Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Urteil zur Genehmigungspflicht von Balkonkraftwerken und Split-Klimageräten in WEGs
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Voraussetzungen müssen für die Genehmigung von Split-Klimageräten in Wohnungseigentümergemeinschaften erfüllt sein?
- Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für den Einbau von Balkonkraftwerken in Eigentumswohnungen?
- Was sind die häufigsten Gründe, warum Genehmigungen für bauliche Veränderungen in WEGs als ungültig erklärt werden?
- Wie können Wohnungseigentümer sicherstellen, dass ihre Anträge auf bauliche Veränderungen rechtssicher sind?
- Welche Auswirkungen hat das Urteil des AG Wiesbaden auf zukünftige Beschlüsse von Wohnungseigentümergemeinschaften?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Genehmigung von Klimageräten und Balkonkraftwerken wurden für ungültig erklärt.
- Die Klägerin rügte, dass die Beschlüsse nicht hinreichend bestimmt waren und wesentliche Vorgaben fehlten.
- Das Gericht entschied, dass Beschlüsse ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen müssen, was bedeutet, dass sie klar und detailliert formuliert sein müssen.
- Es fehlten genaue Angaben zur technischen Durchführung und den Auswirkungen auf das Gebäude, was eine ordnungsgemäße Verwaltung ausschließt.
- Die Unsicherheit über die Lärmemissionen und das optische Erscheinungsbild von Split-Klimaanlagen und Balkonkraftwerken war ein wesentlicher Kritikpunkt.
- Das Gericht folgte der Auffassung, dass eine allgemeine Gestattung ohne genaue Beschreibung der baulichen Veränderung nicht zulässig ist.
- Die Argumentation des Landgerichts Ludwigshafen, zwischen Einbau und Betrieb von Klimaanlagen zu unterscheiden, wurde vom erkennenden Gericht nicht übernommen.
- Die Entscheidung führte dazu, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft bei zukünftigen Beschlüssen detailliertere und klarere Vorgaben machen muss.
Urteil zur Genehmigungspflicht von Balkonkraftwerken und Split-Klimageräten in WEGs
Die Wohnungseigentumsgemeinschaft (WEG) sorgt immer wieder für Diskussionen, besonders wenn es um bauliche Veränderungen an den Wohnungen geht. Ein besonders aktuelles und brisantes Thema ist der Einbau von Balkonkraftwerken und Split-Klimageräten. Obwohl diese Technologien zunehmend an Beliebtheit gewinnen, stellt sich für viele Wohnungseigentümer die Frage, ob und unter welchen Bedingungen diese in der WEG installiert werden dürfen. Grundsätzlich gilt es dabei die Interessen aller WEG-Teilnehmer, die Eigentümergemeinschaft sowie der Verwaltung, zu berücksichtigen.
Gerade bei energieeffizienten Maßnahmen wie Balkonkraftwerken, die zur Reduktion von CO2-Emissionen beitragen, können sich die Wünsche des Einzelnen mit den Interessen der Gemeinschaft überschneiden. Die Frage ist, wie weit die Rechte des Einzelnen in Bezug auf die Nutzung seiner Eigentumswohnung reichen und wo die Grenzen der Gemeinschaft liegen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Installation von Balkonkraftwerken und Split-Klimageräten in WEGs sind daher komplex und müssen im Einzelfall genau geprüft werden. Um Ihnen einen Einblick in diese juristischen Feinheiten zu geben, analysieren wir im Folgenden ein konkretes Gerichtsurteil, das sich mit der Frage der Genehmigungspflicht für diese Anlagen in der WEG auseinandersetzt.
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Der Fall vor Gericht
Klimaanlagen und Balkonkraftwerke in WEGs: Gericht erklärt pauschale Genehmigung für ungültig
Das Amtsgericht Wiesbaden hat in einem wegweisenden Urteil (Az.: 915 C 2171/23) vom 26.04.2024 zwei Beschlüsse einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für ungültig erklärt. Die Beschlüsse betrafen die pauschale Genehmigung für den Einbau von Split-Klimaanlagen und die Installation von Balkonkraftwerken.
