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WEG – Beschlussanfechtung – Beschlussersetzung bei Negativbeschluss

AG Schöneberg, Az.: 770 C 4/16, Urteil vom 28.09.2016

1. Der Beschluss zu TOP 11b der Eigentümerversammlung vom 18.12.2015 wird für ungültig erklärt.

2. Der Beschluss zu TOP 12 der Eigentümerversammlung vom 18.12.2015 wird für ungültig erklärt.

Die Beklagten werden verpflichtet, der fachgerechten Schließung des Regenfallrohrs an der Stelle, an der bisher das Abflussrohr der Terrasse 2. OG der Wohnung der Kläger im Haus I. D., … B. direkt in das Regenfallrohr eingeführt war, zuzustimmen.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als Gesamtschuldner 72 % und die Beklagten 28 % zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird jeweils nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe geleistet hat.

Tatbestand

Die Parteien bilden die aus dem Rubrum ersichtliche Wohnungseigentümergemeinschaft, der die Teilungserklärung vom 08.09.1992 zur UR-Nr. 78/1992 des Notars J. Z. nebst Änderung vom 02.10.1992 zur UR-Nr. xxx/1992 des Notars J. Z. zugrunde liegt, vgl. Anlagen K1 und K2, Bl. 7-18 d.A..

§ 14 (Lasten, Kosten, Nutzungen) bestimmt in Abs. 3, dass die für die Umlagen maßgebenden Flächen die sich aus § 3 ergebenden Gesamtflächen sind, vgl. TE/GO, Bl. 13 d.A.. § 3 der TE/GO bezeichnet für jede der 4 Sondereigentumseinheiten die konkrete Wohn- und Nutzfläche und beziffert die für die Umlage maßgebende Gesamtfläche, vgl. TE/GO, Bl. 8r, 9 d.A..

Die Verwalterin war zuletzt mit Beschluss vom 09.06.2015 erneut zur Verwalterin bestellt worden, dieser Beschluss wurde jedoch mit Urteil des Amtsgerichts Schöneberg, 770 C 36/15, vom 02.12.2015 für ungültig erklärt. Die Zustellung dieses Urteils an die Beklagten erfolgte am 29.12.2015, so dass – mangels Rechtsmitteleinlegung – Rechtskraft mit Ablauf des 29.01.2016 eintrat.

Auf der Eigentümerversammlung vom 18.12.2015, zu der mit Einladung der Verwalterin, der die Tagesordnung, Anlage K4, Bl. 43-47 d.A., beigefügt war, eingeladen worden war, wurden unter anderem folgende Beschlüsse gefasst:

Unter TOP 11, in der Beschlusssammlung bezeichnet als TOP 11a, vgl. Bl. 100 d.A., wurde folgender Antrag der Klägerin mit 3 von 4 Stimmen abgelehnt:

„Die in den Mängellisten aufgeführten Mängel, die bei den Abnahmeterminen vom 21.03.2011 und 26.04.2011 überreicht sowie in der Mail vom 13.05.2011 genannt wurden, sind zu beheben. Sollte es Unklarheiten geben, ist ein gerichtlich bestellter Gutachter zu beauftragen, der die bisher fertiggestellten Arbeiten beurteilt, die Mängel auflistet und die Behebung der Mängel vorschlägt. Ebenfalls schätzt er die Kosten zu Behebung der Mängel ab. Die bis heute eventuell zusätzlich entstandenen Mängel sind bei einer Ortsbegehung festzuhalten.“

Ferner wurde unter TOP 11, in der Beschlusssammlung bezeichnet als TOP 11b, vgl. Bl. 100 d.A., der folgende Antrag des Beklagten … mit 3 von 4 Stimmen angenommen:

„Die Gesamtfläche des Gebäudes soll neu vermessen werden. Das betrifft sowohl die im Sondereigentum befindliche Wohnfläche als auch die gesamte Gemeinschaftsfläche.“, vgl. Bl. 22, 22r d.A.

Unter TOP 12, der in der Einladung als TOP 9 – Beschluss zur ordnungsgemäßen Schließung des Regenfallrohrs dort, wo bisher das Abflussrohr der Dachterrasse B. direkt in das Regenfallrohr eingeführt war – und als Beschlussantrag der Kläger bezeichnet war, wurde nach ausführlicher Diskussion der verwalterseits formulierte Beschlussantrag: „Das Regenfallrohr ist fachgerecht zu schließen. „, mit 3 von 4 Stimmen abgelehnt, vgl. Bl. 22r d.A.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll, Anlage K3, Bl. 19-25 d.A., Bezug genommen.

Die Kläger sind der Ansicht, dass diese Beschlüsse nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen und begehren hinsichtlich der gefassten Negativbeschlüsse deren Ersetzung durch das Gericht.

Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 18.01.2016, bei Gericht eingegangen am selben Tage, Klage erhoben und dabei die Verwalterin als Zustellungsvertreter und Beizuladende und den Beklagten G. als Ersatzzustellungsvertreter bezeichnet. Nach Einzahlung des mit Schreiben vom 20.01.2016 angeforderten Gerichtskostenvorschusses zum 26.01.2016 ist die Klage an die Verwalterin zur Zustellung abgesandt worden und gemäß vorliegender Zustellungsurkunde, Bl. 30 d.A., dort am 11.02.2016 zugestellt worden. Die Klageschrift ist von der Verwalterin am 16.02.2016 formlos an die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten weitergeleitet worden, die daraufhin mit Schriftsatz vom 24.02.2016 die Verteidigungsbereitschaft der Beklagten angezeigt haben. Mit E-Mail vom 26.02.2016 sind die Beklagten W. und G. sowohl von der Anhängigkeit der Anfechtungsklage als auch von der Verteidigungsanzeige unterrichtet und gleichzeitig gebeten worden, den weiteren Beklagten P. zu informieren. Ferner sind die Beklagten um Beauftragung gebeten worden, die sie am 09.03.2016 erteilt haben.

Die Kläger haben die Klage mit Schriftsatz vom 18.02.2016, eingegangen bei Gericht am selben Tage, begründet.

Die Kläger sind der Ansicht, dass die angegriffenen Beschlüsse jeweils nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.

