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Was bedeutet Betriebspflicht?

OLG Celle, Az.: 2 W 47/17, Beschluss vom 27.02.2017

In dem Verfahren der einstweiligen Verfügung hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle am 27. Februar 2017 beschlossen:

Auf die vorab per Telefax am 16. Februar 2017 bei dem Landgericht Hannover eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 15. Februar 2017 wird der ihm am 10. Februar 2017 zugestellte Beschluss der Einzelrichterin der 19 Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 10. Februar 2017 aufgehoben.

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935 ff. ZPO aufgegeben, den Geschäftsbetrieb des auf dem Eckgrundstück ………straße 9-11/………gasse 10 in ……… ……… in der rechten Ladenfläche ………straße 9-11 im Erdgeschoss, Laden 3 auf einer Gesamtmietfläche von ca. 103,26….; betriebenen Frisörgeschäfts bis zum 31. August 2017, während der üblichen Geschäftszeit, mindestens aber von 10-18 Uhr und samstags bis 13.00 Uhr mit der Maßgabe ständig geöffnet zu halten, dass eine ganztägige mehrtägige Schließung außerhalb von Betriebsferien nur mit schriftlicher Genehmigung des Antragstellers zulässig ist.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 6.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Was bedeutet Betriebspflicht?
Symbolfoto: Motizova/ Bigstock

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückweisen Beschluss des Landgerichts ist gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg.

1. Zu Unrecht hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Erwägung zurückgewiesen, dass ein Verfügungsanspruch auf Betrieb des Frisörgeschäftes nicht gegeben sei. Entgegen der Auffassung des Landgerichts haben die Parteien in § 12 des Mietvertrages eine Betriebspflicht und nicht lediglich eine Offenhaltungspflicht in dem Sinne vereinbart, dass die Geschäftsräume zu bestimmten Zeiten nicht geschlossen werden dürfen. Mit einer Betriebspflicht wird dem Mieter die Verpflichtung auferlegt, die angemieteten Geschäftsräume zu einem bestimmten Zweck tatsächlich zu nutzen, während die Offenhaltungspflicht regelt, dass er die Geschäftsräume zu bestimmten Zeiten nicht schließen darf (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 15. Juli 2015 – 5 U 597/15). Für die Vereinbarung einer Betriebspflicht spricht bereits der Wortlaut des § 12 des Mietvertrages, der mit der Überschrift „Betriebspflicht“ versehen ist. Auch die Auslegung der Vorschrift ergibt, dass mit der in § 12 des Mietvertrages vereinbarten Verpflichtung des Mieters zur ständigen Öffnung seines Geschäftsbetriebes während der üblichen Geschäftszeit dem Mieter eine Verpflichtung zur vertragsgemäßen Nutzung der Betriebsräume auferlegt worden ist. § 12 des Mietvertrages nimmt ausdrücklich auf den Geschäftsbetrieb, also den in § 2 des Mietvertrages vereinbarten Mietzweck Bezug, wonach die Vermietung der Ladenfläche zum Betrieb eines Friseurladens erfolgt. Mit der Vereinbarung der Verpflichtung zur Öffnung des Geschäftsbetriebes sollte demnach nicht nur sichergestellt werden, dass während der üblichen Geschäftszeiten das Ladenlokal für das Publikum geöffnet ist, sondern dass der Frisörladen in diesen Zeiten tatsächlich betrieben wird. Für die Vereinbarung einer Betriebspflicht spricht auch die Regelung in § 12 Satz 2 des Mietvertrages stützen, wonach ganztägige mehrtägige Schließungen außerhalb von Betriebsferien nur mit schriftlicher Genehmigung des Vermieters zulässig sind. § 12 Satz 2 des Mietvertrages verknüpft die Öffnung des Ladengeschäftes untrennbar mit dessen Betrieb, weil ohne Genehmigung des Vermieters eine Schließung des Ladengeschäftes nur dann zulässig sein soll, wenn der Geschäftsbetrieb aufgrund von Betriebsferien ruht. Die Parteien haben die in § 12 geregelte Verpflichtung auch im Sinne einer Betriebspflicht verstanden. Der Antragsteller hat durch seine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner das Bestehen einer Betriebspflicht nicht in Abrede gestellt, sondern gegenüber dem Antragsteller erklärt habe, dass er nicht beabsichtige, der „vereinbarten Betriebspflicht“ nachzukommen.