Die Klägerin, Mitglied der beklagten WEG, hatte gegen diese Beschlüsse geklagt. Sie argumentierte, dass die Genehmigungen nicht hinreichend bestimmt seien und potenzielle Risiken für die Gemeinschaft bergen würden. Das Gericht gab der Klägerin in allen Punkten Recht und setzte damit ein klares Zeichen für die Notwendigkeit detaillierter Regelungen bei baulichen Veränderungen in Wohnungseigentümergemeinschaften.
Mangelnde Bestimmtheit der Beschlüsse als Hauptkritikpunkt
Der Kern des Rechtsstreits lag in der fehlenden Spezifizierung der genehmigten Installationen. Bei den Split-Klimaanlagen bemängelte das Gericht das Fehlen konkreter Vorgaben zu Herstellern, Modellen, Emissionen, Geräuschentwicklung und Platzierung. Ähnliche Kritikpunkte wurden auch bei den Balkonkraftwerken angeführt. Das Gericht betonte, dass die Beschlüsse keine klaren Regelungen zu Montagestellen, Fabrikaten oder Größen enthielten.
Diese mangelnde Bestimmtheit führe dazu, dass die Wohnungseigentümer nicht einschätzen könnten, welche konkreten Auswirkungen die Installationen auf das Erscheinungsbild des Gebäudes und das Zusammenleben in der Gemeinschaft haben würden. Das Gericht sah darin einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, der klare und deutliche Beschlüsse erfordert.
Gericht folgt neuer Rechtsprechungstendenz
In seiner Urteilsbegründung setzte sich das Amtsgericht Wiesbaden kritisch mit der bisherigen Rechtsprechung auseinander. Es verwarf die Argumentation älterer Gerichtsentscheidungen, die pauschale Genehmigungen („Blankett-Zustimmungen“) als zulässig erachtet hatten. Stattdessen schloss sich das Gericht der neueren Rechtsauffassung an, wonach bauliche Veränderungen in Beschlüssen nach Art, Maß und Umfang genau beschrieben sein müssen.
Das Gericht betonte, dass bei der Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit einer Genehmigung für bauliche Maßnahmen auch die Auswirkungen des zweckentsprechenden Betriebs zu berücksichtigen seien. Es widersprach damit explizit einer Entscheidung des Landgerichts Ludwigshafen, das zwischen der Genehmigung des Einbaus und des Betriebs von Klimageräten unterschieden hatte.
Weitreichende Konsequenzen für Wohnungseigentümergemeinschaften
Das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden hat erhebliche Auswirkungen auf die Beschlussfassung in Wohnungseigentümergemeinschaften. Es verdeutlicht, dass pauschale Genehmigungen für bauliche Veränderungen, insbesondere bei technischen Installationen wie Klimaanlagen oder Balkonkraftwerken, rechtlich nicht haltbar sind.
Wohnungseigentümergemeinschaften sind nun gefordert, detaillierte Regelungen zu treffen, wenn sie solche Installationen genehmigen wollen. Dies betrifft nicht nur technische Spezifikationen, sondern auch Aspekte wie Lärmemissionen, optische Auswirkungen und potenzielle Risiken für die Gemeinschaft.
Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Vorbereitung von Beschlüssen in Eigentümerversammlungen. Es zeigt, dass Wohnungseigentümer ein Recht darauf haben, genau zu wissen, welche Veränderungen sie mit ihrem Votum genehmigen. Pauschale Zustimmungen, die den einzelnen Eigentümern einen zu großen Spielraum lassen, entsprechen nicht dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden markiert einen wichtigen Wendepunkt im Wohnungseigentumsrecht. Es stellt klar, dass pauschale Genehmigungen für bauliche Veränderungen wie Klimaanlagen oder Balkonkraftwerke nicht dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen. Wohnungseigentümergemeinschaften müssen künftig bei Beschlüssen zu baulichen Veränderungen sehr detaillierte Regelungen treffen, die Art, Maß und Umfang der Maßnahmen genau beschreiben. Dies stärkt die Rechte der einzelnen Eigentümer und fördert die Transparenz in der Gemeinschaft.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Wohnungseigentümer, der den Einbau eines Balkonkraftwerks oder einer Split-Klimaanlage plant, hat dieses Urteil weitreichende Folgen für Sie. Pauschale Genehmigungen durch die WEG reichen nicht mehr aus. Sie müssen nun in der Eigentümerversammlung einen detaillierten Beschluss erwirken, der genaue Angaben zu Hersteller, Modell, Größe, Platzierung und technischen Spezifikationen enthält. Dies soll Ihre Rechte und die Ihrer Miteigentümer schützen, bedeutet aber auch einen höheren Aufwand bei der Planung und Abstimmung. Um Konflikte zu vermeiden, sollten Sie frühzeitig mit Ihrer WEG in Dialog treten und einen umfassenden Vorschlag ausarbeiten, der alle relevanten Details berücksichtigt.
FAQ – Häufige Fragen
Sie möchten ein Balkonkraftwerk installieren oder ein Split-Klimagerät in Ihrer Wohnung einsetzen? Als Wohnungseigentümer stellt sich dabei die Frage nach den rechtlichen Rahmenbedingungen und den Abstimmungs- und Genehmigungsverfahren innerhalb Ihrer Eigentümergemeinschaft. In unserer FAQ-Rubrik finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um diese Themen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
Welche Voraussetzungen müssen für die Genehmigung von Split-Klimageräten in Wohnungseigentümergemeinschaften erfüllt sein?
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für den Einbau von Balkonkraftwerken in Eigentumswohnungen?
Was sind die häufigsten Gründe, warum Genehmigungen für bauliche Veränderungen in WEGs als ungültig erklärt werden?
Wie können Wohnungseigentümer sicherstellen, dass ihre Anträge auf bauliche Veränderungen rechtssicher sind?
Welche Auswirkungen hat das Urteil des AG Wiesbaden auf zukünftige Beschlüsse von Wohnungseigentümergemeinschaften?
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG): Dies ist eine Gemeinschaft aller Wohnungseigentümer eines Gebäudes. Die WEG trifft Entscheidungen über das gemeinschaftliche Eigentum, beispielsweise über bauliche Veränderungen oder Instandhaltungen. Jede WEG hat eine Verwaltung und hält regelmäßige Versammlungen ab, um Beschlüsse zu fassen.
- Bauliche Veränderung: Hierunter versteht man bauliche Maßnahmen, die über die bloße Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgehen und das gemeinschaftliche Eigentum oder dessen äußeres Erscheinungsbild verändern. Beispiele sind der Anbau von Balkonen oder die Installation von Klimaanlagen. Solche Maßnahmen bedürfen in der Regel der Zustimmung der WEG.
- Bestimmtheitsgrundsatz: Dieser Grundsatz verlangt, dass Beschlüsse der WEG klar und detailliert formuliert sein müssen. Es muss eindeutig erkennbar sein, was genau beschlossen wurde, damit alle Mitglieder der WEG die Auswirkungen verstehen können. Unbestimmte oder pauschale Genehmigungen sind nicht zulässig, da sie zu Konflikten und Rechtsunsicherheiten führen können.
- Ordnungsgemäße Verwaltung: Dies bezieht sich auf die rechtlichen und praktischen Standards, die bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums eingehalten werden müssen. Beschlüsse und Maßnahmen müssen transparent, fair und im Interesse aller Wohnungseigentümer sein. Verstöße gegen diesen Grundsatz können zur Anfechtung von Beschlüssen führen.
- Anfechtungsklage: Mit einer Anfechtungsklage können Wohnungseigentümer Beschlüsse der WEG gerichtlich überprüfen lassen. Dies ist möglich, wenn sie der Ansicht sind, dass ein Beschluss gegen gesetzliche Vorschriften oder den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstößt. Das Gericht kann den Beschluss dann für ungültig erklären.
