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Warenkreditversicherung – Eigentumsvorbehalt als Voraussetzung für den Versicherungsschutz

OLG Köln – Az.: 9 U 135/10 – Urteil vom 01.02.2011

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 26.05.2010 – 20 O 628/09 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Klägerin betreibt einen Großhandel für Chemieerzeugnisse. Sie hatte bei der Beklagten seit 2001 eine Warenkreditversicherung abgeschlossen. Versichert waren „Forderungsausfälle aufgrund Insolvenz, Protracted Default und Politisches Risiko“ gemäß den Versicherungsbedingungen (Anlage K 1). Der versicherte Prozentsatz betrug für die Ländergruppe B, zu der Deutschland gehört, 75 %.

Nach den Bedingungen sind für Abnehmer in Deutschland Eigentumsvorbehalte nach näherer Maßgabe zu vereinbaren.

Es heißt im Bedingungswerk (Länderliste Seite 9 des Versicherungsvertrages) auszugsweise u.a.:

„Eigentumsvorbehalt – Forderungen aus Warenlieferungen an Abnehmer in die Bundesrepublik Deutschland sind nur versichert, wenn und soweit der Versicherungsnehmer den einfachen Eigentumsvorbehalt sowie die Erweiterungsformen einschließlich Kontokorrent-/ Saldoklauseln und Verarbeitungs- / Vorausabtretungsklausel wirksam vereinbart hat. Abweichungen und Einschränkungen von diesen Eigentumsvorbehaltsrechten zu Lasten des Versicherungsnehmers -insbesondere durch entgegenstehende Einkaufsbedingungen des Abnehmers – schließen den Versicherungsschutz nur dann nicht aus, wenn der Versicherer dies schriftlich bestätigt hat.“

Ergänzend ist die Voraussetzung des Versicherungsschutzes hinsichtlich des Eigentumsvorbehalts in der Klausel 15900.00 (im einzelnen Vertragsbedingungen Seite 12) geregelt.

Darin heißt es auszugsweise:

„Eigentumsvorbehalt

Für Forderungsausfälle aus Warenlieferungen an Abnehmer in Länder, für die gemäß der Länderliste der Eigentumsvorbehalt zur Voraussetzung für den Versicherungsschutz gemacht wurde, haftet der Versicherer nur, sofern:

a) der Versicherungsnehmer mit dem jeweiligen Abnehmer den gemäß der Länderliste vorgeschriebenen Eigentumsvorbehalt wirksam vereinbart hat und

b) der Versicherungsnehmer unverzüglich alle in dem jeweiligen Abnehmerland gesetzlich möglichen Maßnahmen unternommen hat, um seine Rechte aus dem Eigentumsvorbehalt zu wahren.“

Warenkreditversicherung - Eigentumsvorbehalt als Voraussetzung für den Versicherungsschutz
(Symbolfoto: Von William Potter/Shutterstock.com)

Die Klägerin lieferte an zwei Tochterunternehmen der U – Gruppe, nämlich die U Friction GmbH und U Friction F GmbH auf Grund langjähriger Geschäftsbeziehungen Rohstoffe, u.a. Farbpigmente und Graphite, zur Herstellung von Bremsbelägen.

Nachdem über das Vermögen der Abnehmer am 01.03.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, meldete die Klägerin ihre jeweiligen Forderungsausfälle zu den Insolvenztabellen an. Der Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Dr. L in E, stellte die Forderungen der Klägerin gegen die U Friction GmbH mit 468.922,81 EUR und gegen die U Friction F GmbH mit 82.583,15 EUR fest. Auf ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 22.5.2009 (Anlage K 6) antwortete der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 28.5.2009 (Anlage K 7), dass die U – Gruppe ausdrücklich in ihren Einkaufsbedingungen sämtlichen Lieferantenbedingungen widersprochen habe. Damit lägen widersprechende Allgemeine Geschäftsbedingungen vor, so dass verlängerte Eigentumsvorbehalte nicht anerkannt würden. Aus diesem Grund sei auch nach Prüfung der gesamten Unterlagen durch die Kreditversicherer bestätigt worden, dass weder verlängerte noch erweiterte Eigentumsvorbehaltsrechte der Lieferanten geltend gemacht werden könnten, so dass es zu keiner Lieferantenpoolbildung gekommen sei.