Die Ablehnung des unter TOP 11 gestellten Beschlussantrags über die Beseitigung von Mängeln gemäß Mängelliste, TOP 11a, entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Beschlussablehnung stelle zudem ein Unterlassen erforderlicher Verwaltungsmaßnahmen durch die Beklagten dar, so dass die Kläger Anspruch auf Beschlussersetzung nach § 21 Abs. 8 WEG hätten.

Bei den in den Jahren 2010 und 2011 durch die Eigentümergemeinschaft beauftragten umfangreichen Bau- und Sanierungsmaßnahmen am Sonder- und Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentumsanlage hätten die Kläger eine Vielzahl von Ausführungsmängeln an Balkon und Terrasse der klägerischen Wohnung festgestellt. Die Arbeiten seien teils unvollständig, teils entgegen den Vorgaben der Leistungsverzeichnisse und den Regeln der Bautechnik (DIN-Vorschriften) erbracht worden. Dementsprechend seien Mängelauflistungen der Kläger vom 21.03.2011 und vom 26.04.2011 dem Verwalter zur weiteren Veranlassung überreicht worden. Zur Darlegung der am 21.03. und 26.04.2011 vorhandenen Ausführungsmängel der Sanierungsarbeiten an Balkon und Terrasse der klägerischen Wohnung beziehen sich die Kläger auf die Anlagen K5, Bl. 48,49 d.A., und K7, Bl. 51 d.A.. Die Mängel seien zudem im Bericht des Architekten M. vom 12.05.2011, Anlage K8, Bl. 52-56 d.A., fortgeführt und zusammengefasst worden, wobei jedoch nicht erfasst worden seien die in der Mängelliste der Kläger vom 21.03.2011 unter der Rubrik „Balkon: sichtbare Mängel“ gelisteten Positionen; wegen der Einzelheiten insoweit wird auf die Klagebegründung vom 18.02.2016, Seite 6, Bl. 38 d.A., verwiesen. Diese Mängel und offenen Restleistungen seien bis heute nicht behoben und erledigt worden, obwohl die Kläger den WEG-Verwalter wiederholt aufgefordert hätten, sich um die Erledigung zu kümmern und eine Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft zur Ausführung der ausstehenden Arbeiten herbeizuführen. Da es sich bei den Mängeln um solche an konstruktiven Bauteilen des Balkons im 1. OG und der Dachterrasse im 2. OG der klägerischen Wohnung handle, stellten diese Mängel solche des Gemeinschaftseigentums dar. Durch das Unterlassen der notwendigen Instandsetzungsarbeiten zu Behebung dieser Mängel werde gegen die gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG bestehende Verpflichtung zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums verstoßen, so dass die Kläger nach § 21 Abs. 4, Abs. 8 WEG einen Anspruch darauf hätten, dass die erforderlichen Arbeiten zu Mängelbehebung im Wege der Ersetzung beschlossen würden. Insoweit begehrten die Kläger zunächst nur den erforderlichen Grundlagenbeschluss zur Beseitigung der in den Mängellisten festgehaltenen Mängel, den sie in das Ermessen des Gerichts nach § 21 Abs. 8 WEG stellen.

Der zu TOP 11 gefasste Beschluss, wonach die Gesamtfläche des Gebäudes neu zu vermessen sei, TOP 11b, leide bereits an Einberufungsmängeln, da sein Gegenstand bei der Einberufung der Versammlung unstreitig nicht bezeichnet worden sei. Die Kläger seien von der angekündigten Beschlussfassung überrascht worden und hätten keine Möglichkeit gehabt, sich auf dieses Beschlussthema vorzubereiten und auf die Willensbildung der Eigentümergemeinschaft Einfluss zu nehmen. Es stehe nicht fest, dass der Beschluss bei ordnungsgemäßer Ankündigung ebenso gefasst worden wäre.

Der Beschluss entspreche auch materiell nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Es sei kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum die Gesamtfläche des Gebäudes neu vermessen werden müsse. Soweit gemäß § 14 TE/GO die Verteilung der Kosten und Lasten nach den jeweiligen Gesamtflächen (Wohn- und Nutzflächen) erfolge, so ergäben sich diese aus § 3 TE/GO. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die in der TE/GO festgelegten Gesamtflächen falsch seien. Eine Vermessung verursache daher unnötige Kosten, diese würden bei Vermessung des gesamten Gebäudes durch einen Fachmann ca. 1.600,00 € betragen.

Die Kläger sind zudem der Ansicht, dass der Negativbeschluss zu TOP 12, mit dem die Beklagten den Antrag der Kläger abgelehnten, das Regenfallrohr fachgerecht zu schließen, nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche und den Klägern wegen des Unterlassens einer erforderlichen Verwaltungsmaßnahme ein Anspruch auf Beschlussersetzung gemäß § 21 Abs. 8 WEG zustehe.

Denn im Zuge der bereits erwähnten Sanierungsarbeiten in der Wohnungseigentumsanlage in den Jahren 2010 und 2011 sei es zu einer Teildemontage/-öffnung des Regenfall- bzw. -abflussrohres an der Außenwand des Gebäudes gekommen, und zwar in dem Bereich, in dem das Abflussrohr der Terrasse im 2. OG der klägerischen Wohnung direkt in das weiter nach unten verlaufende Regenfallrohr des Hauses eingeführt und mittels einer Metallschelle verschlossen gewesen sei. Zwar sei durch die von der WEG beauftragte Firma das Terrassenabflussrohrstück wieder in das Regenfallrohr eingesetzt worden, jedoch nicht fachgerecht. Denn das Abflussrohrende weise am unteren Ende ein großes Loch auf, das nur notdürftig, mit Klebeband umwickelt, in das Regenfallrohrstück eingeführt und mit einer Schelle befestigt worden sei. Die Kläger beziehen sich insoweit auf die Fotografie des Fallrohrstücks, Anlage K 16, Bl. 66 d.A.. Es bestehe die Gefahr, dass Regenwasser aus dem Fallrohr durch das alters- und witterungsbedingt Verschleiß erleidende Klebeband austrete und die Außenwand bzw. die Gebäudesubstanz durchfeuchte. Dieser Mangel sei bereits in der Mängelauflistung vom 21.03.2011, Anlage K5, beanstandet worden. Aufforderungen an die Verwalterin, sich um diese Mängelbeseitigungsmaßnahme zu kümmern, seien ohne Erfolg geblieben. Da die nicht fachgerecht verschlossene Verbindung der beiden Regenfallrohrteilstücke einen Mangel am Gemeinschaftseigentum darstelle, bestehe eine Verpflichtung gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG zur Instandsetzung. Da die Beklagten durch Ablehnung des Beschlussantrags eine notwendige Instandsetzungsmaßnahme unterlassen würden, bestehe ein Ersetzungsanspruch der Kläger gemäß § 21 Abs. 4 und Abs. 8 WEG, wobei die Kläger zunächst nur den erforderlichen Grundlagenbeschluss zu Beseitigung des Mangels begehren würden.