- Sondereigentum: Das ist das Eigentum an einer einzelnen Wohnung oder Teileigentumseinheit in einem Mehrfamilienhaus. Es umfasst neben der Wohnung selbst auch Räume, die im Zusammenhang mit der Wohnung genutzt werden, wie Keller oder Garagen. Bauliche Veränderungen am Sondereigentum bedürfen unter bestimmten Umständen der Zustimmung der WEG, insbesondere wenn das Gemeinschaftseigentum betroffen ist.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 20 Abs. 1 WEG (Bauliche Veränderungen): Diese Vorschrift regelt, dass bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum der Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft bedürfen. Im vorliegenden Fall ist die Genehmigung von Klimaanlagen und Balkonkraftwerken relevant, da sie als bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum angesehen werden können.
- § 21 Abs. 3 und 4 WEG (Beschlussfassung): Diese Paragraphen regeln die Beschlussfassung in der Wohnungseigentümergemeinschaft. Abs. 3 besagt, dass Beschlüsse grundsätzlich mit Stimmenmehrheit gefasst werden. Abs. 4 legt fest, dass Beschlüsse ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen müssen. Im vorliegenden Fall wurde die Gültigkeit der Beschlüsse zur Genehmigung von Klimaanlagen und Balkonkraftwerken aufgrund mangelnder Bestimmtheit angefochten.
- § 14 Nr. 1 WEG (Ordnungsmäßige Verwaltung): Diese Vorschrift legt fest, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen muss. Dazu gehört auch, dass Beschlüsse klar und eindeutig formuliert sein müssen. Im vorliegenden Fall wurde argumentiert, dass die Beschlüsse zur Genehmigung von Klimaanlagen und Balkonkraftwerken nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprachen, da sie nicht hinreichend bestimmt waren.
- § 22 Abs. 1 WEG (Anfechtung von Beschlüssen): Gemäß dieser Vorschrift kann ein Wohnungseigentümer einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft anfechten, wenn dieser nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Beschlüsse zur Genehmigung von Klimaanlagen und Balkonkraftwerken erfolgreich angefochten.
- § 1004 BGB analog (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch): Obwohl nicht explizit im Text erwähnt, ist dieser Paragraph relevant, da er einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch bei Beeinträchtigung des Eigentums begründet. Im Kontext des vorliegenden Falles könnten Eigentümer, deren Interessen durch die Installation von Klimaanlagen oder Balkonkraftwerken beeinträchtigt werden, sich auf diesen Paragraphen berufen, um die Beseitigung oder Unterlassung der Anlagen zu fordern.
Das vorliegende Urteil
AG Wiesbaden – Az.: 915 C 2171/23 – Urteil vom 26.04.2024
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
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Die Beschlüsse der Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 26.09.2023 zu TOP 8, Genehmigung Klimageräte und TOP 9, Balkonkraftwerke, werden für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 19.608,75 Euro.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie hält einen Miteigentumsanteil von 581/10.000, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 6 bezeichneten Wohnung nebst Keller Nr. 6.
Am 26.9.2023 fand eine Wohnungseigentümerversammlung statt. Zu TOP 8 wurde der nachfolgende Beschluss gefasst:
„Die Wohnungeigentümergemeinschaft genehmigt die Montage einer Split-Klimaanlage innerhalb des Balkonbereiches und die dazu benötigte Kernbohrung durch die Außenwand. Die Montage muss fachgerecht ausgeführt werden. Die Kosten trägt der jeweilige Eigentümer der Wohnung. Künftige Wartungs- und Instandhaltungskosten einschließlich evtl. entstehende Schäden am Gemeinschaftseigentum trägt der jeweilige Eigentümer der Wohnung“.