In der Folgezeit trat die Klägerin an die kreditgebende Bank, die L2, Forderungen gegen Dritte aus Lieferung und Leistung global ab.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe erweiterte Eigentumsvorbehalte mit den Abnehmern wirksam vereinbart. Einen Rahmenvertrag zwischen der Klägerin und den Konzerngesellschaften der U – Gruppe habe es zumindest seit 2004 nicht gegeben. Die U Friction F GmbH habe Abwehrklauseln verwendet, die U Friction GmbH hingegen seit spätestens 2007 nicht.

Im übrigen könne sich die Beklagte nicht auf Leistungsfreiheit berufen. Der Geschäftsführer der Klägerin habe bei der zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten explizit angefragt, ob seine AGB in Ordnung seien und diese an die Zeugin L3 übergeben. Dies sei „ca 2000“ gewesen. Die Zeugin habe nach erfolgter Prüfung dem Geschäftsführer der Klägerin sinngemäß mitgeteilt, Alles habe seine Richtigkeit, die Lieferungen auf der Basis der AGB seien versichert.

Außerdem habe die Beklagte selbst die Voraussetzungen herbeigeführt, unter denen die Insolvenzverwaltung auf die Installation eines Pool-Verwalters verzichtet habe. Die Beklagte habe im Einvernehmen mit dem Insolvenzverwalter darauf hingewirkt, dass es zur Bildung eines Lieferantenpools nicht komme. Einem leistungswilligen Kreditversicherer käme es nicht in den Sinn, die Bildung eines Lieferantenpools zu hintertreiben.

Mit Schriftsatz vom 22.1.2010 hat die Klägerin vor dem Landgericht ihre Klage teilweise zurückgenommen im Hinblick auf die versicherte Quote von 75 % der ausgefallenen Forderungen.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die L2, O 18 – 24 , L4, 351.592,11 EUR nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 01.11.2009 zu zahlen sowie an die L2, O 18 – 24, L4, 61.937,36 EUR nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 01.11.2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich auf die Klausel 15900.00 als primäre Risikobegrenzung berufen. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt sei nicht vereinbart. Nach dem Prinzip der Kongruenzgeltung seien bei einander widersprechenden AGB nur diejenigen Klauseln wirksam, die inhaltlich übereinstimmten.

