Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Freistellungsanspruch im Vertragsrecht: Risiken und rechtliche Herausforderungen
- Der Fall vor Gericht
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Voraussetzungen müssen für einen Freistellungsanspruch bei Wasserschäden erfüllt sein?
- Wie kann ich einen Freistellungsanspruch bei Bauwasserschäden durchsetzen?
- Welche Schäden werden vom Freistellungsanspruch bei Wasserschäden abgedeckt?
- Welche Fristen muss ich bei der Geltendmachung eines Freistellungsanspruchs beachten?
- Was ist der Unterschied zwischen Schadensersatz und Freistellungsanspruch bei Wasserschäden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht München
- Datum: 02.02.2024
- Aktenzeichen: 27 U 3563/23 Bau
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Bauvertragsrecht, Haftungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Bauträgerin eines Wohn- und Geschäftshauses samt Tiefgarage in L. Sie argumentiert, dass die Beklagte ihre Pflicht als Tragwerksplanerin verletzt habe, indem sie auf kein konkretes Oberflächenschutzsystem hingewiesen habe. Die Klägerin fordert die Freistellung von Forderungen Dritter aufgrund mangelhafter Ausführung des Oberflächenschutzsystems.
- Beklagte: Tragwerksplanerin, die für die Planung des Bauwerks vertraglich verantwortlich war. Sie beantragt die Abweisung der Klage und argumentiert, dass das Landgericht Kempten zu Unrecht der Klage teilweise stattgegeben habe. Sie bestreitet einen Kausalzusammenhang zwischen einer Pflichtverletzung und den behaupteten Schäden.
- Streithelfer: Architekt, der in die Planung involviert war, äußert sich im Sinne der Beklagten und unterstützt deren Standpunkt im Verfahren.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin hat die Beklagte als Tragwerksplanerin beauftragt. Bei dem Bauwerk handelt es sich um ein Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgarage. Die Klägerin machte Ansprüche gegen die Beklagte geltend, da das Oberflächenschutzsystem der Tiefgaragendecken nicht wie gewünscht funktionierte, was zu Schäden durch Chloridbelastung führte.
- Kern des Rechtsstreits: Ob die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten verletzt hat, indem sie nicht auf ein geeignetes Oberflächenschutzsystem hingewiesen hat und ob sie daher die Klägerin von Ansprüchen Dritter freistellen muss.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Die Beklagte muss die Klägerin von Forderungen Dritter freistellen.
- Begründung: Das Oberlandesgericht München kommt zu dem Schluss, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Es liegt eine Pflichtverletzung der Beklagten vor, da sie nicht auf ein geeignetes Oberflächenschutzsystem hinwies und die Klägerin sich auf deren Fachkenntnis verlassen durfte.
- Folgen: Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist ohne Sicherheitsleistung wirksam. Das Urteil des Landgerichts sowie der Beschluss sind vorläufig vollstreckbar, und der Streitwert für das Verfahren wurde auf 140.000 Euro festgesetzt.
Freistellungsanspruch im Vertragsrecht: Risiken und rechtliche Herausforderungen
Ein Freistellungsanspruch ist ein zentraler Begriff im Vertragsrecht, der das Recht auf Freistellung von Schadensersatzansprüchen und anderen rechtlichen Verpflichtungen umfasst. Diese Ansprüche können entstehen, wenn eine Partei für Schäden haftet, die durch Dritte verursacht wurden, und die Kosten der Schadensregulierung oder der Versicherungsschutz nicht ausreichen, um die offenen Schäden zu decken. Der Freistellungsanspruch dient somit der Absicherung und Risikoübernahme für den Geschädigten, der oftmals auf eine Schadensmeldung und die Durchsetzung von Ansprüchen angewiesen ist.
Besonders relevant wird dieser Anspruch, wenn Obliegenheiten und Leistungsumfänge im Schadensfall unklar sind, denn sie entscheiden über die Ersatzpflicht. Um die rechtlichen Ansprüche effektiv durchzusetzen, ist juristische Beratung oft unerlässlich. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Grundlagen des Freistellungsanspruchs sowie die damit verbundenen Herausforderungen und rechtlichen Fragestellungen näher beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Mangelnde Abdichtung führt zu Regenwasserschäden in Neubau
Bei einem Bauvorhaben in Lorch führten fehlerhafte Abdichtungsarbeiten zu erheblichen Wasserschäden. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied am 11. Januar 2024, dass der ausführende Bauunternehmer für die Schäden haftet und Schadensersatz in Höhe von 16.000 Euro leisten muss.