Zu TOP 9 wurde der nachfolgende Beschluss gefasst:
„Die Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigt die Montage bzw. das Anbringen von sogenannten Balkonkraftwerken (vom Netzbetreiber genehmigungsfreie Photovoltaikanlage) am eigenen Balkon der Wohnung. Künftige Wartungu. Instandhaltungskosten einschließlich evtl. entstehende Schäden am Gemeinschaftseigentum trägt der jeweilige Eigentümer der Wohnung.“
Die Klägerin ficht mit der vorliegenden Klage beide Beschlüsse an. Sie ist der Ansicht, beide Beschlüsse seien nicht hinreichend bestimmt.
Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP8 (Genehmigung der Split Klimaanlage) ist sie der Auffassung, dass die Auswahl eines Herstellers und die Auswahl eines konkreten Modells fehlen würden. Weiterhin fehlten Vorgaben hinsichtlich der Emission, der Geräuschentwicklung oder der warmen Abluft. Es seien keine Angaben hinsichtlich der genauen Platzierung der Klimageräte gemacht worden, so dass die Gefahr bestehe, das die Geräte auch von außen sichtbar seien. Die Platzierung der Klimageräte auf den Balkonen würde für die Klägerin ein unzumutbarer Nachteil ergeben, da sie mit Geräuschen der Klimageräte und der Zufuhr von Warmluft konfrontiert sei und dass ihr Balkonen nicht mehr genutzt werden könne.
Hinsichtlich der des Beschlusses zu TOP 9 (Balkonkraftwerke) rügt die Klägerin, dass nicht ersichtlich sei, an welchen Stellen das Balkonkraftwerk zu montieren sei, welches Fabrikat genommen werden solle und welche Größe es haben solle. Dadurch fände eine massive Risikoerhöhung statt, da eine Brandgefahr gegeben sei, sofern keine ordnungsgemäßen Geräte montiert würden.
Die Klägerin beantragt, die Beschlüsse zu TOP 8, Genehmigung Klimageräte, und TOP 9, Balkonkraftwerk, der Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 26.09.2023, werden für ungültig erklärt.
Hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass die Beschlüsse gemäß Antrag zu TOP 8 und TOP 9. nichtig sind.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt die gefassten Beschlüsse. Sie ist Auffassung, für die Bestimmtheit des Beschlusses sei nicht die Auswahl eines Herstellers oder gar eines konkreten Modells erforderlich. Unter Verweis auf das Urteil des Amtsgerichtes Ludwigshafen vom 26.1.2022 Aktenzeichen – 2 pC 88/21, ist sie der Auffassung, dass der bloße Einbau (nicht der Betrieb) einer Klimaanlage noch keinen relevanten Nachteil darstelle. Es sei völlig offen, welche benachbarten Sondereigentümer überhaupt eine Klimaanlage einbauen würden. Der Vortrag der Kläger hinsichtlich der Warmluftemissionen und Emissionen von Lärm seien rein spekulativ.
Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 9 Balkonkraftwerk sei eine Erhöhung der Brandgefahr nicht ersichtlich, da „natürlich“ nur zertifizierte und zugelassene Geräte angebracht werden dürften.
Wegen des weiteren Vortrages wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die angefochtenen Beschlüsse entsprechen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
Die Unwirksamkeit eines Beschlusses über eine bauliche Veränderung im Sinne des § 20 Abs. 1 WEG ist nicht nur an den Vorgaben von § 20 Abs. 4 WEG zu messen, wonach bauliche Veränderungen die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen nicht beschlossen werden dürfen. Unabhängig von diesen Vorgaben ist ein Beschluss auch dann aufzuheben, wenn die allgemeinen Vorgaben zur ordnungsgemäßen Verwaltung nicht eingehalten werden (vergleiche Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 6, Rn. 64).
Ein Beschluss entspricht nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn er dem Grundsatz der Bestimmtheit genügt.
Dies bedeutet, dass ein Beschluss aus sich heraus genau klar und deutlich erkennen lassen muss, was gilt. Dazu muss er so ausführlich wie nötig beschreiben, was gebaut werden soll.