Eine Haftung der Beklagten komme auch nicht nach Treu und Glauben in Betracht. Die Beklagte habe die Vertragsbedingungen der Klägerin und der Abnehmer nicht abgeglichen noch habe sie Einzelheiten kennen müssen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat unter anderem ausgeführt, ein Anspruch scheitere daran, dass die ausgefallenen Forderungen nicht versichert seien. Der Umstand, dass die Klägerin den einfachen oder erweiterten Eigentumsvorbehalt nicht vereinbart habe, müsse dazu führen, dass die Lieferungen nicht dem Versicherungsschutz unterfielen. Für die F GmbH folge das aus der Bestellung gemäß Anlage K 11 und für die Friction GmbH sei ebenfalls von einer Abwehrklausel auszugehen. Dies ergebe sich aus der Abrufbestellung gemäß Anlage K 7, sodass stets und durchgängig zu deren Einkaufsbedingungen bestellt worden sei. Das Scheitern einer Rahmenvereinbarung impliziere gerade, dass widersprechende AGB vorgelegen hätten. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liege nicht vor. Die behauptete Äußerung der Mitarbeiterin der Beklagten habe keinen weiteren Erklärungsinhalt als denjenigen, dass im Falle der wirksamen Einbeziehung der AGB Versicherungsschutz bestehe. Unabhängig davon, dass der Vorwurf kollusiven Zusammenwirkens zwischen Insolvenzverwalter und Kreditversicherern unsubstanziiert sei, hätte die Beteiligung am Pool keine Auswirkungen auf den Eintritt des Versicherungsfalles gehabt. Die Prüfung des Kreditversicherers habe nur die Bonität des Vertragspartners betroffen. Die Gewährung von Versicherungsschutz trotz fehlender Vereinbarung eines erweiterten Eigentumsvorbehalts habe nach der Klausel der Schriftform bedurft. Eine zuvor erfolgte Regulierung in anderer Sache binde die Beklagte nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts und seine Feststellungen Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie fehlerhafte Rechtanwendung rügt. Sie vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und macht geltend, das Landgericht habe unzutreffend eine Art Rahmenvereinbarung angenommen. In den Abrufplanbestellungen der U Friction GmbH habe es eine Abwehrklausel zu keinem Zeitpunkt gegeben. Ab 2007 seien die Bestellvorgänge neu aufgesetzt worden und eine Äußerung, der U Friction GmbH nur aufgrund ihres eigenen Bedingungswerkes zu kontrahieren, habe es nicht gegeben. Im übrigen komme es darauf nicht an, weil die Beklagte sich auf die Vereinbarung eines verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt nicht erfolgreich berufen könne. Der Insolvenzverwalter habe die Prüfung der Vorbehaltsrechte „outgesourct“ und auf die Beklagte verlagert. Zudem habe die Beklagte die Klägerin im Rahmen des Verfahrens aktiv geschädigt. Bei einem vorangegangenen Schadensfall mit der K habe die Beklagte die Prüfung vorgenommen und die Klägerin nicht zum Umfang des Versicherungsschutzes informiert. Frau L3 habe für die Beklagte den Versicherungsschutz hinsichtlich der U – Gruppe bestätigt. Auf Schriftform komme es nicht an. Außerdem sei die Vereinbarung eines verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalts wirtschaftlich und juristisch sinnlos. Die Rohstoffe hätten einen Anteil von weniger als 1 % an den Bremsbelägen. Zudem könne sich der Versicherer auf Obliegenheitsverletzung nicht berufen, wenn die Verletzung nicht kausal sei, was sich aus der Klausel Ziffer 28100.00 ergebe. Der Versicherungsfall sei ungeachtet der Frage eingetreten, ob ein verlängerter Eigentumsvorbehalt vereinbart sei. Mit ihm stünde die Klägerin nicht besser da als ohne, solange nicht ein Lieferantenpool gebildet sei.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angegriffenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Kreisparkasse Köln, O 18 bis 24, L4, einen Betrag in Höhe von 351.592,11 EUR nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 01.11.2009 sowie weitere 61.937,36 EUR nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 01.11.2009 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, bei Allgemeinen Einkaufsbedingungen der U Friction GmbH ( Anlage B 3) handele es sich um AGB der U-Gruppe. Auf welche Version die Abnehmer verweisen, sei unerheblich, da es allein auf die Abwehrklausel ankomme. Im übrigen seien Auszahlungen in Höhe von 6.059,39 EUR bzw. 4.706,03 EUR, die durch den Insolvenzverwalter erfolgt seien, anzurechnen.

Es treffe nicht zu, dass der Geschäftsführer der Klägerin bei Frau L3 im Jahre 2000 nachgefragt habe, ob seine AGB in Ordnung seien. Auch die vermeintliche Zusage, dass die AGB der Klägerin in Ordnung seien, führe nicht dazu, dass sich die Beklagte nicht auf fehlende Vereinbarung von verlängerten Eigentumsvorbehalten berufen könne. Jedenfalls ab dem Jahr 2004 sei bei der U Friction GmbH ein Konsignationslager der Klägerin eingerichtet gewesen. Dies habe die Vereinfachung der Abwicklung der Bestellvorgänge ermöglicht, weil sich die Produkte der Klägerin bereits örtlich bei der Abnehmerin befunden hätten. Seit 2007 seien die Bestellungen Planabrufe genannt worden, wobei eine rechtliche Veränderung der Vertragsgrundlage nicht eingetreten sei. Zutreffend habe das Landgericht auf die enge laufende Geschäftsbeziehung abgestellt und nicht auf einzelne Bestellvorgänge. Da es sich nicht um eine Obliegenheitsverletzung handele, komme es auf Kausalität nicht an. Der Vorwurf des schädigenden Zusammenwirkens sei abwegig und unsubstanziiert. Es sei unzutreffend, dass die Beklagte die Prüfung der Eigentumsvorbehalte für den Insolvenzverwalter der Abnehmer durchgeführt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus der abgeschlossenen Kreditversicherung kein Entschädigungsanspruch wegen der ausgefallenen Forderungen gegen die U Friction GmbH und die U Friction F GmbH zu.