Die Kläger beantragen,

1. Der Beschluss zu TOP 11a der Eigentümerversammlung vom 18.12.2015 wird für ungültig erklärt.

Die Beklagten werden verpflichtet, der Beseitigung der auf dem Balkon, 1. OG und Terrasse, 2. OG der Wohnung der Kläger im Haus I. D., … B. bestehenden Mängel gemäß Mängellisten der Kläger vom 21.03.2011 und 26.04.2011 und Zwischenbericht/Mängelauflistung A. M. Architekten vom 12.05.2011 zuzustimmen.

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2. Der Beschluss zu TOP 11b der Eigentümerversammlung vom 18.12.2015 wird für ungültig erklärt.

3. Der Beschluss zu TOP 12 der Eigentümerversammlung vom 18.12.2015 wird für ungültig erklärt.

Die Beklagten werden verpflichtet, der fachgerechten Schließung des Regenfallrohrs an der Stelle, an der bisher das Abflussrohr der Terrasse 2. OG der Wohnung der Kläger im Haus I. D., … B. direkt in das Regenfallrohr eingeführt war, zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten meinen, dass die Klage bereits deshalb abzuweisen sei, weil die Anfechtungsfrist verstrichen sei. Eine Zustellung der Klage an die Beklagten sei nicht erfolgt. Die an die Firma T. & T. Immobilienberatung erfolgte Zustellung wirke nicht für und gegen die Beklagten, da die Verwalterin im Zeitpunkt der Zustellung und schon seit 2012 nicht mehr gesetzliche Zustellungsvertreterin der übrigen Wohnungseigentümer gewesen sei. Die unterbliebene Zustellung der Klageschrift an die Beklagten beruhe auch auf einem Verschulden der Kläger, da diese – in Kenntnis der Entscheidung des BGH vom 27.02.2015, V ZR 114/14 – die Firma T. & T. Immobilienberatung im Rubrum als Zustellungsvertreter und Beizuladende bezeichnet habe. Jedenfalls habe dem Rubrum auch ein Hinweis auf die Entscheidung des Amtsgerichts Schöneberg vom 02.12.2015, 770 C 36/15, mit der der Bestellungsbeschluss vom 09.06.2015 für ungültig erklärt wurde, gefehlt.

Es sei auch nicht aufgrund der formlosen Weiterleitung der Klageschrift an die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten und das Ausbringen einer Verteidigungsanzeige zu einer Heilung des Zustellungsmangels „demnächst“ gekommen.

Die Beklagten sind ferner der Ansicht, dass die Ablehnung des Beschlussantrags zu TOP 11 – Mängelbeseitigung – ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche. Eine Ungültigerklärung des Negativbeschlusses und Beschlussersetzung käme nur in Betracht, wenn ausschließlich ein inhaltsgleicher Positivbeschluss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen würde. Dies sei nicht der Fall, da der von den Klägern eingebrachte Beschlussantrag schon keinen sinnvollen und verständlichen Inhalt habe und unbestimmt sei. Beschlüsse seien jedoch wegen der Bindungswirkung gegenüber nicht teilnehmenden Wohnungseigentümern und Sondernachfolgern gemäß § 10 Abs. 3 und Abs. 5 WEG objektiv normativ auszulegen. Es sei dem Beschlusswortlaut nach schon unklar, welche Mängel aus welchem Mängellisten beseitigt werden sollten. Unklar sei auch, was mit der Formulierung „sollten sich Unklarheiten ergeben“ gemeint sein solle. Auch die Formulierung „Beauftragung eines gerichtlichen Sachverständigen“ sei unklar. Die Beklagten verweisen zudem darauf, dass es sich um einen sogenannten Negativbeschluss handele und nicht um einen Positivbeschluss mit negativem Inhalt; durch den Negativbeschluss hätten die Beklagten etwaige Maßnahmen gerade nicht „endgültig abgelehnt“.

Hinsichtlich TOP 11 (Beschluss Vermessung) sind sie der Ansicht, dass dahinstehen könne, ob ein Einberufungsmangel vorgelegen habe. Denn es sei eine Vollversammlung durchgeführt worden, was sich auch aus dem Protokoll ergebe. Die Kläger hätten rügelos an dieser Versammlung teilgenommen und sich zudem an der Abstimmung beteiligt. Ein etwaiger Einberufungsmangel wäre damit geheilt.

Der Beschluss entspreche auch materiell ordnungsmäßiger Verwaltung. Es bestehe der begründete Verdacht, dass die in der Teilungserklärung angegebenen Flächen unzutreffend seien. Die Teilungserklärung sei vor Errichtung des Gebäudes erstellt worden, so dass die darin enthaltenen Angaben zur Wohnfläche allenfalls Annahmen aus der ursprünglichen Planung seien. Dabei seien die rechtlichen Vorgaben bei Dachschrägen etc. unberücksichtigt geblieben; die tatsächliche Wohnfläche sei nie ermittelt worden. Zudem seien im räumlichen Bereich des Sondereigentums der Kläger bauliche Veränderungen vorgenommen worden; insbesondere seien umfangreiche Baumaßnahmen im Dachgeschoss ausgeführt und dabei Wände abgerissen und versetzt worden.

