl. 45 ff. d. A.).

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht nach Vernehmung des Zeugen A. festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung der Beklagten vom 26.03.2008 nicht aufgelöst worden ist.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht – zusammengefasst – ausgeführt: Es möge zwar sein, dass die Mitnahme von Blattspinat an sich geeignet sei, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Dem stehe aber entgegen, dass – wie der Zeuge A. glaubwürdig bekundet habe – die Klägerin habe davon ausgehen können, dass die Tragetaschen, die ohnedies zur Verteilung an die Mitarbeiter vorbestimmt waren, bereits vor dem Verteilungstermin Ostern hätten mitgenommen werden können. Dem Umstand, dass die Klägerin die Tragetaschen bereits vor dem Verteiltermin mitgenommen habe, komme daher kein entscheidendes Gewicht zu. Die Interessenabwägung ergebe bei dem bereits sei 1991 bestehenden Arbeitsverhältnis, dass das Interesse der Klägerin an dem Erhalt ihres Arbeitsplatzes überwiege. Die Beklagte hätte eine Abmahnung aussprechen können.

Das genannte Urteil ist der Beklagten am 29.08.2008 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 10.09.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Zur Begründung ihrer Berufung macht die Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes und des Schriftsatzes vom 01.12.2008, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 63 ff., Bl. 79 ff. d. A.) im Wesentlichen geltend: Die Klägerin habe die Waren unerlaubt aus dem Lager mitgenommen. Die Mitnahme verstoße gegen die Verhaltensanweisung vom 26.01.2007 sowie gegen die weitere Anweisung, dass Mitarbeiter des Lagers dieses nur durch die Personaleingänge verlassen dürften und die Mitnahme von Waren auch nur durch diese Personaleingänge erlaubt sei. Der erstinstanzlich vernommene Zeuge A. habe gerade nicht bekundet, dass eine Erlaubnis bestanden habe, den Blattspinat mitzunehmen. Die Klägerin habe auch anlässlich des mit ihr geführten Gesprächs zugegeben, den Blattspinat ohne Erlaubnis mitgenommen zu haben. Auch hinsichtlich der Mitnahme von Brötchen und Salat habe keine Freigabe vorgelegen. Auch die Interessenabwägung des Arbeitsgerichts sei fehlerhaft. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 23.07.2008, Az.. 4 Ca 229/08 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht mit ihren Schriftsätzen vom 21.11.2008 und 28.01.2009, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 77 ff., Bl. 117 f. d. A.), im Wesentlichen geltend: Sie bleibe dabei, dass der Zeuge A. ihr die Mitnahme des Blattspinats erlaubt habe. Eine Anordnung, der zufolge Arbeitnehmer bei Mitnahme von Waren vorgeschrieben sei, die Personaleingänge zu benutzen, sei ihr nicht bekannt. Es entspreche gängiger und üblicher Praxis, dass schwere Sachen direkt in Fahrzeuge verladen würden. Zu berücksichtigen sei, dass die Tragetaschen, in denen auch Blattspinat war, bereits zur Verteilung bereit standen, falsch beschriftet gewesen seien und daher für die Beklagte nicht mehr brauchbar gewesen seien. Eine ausdrückliche Freigabe bei Sachen, die bereits gepackt zur Mitnahme bereit gestanden hätten, sei nicht notwendig gewesen. Sie habe auch im Rahmen ihrer Anhörung nicht bestätigt, den Blattspinat ohne Erlaubnis mitgenommen zu haben. Die mitgenommene Ware habe für die Beklagte überhaupt keinen Wert mehr gehabt. Wäre die Ware, die zur Abholung bereit stand, nicht von Mitarbeitern mitgenommen worden, hätte die Beklagte die Ware nicht anderweitig veräußern können, sondern diese mit Anfall zusätzlicher Kosten entsorgen müssen. Jedenfalls hätte die Beklagte zunächst eine Abmahnung aussprechen müssen. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass die Waren bereits zur Mitnahme durch Mitarbeiter bereit gestellt worden seien. Dies habe die Klägerin als eine Art Eigentumsaufgabe verstanden. Ihr könne deshalb nur vorgeworfen werden, dass sie die Lebensmittel zu früh, d. h. vor offizieller Freigabe mitgenommen habe. Die Vernehmung der bisherigen Zeugen habe ergeben, dass bei der Beklagten eine Art „Mitnahmementalität“ geherrscht habe.

Die Berufungskammer hat gemäß Beweisbeschlüssen vom 05.12.2008 (Bl. 84, 90 d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A., B., C. und D.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 05.12.2008 und 30.01.2009 (Bl. 82 ff., Bl. 107 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die streitgegenständliche außerordentliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis mit ihrem Zugang am 27.03.2008 aufgelöst.