Ob eine allgemeine Gestattung, nach der es im Belieben des Bauwilligen steht, wie und was er im Einzelnen baut (“ Blankett-Zustimmung“) dem Grundsatz der Bestimmtheit genügt, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Während in der älteren obergerichtlichen Rechtsprechung (vergleiche OLG Düsseldorf Beschluss vom 10.3.2006 -3 WX 16/06; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 23.12.1999 -3 W 198/99, OLG Karlsruhe (Senat Freiburg) Beschluss vom 13.2.1998, 4W 42/97) eine derartige Blankett-Zustimmung als ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend betrachtet wurde, wird in der jüngeren erstinstanzlichen Rechtsprechung (vergleiche -kurz und bündigAG München, Urteil vom 1. Juni 2023 -1293 C 13.203/22, sowie -ausführlichAmtsgericht Hamburg-St. Georg, Urteil vom 28. Januar 2022 – 980b C 15/21 WEG) die Auffassung vertreten, dass in einem Gestattungsbeschluss die bauliche Veränderung nach Art, Maß und Umfang genau beschrieben sein muss. Letzterer Auffassung, wird auch in der Literatur zugestimmt (vergleiche Elzer in Beck OK, WEG, 55. Edition, § 20, Rn. 39; Rüscher in Münchner Kommentar zum BGB, 9. Aufl., 2023, § 20 WEG, Rn.18).
Das erkennende Gericht folgt der letzteren Auffassung. Die mit den TOP 8 und 9 erteilten Blankett-Zustimmungen entsprechen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Beschlüsse sind nicht ausreichend bestimmt.
Die näheren Umstände des jeweils konkreten Einbaus einer Klimaanlage und eines Balkonkraftwerkes sind völlig unklar. Lediglich die Finanzierung und die Haftung für Schäden am Gemeinschaftseigentum waren geklärt. Dabei bleibt es allerdings völlig ungeklärt, wie die Baumaßnahme technisch durchgeführt wird und welche Auswirkungen sie auf die Optik des Gebäudes hat. Damit war der Gegenstand der angefochtenen Gestattungsbeschlüsse nicht hinreichend klar.
Im Hinblick auf die Vielzahl der am Markt erhältlichen Split-Klimaanlagen und Balkonkraftwerken, hinsichtlich des optischen Erscheinungsbilds sowie der Größe und Form voneinander abweichen, ist den Wohnungseigentümern nicht klar, was sie erwartet.
Im Hinblick auf die Split-Klimaanlagen kommt erschwerend hinzu, dass die auf dem Markt erhältlichen Split-Klimaanlagen hinsichtlich der Lärmemissionen erheblich voneinander abweichen.
Das erkennende Gericht ist auch nicht von der Argumentation des Urteils des Landgerichtes Ludwigshafen im Urteil vom 26.1.2022 Az. 2 pC 88/21 überzeugt. Die dort vorgenommene Unterscheidung zwischen der Genehmigung des Einbaus eines Klimagerätes und der Genehmigung seines Betriebes erscheint künstlich. Da eine bauliche Maßnahme nicht zweckfrei erfolgt, ist bei der Frage der Beurteilung der Ordnungsgemäßheit der Genehmigung einer baulichen Maßnahme bei der Einzelfallprüfung auch die Auswirkung der baulichen Maßnahme, bei zweckentsprechendem Betrieb zu berücksichtigen (vergleiche Dötsch in Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 20, Rn. 135).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung folgt § 49 GKG.
Das Gericht bemisst hierbei das Gesamtinteresse an den angefochtenen Beschlüssen auf 45.000 Euro und legt hierbei den Preis für eine Split-Klimaanlage einschließlich Montage mit 2.000,00 Euro und für ein Balkonkraftwerk mit 500,00 Euro zu Grunde.
Bei 18 Einheiten ergibt sich damit das Gesamtinteresse von 45.000,00 Euro.
Das Einzelinteresse der Klägerin ergibt, unter Zugrundelegung Ihres Miteigentumsanteils von 581/10.000, einen Betrag von 2.614,50 Euro. Das 7,5-fache hiervon ergibt den festgesetzten Betrag von 19.608,75 Euro.