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Wasserleitung auf dem Grundstück: Duldung statt Stilllegung

Der Eigentümer eines Grundstücks in Bayern forderte die Stilllegung einer kommunalen Wasserleitung, da er sein Eigentum an der Versorgungsleitung auf Privatgrund gestört sah. Doch obwohl die Leitung keinerlei Grundbucheintrag hatte, verblieb sie rechtlich nicht im Eigentum des Klägers.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 4 B 24.1148 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (München)
  • Datum: 12.02.2025
  • Aktenzeichen: 4 B 24.1148
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Eigentumsrecht, Grundstücksrecht, Wasserversorgungsrecht

  • Das Problem: Ein Grundstückseigentümer verlangte von der Gemeinde die Stilllegung einer Wasserleitung, die über sein Grundstück lief. Er argumentierte, die fortlaufende Wasserdurchleitung verletze sein Eigentumsrecht.
  • Die Rechtsfrage: Muss ein Grundstückseigentümer die Nutzung einer auf seinem Grund verlegten Versorgungsleitung hinnehmen, obwohl die Leitung nicht im Grundbuch eingetragen ist?
  • Die Antwort: Nein, die Klage des Eigentümers wurde abgewiesen. Die Leitung gilt als nur vorübergehend verlegt und ist somit weiterhin Eigentum der Gemeinde.
  • Die Bedeutung: Ist die Versorgungsleitung Eigentum des Versorgungsunternehmens, kann der Grundstückseigentümer die Nutzung dieser Leitung nicht mit Verweis auf eine Eigentumsstörung verbieten.

Der Fall vor Gericht


Ein Sieg, der teuer zu stehen kam

Ein Grundstückseigentümer in Bayern errang einen klaren Sieg vor Gericht. Ein Richter befahl seiner Gemeinde, die Nutzung einer Wasserleitung zu unterlassen, die quer durch sein Grundstück verlief. Die Leitung versorgte einen Nachbarn und war nie offiziell im Grundbuch eingetragen.

Der Eigentümer prüft die verlegte Versorgungsleitung auf seinem Grund, um den Beseitigungsanspruch gegen die Duldungspflicht durchzusetzen.
Eigentümer verlor gegen Gemeinde: Leitung blieb fremdes Eigentum trotz Verlegung im Grundstück. | Symbolbild: KI

Das Argument des Eigentümers war einfach: Mein Land, meine Regeln. Der Sieg war nur von kurzer Dauer. In der Berufung konzentrierten sich die Richter nicht auf die Rechte des Eigentümers, sondern auf die Leitung selbst. Ihre Entscheidung hing an einer feinen, aber schlagkräftigen juristischen Unterscheidung – eine Unterscheidung, die den Eigentümer am Ende seinen Fall kostete und ihn auf allen Anwaltsrechnungen sitzen ließ.

Warum war der Eigentümer von seinem Recht auf Stilllegung überzeugt?

Der Standpunkt des Grundstücksbesitzers war auf den ersten Blick absolut logisch. Er berief sich auf sein Eigentumsrecht. Eine fremde Wasserleitung, die ohne seine ausdrückliche und im Grundbuch vermerkte Erlaubnis durch seinen Boden verläuft, stellt eine Störung dar. Für genau solche Fälle sieht das Bürgerliche Gesetzbuch einen Abwehranspruch vor. Nach § 1004 Abs. 1 BGB kann ein Eigentümer die Beseitigung einer Beeinträchtigung verlangen und – bei drohender Wiederholung – auf Unterlassung klagen.

Genau das tat der Mann. Er sah das durchfließende Wasser als eine andauernde, unzulässige Nutzung seines Eigentums. Im Grundbuch fand sich kein Eintrag, der der Gemeinde ein Leitungsrecht einräumte. Eine mündliche oder stillschweigende Erlaubnis aus der Vergangenheit, so seine Argumentation, könne er jederzeit widerrufen. Die Pflicht der Gemeinde, ihre Bürger mit Wasser zu versorgen, schaffe kein automatisches Recht, private Grundstücke dafür in Anspruch zu nehmen. Das Verwaltungsgericht Regensburg folgte dieser Sichtweise in erster Instanz. Es sah eine klare Eigentumsstörung und verurteilte die Gemeinde, die Nutzung der Leitung zu stoppen.

Womit verteidigte sich die Gemeinde gegen die Klage?