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Vorliegend bestand ein wichtiger Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB, der die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigte.

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die erforderliche Überprüfung gem. § 626 Abs. 1 BGB vollzieht sich dabei zweistufig: Zum Einen muss ein Grund vorliegen, der ohne Berücksichtigung der besonderen Umstände überhaupt an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Zum Anderen muss dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen (vgl. etwa BAG 27.04.2006 – 2 AZR 415/05 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 17).

2. Ein an sich zur Begründung einer fristlosen Kündigung geeigneter Grund ist vorliegend gegeben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (etwa BAG 11.02.2003 – 2 AZR 36/03 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 5) sowie auch des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (etwa Urteile v. 14.02.2007 – 9 Sa 292/06 -; 18.10.2005 – 5 Sa 341/05 -), dass die Verletzung des Eigentums oder des Vermögens des Arbeitgebers ein an sich zur außerordentlichen Kündigung berechtigender Grund ist. Aufgrund der durch den Arbeitsvertrag begründeten Nebenpflicht zur Loyalität hat ein Arbeitnehmer auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Diese Verpflichtung beinhaltet zugleich das Verbot, den Arbeitgeber rechtswidrig und vorsätzlich zu schädigen. Der Arbeitnehmer bricht durch die Eigentumsverletzung unabhängig vom Wert des Schadens in erheblicher Weise das Vertrauen des Arbeitgebers. Dies gilt auch dann, wenn die Sachen nur einen geringen Wert besitzen (BAG 11.12.2003, a. a. O.).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin unberechtigt am 19.03.2008 Blattspinat, Brötchen und Salat mitgenommen hat. Voraussetzungen und Procedere der Mitnahme von Waren sind von der Beklagten durch den auch der Klägerin bekannten Aushang vom 26.01.2007 im Einzelnen geregelt worden. Die Klägerin hat das dort geregelte Verfahren nicht eingehalten. Der Beklagten ist der ihr obliegende Beweis, dass hinsichtlich der mitgenommenen Waren eine Freigabe nicht erteilt war, gelungen.

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Die Berufungskammer stützt sich insoweit auf die Aussagen der Zeugen A. und B.. Der Zeuge A. hat die Behauptung der Klägerin, er habe ihr die Mitnahme von Blattspinat erlaubt, gerade nicht bestätigt. Im Gegenteil hat der Zeuge bekundet, dass er seinen Mitarbeitern, auch der Klägerin mitgeteilt habe, dass die zur Verteilung vorbereitete Ware noch nicht freigegeben sei. Der Zeuge hat in sich widerspruchsfrei, detailreich unter Schilderung von Hintergründen das Geschehen dargestellt und ist auch nach seinem persönlichen Eindruck auf die Kammer glaubwürdig.

Ebenso hat der Zeuge B. ausgeschlossen, eine Freigabe für Brötchen oder Salat erteilt zu haben. Auch dieser Zeuge hat den Geschehensablauf im Einzelnen schildern können. Er war hierbei sichtlich bemüht, die Geschehnisse im Rahmen seiner Erinnerungsfähigkeit ganz präzise zu schildern. Auch dieser Zeuge ist daher nach seinem persönlichen Eindruck auf die Berufungskammer glaubwürdig.

Die Bekundungen der vorgenannten Zeugen werden ferner bestätigt durch die Bekundungen der weiter vernommenen Zeugen C. und D., die das mit der Klägerin am 20.08.2008 geführte Gespräch geschildert haben. Die Zeugen haben nicht bekundet, dass die Klägerin, als sie mit dem Vorwurf der unberechtigten Mitnahme konfrontiert wurde, sich darauf berufen hätte, dass ihr die Mitnahme erlaubt gewesen sei. Dies aber hätte dann, wenn eine solche Gestattung tatsächlich erfolgt wäre, nahegelegen.

3. Die Pflichtverletzung der Klägerin ist auch von solchem Gewicht, dass sie auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles zum Überwiegen des berechtigten Interesses der Beklagten an einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt.

