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Wartung Heizungsanlage – Schadensersatz bei fehlerhafter Wartung

LG Karlsruhe – Az.: 6 O 25/18 – Urteil vom 27.08.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.659,47 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.02.2018 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger unter Berücksichtigung eines Vorteilausgleichs „neu für alt“ in Höhe von 34 % sämtliche weiteren Kosten zu erstatten, die sich aus dem Austausch des rechten Solarkollektors am Haus des Klägers, I.K. in N. ergeben.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 66 % und die Beklagte 34 % zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Ersatz von Schäden an Solarkollektoren durch Wartungsarbeiten der Beklagten.

Der Kläger hat die Beklagte in seinem Gebäude I.K. in N. mit Wartungsarbeiten der von ihr im Jahr 2008 neu erstellten Heizungsanlage, deren Solaranlage integraler Bestandteil ist, beauftragt. Diese Wartungsarbeiten wurden am 04.06.2013 und am 18.05.2015 durchgeführt und umfassten ua das Nachfüllen von Solarflüssigkeit für zwei Solarkollektoren. Im Jahr 2016/2017 traten an den Solarkollektoren Undichtigkeiten auf, deren Ursache zwischen den Parteien im Streit steht.

Mit Schriftsatz vom 20.09.2017 wurde die Beklagte mit Frist bis zum 04.10.2017 aufgefordert, die durch eine mangelhafte Wartung wegen fehlenden Frostschutzmittels verursachten Schäden an den Kollektoren zu beseitigen, damit die volle Funktionstüchtigkeit während der Heizperiode wiederhergestellt werde.

Im Zuge der Überprüfung der Solarkollektoren durch den Kundendienst der Herstellerfirma S. wurden am linken Kollektor Dichtungsmaßnahmen ausgeführt. Die hierfür in Höhe von 473,08 € entstandenen Kosten trug die Beklagte, mit denen sie im Prozess gegen Forderungen des Klägers aufrechnet.

Der Kläger trägt vor, durch fehlerhafte Wartungsarbeiten der Beklagten im Jahr 2013 bzw. 2015 und bei Überprüfung am 01.12.2016 seien beide Kollektoren auf dem Dach so beschädigt worden, dass die Reparatur mindestens 8.341,90 € koste. Insbesondere habe die Beklagte bei der Wartung im Jahr 2013 zehn Liter Solarflüssigkeit ohne Frostschutz in die Solarkollektoren eingefüllt. Weiterhin habe der Mitarbeiter K. am 01.12.2016 bei der Druckprüfung Leitungswasser ohne Frostschutz eingefüllt, so dass es zu diesem Schaden gekommen sei. Auch seien dadurch Elektroden zerstört worden. Bei einem Austausch seien die Fühler nicht mit der Heizungsanlage konfiguriert worden, weshalb falsche Werte angezeigt worden seien und auch dadurch der Schaden entstanden sei. Dem Kläger habe deshalb einen Anspruch auf Kostenvorschuss gem. § 637 Abs. 3 BGB, um den durch die mangelhafte Wartung an den Solarkollektoren entstandenen Schaden zu beseitigen. Ein Vorteilsausgleich werde wegen der Lebensdauer der Kollektoren nicht geschuldet. Er habe auch ein rechtliches Interesse daran, dass alle Kosten, die mit der Reparatur der Solaranlage zusammenhingen, zu ersetzen seien.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 8.341,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Kosten zu erstatten, die sich aus der Reparatur der Solarkollektoren im Haus des Klägers, I.K. in N. ergeben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, der Kläger müsse sich unter Berücksichtigung der üblichen Lebensdauer von 20 Jahren einen Abzug nach den Grundsätzen „neu für alt“ in Höhe von 50 % anrechnen lassen.

Die Klage wurde am 20.02.2018 zugestellt. Das Gericht hat verhandelt am 02.07.2018, in dieser Verhandlung den Kläger und den Geschäftsführer der Beklagten angehört, sowie die Zeugen W., E. und K. vernommen. Darüber hinaus wurde Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, welches durch Dipl. Ing. M. am 09.11.2018 erstattet und am 28.05.2019 ergänzt wurde.

Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien wurde am 02.08.2019 das schriftliche Verfahren angeordnet und der Termin, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, auf den 27.08.2019 bestimmt.

Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Sitzungsniederschrift sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

I.

Wartung Heizungsanlage - Schadensersatz bei fehlerhafter Wartung
(Symbolfoto: Von Dagmara_K/Shutterstock.com)

1. Ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen der an den Solarkollektoren eingetretenen Schäden in Höhe von 2.659,47 € ergibt sich aus §§ 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, 249 BGB. Es handelt sich um einen Schadensersatzanspruch neben der Leistung, der eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht erfordert.

a) Der Vertrag über die Wartung einer Heizungsanlage mit integraler Solaranlage ist ein Werkvertrag.

Das gilt einerseits für die Inspektion und die Durchführung vorbeugender Arbeiten, die der Erhaltung der Betriebsbereitschaft dienen. Denn dem Auftraggeber kommt es nicht auf das Tätigwerden als solches an, sondern ihn interessiert in erster Linie das Ergebnis der Inspektion in Form des Inspektionsberichtes. Ebenso wie die Beauftragung eines Sachverständigen, der außer seinem Gutachten kein anderes Werk zu liefern hat, ist auch die Beauftragung mit einer Inspektion eine erfolgsbezogene Tätigkeit, die dem Auftraggeber Aufschluss darüber geben soll, ob der Istzustand der Anlage oder Maschine mit dem Sollzustand übereinstimmt. Wie der Auftrag zur Erstattung eines Gutachtens hat auch der Auftrag zur Erstellung eines Inspektionsberichtes Werkvertragscharakter.

Auch der Austausch von Verschleißteilen – wie hier das Auffüllen mit Solarflüssigkeit bzw. Frostschutzmitteln – ist davon umfasst. Denn auch die Durchführung von Wartungsarbeiten im engeren Sinne, nämlich Reinigen, Justieren, Ölen und Ersetzen von durch natürlichen Verschleiß defekten Teilen ist eine erfolgsbezogene Tätigkeit. Leistungserfolg ist die Heranführung des Istzustandes einer Sache an den Sollzustand und die Verhinderung von auf natürlichem Verschleiß beruhenden Störungen. Auch Wartung in diesem engeren Sinne ist Instandsetzung, nämlich Beseitigung von Störfaktoren, bevor diese zum Ausfall der Anlage oder des Gerätes geführt haben (OLG Düsseldorf, Urteile vom 10.07.2014 – 5 U 113/13, juris; vom 14.01.1987 – 19 U 48/86, CR 1988, 31–34; OLG München, Urteil vom 08.11.1990 – 29 U 3410/90, CR 1992, 401–404).

Die Reparatur von im Rahmen der Wartung aufgedeckten Schäden gehört dagegen nicht zur geschuldeten Leistung eines Wartungsvertrags. Sie ist nur bei einer entsprechenden Vereinbarung durchzuführen (BGH, Urteil vom 07.02.2019 – VII ZR 63/18, BauR 2019, 963).

b) Die Beklagte muss als Auftragnehmerin grundsätzlich Mängel nur an denjenigen Bauteilen beseitigen, zu deren Herstellung, Instandhaltung oder Änderung sie vertraglich verpflichtet war; zur Beseitigung von Folgeschäden war sie hingegen weder berechtigt noch verpflichtet. Die Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) der vorliegend geschuldeten Werkleistung ergibt, dass der hier geltend gemachte Schaden an den Solarkollektoren einen Folgeschaden darstellt, der durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden kann und deshalb gemäß §§ 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen ist.