Die Gemeinde zog in die nächste Instanz vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und brachte mehrere Argumente vor. Zuerst verwies sie auf ein bestehendes Geh- und Fahrtrecht. Ihrer Meinung nach umfasse ein solches Recht oft auch die unterirdische Verlegung von Versorgungsleitungen. Weiterhin führte sie an, dass der Kläger selbst in das damalige Bauvorhaben involviert war. Er hatte den Bauantrag mit unterschrieben, von der Erschließung des Nachbargrundstücks profitiert und die Verlegung der Leitung 1992 geduldet.

Ihr entscheidender Schachzug war aber ein anderer. Die Gemeinde stellte eine grundlegende Frage in den Raum: Wem gehört die Wasserleitung eigentlich? Sie argumentierte, die Leitung sei nie Teil des Grundstücks geworden. Vielmehr stehe sie als sogenannter Hausanschluss im Eigentum des Wasserversorgungsunternehmens. Dies sei sogar in der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) in § 10 Abs. 3 geregelt. Wenn die Leitung aber der Gemeinde gehört, dann stört nicht sie das Eigentum des Klägers – sie nutzt lediglich ihr eigenes Eigentum.

Wem gehört eine Wasserleitung, die in fremdem Boden liegt?

Hier lag der Kern des Falles, und der Verwaltungsgerichtshof zerlegte die Rechtslage präzise. Normalerweise gilt: Was fest mit einem Grundstück verbunden ist, wird dessen Wesentlicher Bestandteil (§ 94 BGB) und gehört dem Grundstückseigentümer. Es gibt eine wichtige Ausnahme – den sogenannten Scheinbestandteil nach § 95 Abs. 1 BGB. Eine Sache wird dann nicht Teil des Grundstücks, wenn sie nur zu einem vorübergehenden Zweck damit verbunden wurde.

Der Begriff „vorübergehend“ ist juristisch dehnbar. Er bedeutet nicht „für kurze Zeit“. Er beschreibt den Willen dessen, der die Sache einbaut. Wollte der Erbauer, dass die Sache auf Dauer dem Grundstückseigentümer zufällt? Oder wollte er sie nur für die Dauer seines eigenen Nutzungszwecks dort belassen? Die Rechtsprechung geht bei Versorgungsleitungen, die von Energie- oder Wasserversorgern verlegt werden, regelmäßig von einem solchen vorübergehenden Zweck aus. Der Versorger will Eigentümer seiner Leitungen bleiben, um sein Netz zu betreiben, zu warten und zu kontrollieren. Er hat kein Interesse daran, sein Eigentum an unzählige Grundstücksbesitzer zu verlieren.

Das Gericht sah genau das hier als gegeben an. Die Gemeinde hatte die Leitung 1992 zur Erschließung eines anderen Grundstücks verlegt. Der Kläger wusste davon und hatte ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Vorhaben. Unter diesen Umständen konnte man nicht davon ausgehen, dass die Gemeinde die Absicht hatte, ihre teure Infrastruktur dem Grundstückseigentümer zu „schenken“. Die Leitung war und blieb ihr Eigentum – ein Scheinbestandteil im fremden Grundstück.

Was bedeutet die Eigentumsfrage für den Unterlassungsanspruch?

Diese Feststellung pulverisierte die Klage des Eigentümers. Sein gesamter Anspruch basierte auf der Idee einer Eigentumsstörung nach § 1004 BGB. Eine Störung liegt aber nur vor, wenn jemand unbefugt auf sein Eigentum einwirkt. Das Gericht stellte klar: Die Gemeinde wirkte nicht auf das Eigentum des Klägers ein. Sie nutzte ihr eigenes Eigentum – die Wasserleitung. Das Wasser fließt durch die gemeindeeigene Röhre, nicht durch das Erdreich des Klägers.

Im Klartext bedeutet das: Der Kläger muss die Leitung in seinem Boden dulden, nicht weil er ein Leitungsrecht gewähren muss, sondern weil ihm die Leitung schlicht nicht gehört. Die Benutzung der Leitung durch die Gemeinde ist nur die Ausübung ihrer eigenen Eigentümerbefugnisse gemäß § 903 BGB. Damit fehlte dem Anspruch des Klägers die Grundlage. Der Verwaltungsgerichtshof hob das Urteil der Vorinstanz auf und wies die Klage ab. Alle anderen Streitpunkte, wie die Auslegung des Geh- und Fahrtrechts oder die Frage der Verjährung, waren damit bedeutungslos geworden.