Die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist vorliegend zunächst nicht unter dem Gesichtspunkt des Fehlens einer berechtigten Abmahnung unverhältnismäßig. In Anwendung der Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist eine Kündigung dann nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete mildere Mittel gibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Deshalb ist bei einem steuerbaren Verhalten grundsätzlich eine Abmahnung erforderlich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa BAG 19.04.2007 – 2 AZR 180/06 – NZA RR 2007, 571 ff.) ist eine Abmahnung allerdings dann entbehrlich, wenn es sich um schwere Pflichtverletzungen handelt, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar ist und bei denen die Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. Gemessen hieran war vorliegend eine Abmahnung entbehrlich. Die Beklagte beschäftigt sich mit dem Vertrieb von Waren. In einem derartigen Betrieb muss ein Arbeitnehmer davon ausgehen, dass er mit einer Eigentumsverletzung durch die Mitnahme auch geringwertiger Sachen im Betrieb seines Arbeitgebers seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt. Hinzu kommt, dass die Beklagte durch den betrieblichen Aushang vom 26.01.2007 verdeutlicht hat, welche Bedeutung sie der Wahrung der Pflichten bei Mitnahme von Waren zumisst. Die Beklagte hat u. a. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Nachweis eines Diebstahls zur fristlosen Kündigung führt. Des Weiteren ergibt sich aus den insoweit übereinstimmenden Aussagen der Zeugen C. und D., dass der Klägerin die Pflichtwidrigkeit ihres Verhaltens auch durchaus bewusst war, da sie ohne Hinweis auf eine nunmehr von ihr im Prozess????behauptete Erlaubnis zur Mitnahme von Waren eingeräumt hat, dass sie einen großen Fehler begangen habe.

Durch die unberechtigte Mitnahme von Waren hat die Klägerin das Vertrauen der Beklagten in ihre Redlichkeit zerstört. Eine Abmahnung ist nicht geeignet, dieses zerstörte Vertrauen wiederherzustellen.

Im Rahmen der Interessenabwägung hat die Berufungskammer zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt, dass diese bereits seit dem 05.02.1991 bei der Beklagten beschäftigt ist, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestünden, dass das Arbeitsverhältnis zuvor Störungen unterlag. Ebenfalls hat die Berufungskammer berücksichtigt, dass es unter Berücksichtigung des Lebensalters der Klägerin als nahezu ausgeschlossen erscheint, dass diese eine angemessene anderweitige Beschäftigung finden wird. Zu Gunsten der Klägerin hat die Berufungskammer ferner in Rechnung gestellt, dass es sich bei den mitgenommenen Waren um solche von geringem Wert handelte. Nach den Bekundungen des Zeugen A. steht fest, dass der Blattspinat von der Beklagten nicht mehr in den regulären Vertrieb gebracht werden konnte. Die Berufungskammer geht ebenfalls davon aus, dass auch die mitgenommenen Brötchen bzw. der Salat nur jeweils einen geringen Wert hatten. Der Ansicht der Klägerin hingegen, diese Waren hätten überhaupt keinen Wert mehr dargestellt, vermag sich die Berufungskammer nicht anzuschließen. Der wirtschaftliche Wert einer Sache hängt nicht allein von dessen Verkaufsfähigkeit ab. Die fehlende Verkaufsfähigkeit schließt einen Wert nicht aus. Wie aus den Bekundungen des Zeugen A. deutlich wird, beabsichtigte die Beklagte die Ware an Mitarbeiter zu verteilen, wobei allerdings die Entscheidung darüber, welche Mitarbeiter hiermit bedacht würden, zum Zeitpunkt der Mitnahme der Waren noch nicht gefallen war (vgl. BAG 11.12.2003, a. a. O.). Nur die Beklagte als Eigentümerin hatte das Recht, über diese Waren zu verfügen.

Auch unter Berücksichtigung dieser gewichtigen, zu Gunsten der Klägerin sprechenden Gesichtspunkte überwiegt im vorliegenden Fall das Interesse der Beklagten an einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ihr war es nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung (6 Monate zum Monatsende) fortzusetzen.

Zum Einen ist zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass sie das zu wahrende Verfahren bei der Mitnahme von Waren durch Mitarbeiter zeitnah zum hier streitgegenständlichen Vorfall ausdrücklich und unmissverständlich und unter Hinweis auf die möglichen Folgen geregelt hatte. Der Klägerin musste daher die Rechtswidrigkeit ihres Tuns in verstärktem Maße bewusst sein. Gleichwohl hat sie sich über die bestehenden Anweisungen hinweggesetzt. Zu berücksichtigen war ferner, wie es sich in einem Betrieb wie dem der Beklagten, die mit Waren handelt, auf das Verhalten anderer Arbeitnehmer auswirken musste, wenn derartige Verhaltensweisen ohne Sanktionen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses zugelassen würden. Die Beklagte hat ein anzuerkennendes Interesse daran, auch im Interesse der Abschreckung anderer Arbeitnehmer derartige Verstöße hart zu ahnden.

III. Auf die Berufung der Beklagten war daher das angefochtene Urteil wie geschehen abzuändern. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Ein Revisionszulassungsgrund i. S. d. § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

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