aa) Der Kläger macht vorliegend Kostenvorschuss nach § 637 Abs. 3 BGB geltend. Er kann damit Zahlung nur für solche Maßnahmen verlangen, die erforderlich sind, um die vorhandenen Mängel der Werkleistung zu beseitigen. Dies umfasst alle Kosten, die im Rahmen der erforderlichen Nachbesserung anfallen, auch soweit sie über eine unmittelbare Beseitigung des Mangels hinausgehen. So hat der Bundesgerichtshof z. B. die Kosten der Maurer-, Putz-, Steinemaillier-, Maler-, Reinigungs- und Architektenarbeiten, die im Zusammenhang mit der Nachbesserung einer fehlerhaft verlegten Abflussleitung notwendig geworden waren, zu den Aufwendungen gerechnet, die vom Unternehmer zu tragen sind (BGH, Urteil vom 13.12.1962 – II ZR 196/60, NJW 1963, 805). Ferner hat er in einem Fall, in dem der Unternehmer Abdichtungsarbeiten nachzubessern hatte, auch die Aufwendungen für die hierzu erforderlichen Nebenarbeiten als Mängelbeseitigungskosten bezeichnet. Hierbei ging es insbesondere um den Ausbau der Kellertüren, der Ölheizung, der Öltanks, der Kellertreppen, Abmontieren und Wiederanbringen der Elektroanschlüsse sowie Anpassen und Wiedereinbau der Kellertüren (BGH, Urteil vom 29.11.1971 – VII ZR 101/70, Tz. 9, NJW 1972, 447); gleiches gilt auch für das Aufspüren der Schadstellen, Aufreißen einer Straßendecke, Aufgraben des Erdreiches bis zur Rohrleitung, Freilegung der Leckstelle der Rohre, Verfüllen des Rohrgrabens, Verdichten des Erdreiches und Wiederherstellen der aufgerissenen Straßendecke (BGH, Urteil vom 27.04.1972 – VII ZR 144/70, Tz. 4a, BGHZ 58, 332, 339). Wie diese Beispiele zeigen, erstreckt sich die Nachbesserungsverpflichtung nicht nur darauf, die eigene mangelhafte Leistung nachträglich in einen mangelfreien Zustand zu versetzen. Sie umfasst vielmehr auch alles, was vorbereitend erforderlich ist, um den Mangel an der eigenen Leistung zu beheben, insbesondere Transportkosten, Wegekosten, Arbeitskosten und Materialkosten. Hinzu kommen die Arbeiten, die notwendig werden, um nach durchgeführter Mängelbeseitigung den davor bestehenden Zustand wiederherzustellen. Der Unternehmer muss mithin stets jede Beeinträchtigung beseitigen, die dem Eigentum des Bauherrn zugefügt werden muss, um die Behebung des Werkmangels zu ermöglichen (BGH, Urteile vom 07.11.1985 – VII ZR 270/83, BGHZ 96, 221; vom 22.03.1979 – VII ZR 142/78, BauR 1979, 333; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., Teil 6 Rn. 183). All dies ist untrennbar mit der Pflicht zur Behebung des Werkmangels verbunden und gehört zu dem vertraglichen Erfüllungs- und Gewährleistungsaufwand des Auftragnehmers (BGH, Urteil vom 08.06.1978 – VII ZR 161/77, BGHZ 72, 31, 33). Die Verpflichtung, Vorbereitungs- und Nebenarbeiten durchzuführen sowie die Nachbesserungsspuren zu beseitigen, besteht daher unabhängig von den Voraussetzungen, unter denen dem Auftraggeber ein Schadensersatzanspruch gegen den Auftragnehmer zusteht. Sie ist insbesondere auch dann gegeben, wenn der Auftragnehmer den Mangel nicht verschuldet hat.