Zwischen den Parteien ist vereinbart die Kreditversicherung gemäß der B Police mit der Versicherungsschein – Nr. 63805 (Anlage K 1).

Versicherungsfall ist der Forderungsausfall auf Grund von Insolvenz gemäß Klausel 00300.00 (Vertragsbedingungen Seite 1, Anlage K 1) nach näherer Maßgabe des Versicherungsvertrages.

2. Versicherungsschutz für die hier maßgeblichen Forderungen gegen die U Friction GmbH und die U Friction F GmbH besteht nicht.

Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist nämlich, dass der Versicherungsnehmer den einfachen Eigentumsvorbehalt sowie die Erweiterungsformen (Anlage K 1, Länderliste Seite 9, ergänzend Klausel 15900.00 Vertragsbedingungen Seite 12) wirksam vereinbart hat. Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden.

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Solche Regelungen sind risikobegrenzende Voraussetzungen des Deckungsschutzes und keine (verhüllten) Obliegenheiten (vgl. Senat r+s 2002, 39). Für die Abgrenzung zwischen Risikobegrenzung und Obliegenheit kommt es nicht nur auf Wortlaut und Stellung der Klausel an, sondern auf den materiellen Gehalt. Maßgebend ist, ob die Klausel eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der Versicherer keinen Rechtsschutz gewähren will, oder ob die Klausel in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder verliert. Wird von vornherein nur ausschnittweise Deckung gewährt, handelt es sich um eine Risikobeschränkung. Wird ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers wieder entzogen, liegt eine Obliegenheit vor (vgl. BGH VersR 2008, 1107). Für die Abgrenzung kommt es auf die Auslegung an. Diese ergibt, dass vorliegend nur ausschnittweise Versicherungsschutz gewährt wird, um das Risiko einzugrenzen. Die maßgebliche Regelung beschränkt die versicherten Forderungen von vornherein, soweit der Versicherungsnehmer den einfachen Eigentumsvorbehalt sowie die Erweiterungsformen wirksam vereinbart hat. Es geht nicht um einen nachträglichen Entzug des Versicherungsschutzes wegen nachlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers. Klarstellend heißt es in der Klausel zudem, dass Abweichungen und Einschränkungen von diesen Eigentumsvorbehaltsrechten zulasten des Versicherungsnehmers – insbesondere durch entgegenstehende Einkaufsbedingungen des Abnehmers – den Versicherungsschutz nur dann nicht ausschließen, wenn der Versicherer dies schriftlich bestätigt hat.

Die Voraussetzungen der Einbeziehung eines erweiterten Eigentumsvorbehaltes sind vorliegend nicht gegeben. Die Beklagte hat auch nicht schriftlich bestätigt, dass trotz entgegenstehender Einkaufsbedingungen versicherungsrechtliche Deckung besteht.

3. a) Im Falle einander widersprechender AGB gilt im Hinblick auf die Einbeziehung, § 305 BGB, das Prinzip der sog. Kongruenzgeltung. Die AGB beider Vertragspartner werden nur insoweit Vertragsbestandteil, als sie übereinstimmen (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 305 Rn 54). An einer Willensübereinstimmung fehlt es, wenn die AGB einer Seite Regelungen enthalten, die in den Bedingungen der anderen Seite keine Entsprechung finden. Der erweiterte und verlängerte Eigentumsvorbehalt wird bei Vorliegen von Abwehrklauseln in den Abnehmer – AGB nicht Vertragsinhalt (vgl. BGH NJW 1985, 1839; BGH NJW – RR 1986, 984; BGH NJW 1991, 357; Palandt – Grüneberg, a.a.O., § 305 Rn 55). Der Abnehmer gibt mit der Abwehrklausel zu erkennen, dass er nur zu seinen Einkaufsbedingungen bestellt und mit anderen AGB nicht einverstanden ist (BGH NJW – RR 1986, 984; BGH NJW – RR 1991, 357). So liegt es hier.