2. Der Antragsteller hat das Vorliegen eines Verfügungsgrundes gemäß §§ 935, 940 ff. ZPO dargelegt und glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass aufgrund der endgültigen Ablehnung der Fortführung des Mietvertrages durch den Antragsgegner nicht unerhebliche Nachteile drohen, insbesondere dass die Einstellung des Geschäftsbetriebes in dem streitbefangenen Ladenlokal durch den Antragsgegner geeignet ist, die Attraktivität der gesamten Ladenzeile für potentielle Kunden zu beeinträchtigen.

3. Der Senat war am Erlass der einstweiligen Verfügung nicht durch den Umstand gehindert, dass der Antragsteller mit Antrag vom 9. Februar 2017 beantragt hat, es dem Antragsgegner zu untersagen, dass in dem streitgegenständlichen Laden Karl betriebene Geschäft, nämlich den Frisörladen „KaRo-Hair“ zu schließen und den bezeichneten Geschäftsbetrieb einzustellen. Gemäß § 938 Absatz 1 ZPO bestimmt das Gericht nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind. Für einen Antrag im Verfahren auf einstweilige Verfügung braucht der Antragsteller nur sein Rechtsschutzziel anzugeben, darüber hinaus muss er keine bestimmten Maßnahmen beantragen (vgl. Musielak/Huber, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 938 Rn. 3, 5). Durch den Erlass der vor-bezeichneten einstweiligen Verfügung hat der Senat in dem Antragsteller nichts zugesprochen, was dieser nicht beantragt hat. Soweit der Antragsteller sein Begehren, den Antragsgegner zum Weiterbetrieb eines Friseursalons in dem von ihm vermieteten Ladenlokal zu verpflichten, als Untersagungsanspruch formuliert hat, hat der Antragsteller lediglich übersehen, dass sich die Vollstreckung eines entsprechenden Anspruchs nach § 888 ZPO und nicht nach § 890 ZPO richtet, weil es allein um die Vollstreckung einer nicht vertretbaren Handlung geht, die von einem Dritten nicht vorgenommen werden kann (OLG Celle, NJW-RR 2008, 168; OLG Hamburg, NJW-RR 2014, 133). Das Rechtsschutzziel des Antragstellers bleibt indes unabhängig von der Formulierung des gestellten Antrages, den Antragsgegner zur Fortführung des Betriebes des Frisörsalons zu verpflichten.

Da der Antragsteller mit der einstweiligen Verfügung nur eine vorläufige Sicherung seines Anspruchs auf Erfüllung der Betriebspflicht erreichen kann, hat der Senat die im Beschlusstenor getroffene Anordnung auf die Dauer von 6 Monaten begrenzt. Dieser Zeitraum ermöglicht dem Antragsteller, wegen des geltend gemachten Verfügungsanspruchs Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren zu erlangen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Abweichung der Anordnung des Senats von dem Verfügungsantrag des Antragstellers rechtfertigt aus den oben dargelegten Gründen nicht die Annahme eines Teilunterliegens des Antragsstellers, weil dieser sein Rechtsschutzziel, nämlich die weitere Erfüllung der Betriebspflicht voll erreicht hat.

Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 3 ZPO, 41 Abs. 1 GKG. Für eine Klage des Vermieters auf Erfüllung einer vertraglichen Betriebspflicht ist gemäß § 41 Abs. 1 GKG der Streitwert einer Jahresmiete zu bemessen (vgl. Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl. 2014, IX Rn. 410), wobei im einstweiligen Verfügungsverfahren das Interesse des Antragstellers an der Sicherung im Regelfall das Befriedigungsinteresse nicht erreicht Im vorliegenden Fall ist die Festsetzung auf ca. 115 des Hauptsachewertes angemessen.

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