Die Urteilslogik

Die Durchsetzung des Eigentumsrechts gegen Versorgungsleitungen scheitert, sobald die Leitungsanlage selbst als fremdes Eigentum der Gemeinde oder des Versorgers gilt.

  • [Die Rechtsnatur der Leitung bestimmt das Eigentum]: Eine Versorgungsleitung wird typischerweise nicht zum wesentlichen Bestandteil eines Grundstücks, weil der Versorger sie in der klaren Absicht verlegt, das Eigentum zur Wartung und Kontrolle des gesamten Versorgungsnetzes dauerhaft zu behalten.
  • [Intention des Erbauers ist entscheidend]: Die juristische Feststellung, ob eine Anlage auf fremdem Boden nur zu einem vorübergehenden Zweck errichtet wurde, hängt allein von der erkennbaren Absicht des Erbauers ab und nicht von der zeitlichen Dauer, die die Anlage auf dem Grundstück verbleibt.
  • [Duldungspflicht ersetzt Beseitigungsanspruch]: Der Anspruch eines Grundstückseigentümers auf Beseitigung einer Beeinträchtigung (§ 1004 BGB) entfällt, wenn der Versorger nicht in das Grundeigentum eingreift, sondern lediglich sein eigenes Eigentum (die Versorgungsleitung) im Boden des Dritten nutzt.

Im Streit um Versorgungsanlagen ist die Frage des dinglichen Eigentums an der verlegten Infrastruktur stets wichtiger als das formelle Fehlen eines entsprechenden Grundbucheintrags.


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Experten Kommentar

Viele Eigentümer gehen instinktiv davon aus, dass alles, was ohne Erlaubnis im eigenen Grund und Boden liegt, sofort beseitigt werden kann. Genau dieser logische Gedanke wird bei Versorgungsleitungen oft zum teuren juristischen Stolperstein. Das Gericht hat klargestellt: Verlegt ein Versorger eine Leitung, gilt diese in der Regel als „Scheinbestandteil“, der auch ohne Grundbucheintrag im Eigentum des Betreibers bleibt. Wer den Beseitigungsanspruch durchsetzen will, kämpft damit nicht gegen eine Störung, sondern paradoxerweise gegen das eigene Eigentumsrecht der Gemeinde. Dieses Urteil zeigt konsequent, dass der Kampf um alte Hausanschlüsse meist verloren ist, weil der Grundbesitzer schlicht die falsche Person verklagt.


Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Muss ich eine Wasserleitung auf meinem Grundstück dulden, die nicht im Grundbuch eingetragen ist?

Entgegen der intuitiven Annahme müssen Sie eine fremde Versorgungsleitung meistens dulden, selbst wenn kein Leitungsrecht im Grundbuch eingetragen ist. Viele Grundstückseigentümer sehen darin eine Verletzung ihres Eigentumsrechts, da eine offizielle Dienstbarkeit fehlt. Der rechtlich entscheidende Punkt ist jedoch, wem die Leitung gehört. Die Duldungspflicht leitet sich nicht aus einer Eintragung ab, sondern aus dem Eigentum des Versorgers selbst.

Versorgungsleitungen, die dem allgemeinen Netz oder der Versorgung Dritter dienen, gelten oft als sogenannter Scheinbestandteil des Grundstücks (§ 95 BGB). Dies bedeutet, dass die Leitung nicht automatisch in das Eigentum des Grundbesitzers übergeht, obwohl sie fest im Boden verankert ist. Der Versorger behält das Eigentum, weil er die Leitung lediglich für seinen eigenen Betriebszweck nutzen und warten will. Da die Leitung rechtlich dem Versorger gehört, kann keine Eigentumsstörung in Ihrem Sinne vorliegen.

Fehlt die Grundbucheintragung, können Sie die Beseitigung der Leitung nicht wegen Eigentumsstörung verlangen, da der Versorger lediglich sein eigenes Vermögen benutzt. Die fehlende Grunddienstbarkeit schließt zwar Ihre Verpflichtung aus, Geh- oder Fahrtrechte zur Wartung einzuräumen. Sie beeinflusst jedoch nicht die Pflicht zur Duldung der unterirdischen Leitung selbst. Wenn die Verlegung durch den Versorger erfolgte, müssen Sie die Anwesenheit der fremden Infrastruktur hinnehmen.

