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Warenzusendung unbestellter Waren

OLG Koblenz

Az.: 9 U 120/09

Urteil vom 17.06.2009


Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 20. Januar 2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Verfügungsbeklagten wird untersagt, gegenüber Verbrauchern unbestellte Sachen zu liefern und/oder liefern zu lassen oder sonstige Leistungen unbestellt zu erbringen und/oder erbringen zu lassen.

2. Der Verfügungsbeklagten wird jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 Euro und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Berufung der Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) ist zulässig und begründet. Das Zusenden der Ware durch die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) an den Zeugen K…, nachdem dieser seine ursprüngliche Bestellung schriftlich widerrufen hatte, verstößt gegen § 3, § 7 Abs. 1, 2 Nr. 1 UWG a.F..

Der von der Klägerin gerügte Vorfall ereignete sich im November 2008. Die wettbewerbsrechtliche Bewertung ist deshalb nach den Regelungen des UWG in der bis 29.12.2008 geltenden Fassung und der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG; Amtsblatt der Europäischen Union L 149/22: Unlauterkeitsrichtlinie) zu prüfen. Die Unlauterkeitsrichtlinie findet neben dem UWG unmittelbar Anwendung, da die Umsetzungsfrist des Art. 19 der Richtlinie abgelaufen ist.

Die Beklagte versandte am 11.11.2008 Waren an den Zeugen K…, obwohl dieser seine Bestellung vom 31.10.2008 am 01.11.2008 und 10.11.2008 gegenüber der Beklagten ausdrücklich widerrufen hatte. Diese Widerrufserklärungen sind der Beklagten zugegangen, dies wurde von ihr durch Mail bestätigt.

Dieses Verhalten ist bereits nach §§ 3, 7 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG a.F. wettbewerbswidrig. Danach handelt unlauter, wer einen Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt. Eine unzumutbare Belästigung liegt insbesondere in einer Werbung, die der angesprochene Marktteilnehmer erkennbar nicht wünscht (§7 Abs. 2 Nr.1 UWG).

Die Zusendung unbestellter Waren und die Erbringung unbestellter Dienstleistungen dient der Förderung des Absatzes dieser Waren und  ist als eine solche Werbung zu werten.  Sie erfüllt schon nach der bisherigen Rechtsprechung den Tatbestand des § 7 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG a.F. als sogenannte anreißerische Werbung (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamp, 26. Aufl. 2008, § 7 UWG, Rnr. 135 m.w.N.). Auch durch die Unlauterkeitsrichtlinie wird ein solches Verhalten als unlautere Geschäftspraktik ausdrücklich verboten (Art. 5 Abs. 5 i.V.m. Anhang I Nr. 29 Unlauterkeitsrichtlinie). Danach ist es unter allen Umständen unlauter, einen Verbraucher zur sofortigen oder späteren Bezahlung oder Zurücksendung oder Verwahrung von Produkten, die der Gewerbetreibende geliefert, der Verbraucher aber nicht bestellt hat, aufzufordern.

Das Verhalten der Beklagten erfüllt das Tatbestandsmerkmal der unerwünschten Werbung wie auch der unbestellt zugesandten Ware. Dass der die ursprüngliche Bestellung aufgebende Zeuge K… die Zusendung der Ware durch die Beklagte nicht mehr wünschte, musste sich für die Beklagte deutlich aus dem zweifach erklärten Widerruf der Bestellung durch den Zeugen K… ergeben. Durch den Widerruf hat sich der zunächst wirksame Vertrag mit Wirkung ex nunc in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt. Eine wirksame Bestellung lag mithin im Zeitpunkt der Zusendung der Waren nicht mehr vor. Da unstreitig die Beklagte beide Widerrufserklärungen des Zeugen erhalten hatte, war für sie erkennbar, dass die Übersendung der Ware von dem Zeugen nicht mehr erwünscht war.

Ob die Zusendung der Ware trotz des ausdrücklich erklärten Widerrufs durch den Besteller auf einem Versehen seitens der Beklagten beruhte, weil die Widerrufs-Mail zunächst „automatisch“ bearbeitet worden sei,  ist unerheblich. Ein Verstoß gegen § 7 UWG setzt kein Verschulden auf Seiten des werbenden Unternehmers voraus. Ob die nach dem Vortrag der Beklagten erfolgte „versehentliche Lieferung“ möglicherweise Ansprüche nach § 341 a BGB gegenüber dem Zeugen K… als Empfänger der Ware zur Folge hat, ist wettbewerbsrechtlich ohne Belang. Dieses betrifft allein das zivilrechtliche Verhältnis zwischen dem Zeugen und der Beklagten.

Auch der Einwand der Beklagten, der Besteller, der Zeuge K…, sei rechtskundig und habe deshalb mit der ihm unerwünscht zugesandten Ware richtig umgehen können, ist für das Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes ohne Bedeutung. Das Vorliegen unlauterer Geschäftspraktiken ist unabhängig von dem konkreten Einzelfall zu bewerten, weil ihr Verbot sowohl dem Schutz der Mitbewerber wie auch den Verbrauchern und sonstigen Markteilnehmern dient.

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