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WEG: Beschlusskompetenz für Instandsetzungsarbeiten an Schwimmhalle und Sauna

AG München, Az.: 485 C 12234/16, Urteil vom 11.01.2017

1. Es wird festgestellt, dass der in der Eigentümerversammlung vom 10.05.2016 gefasste Beschluss zu TOP 7 (Konservierung Schwimmbad-, Umkleide-, Dusch- und Saunabereich) nichtig ist.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Klagepartei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien bilden die rubrizierte Wohnungseigentümergemeinschaft.

In der Anlage befindet sich ein Schwimmbad-, Umkleide-, Dusch- und Saunabereich.

In der TE (Anl. 1) sind diesbezüglich folgende Regelungen enthalten:

§ 3 Nr. 2 (Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums)

(…) Zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört auch das jeweils vorhandenen Verwaltungsvermögen. Insbesondere gehören zum gemeinschaftlichen Eigentum das Schwimmbad, die Sauna, sowie (…)“.

§ 7 (Instandhaltung)

1. Die Instandhaltung der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Teile des Gebäudes einschließlich Schwimmbad, Sauna, Hobbyraum und das Grundstück obliegt der Gemeinschaft der Wohnungs- und Teileigentümer; sie ist vom Verwalter zu veranlassen.

(…)

§ 13 Nr. 1 lit. b (Nutzen, Lasten und Kosten)

WEG: Beschlusskompetenz für Instandsetzungsarbeiten an Schwimmhalle und Sauna
Symbolfoto: DMPhoto/Bigstock

Die Betriebskosten ((…) sowie durch den Betrieb des Schwimmbades, der Sauna und des Hobbyraumes anfallenden Betriebskosten) sind von allen Wohnungseigentümern im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen und an den Verwalter zu zahlen (…)

Der Bereich ist sanierungsbedürftig und kann seit etwa 10 Jahren nicht mehr von den Wohnungseigentümern genutzt werden.

Der Schwimmbad-, Umkleide-, Dusch- und Saunabereich war bereits wiederholt Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzung. Am 17.11.2011 erging unter dem Az. 36 S 1827/11 WEG folgendes Urteil (Anl. 4):

„1. Die Sanierung des gemeinschaftseigenen Schwimmbades nebst Beckenvorplatz, Nassbereich einschließlich Sauna, WC – Anlage und Umkleide ist beschlossen.

2. Die Antragsgegner werden verpflichtet, den Abschluss der zur Umsetzung von 1. erforderlichen Verträge mit Dritten durch den Verband WEG zu beschließen.“

In der Eigentümerversammlung vom 20.11.2013 (Anl. B 4) wurde zu TOP 3 beschlossen, den Verwalter zu beauftragen und zu bevollmächtigen, mit verschiedenen Firmen Werkverträge zur Durchführung der Schwimmbadsanierung abzuschließen. Im Jahr 2014 wurden die Verträge mit den entsprechenden Firmen abgeschlossen. Nachdem mit den Abbrucharbeiten begonnen worden und das Schwimmbad entkernt sowie der Fliesenbelag entfernt worden war, stellte sich heraus, dass die beschlossene Sanierung zu dem vorgesehenen Betrag i. H. v. € 210.000,00 nicht ausgeführt werden konnte. Eine von dem Architekturbüro … erstellte Kostenermittlung ergab, dass ein Umbau brutto € 562.888,65 und ein Abriss und Neubau brutto € 750.000,00 kosten würde. Ein auf der ETV vom 28.04.2015 (Anl. B 5) gestellter Antrag auf Umbau des Schwimmbads zu Kosten i. H. v. € 562.888,65 mit Erhebung einer weiteren Sonderumlage i. H. v. € 313.408,49 wurde mehrheitlich abgelehnt. Auch der weiter gestellte Antrag, die Sanierung ohne Berücksichtigung der DIN 19643 und damit kostengünstiger durchzuführen, wurde abgelehnt.

Mit den ausführenden Firmen wurden sodann Aufhebungsverträge geschlossen.

In der Eigentümerversammlung vom 10.05.2016 (Anl. K 1) wurde zu TOP 7 folgender Beschluss gefasst, gegen den sich die vorliegende Anfechtungsklage richtet:

„Beschlussfassung den Schwimmbad-, Umkleide-, Dusch- und Saunabereich angemessen zu konservieren durch den Einbau z. B. neuer Außentüren und durch die Verbesserung einiger Außenbauteile. Es wird ein Kostenbudget in Höhe von max. € 10.000,00 inkl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer zur Verfügung gestellt. Die Arbeiten werden mit den Verwaltungsbeiräten abgesprochen und beauftragt. Die Finanzierung erfolgt aus der Instandhaltungsrücklage.“

Die Klagepartei trägt vor, dass der Beschluss bereits nichtig sei, da es an der Beschlusskompetenz fehle. Die beschlossenen „Konservierung“ sei dasselbe wie eine „Stilllegung“. Der Beschluss widerspreche damit der TE / GO, in deren §§ 3.2, 7.1 und 13 Nr. 1 b das Schwimmbad mit Sauna als bestehend vorausgesetzt werde.

Der Beschluss entspreche aber auch ansonsten nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Der streitgegenständliche Beschluss konterkariere das Urteil des LG München I vom 21.09.2009 und widerspreche der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums.

