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WEG-Eigentümer kann Mieter zur Betriebskostenbelegeinsicht ermächtigen

Laut einem Urteil des Amtsgerichts Siegen darf ein Wohnungseigentümer seinen Mietern die Einsichtnahme in die Originalbelege der Betriebskostenabrechnung ermächtigen. Dieses Recht ist nicht höchstpersönlich und kann auch durch Dritte ausgeübt werden, Mieter haben ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme, um die Richtigkeit der ihnen in Rechnung gestellten Betriebskosten zu überprüfen.

[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 17 C 8/22 >>>]

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Ein WEG-Eigentümer kann seine Mieter und ehemaligen Mieter zur Ausübung seines Einsichtsrechts in die Verwaltungsunterlagen gemäß § 18 Abs. 4 WEG ermächtigen.
  • Die Mieter müssen dabei nicht zwingend Berufsgeheimnisträger sein, da kein besonderes Geheimhaltungsinteresse besteht.
  • Die Mieter verfolgen bei der Einsichtnahme auch eigene berechtigte Interessen, nämlich die Kontrolle der Betriebskostenabrechnung.
  • Die Einsichtnahme verstößt nicht gegen den Datenschutz, da der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Prüfung der Abrechnungen hat.
  • Die Einsichtnahme ist nicht auf übliche Bürozeiten beschränkt, sollte aber vorab angekündigt werden.
  • Das Einsichtsrecht ist im Versammlungsraum oder Büro der Verwaltung kostenfrei zu gewähren, Kopien können berechnet werden.
  • Der WEG-Eigentümer muss den Mietern die Einsicht gewähren, um deren Anspruch auf Belegeinsicht für die Betriebskostenabrechnung zu erfüllen.

WEG: Wohnungseigentümer darf Mieter zur Belegeinsicht ermächtigen

Betriebskostenabrechnung
(Symbolfoto:  /Shutterstock.com)

Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) regelt die Rechte und Pflichten von Wohnungseigentümern in Mehrparteienhäusern. Ein wichtiger Bestandteil ist das Recht auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen, das Wohnungseigentümern zusteht. Dabei stellt sich oftmals die Frage, ob und in welchem Umfang Wohnungseigentümer dieses Recht an Dritte, wie beispielsweise ihre Mieter, übertragen können.

Dieses Thema ist besonders relevant, wenn es um die Überprüfung von Betriebskostenabrechnungen geht. Mieter haben ein berechtigtes Interesse daran, die Richtigkeit der ihnen in Rechnung gestellten Betriebskosten zu überprüfen. Da sich die dafür notwendigen Unterlagen jedoch meist im Besitz der Wohnungseigentümergemeinschaft befinden, ist die Frage der Einsichtnahme von großer Bedeutung.

Der Fall vor dem Amtsgericht Siegen im Detail

WEG-Eigentümer darf Mieter zur Betriebskostenbelegeinsicht ermächtigen

In einem Fall vor dem Amtsgericht Siegen (Az.: 17 C 8/22) stritten sich ein Wohnungseigentümer und die Wohnungseigentümergemeinschaft um die Frage, ob der Eigentümer seine Mieter zur Einsichtnahme in die Belege der Betriebskostenabrechnung ermächtigen darf.

Der Kläger war Eigentümer mehrerer Wohnungen in einer Wohnanlage und vermietete diese. Nach Erhalt der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2019 verlangte eine Mieterin Einsicht in die Originalbelege. Da der Kläger selbst nicht über die Unterlagen verfügte, ermächtigte er die Mieterin zur Einsichtnahme bei der Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Verwaltung verweigerte jedoch die Einsichtnahme mit der Begründung, dass es sich bei der Mieterin um eine externe Dritte handele, die nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Daraufhin erhob der Kläger Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Gerichtliche Entscheidung: Einsicht durch Mieter zulässig

Das Amtsgericht Siegen entschied zugunsten des Klägers. Das Gericht stellte fest, dass das Recht auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen gemäß § 18 Abs. 4 WEG kein höchstpersönliches Recht ist und daher auch durch Dritte ausgeübt werden kann. Da der Wohnungseigentümer auch keinen Berufsgeheimnisträger als Vertreter in die Eigentümerversammlung entsenden müsse, bestehe kein besonderes Geheimhaltungsinteresse, das eine Einsichtnahme durch den Mieter ausschließe.