Die Wohnungseigentümer könnten jederzeit gemäß § 16 Abs. 3 WEG mit einfacher Stimmenmehrheit die Kostenverteilung aus Gründen der materiellen Kostengerechtigkeit an der tatsächlichen Wohn- und Nutzfläche ausrichten.

Hinsichtlich TOP 12 sind die Beklagten der Ansicht, dass auch dieser Beschlussantrag unbestimmt sei. Bei Auslegung nach dem Wortsinn bedeute dies ein Verschließen des Fallrohrs am oberen und unteren Ende, was eine Funktionsunfähigkeit des Fallrohrs zur Folge hätte. Da dies nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche, bestehe auch kein Anspruch auf Ersetzung.

Auch unter Berücksichtigung des Vortextes des Versammlungsprotokolls werde der Einwand der Unbestimmtheit aufrechterhalten. Da die Dachentwässerung über mehrere Fallrohre erfolge, fehle es an der auch im Hinblick auf die Bindungswirkung gem. § 10 Abs. 4 WEG gegenüber Sondernachfolgern an der erforderlichen Bestimmtheit des maßgeblichen Fallrohres.

Auch sei seit fünf Jahren kein Regenwasser aus dieser Stelle ausgetreten und es habe keine Durchfeuchtung der Hauswand gegeben, so dass kein Sanierungsbedarf bestehe.

Zudem sei die ursprüngliche Entwässerungsleitung eigenmächtig von den Klägern verändert worden im Zuge der baulichen Veränderung ihrer Terrasse, so dass auch aus diesem Grunde keine Verantwortlichkeit der übrigen Wohnungseigentümer und der Gemeinschaft bestehe. Die Kläger hätten den betreffenden Zustand selbst herbeigeführt, indem sie im Jahr 2003 die Balkonentwässerung eigenmächtig durch Beauftragung der U. & G. GmbH entfernen ließen, mit der Folge des Entstehens des besagten Lochs im Fallrohr. Die Entwässerung der Terrasse sei seinerzeit über ein senkrechtes Rohr in die Balkonentwässerung erfolgt. Dieses Rohr sei von den Klägern entfernt worden und die Entwässerung stattdessen in das Fallrohr der Dachentwässerung eingeleitet, wofür das Loch hergestellt worden sei. Die Firma D. habe 2010/2011 lediglich die vorhandenen Rohre demontiert und nach Fertigstellung der Fassadensanierung diese genau so wieder montiert. Die Verlegung der Entwässerungsrohre sei eine unzulässige bauliche Veränderung gewesen; es entspreche nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, dass auf Kosten der Gemeinschaft dieses Loch verschlossen werde. Einem möglichen Anspruch der Kläger aus § 21 Abs. 4 WEG stünde der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.

Eine Ungültigerklärung des Negativbeschlusses komme auch deshalb nicht in Betracht, weil bei der Beschlussfassung keine Vergleichsangebote zu Grunde gelegen hätten.

Die Kläger replizieren zur Wahrung der Anfechtungsfrist, dass zum Zeitpunkt der Klageeinreichung am 18.01.2016 und der Überweisung der Gerichtskosten am 25.01.2016 die Verwalterin noch im Amt und damit Zustellungsvertreter der Beklagten gemäß §§ 20 Abs. 2, 45 Abs. 1 WEG gewesen sei. Denn zu diesem Zeitpunkt sei das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 2.12.2015, 770 C 36/15, noch nicht rechtskräftig gewesen, so dass die Kläger ohne weiteres die Verwalterin als Zustellungsvertreter in der Klageschrift hätten benennen dürfen, zumal die Beklagten in allen vorangegangenen Verfahren regelmäßig Berufung gegen sie belastende erstinstanzliche Urteile eingelegt hätten.

Die Kläger replizieren zu TOP 11 – Mängelbeseitigung -, dass entgegen der in der mündlichen Verhandlung mitgeteilten Ansicht des Gerichts, vgl. Protokoll, Bl. 119 d.A., jedenfalls der 1. Teil des Beschlussantrages, also Satz 1, hinreichend bestimmt sei. Zu berücksichtigen sei, dass es sich nur um einen Grundlagenbeschluss über das „Ob“ der Maßnahme handele. Es solle lediglich dem Grunde nach beschlossen werden, die angeführten Mängelbeseitigungsarbeiten durchzuführen. An die inhaltliche Bestimmtheit eines Grundlagenbeschlusses seien bei weitem nicht die Anforderungen zu stellen wie an einen Ausführungsbeschluss. Für einen Grundlagenbeschluss sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass dieser den Umfang der geplanten Maßnahme erkennen lasse. Der Beschlussinhalt müsse zumindest bestimmbar sein, was gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln sei, wobei die Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit nicht überspannt werden dürften. Maßgeblich für die Auslegung seien dabei nicht nur der Wortlaut und der sonstige Protokollinhalt, sondern auch Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses, soweit sie ohne weiteres erkennbar seien. Die Mängellisten, vgl. Anlagen K5, K7, und K8, die die zu behebenden Mängel konkret bezeichneten, lägen den Beklagten und dem Verwalter vor und seien somit ohne weiteres erkennbar.

Unzutreffend sei auch die Ansicht des Gerichts, dass für einen Ersetzungsbeschluss nach § 21 Abs. 4, Abs. 8 WEG mangels Vorbefassung mit einem bestimmten Mängelbeseitigungsbeschussantrag kein Raum sei. Zum einen sei, wie bereits dargelegt, Bestimmtheit gegeben. Zudem habe eine Vorbefassung stattgefunden. Die Kläger versuchten seit Jahren, die Eigentümergemeinschaft mit der Beseitigung der allseits und auch dem Verwalter bekannten Mängel zu befassen. Ein entsprechender Beschlussantrag sei zudem auf die Tagesordnung einer früheren Eigentümerversammlung vom 11.11.2014 gesetzt worden, eine Beschlussfassung sei jedoch „aus zeitlichen Gründen“ unterblieben.