bb) Von den Schäden und Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Nachbesserung zwangsläufig entstehen, sind diejenigen Schäden an anderen Bauteilen oder die an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen eintreten zu unterscheiden, die lediglich auf Mängeln der Leistung beruhen. Sie werden von der Nachbesserungspflicht nicht umfasst und können nur Gegenstand eines – verschuldensabhängigen – Schadensersatzanspruches sein (sog. mangelbedingter Folgeschäden: BGH, Urteile vom 07.02.2019, aaO., vom 22.02. 2018 – VII ZR 46/17, BauR 2018, 815, und Urteil vom 16.02.2017 – VII ZR 242/13, BauR 2017, 1061, jeweils zum Architektenvertrag; vgl. auch BGH, Urteil vom 28.02.2018 – VIII ZR 157/17, NJW 2018, 1746 zum Mietvertrag sowie BGH, Urteil vom 19.06. 2009 – V ZR 93/08, BGHZ 181, 317 zum Nutzungsausfall). Dies entspricht dem der Schuldrechtsmodernisierung zugrundeliegenden Konzept des Gesetzgebers, mit dem das Leistungsstörungsrecht vereinfacht und vereinheitlicht werden sollte. Liegt eine Pflichtverletzung in Form einer mangelhaften Werkleistung vor, ist danach zwischen dem Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB und dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB zu unterscheiden. Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung und erfasst damit das Leistungsinteresse des Bestellers. Demgegenüber sind die über das Leistungsinteresse hinausgehenden Vermögensnachteile, insbesondere Folgeschäden an anderen Rechtsgütern des Bestellers als dem Werk selbst oder an dessen Vermögen, gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen. Für derartige Folgeschäden kommt auch die Setzung einer Frist zur Nacherfüllung gemäß §§ 634 Nr. 4, 281 Abs. 1 BGB nicht in Betracht. Denn der Zweck dieser Fristsetzung, dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit einzuräumen, ein mangelfreies Werk herzustellen, kann nicht erreicht werden in Bezug auf Schäden, die durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht zu beseitigen sind (BGH, Urteil vom 08.12.2011 – VII ZR 198/10, BauR 2012, 494;so schon zum alten Schuldrecht BGH, Urteile vom 07.11.1985 – VII ZR 270/83, BGHZ 96, 221, und vom 16.10.1984 – X ZR 86/83, BGHZ 92, 308).

cc) So ist es hier. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien bestand die von der Beklagten geschuldete Werkleistung in der ordnungsgemäßen Wartung der Heizungsanlage einschließlich Solaranlage. Ein Wartungsvertrag über eine solche Solaranlage beinhaltet – wie oben unter 1a) ausgeführt – regelmäßig deren Überprüfung auf Funktions- und Verkehrstüchtigkeit im vereinbarten Umfang und damit insbesondere auch die Aufdeckung etwaiger Schäden der zu überprüfenden Bereiche (Inspektion) und Ersatz von Verschleißteilen. Hierauf beschränkte sich indes auch die Leistungspflicht der Beklagten. Eine Reparatur festgestellter Schäden umfasste die Wartung nicht. Solches ist weder vorgetragen, noch aus Unterlagen oder sonstigen Umständen erkennbar. Dementsprechend hatte der Zeuge K., nachdem er die Undichtigkeit am linken Kollektor festgestellt hatte, den Kundenservice der Herstellerin informiert und deren Mitarbeiter, der Zeuge E., das Leck sodann repariert. Die hier streitgegenständlichen Schäden an den Solarkollektoren können demnach durch die mangelhafte Werkleistung des Beklagten – das Einfüllen von Wasser ohne ausreichenden Frostschutzmitteln – entstanden sein, die durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht mehr beseitigt werden können. Sie betreffen vielmehr zuvor unbeschädigte Bestandteile der Solaranlage und nicht das geschuldete Werk – hier: Wartung durch Befüllen mit Frostschutz – selbst und sind damit Folgeschäden.

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d) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Schaden am linken Solarkollektor durch mangelhafte Leistungen der Beklagten verursacht wurden. Für Schäden am rechten Solarkollektor hat die Beklagte demgegenüber einzustehen, da die Wartungsarbeit des Zeugen K. im Jahr 2016 insoweit fehlerhaft war.