Wassereintritt durch mangelhafte Bauausführung
Die Bauherren hatten den Unternehmer mit der Errichtung eines Einfamilienhauses beauftragt. Nach Fertigstellung des Rohbaus drang bei Regenfällen wiederholt Wasser durch die Kellerdecke in das Gebäude ein. Als Ursache wurde eine unzureichende Abdichtung zwischen Kellerdecke und aufgehenden Wänden festgestellt. Der Bauunternehmer hatte es versäumt, eine fachgerechte Abdichtung der Übergänge vorzunehmen.
Erfolglose Nachbesserungsversuche des Bauunternehmers
Mehrere Versuche des Bauunternehmers, den Mangel zu beheben, blieben erfolglos. Die Bauherren forderten daraufhin Schadensersatz für die notwendigen Sanierungsarbeiten und die bereits entstandenen Schäden. Der Unternehmer lehnte dies mit der Begründung ab, die Wasserschäden seien auf außergewöhnlich starke Regenfälle zurückzuführen.
Gericht sieht klare Pflichtverletzung des Bauunternehmers
Das Gericht stellte fest, dass der Bauunternehmer gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen hatte. Die Abdichtungsarbeiten erfüllten nicht die Mindestanforderungen der DIN-Normen. Laut Sachverständigengutachten wären die Wasserschäden bei ordnungsgemäßer Ausführung der Abdichtung auch bei starkem Regen nicht entstanden.
Das Gericht betonte in seiner Urteilsbegründung, dass der Bauunternehmer verpflichtet war, ein Mangelfreies und funktionsfähiges Werk herzustellen. Die fehlende Abdichtung stelle einen wesentlichen Mangel dar, der die Gebrauchstauglichkeit des Gebäudes erheblich beeinträchtige. Die Einwände des Bauunternehmers bezüglich der Wettereinflüsse wurden zurückgewiesen, da ein Gebäude auch extremeren Witterungsbedingungen standhalten müsse.
Schadensersatzpflicht umfasst Sanierung und Folgeschäden
Der zugesprochene Schadensersatz umfasst sowohl die Kosten für die fachgerechte Sanierung der Abdichtung als auch die Beseitigung der bereits eingetretenen Wasserschäden. Die Bauherren können die erforderlichen Arbeiten nun durch ein anderes Fachunternehmen ausführen lassen. Das Urteil ist rechtskräftig.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Voraussetzungen müssen für einen Freistellungsanspruch bei Wasserschäden erfüllt sein?
Ein Freistellungsanspruch bei Wasserschäden setzt ein persönliches Betroffensein des Arbeitnehmers voraus. Dies liegt vor, wenn der Wasserschaden die eigene Wohnung oder das eigene Haus betrifft und unmittelbare Maßnahmen zur Schadensabwehr oder -beseitigung erforderlich sind.
Gesetzliche Grundvoraussetzungen
Der Anspruch basiert auf § 616 BGB und erfordert, dass der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist. Die Verhinderung muss auf einem subjektiven, in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund beruhen.
Zeitliche Komponente
Die Freistellung gilt nur für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit. Die konkrete Dauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei in Notfällen eine Freistellung für einige Tage als angemessen gilt.
Vertragliche Besonderheiten
Der Freistellungsanspruch kann durch arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Regelungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Wenn Sie in einem tarifgebundenen Arbeitsverhältnis der Metall- und Elektroindustrie Bayern beschäftigt sind, gilt eine Sonderregelung nach § 10 B Ziff 2 Manteltarifvertrag, die eine bezahlte Freistellung bei der Verhütung von Hochwasserschäden vorsieht.
Nachweispflichten
Der Arbeitnehmer muss die persönliche Betroffenheit und die Notwendigkeit seiner Anwesenheit nachweisen können. Ein bloßes Nichterreichen des Arbeitsplatzes wegen allgemeiner Hochwassersituationen reicht nicht aus. Die Verhinderung muss auf einer konkreten Notlage im eigenen Haushalt basieren.
Umfang der Freistellung
Bei Erfüllung der Voraussetzungen umfasst der Freistellungsanspruch:
- Die Lohnfortzahlung für den Zeitraum der notwendigen Abwesenheit
- Die Möglichkeit zur Durchführung von unmittelbaren Schutzmaßnahmen
- Gegebenenfalls auch notwendige Aufräumarbeiten, sofern diese im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang stehen
Wie kann ich einen Freistellungsanspruch bei Bauwasserschäden durchsetzen?
Die prozessuale Durchsetzung eines Freistellungsanspruchs erfolgt durch eine Leistungsklage vor dem zuständigen Gericht.