Hinzu komme, dass selbst bei einem anders formulierten Beschlussantrag mit konkreter Benennung der in der Mängelliste M. aufgeführten Mängelpositionen kein positives Beschlussergebnis zu erwarten gewesen wäre. Vielmehr folge aus der auch dem hiesigen Gericht aus der Vielzahl der in den letzten Jahren geführten Verfahren bekannten grundsätzlichen Verweigerungshaltung der Beklagten, die regelmäßig gegen jeden von den Klägern eingebrachten Beschlussantrag stimmten, dass auch ein solcher Beschluss abgelehnt worden wäre. Die Ablehnung einer Ermessensersetzungsentscheidung gemäß § 21 Abs. 8 WEG wegen nicht hinreichender Vorbefassung stellte deshalb eine „übertriebene Förmelei“ dar.

Die Kläger replizieren ferner zu TOP 11 – Vermessung -, dass keine Vollversammlung stattgefunden habe, da der Kläger und die Beklagte zu 2) unstreitig nicht anwesend gewesen seien. Die unterbliebene Zurückweisung der Vollmacht des Klägers für die Klägerin ändere nichts daran, dass keine Vollversammlung stattgefunden habe.

Die Kläger rügen zudem, dass der Vortrag trotz des gerichtlichen Hinweises im Termin vom 06.07.2016 unsubstantiiert bleibe. Die Kläger hätten keine baulichen Veränderungen vorgenommen oder als Sonderausführungswunsch beauftragt, die irgendwelche Auswirkungen auf die Wohnflächen gehabt hätten. Insbesondere im Dachraum, der ein offener Raum mit Terrasse und einer kleinen Dusche/Toilette sei, seien keine Wände abgerissen oder versetzt worden; es sei lediglich der Einbau einer Dusche als Sonderwunschausführung vereinbart und bezahlt worden. Selbst wenn die in der TE/GO als Umlageschlüssel bestimmten Flächen nicht zu 100 % mit den tatsächlichen Flächen übereinstimmen sollten, sei nicht ersichtlich, inwieweit den Eigentümern dadurch ein mehr als unerheblicher Nachteil entstehen sollte.

Zu TOP 12 replizieren sie, dass sich der Umstand, dass das beschlussgegenständliche Loch im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen im Jahre 2010/2011 durch die ausführende Firma D. entstanden sei, zum einen aus den den damaligen und den jetzigen Zustand dokumentierenden Fotografien, Anlage K 24, Bl. 204 d.A., und ferner dem Bauabnahmeprotokoll der WEG vom 15.11.2011 ergebe, wo vermerkt sei: „Ein Fallrohrstück in Höhe Untersicht Terrasse … ist zu erneuern.“, vgl. Anlage K 23, Bl. 203r d.A., ergebe.

Weitere Regenfallrohre seien in diesem Bereich nicht vorhanden, was sich auch aus den Fotos der Anlage K 24 ergebe. Der Beschlussantrag sei somit hinreichend bestimmt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige und insbesondere vor dem gemäß § 43 Nr. 4 WEG zuständigen Gericht eingereichte Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im übrigen war sie als unbegründet abzuweisen.

Wahrung der Anfechtungsfrist

Die Klage wahrt die Anfechtungsfristen gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG. Danach ist u.a. eine Beschlussanfechtungsklage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung zu erheben. Zur Fristwahrung genügt gemäß § 167 ZPO die rechtzeitige Einreichung der Klageschrift bei Gericht, sofern die Zustellung demnächst erfolgt, wobei bei der Berechnung der Zeitdauer der Verzögerung auf die Zeitspanne abzustellen ist, um die sich der ohnehin erforderliche Zeitraum für die Zustellung der Klage als Folge einer Nachlässigkeit des Klägers verzögert, vgl. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten-Niedenführ, WEG-Kommentar, 11.Aufl., § 46 RN 57.

Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen haben die Kläger durch Einreichung der Klage bei Gericht zum 18.01.2016 und Einzahlung des mit Schreiben vom 20.01.2016 angeforderten Gerichtskostenvorschusses zum 26.01.2016 alles Erforderliche getan, um eine demnächste Zustellung im Sinne des § 167 ZPO zu bewirken. Dass der in der Klageschrift genannte Zustellungsvertreter, der auch zum Zeitpunkt der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses noch Zustellungsvertreter war, im Zeitpunkt der gerichtlichen Veranlassung der Zustellung und der Zustellung selbst nicht mehr Zustellungsvertreter war, lag nicht im Einflussbereich der Kläger. Ob die Kläger in die Klageschrift einen Hinweis auf das erstinstanzlich erfolgreiche Verwalterbestellungsbeschlussanfechtungsverfahren des Amtsgerichts Schöneberg, 770 C 36/15, hätten aufnehmen müssen, kann vorliegend dahinstehen, denn in jedem Falle ist der Zustellungsmangel gemäß § 189 ZPO geheilt.

Denn unstreitig ging die Klageschrift – nach Übermittlung durch die bisherige Verwalterin – am 16.02.2016 bei den Prozessbevollmächtigten der Beklagten ein, die die Klageschrift nicht zurückwiesen, sondern mit Schriftsatz vom 24.02.2016 Verteidigungsbereitschaft anzeigten und die zudem am 09.03.2016 mandatiert wurden. Somit gilt die Klageschrift jedenfalls mit Wirkung zum 09.03.2016 als zugestellt, vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 13.01.2015, VIII ZB 55/14. Sie erfolgte auch demnächst, da die vorliegenden Verzögerungen nicht den Klägern anzulasten sind. Hätte die ehemalige Verwalterin die Klageschrift unter Hinweis auf die seit dem 30.01.2016 fehlende Verwalterstellung an das Gericht zurückgesandt, wäre von dort aus aufgrund der Benennung des Ersatzzustellungsvertreters in der Klageschrift die Zustellung an diesen zeitnah veranlasst worden. Die daraus resultierende Verzögerung wäre nicht den Klägern anzulasten, da diese zunächst davon ausgehen durften, dass die Verwalterin Zustellungsvertreterin bliebe. Die Entscheidung der ehemaligen Verwalterin, die Zustellung der Klagschrift anzunehmen und an die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten weiterzuleiten und der damit verbundene Zeitpunkt der Heilung des Zustellungsmangels mit Mandatierung durch die Beklagten liegen nicht in der Sphäre der Kläger, die Verzögerung ist mithin nicht von ihnen verschuldet.