Eine Branchenüblichkeit einer Klausel kann zwar ein Indiz sein, dass der Vertragspartner stillschweigend mit ihr einverstanden ist. Bei verlängertem und erweitertem Eigentumsvorbehalt wird die Indizwirkung jedoch verneint (vgl. BGH NJW 1985, 1839). Zudem kann von einer branchenüblichen Verwendung hier nicht ausgegangen werden (vgl. die Sonderfälle bei Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 305 Rn 56). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Handelsbrauchs in Bezug auf einen erweiterten Eigentumsvorbehalt bei den hier betroffenen Geschäften sind nicht ersichtlich.

Dass ein verlängerter Eigentumsvorbehalt ausnahmsweise Vertragsinhalt geworden ist, weil eine dahingehende Willensübereinstimmung erkennbar geworden ist (vgl. OLG Düsseldorf NJW – RR 1997, 946), kann nicht festgestellt werden.

b) Abschnitt VIII der Allgemeinen Verkaufs – und Lieferbedingungen der Klägerin (Anlage K 12) sieht zwar einen erweiterten Eigentumsvorbehalt vor, jedoch haben die Vertragspartner der U – Gruppe Abwehrklauseln eingefügt, so dass deren Einkaufsbedingungen gelten sollen.

Die Allgemeinen Einkaufsbedingungen der U Friction F GmbH sehen in Nr. 1 die Maßgeblichkeit von deren AGB vor (Anlage B 3, Bl. 36 ). Darin heißt es unter 1.1, dass andere AGB, insbesondere Allgemeine Verkaufsbedingungen, auch dann nicht gelten, wenn nicht ausdrücklich widersprochen werde.

Dass diese Bedingungen in das Vertragsverhältnis einbezogen worden sind, ergibt sich aus den Bestellungen der U Friction F GmbH, beispielhaft aus der Bestellung vom 07.11.2008 (Anlage K 11). Darin heißt es, dass „zu unseren nachstehend aufgeführten und Ihnen bekannten Bedingungen“ bestellt werde, wobei diese Bedingungen auch dann Gültigkeit hätten, wenn anderslautenden Bedingungen nicht widersprochen werde.

c) Hinsichtlich der U Friction GmbH ergibt sich die Abwehrklausel ebenfalls aus Nr. 1 der Allgemeinen Einkaufsbedingungen der U Friction GmbH (Anlage B 3, Bl. 40), die im Text den Bedingungen der U F GmbH entspricht.

Die Einbeziehung folgt jedenfalls aus den Abrufbestellungen der U Friction GmbH, beispielhaft aus der Abrufbestellung vom 19.10.2004 (Anlage B 4, Bl. 44). Darin heißt es u.a., dass „ausschließlich zu unseren Ihnen bereits vorliegenden Einkaufsbedingungen “ bestellt werde. Hiervon abweichende Lieferbedingungen würden nur gelten, wenn sie ausdrücklich schriftlich anerkannt seien.

Für den späteren Zeitraum ergibt sich die Einbeziehung aus der Abrufbestellung der U Friction GmbH vom 11.01.2006 mit identischem Text (Anlage K 7) mit dem Zusatz “ Zur Auffüllung Ihres Konsignationslagers“. Im Zusammenhang damit hat die Klägerin selbst auch die „Allgemeinen Einkaufbedingungen der U Friction Gruppe“ , die die Abwehrklausel enthalten, zu den Akten gereicht.

Diese Umstände zeigen, dass die Bedingungen der Friction GmbH dauerhaft Grundlage der Geschäftsbeziehungen zur Klägerin sein sollten. Ein Einverständnis mit den Bedingungen der Klägerin hat nicht vorgelegen.

d) Ohne Erfolg macht die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend, im Jahre 2007 seien die Bestellvorgänge auf eine neue Grundlage gestellt worden, nämlich auf Abrufplanbestellungen ohne geltende Abwehrklausel.