Voraussetzungen der Durchsetzung
Der Freistellungsanspruch muss zunächst eindeutig bestimmbar sein. Die Höhe der Zahlungsverpflichtung, von der freigestellt werden soll, muss klar aus dem Titel hervorgehen.
Ablauf der Durchsetzung
Die Vollstreckung eines Freistellungsurteils erfolgt nach den Vorschriften für eine vertretbare Handlung gemäß § 887 ZPO. In der praktischen Umsetzung bedeutet dies:
- Sie können sich durch das Prozessgericht des ersten Rechtszugs zur Zahlung ermächtigen lassen.
- Gleichzeitig können Sie beantragen, dass der Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten verurteilt wird.
Pflichten des Freistellungsgläubigers
Als Freistellungsgläubiger müssen Sie dem Freistellungsschuldner sämtliche relevanten Unterlagen und Informationen zur Verfügung stellen. Dies umfasst:
- Dokumentation der Schäden
- Rechnungen und Kostenaufstellungen
- Gutachten oder Schadensprotokolle
Der Freistellungsschuldner hat dann die Möglichkeit zu entscheiden, ob er die Forderung erfüllt oder abwehrt. Er kann die Freistellung auf verschiedene Arten bewirken, etwa durch:
- Direkte Zahlung an den Drittgläubiger
- Verhandlung über einen Forderungserlass
- Verrechnung mit eigenen Forderungen
Besonderheiten bei der Durchsetzung
Der Freistellungsanspruch umfasst nicht nur die reine Kostenübernahme, sondern auch die Pflicht zur Abwehr unbegründeter Ansprüche. Dies gilt selbst dann, wenn es in der Formulierung der Freistellung nicht ausdrücklich erwähnt ist.
Wenn der Freistellungsschuldner seiner Verpflichtung nicht nachkommt, können Sie als Freistellungsgläubiger Schadensersatzansprüche nach den allgemeinen Regeln geltend machen.
Welche Schäden werden vom Freistellungsanspruch bei Wasserschäden abgedeckt?
Der Freistellungsanspruch bei Wasserschäden erstreckt sich auf verschiedene Schadenssituationen, die eine persönliche Betroffenheit des Arbeitnehmers voraussetzen.
Unmittelbare Schadensabwehr
Bei akuten Wasserschäden besteht ein Anspruch auf bezahlte Freistellung für:
- Die Durchführung von Löscharbeiten bei Brand
- Die Verhütung von Hochwasserschäden am eigenen Eigentum
- Notwendige Aufräumarbeiten in der unmittelbaren Schadenssituation
Zeitlicher Umfang der Freistellung
Der Freistellungsanspruch nach § 616 BGB deckt die notwendig ausfallende Arbeitszeit ab. Dabei gilt:
Die Freistellung wird nur für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum gewährt. Bei längerer Verhinderung entfällt der Anspruch vollständig.
Besonderheiten für tarifgebundene Arbeitnehmer
Für Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie Bayern gilt eine erweiterte Regelung nach § 10 B Ziff 2 Manteltarifvertrag. Diese umfasst:
Der Verdienstausfall wird bezahlt, sofern keine anderweitige Ersatzleistung beansprucht werden kann. Dies gilt sowohl für die Eigenhilfe als auch für den Einsatz im Katastrophenschutz.
Voraussetzungen für die Freistellung
Eine Freistellung wird gewährt, wenn:
Die persönlichen, existenziellen Interessen des Arbeitnehmers betroffen sind. Eine bloße Erschwernis des Arbeitsweges durch Hochwasser reicht nicht aus. Der Arbeitnehmer muss direkt von den Auswirkungen des Wasserschadens betroffen sein.
Die Freistellung umfasst auch Situationen, in denen das Eigentum unmittelbar gefährdet ist und Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen. Dies schließt sowohl präventive Maßnahmen als auch unmittelbare Schadensbeseitigung ein.
Welche Fristen muss ich bei der Geltendmachung eines Freistellungsanspruchs beachten?
Bei der Geltendmachung eines Freistellungsanspruchs gelten unterschiedliche Fristen, die Sie unbedingt einhalten müssen, um Ihre Rechte zu wahren.
Gesetzliche Verjährungsfrist
Die reguläre Verjährungsfrist für Freistellungsansprüche beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Wenn Sie beispielsweise im Mai 2024 freigestellt wurden, beginnt die Verjährungsfrist am 31.12.2024 und endet am 31.12.2027.
Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen
In vielen Arbeitsverträgen sind Ausschlussfristen vereinbart, die deutlich kürzer als die gesetzliche Verjährungsfrist sein können. Diese Fristen müssen jedoch mindestens drei Monate betragen. Kürzere Fristen sind unwirksam, und es gilt dann automatisch die gesetzliche Verjährungsfrist.
Zweistufige Ausschlussfristen
Bei zweistufigen Ausschlussfristen müssen Sie zwei Zeitpunkte beachten:
- Die erste Frist zur schriftlichen Geltendmachung gegenüber dem Arbeitgeber
- Die zweite Frist zur Klageerhebung, falls der Arbeitgeber den Anspruch ablehnt
Wichtig: Die Geltendmachung muss seit Oktober 2016 nicht mehr schriftlich, sondern nur noch in Textform (z.B. per E-Mail) erfolgen.
Besonderheiten bei Verhandlungen
Wenn Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber in Verhandlungen über den Freistellungsanspruch befinden, werden die Ausschlussfristen für die Dauer der Verhandlungen gehemmt. Die Frist läuft erst weiter, wenn die Verhandlungen beendet sind.
Dauer der Freistellung
Die maximale Dauer einer Freistellung hängt von den konkreten Umständen ab. Bei einer Freistellung nach Kündigung kann diese bis zu drei Monate betragen. Die genaue Dauer richtet sich nach den Regelungen in Ihrem Arbeitsvertrag und dem Grund der Freistellung.
Was ist der Unterschied zwischen Schadensersatz und Freistellungsanspruch bei Wasserschäden?
Bei einem Wasserschaden haben Sie als Geschädigter grundsätzlich zwei unterschiedliche Möglichkeiten: Den Schadensersatzanspruch und den Freistellungsanspruch.
Schadensersatzanspruch
Der Schadensersatzanspruch zielt auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ab. Wenn Sie einen Wasserschaden erlitten haben, können Sie vom Schädiger die Zahlung des erforderlichen Geldbetrags verlangen, um den Schaden zu beseitigen. Dies umfasst etwa die Kosten für:
- Reparatur der beschädigten Bausubstanz
- Ersatz zerstörter Einrichtungsgegenstände
- Beseitigung von Folgeschäden
Freistellungsanspruch
Der Freistellungsanspruch hingegen bedeutet, dass der Schädiger Sie von bestehenden Verbindlichkeiten befreien muss. Wenn Sie beispielsweise bereits einen Handwerker mit der Reparatur beauftragt haben, können Sie verlangen, dass der Schädiger die Rechnung direkt bezahlt. Der Freistellungsanspruch greift auch dann, wenn die Rechnung noch nicht beglichen wurde.
Praktische Bedeutung
Ein wichtiger Unterschied liegt in der Zinsfrage: Während beim Schadensersatzanspruch Verzugszinsen anfallen können, ist dies beim Freistellungsanspruch nicht der Fall. Der Freistellungsanspruch muss wie ein Zahlungsanspruch nach Grund und Höhe genau bezeichnet werden, damit der Schädiger notfalls im Wege der Zwangsvollstreckung zur Befriedigung angehalten werden kann.
Bei Wasserschäden ist der Freistellungsanspruch besonders relevant, wenn Sie bereits Handwerker, Sachverständige oder andere Dienstleister beauftragt haben, aber deren Rechnungen noch nicht bezahlt wurden. In diesem Fall können Sie verlangen, dass der Schädiger diese Kosten direkt übernimmt.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Anerkannte Regeln der Technik
Dies sind technische Vorgaben und Standards, die in der Fachwelt allgemein anerkannt und als bewährt gelten. Im Baurecht beschreiben sie den Mindeststandard für eine fachgerechte Ausführung, wie er in DIN-Normen und anderen technischen Regelwerken festgelegt ist. Die Einhaltung dieser Regeln ist nach § 633 BGB Teil der geschuldeten Werkleistung. Beispiel: Die korrekte Abdichtung eines Kellers muss nach bestimmten DIN-Normen erfolgen, um Wasserschäden zu vermeiden.
Mangelfreies und funktionsfähiges Werk
Nach § 633 Abs. 1 BGB muss der Unternehmer dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln verschaffen. Das Werk muss die vereinbarte Beschaffenheit haben und sich für die vertraglich vorausgesetzte sowie die gewöhnliche Verwendung eignen. Bei einem Hausbau bedeutet dies beispielsweise, dass alle Räume trocken und bewohnbar sein müssen und die Bausubstanz keine Schäden aufweist.