Zu TOP 11a – Beschluss Mängelbeseitigung

Die Ablehnung des Beschlussantrags der Kläger bezüglich Mängelbeseitigung entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, so dass für eine Beschlussersetzung durch das Gericht gemäß § 21 Abs. 8 WEG kein Raum ist.

Der von den Klägern zur Abstimmung gestellte Beschlussantrag ist unbestimmt. Unabhängig von den hinsichtlich der Sätze 2 und 3 bestehenden Unklarheiten mangelt es gerade auch dem Satz 1 an der erforderlichen Bestimmtheit.

Beschlüsse sind wegen der Wirkung gegenüber Sondernachfolgern, § 10 Abs. 4 WEG, wie im Grundbuch eingetragene Erklärungen aus sich heraus objektiv und normativ auszulegen. Abzustellen ist im Rahmen der Auslegung auf den zur Abstimmung gestellten Beschlusswortlaut; Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, vgl. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten-Kümmel, WEG-Kommentar, 11. Auflage, § 23 Rn. 59 sowie BGH, V ZR 104/15; Urteil vom 08.04.2016, juris-RN 9. Gemessen an diesen Grundsätzen lässt sich dem Beschluss bereits nicht entnehmen, um welche Mängel es konkret geht. Die bloße Verweisung des Beschlusswortlautes auf Mängellisten vom 21.03.2011 und 26.04.2011 und in einer Mail vom 13.05.2011 genannte Mängel lässt in objektiver und normativer Auslegung keinen Rückschluss darauf zu, um welche Mängel es tatsächlich gehen soll. Insbesondere für einen Sondernachfolger ergibt sich weder aus dem Beschluss noch aus sonstigen für den Sondernachfolger ohne weiteres erkennbaren Umständen, welche Mängel beseitigt werden sollen.

Zwar ist anerkannt, dass der Wortlaut von Beschlüssen zur näheren Erläuterung inhaltlich auf Urkunden oder Schriftstücke Bezug nehmen darf, denn der Bestimmtheitsgrundsatz verbietet es nicht, dass ein Beschluss nur durch ein Dokument, auf das er Bezug nimmt, gedeutet werden kann, vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2016, V ZR 104/15, juris-RN 9 mit weiteren Nachweisen. In diesem Falle ist es jedoch zur Wahrung des Gebots der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit erforderlich, dass das in Bezug genommene Dokument zweifelsfrei bestimmt ist, vgl. wiederum BGH, Urteil vom 08.04.2016, V ZR 104/15, juris-RN 10. Dies ist vorliegend jedoch nicht festzustellen. Die Bezeichnung „Mängellisten vom 21.03.2011 und 26.04.2011“ ist für sich genommen nicht ausreichend, das in Bezug genommene Dokument zweifelsfrei zu bestimmen, insbesondere weil sich aus dem Beschlusswortlaut weder Verfasser noch Empfänger ergeben. Gleiches gilt für die Bezeichnung „Mail vom 13.05.2011“. Es ist mit dieser Bezeichnung gerade nicht sichergestellt, dass ein Dritter, insbesondere ein Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers, dem Beschluss entnehmen kann, welchen Inhalt er hat; insbesondere auch deshalb nicht, weil nicht ersichtlich ist, dass entsprechende Dokumente auch in die Beschlusssammlung oder in einer Anlage zu dieser aufgenommen worden sind, vgl. wiederum BGH, Urteil vom 08.04.2016, V ZR 104/15, juris-RN 10.

Nicht ausreichend ist es, dass die Mängellisten und die E-Mail vom 13.05.2011 gegebenenfalls den Beklagten und der damaligen Verwalterin vorliegen oder bekannt sind. Denn eine Kenntnis dieses Personenkreises bewirkt noch nicht, dass auch jeder Dritte ohne weiteres erkennen kann, welche Mängel beschlussgegenständlich sein sollen. Offen bleiben kann somit auch, ob die Mängel in den Listen hinreichend konkret, verständlich und zuordbar aufgelistet sind.

Da die Ablehnung des Beschlussantrags mangels Bestimmtheit ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, besteht kein Raum für eine gerichtliche Ermessensentscheidung gemäß § 21 Abs. 8 WEG. Nur dann, wenn die Wohnungseigentümer eine erforderliche Verwaltungsmaßnahme unterlassen, die zuvor Beschlussgegenstand einer Eigentümerversammlung war, besteht Raum für eine Ersetzung der Entscheidung durch eine Ermessenentscheidung des Gerichts.

Denn die gerichtliche Ermessensentscheidung gemäß § 21 Abs. 8 WEG bedeutet einen unmittelbaren Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Privatautonomie (Art. 2 GG) und in das durch Art. 14 GG geschützte Eigentumsrecht der Wohnungseigentümer. Dieser Eingriff ist von den einzelnen Wohnungseigentümern als unvermeidliche Begleiterscheinung des Gemeinschaftsverhältnisses hinzunehmen und verfassungsrechtlich jedenfalls so lange nicht zu beanstanden, wie die gerichtliche Ermessensentscheidung das Selbstverwaltungsrecht der Wohnungseigentümer in seinem Kern unberührt lässt und sie nicht unverhältnismäßig ist. Daher darf eine gerichtliche Ermessensentscheidung nur in dem Maße getroffen werden, wie sie „erforderlich“ ist, vgl. Suilmann in Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 4. Auflage 2015, § 21 WEG, Rn. 137. Die Erforderlichkeit für eine gerichtliche Ermessensentscheidung liegt in der Regel nicht vor, wenn sich der klagende Wohnungseigentümer vor Einreichung seiner Klage nicht um eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer bemüht und die Angelegenheit nicht zum Gegenstand einer Versammlung der Wohnungseigentümer gemacht hat, vgl. Suilmann, a.a.O., RN 139. Da vorliegend ein insbesondere im Hinblick auf die zu beseitigenden Mängel hinreichend bestimmter Beschlussantrag noch nicht Gegenstand einer Versammlung der Wohnungseigentümer war, ist eine gerichtliche Ersetzung gemäß § 21 Abs. 8 WEG vorliegend nicht angezeigt. Das Erfordernis der Vorbefassung mit einem hinreichend bestimmten Beschlussantrag ist vorliegend auch nicht deshalb zu verneinen, dass die Kläger unter Verweis auf die „auch dem hiesigen Gericht aus der Vielzahl der in den letzten Jahren geführten Verfahren bekannten grundsätzlichen Verweigerungshaltung der Beklagten, die regelmäßig gegen jeden von den Klägern eingebrachten Beschlussantrag stimmten“, behaupten, dass auch ein solcher Beschluss abgelehnt worden wäre und die Ablehnung einer Ermessensersetzungsentscheidung gemäß § 21 Abs. 8 WEG wegen nicht hinreichender Vorbefassung deshalb eine „übertriebene Förmelei“ darstelle. Dass das Ergebnis einer Beschlussfassung über einen hinreichend bestimmten Beschlussantrag sicher sei, lässt sich – auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Beklagten vom 23.08.2016 – nicht im erforderlichen Umfang, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststellen; insbesondere weil in der Vergangenheit Beschlussanträge der Kläger auch positiv beschieden wurden, kann das Abstimmungsergebnis nicht sicher vorhergesagt werden.