Die Anhörung der Parteien und die Vernehmung der Zeugen in der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2018 allein waren nicht so ergiebig, dass hier der Nachweis im Hinblick auf die Schadensverursachung an den Solarkollektoren durch den darlegungs- und beweisbelasteten Kläger geführt wurde (vgl. zur Beweislast: BGH, Urteil vom 23.10.2000 – VII ZR 64/07, BauR 2009, 237 m.w.N.). Der Kläger vermochte lediglich die Abwicklung der Schadenssuche zu schildern, nachdem er im Frühjahr 2016 einen erhöhten Verbrauch an der Heizungsanlage festgestellt hatte. Nach Angaben des Geschäftsführers der Beklagten sollen die Kollektoren bis 2016 in Ordnung gewesen sein. Die Zeugin W., Lebensgefährtin des Klägers, hatte an der Anlage selbst ebenso keine Wartungsarbeiten vorgenommen, wie sie es auch von dem Kläger vermutete. Der Zeuge E. hatte im Auftrag der Herstellerfirma S. im Frühjahr 2017 die Anlage überprüft, an den Kollektoren Undichtigkeiten festgestellt und den linken Kollektor repariert; in der von ihm entnommenen Flüssigkeit sei auch reines Wasser und der rechte Kollektor irreparabel gewesen. Der Zeuge K., der die streitgegenständlichen Wartungsarbeiten für die Beklagte ausgeführt hatte, schilderte die Austauschverfahren von Solarflüssigkeit in den Jahren 2013 und 2015. Im Rahmen einer Druckprüfung im Jahr 2016 hatte er acht bis neun Liter Wasser eingefüllt und den Druckabfall bemerkt. In einem späteren Termin hat er sodann festgestellt, dass der linke Kollektor bereits defekt war, woraufhin der Zeuge E. hinzugezogen wurde.

Erst in der Gesamtbetrachtung mit den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 09.11.2018, ergänzt am 28.05.2019, welches von den Parteien nicht mehr angegriffen wurde, kommt das erkennende Gericht unter Beachtung des durch § 286 ZPO vorgegebenen Maßstabs zu folgenden Feststellungen:

Wodurch der Frostschaden am linken Solarkollektor verursacht wurde, lässt sich nicht mehr aufklären. Nachdem im Dezember 2016 die Anlage durch den Zeugen K. mit Wasser befüllt wurde, konnte es im Winter 2016/2017 zu erneuten Frostschäden, insbesondere am rechten Kollektor kommen, da die Außentemperatur in diesem Winter teilweise mehrtägig unter 0 °C lag. Dieser Frostschaden konnte auch nicht dadurch abgewendet werden, dass die wassergefüllte Anlage, wie von dem Zeugen K. geschildert, in einem späteren Termin wieder entleert wurde. Denn die hydraulische Einbindung der Kollektoren erfolgte parallel, sodass der rechte Kollektor nicht leerlaufen konnte. Wegen der internen Kollektorverrohrung konnte keine Luft in den rechten Kollektor nachströmen, so dass dieser zwangsläufig befüllt blieb (sog. Heberprinzip). Der linke Kollektor konnte sich demgegenüber aufgrund des bereits bestehenden Frostschadens entleeren, da hier die Nachströmung von Luft über die Schadstelle erfolgen konnte.

Das Gericht folgt ebenso den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen, die von den Parteien auch nicht angegriffen werden, wonach ein Fühleraustausch mit unter Umständen fehlerhafter Konfiguration nicht schadensursächlich gewesen sein kann und der linke Solarkollektor durch den Zeugen E. fachgerecht repariert wurde. Durch eine nicht fachgerechte Befüllung und Entleerung der Solaranlage können keine Elektroden zerstört worden sein. Der rechte Kollektor ist demgegenüber irreparabel geschädigt und muss daher ausgetauscht werden.

e) Im Rahmen des Schadensersatzes ist für den Austausch des rechten Solarkollektors ein Vorteil von 34 % im Rahmen des Grundsatzes „neu für alt“ zu berücksichtigen (§ 287 ZPO).