Fordern Sie beim zuständigen Wasserversorgungsunternehmen oder der Gemeinde schriftlich eine Kopie des ursprünglichen Verlegeplans und des Versorgungsvertrages an, um den Zweck und das Eigentum der Leitung festzustellen.


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Kann ich die Beseitigung einer fremden Versorgungsleitung auf meinem Grund verlangen?

Viele Grundstückseigentümer sehen ihren Abwehranspruch nach § 1004 BGB bei fremden Versorgungsleitungen als gesichert an. Dieser juristisch logische Ansatz scheitert in der Praxis jedoch oft an der Eigentumsfrage. Ein direkter Anspruch auf Entfernung ist ausgeschlossen, wenn die Leitung weiterhin dem Versorger gehört. Das Gericht sieht dann keine Störung Ihres Eigentums, weil der Versorger lediglich sein eigenes Eigentum in Ihrem Boden nutzt.

Ihr Anspruch auf Beseitigung setzt eine unbefugte Einwirkung auf Ihr Grundstück voraus. Diese Voraussetzung entfällt, wenn die Versorgungsleitung als sogenannter Scheinbestandteil gilt und damit nicht Teil Ihres Grundstücks geworden ist. Typischerweise liegt dieser vorübergehende Zweck vor, weil Versorgungsunternehmen ihre Netzinfrastruktur kontrollieren und ihr Eigentum behalten möchten. Diese Rechtslage begründet Ihre Duldungspflicht, selbst wenn im Grundbuch keine Leitungsdienstbarkeit eingetragen ist.

Der Beseitigungsanspruch kann nur Erfolg haben, wenn die Leitung keine allgemeine Versorgungsleitung ist und durch Zeitablauf oder klare Absicht zum wesentlichen Bestandteil Ihres Grundstücks geworden wäre. Gerichte stellen jedoch oft klar: Die Benutzung der Leitung durch das Versorgungsunternehmen ist die Ausübung ihrer eigenen Eigentümerbefugnisse. Sie wirken daher nicht unbefugt auf Ihr Land ein. Diese Eigentumsfrage ist der zentrale Punkt, der Klagen auf Stilllegung regelmäßig zum Scheitern bringt.

Überprüfen Sie unbedingt anhand der technischen Verordnungen, wie § 10 Abs. 3 AVBWasserV, ob die fragliche Leitung technisch noch als Eigentum des Versorgers definiert wird.


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Wann gilt eine Versorgungsleitung als Scheinbestandteil und bleibt Eigentum des Versorgers?

Die juristische Einordnung einer Versorgungsleitung hängt allein vom Willen des Erbauers ab, der die Leitung in den Boden verlegt hat. Eine Leitung gilt als Scheinbestandteil nach § 95 BGB, wenn der Versorger zum Zeitpunkt der Installation nicht die Absicht hatte, diese dem Grundstückseigentümer zu übereignen. Entscheidend ist, dass die Leitung lediglich für die Dauer des eigenen, funktionalen Nutzungszwecks des Versorgers dort bleiben soll.

Der Begriff „vorübergehend“ ist juristisch zu verstehen, nicht wörtlich im Sinne von kurzer Zeit. Leitungen, die seit Jahrzehnten im Erdreich liegen, können Scheinbestandteile bleiben, sofern der Versorger die Kontrolle und das Eigentum beabsichtigte. Versorgungsunternehmen verlegen ihre Infrastruktur grundsätzlich, um ihre Netzhoheit zu sichern. Sie möchten die Leitungen unabhängig vom Grundstückseigentümer warten, betreiben und bei Bedarf erneuern können.

Die Rechtsprechung erkennt diesen Wunsch nach Eigentumserhaltung bei Versorgern regelmäßig an, da sie ihre teure Infrastruktur nicht „schenken“ wollen. Indikatoren für einen solchen vorübergehenden Zweck sind die Verlegung durch einen Versorger oder eine Gemeinde und der Umstand, dass die Leitung der Versorgung Dritter dient. Nur wenn dieser Wille zur Übertragung des Eigentums an den Grundeigentümer fehlt, wird die Versorgungsleitung nicht zum wesentlichen Bestandteil des Grundstücks.

Dokumentieren Sie alle Wartungs- oder Reparaturarbeiten, die der Versorger in der Vergangenheit an der Leitung durchgeführt hat, denn solche Handlungen belegen dessen fortwährenden Besitzwillen.