Eine ausreichende Vorbefassung kann im übrigen auch nicht darin gesehen werden, dass ein TOP 18 auf der Tagesordnung der Eigentümerversammlung vom 11.11.2014 stand, vgl. Anlage K 22, Bl. 201r d.A.. Denn zum einen wurde über diesen Antrag ausweislich des Protokolls aus Zeitgründen nicht abgestimmt, zudem handelt es sich dem Wortlaut nach um unterschiedliche Beschlussanträge.

Zu TOP 11b – Beschluss Vermessung

Der Beschluss zu TOP 11b – Vermessung – war für ungültig zu erklären, da er nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

Es kann dahinstehen, ob ein Ladungsmangel gemäß § 23 Abs. 2 WEG vorlag und ob dieser, da ausweislich der Protokollniederschrift zu TOP 2, vgl. Anlage K 3, Bl. 19r d.A., 10.000 von 10.000 Miteigentumsanteilen anwesend waren bzw. der nicht anwesende Kläger und die nicht anwesende Beklagte zu 2), vgl. Protokoll TOP 1, Anlage K 3, Bl. 19 d.A., durch ihre Ehepartner vertreten wurden, eine Vollversammlung dergestalt stattfand, dass alle Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten waren, durch das rügelose Abstimmen aller anwesenden und vertretenen Wohnungseigentümer geheilt wurde.

Denn der Beschluss widerspricht jedenfalls materiell ordnungsmäßiger Verwaltung. Ordnungsmäßig im Sinne des § 21 Abs. 3 WEG sind alle Maßnahmen, die im Interesse aller Wohnungseigentümer auf die Erhaltung, Verbesserung oder dem der Zweckbestimmung des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden Gebrauch gerichtet sind, vgl. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten-Vandenhouten, WEG-Kommentar, 11. Aufl., § 21 RN 28. Zwar kommt den Wohnungseigentümern bei der Verwaltung ihres gemeinschaftlichen Eigentums ein weiter Ermessensspielraum zu. Jedoch erfolgt eine Maßnahme nur dann im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer, wenn sie bei objektiver Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nützlich ist, wobei Maßstab der Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers ist, vgl. Niedenführ-Vandenhouten, a.a.O.. Dies lässt sich vorliegend gerade nicht feststellen. Die Vermessung des Gebäudes wäre nur dann im zuvor genannten Sinne nützlich, wenn tatsächlich Anhaltspunkte dafür bestehen würden, dass die in § 3 TE/GO aufgeführten Flächenangaben von den tatsächlichen Flächen abwichen und diese Abweichung nicht nur unerheblich wäre. Aus dem – von den Klägern im übrigen bestrittenen – Vortrag der Beklagten ergeben sich jedoch Anhaltspunkte für ein erhebliches Abweichen der tatsächlichen von den in § 3 TE/GO festgestellten Flächen nicht.

Insbesondere ergeben sich diese Anhaltspunkte nicht aus dem pauschalen und von den Klägern bestrittenem Vortrag der Beklagten, dass im räumlichen Bereich des Sondereigentums der Kläger bauliche Veränderungen vorgenommen worden und dabei insbesondere umfangreiche Baumaßnahmen im Dachgeschoss ausgeführt und Wände abgerissen und versetzt worden seien. Es fehlt insoweit bereits an substantiiertem Vortrag, dass sich diese – pauschal dargestellten und von den Klägern bestrittenen – Maßnahmen überhaupt auf die Wohnungs- und Nutzflächen des Sondereigentums ausgewirkt hätten.

Dass das Gebäude in erheblicher Abweichung von der Planung errichtet worden sei und deshalb eine Abweichung der in § 3 TE/GO genannten Flächen von den tatsächlichen Flächen wahrscheinlich sei, haben die Beklagten ebenfalls nicht substantiiert vorgetragen. Der pauschale Vortrag, dass bei der ursprünglichen Planung die rechtlichen Vorgaben bei Dachschrägen etc. unberücksichtigt geblieben seien, ist insoweit nicht ausreichend.

Der Verdacht der Beklagten, dass eine Abweichung der tatsächlichen von den in § 3 TE/GO genannten Flächen bestehe, erscheint unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagten gerade nicht begründet.

Da somit keine vernünftigen Gründe für eine Vermessung substantiiert vorgetragen wurden, ist die Fassung eines derartigen Grundlagenbeschlusses, dessen Umsetzung in jedem Falle nicht unerhebliche Kosten auslösen wird, nicht nützlich im zuvor genannten Sinne und widerspricht somit ordnungsmäßiger Verwaltung.

Zu TOP 12

Die Ablehnung des unter TOP 12 zur Abstimmung gestellten Beschlussantrages, formuliert durch die Verwalterin, entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung und die Kläger haben, da es sich bei der beschlussgegenständlichen Maßnahme um ein erforderliches Verwaltungshandeln gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG handelt, gegen die Beklagten einen Anspruch gemäß § 21 Abs. 4, Abs. 8 WEG.