Wesentlicher Mangel
Ein Mangel, der die Gebrauchstauglichkeit einer Sache erheblich beeinträchtigt oder ihren Wert deutlich mindert. Im Werkvertragsrecht (§ 634 BGB) berechtigt ein wesentlicher Mangel den Auftraggeber zu verschiedenen Gewährleistungsrechten wie Nachbesserung, Rücktritt oder Schadensersatz. Ein Beispiel ist eine undichte Kellerdecke, die zu dauerhaften Wasserschäden führt und die Nutzung des Gebäudes stark einschränkt.
Nachbesserung
Ein gesetzlich geregeltes Gewährleistungsrecht nach § 635 BGB, das dem Auftraggeber bei mangelhafter Werkleistung zusteht. Der Unternehmer erhält damit die Chance, den Mangel auf eigene Kosten zu beheben, bevor der Auftraggeber weitere Rechte geltend machen kann. Beispielsweise muss ein Bauunternehmer bei einer undichten Abdichtung zunächst die Möglichkeit erhalten, diese fachgerecht nachzubessern.
DIN-Normen
Technische Standards des Deutschen Instituts für Normung, die im Baurecht als wichtige Orientierung für die fachgerechte Ausführung von Bauleistungen dienen. Sie konkretisieren die anerkannten Regeln der Technik und werden bei der Beurteilung von Baumängeln als Maßstab herangezogen. Beispiel: DIN 18195 regelt die Anforderungen an Bauwerksabdichtungen gegen Wasser und Feuchtigkeit.
Schadensersatz
Ein gesetzlicher Anspruch nach § 280 BGB, der den Ausgleich für einen entstandenen Schaden durch Pflichtverletzung gewährt. Im Baurecht umfasst dies typischerweise die Kosten für die Mangelbeseitigung und die Beseitigung von Folgeschäden. Beispiel: Die Kosten für die Sanierung einer mangelhaften Abdichtung plus die Reparatur der durch eindringendes Wasser beschädigten Bausubstanz.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 631 BGB (Werkvertrag): Dieser Paragraph regelt die wesentlichen Bestandteile eines Werkvertrags, insbesondere die Pflichten des Unternehmers, ein bestimmtes Werk zu erstellen und dessen Mängelfreiheit zu gewährleisten. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte als Verantwortliche für die Tragwerksplanung verpflichtet, ein fehlerfreies Werk zu liefern. Die behauptete Pflichtverletzung hinsichtlich der Tragwerksplanung hat direkte Auswirkungen auf die Qualität des Bauwerks und stellt einen Verstoß gegen diese Vorschrift dar.
- § 633 BGB (Mängelhaftung): Gemäß diesem Paragraphen haftet der Unternehmer für Mängel, die das Werk bei der Abnahme aufweist. Der Mangel des Oberflächenschutzsystems und die Chloridbelastung des Betons in der Tiefgarage sind nach den Ausführungen der Klägerin zentrale Punkte in diesem Streitfall. Diese Mängel begründen die Ansprüche der Klägerin auf Freistellung von Ansprüchen Dritter, die durch diese Mängel entstehen.
- § 839 BGB (Haftung bei Amtspflichtverletzung): Bei der Planung und Ausführung von Bauwerken kann eine Haftung auch für Aufsichtspflichten und die Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten anfallen. Die Beklagte könnte ggf. auch haftbar gemacht werden, falls eine Pflichtverletzung gegenüber den hierfür zuständigen Behörden oder Vorschriften vorliegt, die eine besondere Verantwortlichkeit verlangt. Dies könnte in Bezug auf den Oberflächenschutz oder das Vorgehen bei der Planung der Tragwerksstruktur eine Rolle spielen.
- § 673 BGB (Kostentragung): Dieser Paragraph regelt die Kostentragung im Rahmen von Dienstverhältnissen, was hier in Form der Verteilung der Prozesskosten zwischen den Parteien relevant ist. Das Gericht hat entschieden, dass die Beklagte einen größeren Anteil an den Kosten des Verfahrens zu tragen hat, da sie unterlegen ist. Dies zeigt sich auch in der Verteilung von 56 % für die Beklagte und 44 % für die Klägerin.
- § 940 ZPO (Sicherheitsleistung): Diese Vorschrift regelt die vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen und die Möglichkeit, durch eine Sicherheitsleistung die Vollstreckung zu verhindern. Der Beschluss des Oberlandesgerichts sieht vor, dass die Beklagte die Vollstreckung abwenden kann, wenn sie die geforderte Sicherheitsleistung erbringt. Die Regelung hat direkten Einfluss auf die Handlungsstrategien der Beklagten im Berufungsverfahren, insbesondere hinsichtlich ihrer finanziellen Möglichkeiten und Risiken.
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