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Was bedeutet es, wenn eine Leitung als Scheinbestandteil statt als Grundstücksbestandteil gilt?

Wenn eine Versorgungsleitung als Scheinbestandteil gilt, verliert der Grundstückseigentümer sein wichtigstes Kontrollrecht. Die zentrale Konsequenz ist der Ausschluss des Beseitigungsanspruchs gemäß § 1004 BGB. Da die Leitung juristisch dem Versorger gehört, nutzt dieser lediglich sein eigenes Eigentum. Sie müssen die Anwesenheit der Leitung in Ihrem Boden dulden, ohne dass hierfür eine Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen sein muss.

Der klassische Abwehranspruch gegen Eigentumsstörungen scheitert hier, weil keine unbefugte Einwirkung auf Ihr Eigentum vorliegt. Der Versorger übt vielmehr seine Eigentümerbefugnisse nach § 903 BGB aus. Diese rechtliche Konstruktion bedeutet auch, dass die Leitung bei einem Verkauf des Grundstücks nicht automatisch an den neuen Käufer übergeht. Sie bleibt vielmehr ein separates, fremdes Wirtschaftsgut, das dem Versorgungsunternehmen zuzurechnen ist.

Diese Duldungspflicht hat direkte Folgen für Ihre Bebauungsfreiheit auf der Trasse. Sie dürfen keine Grabungsarbeiten in der Nähe der Leitung ohne vorherige Abstimmung mit dem Versorger durchführen. Der Versorger behält zudem die uneingeschränkte Verantwortung für Wartung und Reparatur der Infrastruktur. Um diese Arbeiten durchführen zu können, besitzt das Versorgungsunternehmen ein gesetzliches oder vertragliches Zutrittsrecht zu Ihrem Grundstück.

Prüfen Sie Ihre Bauakten umgehend daraufhin, ob die Trassenführung Ihre zukünftigen Bauvorhaben wie einen Anbau oder eine Garage beeinträchtigt.


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Welche Rechte habe ich als Eigentümer, wenn ich eine Leitung wegen Duldungspflicht nicht entfernen darf?

Die Duldung der fremden Versorgungsleitung bedeutet nicht, dass Sie Ihre Eigentümerrechte vollständig verlieren. Auch wenn Sie die Leitung nicht beseitigen dürfen, bestehen konkrete Ansprüche auf Ausgleich und Schutz Ihrer Interessen. Entscheidend ist Ihr Recht auf Entschädigung, falls die Trasse die Nutzung oder den Verkehrswert Ihres Grundstücks mindert. Zudem können Sie die Verlegung der Leitung bei eigenen Bauabsichten verlangen. Diese Rechte verhindern, dass die Duldungspflicht einer entschädigungslosen Enteignung gleichkommt.

Die Regel verlangt einen finanziellen Ausgleich, wenn die Duldung die Nutzung Ihres Eigentums wesentlich beeinträchtigt. Eine solche Beeinträchtigung liegt vor, wenn die Leitung eine geplante Bebauung verhindert oder eine Bauverbotszone über der Trasse entsteht. Durch diese faktische Einschränkung erfährt Ihr Boden eine klare Wertminderung. Diese Minderung müssen Versorger in Form einer einmaligen Ausgleichszahlung oder einer wiederkehrenden Nutzungsentschädigung kompensieren. Die Höhe der Zahlung richtet sich dabei nach dem Ausmaß der tatsächlichen Einschränkung der Bebaubarkeit des betroffenen Bereichs.

Ein weiterer wichtiger Anspruch betrifft geplante Baumaßnahmen. Nehmen wir an, Sie planen eine genehmigte Garage exakt über der Trasse. In diesem Fall kann der Versorger verpflichtet sein, die Leitung auf seine Kosten zu verlegen. Dieser Anspruch besteht bei nachgewiesenem Eigenbedarf oder einer dringend notwendigen Umgestaltung des Grundstücks. Darüber hinaus trägt der Versorger die volle Haftung für Schäden, die durch die Leitung entstehen. Dazu gehören Leckagen, mangelhafte Wartung oder unsachgemäße Verlegung, welche Ihr Grundstück beschädigen.