Die Beschlussablehnung entspricht insbesondere nicht deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung, weil der Beschlussantrag unbestimmt sei. Denn die von den Beklagten angeführte Auslegung nach dem Wortsinn, die ein Verschließen des Fallrohres am oberen und unteren Ende bedeute, ist angesichts der eindeutigen Formulierung des TOP 12 in der Einladung zur Versammlung sowie der gleichlautenden Formulierung im Protokoll, vgl. Bl. 22r d.A., gerade nicht die nächstgelegene Auslegung. Denn aus der Formulierung „Beschluss zur ordnungsgemäßen Schließung des Regenfallrohrs dort, wo bisher das Abflussrohr der Dachterrasse B. direkt in das Regenfallrohr eingeführt war“ lässt eine Auslegung dahin, dass ein Verschließen des Fallrohres am oberen und unteren Ende Beschluss gegenständlich sei, gerade nicht zu.

Eine Unbestimmtheit des Beschlussantrages, die seine Ablehnung als ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechend erscheinen ließe, folgt auch nicht aus der Behauptung der Beklagten, dass die Dachentwässerung über mehrere Fallrohre erfolge, so dass das maßgebliche Fallrohr nicht hinreichend bestimmt sei. Denn die Kläger haben insoweit unbestritten darauf hingewiesen, dass weitere Regenfallrohre im Bereich ihrer Dachterrasse bzw. ihres Balkons nicht vorhanden seien. Dieser Vortrag wird zum einen belegt durch die Fotos K 24, Bl. 204 d.A., aus auch durch die Fotos, die in dem Anlagenkonvolut des Beklagtenschriftsatzes vom 06.07.2016 enthalten sind, vgl. insbesondere Bl. 164, 165 d.A..

Auch handelt es sich bei dem beantragten Verschließen des Lochs im Fallrohr um eine erforderliche Instandsetzungsmaßnahme gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG. Denn ausweislich der Anlage K 16, Bl. 66 d. A., ist dieses Loch nur mit einem Klebeband verschlossen. Dies stellt keinen ordnungsgemäßen Zustand dar. Zu Recht weisen die Kläger darauf hin, dass die Gefahr besteht, dass das Klebeband alterungs- und witterungsbedingt Verschleiß erleidet und in der Folge Regenwasser aus dem Fallrohr austritt und die Außenwand bzw. die Gebäudesubstanz durchfeuchtet. Der Einwand der Beklagten, dass bislang derartige Schäden nicht aufgetreten seien, beseitigt die Instandsetzungsbedürftigkeit insbesondere deshalb nicht, weil der alterungs- und witterungsbedingte Verschleiß sich fortsetzt. Ein Abwarten bis zum Schadenseintritt entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

Da es sich bei dem Fallrohr unstreitig um Gemeinschaftseigentum handelt, entspricht der von den Klägern begehrte Grundlagenbeschluss, eine Entscheidung hinsichtlich des „Ob“ durch die Wohnungseigentümer zu treffen, ordnungsmäßiger Verwaltung. Denn die Entscheidungskompetenz bezüglich Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum liegt bei den Wohnungseigentümern in ihrer Gesamtheit.

Soweit die Beklagten einwenden, dass es rechtsmissbräuchlich sei, wenn die Kläger die Beseitigung eines nicht ordnungsmäßigen Zustands verlangen, den sie selber herbeigeführt hätten, so kann dem nicht gefolgt werden.

Zum einen ist zwischen den Parteien streitig, ob die ursprüngliche Herstellung des Lochs durch eine nicht genehmigte bauliche Veränderung der Kläger veranlasst wurde. Der Vortrag der Beklagten, dass die Kläger im Jahr 2003 die ursprüngliche Entwässerung der Terrasse über ein senkrechtes Rohr in die Balkonentwässerung, wie sie auf dem Foto Bl. 166 d.A. für die Nachbarwohnung sichtbar ist, entfernen ließen und stattdessen die Entwässerung in das Fallrohr der Dachentwässerung eingeleiteten, wofür das Loch hergestellt worden sei, wird von den Klägern bestritten.

Doch selbst wenn der Beklagtenvortrag insoweit zuträfe, stünde dies einem dem Klägerantrag entsprechenden Grundlagenbeschluss nicht entgegen. Denn wie bereits angemerkt, handelt es sich um Gemeinschaftseigentum, so dass grundsätzlich auch eine Handlungspflicht der Gemeinschaft besteht. Ein etwaiger gegen die Kläger bestehender Rückbauanspruch steht dieser Handlungspflicht insbesondere deshalb nicht entgegen, weil dieser bereits verjährt und/oder verwirkt sein dürfte. Denn schließlich fand der Eingriff ins Gemeinschaftseigentum gemäß bestrittenem Vortrag der Beklagten bereits im Jahr 2003 statt und hatten die Beklagten doch seit dieser Zeit aufgrund der allseitigen Erkennbarkeit der behaupteten ungenehmigten baulichen Veränderung, vgl. insoweit Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten-Vandenhouten, WEG-Kommentar, 11. Aufl., § 22 RN 198, spätestens jedoch seit 2011 Kenntnis von dem Loch im Fallrohr, vgl. insoweit Mängelliste vom 21.03.2011, Anlage K5, Bl. 49 d. A. sowie Abnahmeprotokoll vom 15.11.2011, Anlage K 23, Bl. 203r d.A., ohne den Rückbau einzufordern.

Zudem beinhaltet der Grundlagenbeschluss über das „Ob“ dieser Instandsetzungsmaßnahme noch keine Entscheidung hinsichtlich der Kostentragungspflicht.

Dass bei Beschlussfassung keine Vergleichsangebote vorlagen, führt weder dazu, dass die Beschlussablehnung ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche noch dass kein Ersetzungsanspruch bestünde. Denn für die Fassung eines Grundlagenbeschlusses ist die Vorlage von Vergleichsangeboten nicht erforderlich, vgl. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten-Vandenhouten, WEG-Kommentar, 11. Aufl., § 21 RN 71, 73.

Die Kostenentscheidung erging gem. § 92 ZPO, der Vollstreckungsausspruch beruht auf §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

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