Die Klagepartei beantragt zuletzt

Der in der Eigentümerversammlung vom 10.05.2016 gefasste Beschluss zu TOP 7 (Konservierung Schwimmbad-, Umkleide-, Dusch- und Saunabereich) wird für ungültig erklärt.

Die Beklagtenpartei beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagtenpartei trägt vor, dass der streitgegenständliche Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche.

Die Beschlusskompetenz bestehe, da Schaden vom Gemeinschaftseigentum durch die Konservierung abgewendet werden solle. Schwimmbad-, Umkleide-, Dusch- und Saunabereich würden ihrer Zweckbestimmung nicht endgültig entzogen, sondern blieben als solche bestehen. Um weiteren Schaden zu vermeiden, sollten sie lediglich – vorübergehend – konserviert werden. Der Beschluss laufe also darauf hinaus, den Ist – Zustand des Gemeinschaftseigentums zu bewahren und vor Verschlechterung zu schützen, das entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung.

Eine Sanierung des Schwimmbades sei wirtschaftlich unsinnig. Die meisten Mitglieder der Gemeinschaft seien auch nicht in der Lage, Sonderumlagen in entsprechender Größenordnung zu zahlen. Auch die nach einer Sanierung sich ergebenden Folgekosten für den Unterhalt des Schwimmbades seien zu bedenken, diese seien wirtschaftlich nicht vertretbar.

Die überwältigende Mehrheit der Wohnungseigentümer wolle all dies derzeit auch nicht.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Schriftsätze der Parteien mitsamt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2016 (Bl. 38 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat vollumfänglich Erfolg.

Die Klage ist zulässig.

Sie wahrt die materiell-rechtlichen Ausschlussfristen des § 46 Abs. 1, S. 2 WEG und ist auch im übrigen begründet.

Der streitgegenständliche in der Eigentümerversammlung vom 10.05.2016 gefasste Beschluss zu TOP 7 (Konservierung Schwimmbad-, Umkleide-, Dusch- und Saunabereich) ist mangels Beschlusskompetenz nichtig.

Dass die Klagepartei beantragt hat, den Beschluss für ungültig zu erklären, ist insoweit unerheblich. Hält das Gericht einen als mangelhaft angegriffenen Beschluss für (sogar) nichtig, ist es nicht an § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO gebunden und kann ohne Antragsänderung auch auf Nichtigkeit erkennen (BeckOK WEG / Elzer WEG § 46 Rn. 61 m. w. N.).

Die Wohnanlage ist ausweislich der Teilungserklärung mit einem Schwimmbad und einer Sauna ausgestattet, die im Gemeinschaftseigentum stehen (§§ 3 Nr. 2, 7 Nr. 1 der TE) und allen Eigentümern zur Verfügung stehen. Die Eigentümer haben gem. §§ 13 Abs. 2, 14 WEG einen Anspruch auf Nutzung des Schwimmbades / der Sauna. Eine solche Nutzung ist unstreitig aber nur möglich, wenn die notwendigen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden.

Das Schwimmbad ist in der TE / GO vorgesehen. Jeder Käufer einer Wohnung weiß, dass es in der Anlage ein Schwimmbad gibt. Dies kann die Kaufentscheidung maßgeblich beeinflussen. Im Gegenzug weiß auch jeder, dass mit dem Schwimmbad erhöhte Kosten verbunden sind. Auf die Notwendigkeit des Schwimmbads kommt es nicht an. Die Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum entfällt nicht etwa deswegen als gemeinschaftseigene Aufgabe der ordnungsmäßigen Verwaltung, weil der sanierungsbedürftige Teil des Gemeinschaftseigentums (nach einer angeblich herrschenden Verkehrsauffassung) derzeit als überflüssig, übertreiben, übermäßig luxuriös oder ähnliches anzusehen wäre.

Eine (unbefristete) „Konservierung“ der Schwimmhalle und der Sauna anstelle der notwendigen Sanierungsmaßnahmen bedeutet im Ergebnis dasselbe wie eine „Stilllegung“. Das Schwimmbad und die Sauna können nicht mehr zweckbestimmt genutzt werden, sämtliche Wohnungseigentümer werden vom Gebrauch des Schwimmbades und der Sauna ausgeschlossen, was einem Entzug des Mitgebrauchs gleichkommt.

Die beschlossene Regelung ändert damit § 13 Abs. 2 WEG ab und widerspricht der Teilungserklärung.

Beides ist einem Mehrheitsbeschluss nicht zugänglich, sondern kann nur allstimmig durch eine Vereinbarung geregelt werden.

Die Entscheidung zu den Kosten ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung bzgl. der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Die Streitwertbemessung erfolgte gem. § 49 a GKG. Gem. § 49 a Abs. 1, S. 1 GKG beträgt der Streitwert 50 % des Interesses der Parteien. Dies sind bei Gesamtkosten von € 10.000 € 5.000. Eine Herabsetzung auf den fünffachen Anteil der Klägerinnen an diesen Kosten ist nicht veranlasst, weil ihr Interesse nicht auf die Vermeidung der Kosten, sondern auf die Nutzung des Schwimmbades gerichtet ist.

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