Dass sich die rechtlichen Grundlagen der Geschäftsbeziehungen der Klägerin zu der U Friction GmbH im Hinblick auf die Geltung der AGB geändert hätten, ist nicht ersichtlich. Insbesondere führt der Umstand, dass zur Vereinfachung der Abwicklung der Geschäfte ein sog. Konsignationslager eingerichtet worden ist und die Bestellvorgänge im Jahre 2007 als „Lieferplanabruf“ bezeichnet worden sind, nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Änderung der Geschäftsabläufe in tatsächlicher Hinsicht hat insoweit keinen Einfluss auf die Geltung der AGB als Grundlage der dauerhaften Geschäftsbeziehung. Zudem ist bereits bei der Bestellung vom 11.01.2006 (Anlage K 7), in der die Abwehrklausel enthalten ist, das Konsignationslager erwähnt. Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, dass in dem Lieferplanabruf vom 27.11.2007 (Anlage K 10) die Abwehrklausel nicht enthalten ist. Bei langjährigen laufenden Geschäftsbeziehungen wie hier, bei denen die jeweiligen AGB bekannt sind, ist es nicht erforderlich, immer erneut auf die Geltung von AGB hinzuweisen, zumal die Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreichend ist (vgl. BGHZ 102, 293, 304 = NJW 1988, 1210 ; Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 305 Rn 53).

Selbst wenn zwischen der Klägerin und den Unternehmen der U – Gruppe keine Rahmenvereinbarung (mehr) bestanden hat, ändert dieser Umstand nichts daran, dass die bisherigen AGB-Regelungen weitergelten.

4. Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf die Klausel 28100.00 „Konsequenzen der Nichterfüllung von Vertragspflichten“ (Seite 19 Vertragsbedingungen) geltend macht, dass die Vereinbarung eines verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalts „wirtschaftlich und juristisch sinnlos“ sei, und damit die Ursächlichkeit für die Leistungspflicht fehle, kommt es darauf vorliegend nicht an. Es geht – wie oben ausgeführt – nicht um die Verletzung einer Obliegenheit, sondern um eine Leistungsbegrenzung.

5. Aus der von der Klägerin behaupteten „sinngemäßen“ Äußerung der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau L3, „alles habe seine Richtigkeit, die Lieferungen auf Basis der AGB“s seien versichert“, kann die Klägerin ebenfalls keine Rechte herleiten. Die bloße allgemeine Erklärung, die AGB der Klägerin könnten als taugliche Grundlage für versicherte Forderungen dienen, stellt keine Zusage der Deckung dar. Dass die Mitarbeiterin im einzelnen die Geltung der AGB im Zusammenspiel mit AGB der Abnehmer geprüft hat, bringt die Klägerin selbst nicht vor.

6. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Insolvenzverwaltung der U Friction GmbH und U Friction F GmbH habe die Prüfung der Vorbehaltsrechte unter Beteiligung der RW Konzept auf die Beklagte verlagert („Outsourcing“), die einen Lieferantenpool verhindert und damit die Klägerin geschädigt habe.

Dass die Beklagte in diesem Zusammenhang nach Treu und Glauben gehindert wäre, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen, ist nicht erkennbar. Der dahingehende Vortrag der Klägerin ist ohne Substanz und belegt ein schädigendes Verhalten des Insolvenzverwalters im Zusammenwirken mit der Beklagten nicht. Im übrigen ist das Verhalten des Insolvenzverwalters im Hinblick auf die Prüfung der Leistungspflicht der Beklagten ohne Bedeutung.

7. Schließlich hat die frühere Regulierung der Beklagten in der – nach der wenig konkreten Behauptung der Klägerin – vergleichbaren Schadenssache K keine Auswirkung auf den vorliegenden Fall. Eine Bindung der Beklagten besteht insoweit nicht. Die mögliche Regulierung in anderer Sache führt nicht zu einem Vertrauensschutz für den vorliegenden Fall.

8. Ein Leistungsanspruch der Klägerin besteht nach alledem nicht. Auf die Frage, ob bereits erfolgte Zahlungen durch den Insolvenzverwalter anzurechnen sind, kommt es nicht mehr an.

III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 413.529,47 EUR

 

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