Zwar kommt ein Abzug „neu für alt“ dann nicht in Betracht, wenn die längere Lebensdauer der Werkleistung (im Falle der Mängelbeseitigung) ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruht und sich der Auftraggeber jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste. Dagegen ist eine Anrechnung des Vorteils zu erwägen, der durch eine deutlich verlängerte Nutzungsdauer entsteht, wenn der Mangel sich verhältnismäßig spät auswirkt und der Auftraggeber bis dahin keine Gebrauchsnachteile hinnehmen musste (BGH, Urteile vom 17.05.1984 – VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206; vom 13.09.2001 – VII ZR 392/00, juris, Rdn. 22). Ein Fall wie der zuletzt beschriebene ist hier gegeben. Der Sachverständige hat in seinem für das Gericht erstatteten Gutachten vom 28.05.2019 die durchschnittliche Lebenserwartung der Solarkollektoren der vorgefundenen Bauart mit 25 Jahren angegeben. Geht man davon aus, dass der Kläger, da der Mangel sich bereits seit dem Schadenseintritt im Jahr 2016/2017 ausgewirkt hat, den Solarkollektor über einen Zeitraum von etwa 8 ½ Jahren, also etwa 34 % der zu erwartenden Nutzungsdauer hat nutzen können, so ergibt sich ein Vorteil durch eine verlängerte Nutzungszeit um diesen Zeitraum.

f) Für den Austausch des rechten Solarkollektors ist ein Schaden in Höhe von 3.132,55 € zu ersetzen.

Der Sachverständige hat in seinen Gutachten nachvollziehbar anhand der vorgelegten Kostenkalkulation vom 14.12.2017 die durch die mangelhafte Wartung am rechten Solarkollektor entstanden Schäden für dessen Austausch wie folgt berechnet:

1 Kollektor netto 2.566,50 €

abzgl. 34 % (“neu für alt“) netto 872,61 €

ergibt netto 1.693,89 €

zgl. 19 % Umsatzsteuer brutto 2.015,73 €

Material, Montage, Entsorgung für 1 Kollektor brutto 1.116,82 €

zusammen brutto 3.132,55 €

g) Dieser Schadensersatzanspruch ist durch Aufrechnung der Beklagten in Höhe von 473,08 € erloschen (§§ 267, 683, 389 BGB).

Im Zuge der Überprüfung der Solarkollektoren durch den Kundendienst der Herstellerfirma S. wurden am linken Kollektor Dichtungsmaßnahmen durchgeführt, deren fehlerhafte Verursachung – wie oben ausgeführt – der Beklagten nicht nachzuweisen ist. Die hierfür in Höhe von 473,08 € entstandenen, von der Beklagten für den Kläger getragenen Kosten kann sie als Aufwendungen erstattet verlangen und dementsprechend aufrechnen (§§ 267, 683, 387 BGB), weshalb die Beklagte nur insgesamt 2.659,47 € zu zahlen verpflichtet ist.

2. Im Hinblick auf die Unklarheit, ob mit dem Schadensersatzanspruch alle mangelbedingten Folgeschäden abgegolten werden könnten, ist auch der Antrag auf Feststellung der weitergehenden Ersatzpflicht der Beklagten mit den aus den o.g. Gründen und aus dem Tenor ersichtlichen Einschränkungen zulässig und begründet (§ 256 ZPO, §§ 634 Nr. 4, 280, 249 BGB).

Verfahrensrechtlich ist für die Schadensbemessung der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend (BGH, Urteil vom 06.11.1986 – VII ZR 97/85, BGHZ 99, 81). Eine Feststellungsklage ist dann zulässig, wenn die Schadensentwicklung zwar abgeschlossen ist, der Schaden noch nicht verlässlich beziffert werden kann (BGH, Urteil 15.01.2008 – VI ZR 53/07, BauR 2008, 867; vom 21.01.2000 – V ZR 387/98, NJW 2000, 1256; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2014, 15. Teil, Rn 20). Der Kostenvoranschlag, der vom Sachverständigen zur Schadensberechnung herangezogen und vom Gericht zugrunde gelegt wurde, wurde am 14.12.2017 und damit fast zwei Jahre vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 27.08.2019, erstellt. Er enthält auch ausdrücklich den Hinweis, dass die Kosten sich bei Montage vor Ort noch ändern könnten und sog. Etwawerte seien. Durch Zeitablauf können demnach Kostensteigerungen bei Material und Arbeitslohn eingetreten sein, die jetzt schon zu schätzen (§ 287 ZPO) das Gericht nicht in der Lage ist.

II.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 291, 288 BGB. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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