Fordern Sie vom Versorger eine detaillierte Trassenverzichtserklärung an und leiten Sie unverzüglich Verhandlungen über eine angemessene Entschädigung für die erlittene Wertminderung ein.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Abwehranspruch

Der Abwehranspruch, juristisch in § 1004 BGB verankert, erlaubt dem Eigentümer die Beseitigung einer aktuellen Eigentumsstörung zu verlangen oder bei drohender Wiederholung auf Unterlassung zu klagen.
Das Gesetz schützt damit das umfassende Nutzungsrecht des Eigentümers und stellt sicher, dass Dritte nicht unbefugt auf das Grundstück einwirken können.
Beispiel: Der Grundstückseigentümer berief sich auf seinen Abwehranspruch, um die Stilllegung der durch sein Land verlaufenden, nicht genehmigten Wasserleitung zu erzwingen.

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Duldungspflicht

Duldungspflicht bezeichnet die rechtliche Verpflichtung eines Grundstückseigentümers, eine Beeinträchtigung seines Eigentums durch Dritte hinzunehmen, ohne rechtlich dagegen vorgehen zu können.
Diese Pflicht entsteht oft, wenn höhere öffentliche Interessen (wie die allgemeine Wasserversorgung) oder spezifische gesetzliche Ausnahmen (wie der Scheinbestandteil) die Rechte des Einzelnen überwiegen.
Beispiel: Aufgrund der rechtlichen Einordnung der Leitung als Scheinbestandteil musste der Kläger die Anwesenheit der fremden Infrastruktur auf seinem Grundstück hinnehmen, obwohl er keine Leitungsdienstbarkeit eingeräumt hatte.

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Eigentumsrecht

Das Eigentumsrecht (§ 903 BGB) gewährt dem Inhaber die umfassende Befugnis, mit einer Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder unbefugten Einwirkung auszuschließen.
Als fundamentales Grundrecht schützt es das Vermögen des Einzelnen und bildet die Basis für die Kontrolle und Nutzung des eigenen Landes oder der eigenen Güter.
Beispiel: Der Kläger sah sein Eigentumsrecht verletzt, weil eine fremde Gemeinde die Wasserleitung ohne offizielle Erlaubnis durch sein privates Grundstück betrieb.

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Grunddienstbarkeit

Eine Grunddienstbarkeit ist ein dingliches Recht, das im Grundbuch eines Grundstücks (des dienenden Grundstücks) eingetragen wird und den Eigentümer zugunsten eines anderen Grundstücks (des herrschenden Grundstücks) zu einer Duldung verpflichtet.
Dieses Leitungsrecht dient dazu, die Erschließung von Nachbargrundstücken langfristig und rechtssicher zu gewährleisten, beispielsweise durch die Gewährung eines Geh- und Fahrtrechts oder eines Leitungsrechts.
Beispiel: Hätte die Gemeinde die Wasserleitung offiziell im Grundbuch eingetragen, wäre eine wirksame Grunddienstbarkeit entstanden, die dem Kläger die Möglichkeit des Unterlassungsanspruchs genommen hätte.

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Scheinbestandteil

Ein Scheinbestandteil (§ 95 BGB) ist eine Sache, die zwar fest mit einem Grundstück verbunden ist, aber juristisch gesehen nicht dessen Eigentum wird, weil die Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck hergestellt wurde.
Diese Ausnahme verhindert, dass Versorgungsunternehmen ihr teures Netz automatisch an jeden Grundstückseigentümer verlieren, und sichert ihnen die notwendige Netzhoheit für Wartung und Kontrolle.
Beispiel: Da die Gemeinde die Leitung zur Versorgung Dritter verlegt hatte und Eigentum behalten wollte, klassifizierte der Verwaltungsgerichtshof die Wasserleitung als Scheinbestandteil des Grundstücks.

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Wesentlicher Bestandteil

Als wesentlicher Bestandteil gilt jede Sache, die derart fest mit einem Grundstück verbunden ist (§ 94 BGB), dass sie nicht voneinander getrennt werden kann, ohne dass der eine oder andere Teil zerstört oder verändert wird, und die somit automatisch dem Grundstückseigentümer zufällt.
Dieses Prinzip schafft Klarheit und Rechtssicherheit darüber, was alles zum Eigentum am Grundstück gehört, von Fundamenten bis zu fest verbauten Installationen.
Beispiel: Normalerweise würde eine fest im Erdreich verlegte Leitung als wesentlicher Bestandteil des Bodens gelten, doch die Regel des Scheinbestandteils durchbrach diese übliche Annahme im vorliegenden Rechtsstreit.

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Das vorliegende Urteil


VGH München – Az.: 4 B 24.1148 – Urteil vom 12.02.2025


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