Mieter haben berechtigtes Interesse an der Belegeinsicht

Das Gericht betonte zudem, dass Mieter ein eigenes berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme haben, da sie die Richtigkeit der ihnen in Rechnung gestellten Betriebskosten überprüfen können müssen. Die Nichterfüllung dieses Anspruchs könne sogar ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters gegen den Nachzahlungsanspruch auslösen. Dem Vermieter bleibe daher in der Regel nichts anderes übrig, als dem Mieter die Einsicht in die Verwaltungsunterlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu gewähren.

Keine datenschutzrechtlichen Bedenken

Entgegen der Auffassung der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft sah das Gericht auch keine datenschutzrechtlichen Bedenken gegen die Einsichtnahme durch den Mieter. In entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Mietrecht stellte das Gericht klar, dass es für die Belegeinsicht keiner Darlegung eines besonderen Interesses des Mieters bedürfe. Es genüge bereits das allgemeine Interesse des Mieters, die Tätigkeit des Vermieters als Abrechnungspflichtigen zu kontrollieren.

✔ FAQ zum Thema: Einsicht in Betriebskostenabrechnungen


Welche Rechte haben Mieter bei der Einsicht in Betriebskostenabrechnungen?

Mieter haben innerhalb von 12 Monaten nach Erhalt der Betriebskostenabrechnung das Recht, Einsicht in die Abrechnungsunterlagen zu verlangen, wenn sie berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung haben. Dieses Einsichtsrecht erstreckt sich auf alle Unterlagen, die als Grundlage für die Erstellung der Betriebskostenabrechnung dienten, insbesondere Rechnungen, Zahlungsnachweise und -belege, Wartungs-, Hauswart-, Winterdienst- und Gartenpflegeverträge, Leistungsverzeichnisse und -nachweise, Versicherungspolicen, Ableseprotokolle und Verbrauchswerte aller Mieter.

Der Vermieter muss dem Mieter die Belege nach Terminvereinbarung am Ort der Mietwohnung zur Einsicht vorlegen und ihm die Möglichkeit geben, die Überprüfung tatsächlich vorzunehmen. Dabei darf der Mieter die Belege abfotografieren, abschreiben oder kopieren, aber nicht mit nach Hause nehmen. Der Vermieter muss die Unterlagen geordnet zusammenstellen, dem Mieter offenlegen und dessen Fragen zur Betriebskostenabrechnung beantworten.

Das Einsichtsrecht des Mieters erstreckt sich auch auf die der Abrechnung zugrundeliegenden Zahlungsbelege wie Quittungen, Kassenbons, Überweisungs- und Lastschriftbestätigungen oder Kontoauszüge. So kann der Mieter überprüfen, ob der Vermieter die Rechnungsbeträge wie ausgewiesen beglichen hat, ohne Kürzungen vorzunehmen oder von Preisnachlässen zu profitieren.

Verweigert der Vermieter die Belegeinsicht, hat der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Betriebskostennachzahlung für die Positionen, für die keine Belege vorgelegt werden. Der Mieter kann sein Recht auf Belegeinsicht auch gerichtlich durchsetzen.


Wie können Wohnungseigentümer die Betriebskostenbelegeinsicht für ihre Mieter ermöglichen?

Wohnungseigentümer können ihre Mieter zur Einsicht in die Betriebskostenabrechnungsbelege ermächtigen, die sich bei der Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft befinden. Dazu sollten sie ihren Mietern eine schriftliche Ermächtigung zur Belegeinsicht beim Verwalter ausstellen, um möglichen Einwänden vorzubeugen, dass der Mieter nicht zur Prüfung der Abrechnungsunterlagen berechtigt sei.

Der Wunsch des Mieters, Einsicht zu nehmen, ist der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. der Hausverwaltung eine angemessene Zeit zuvor anzukündigen. Der Verwalter muss dann dem Mieter nach Terminvereinbarung die Belege am Ort der Mietwohnung zur Einsicht vorlegen und ihm die Möglichkeit geben, die Überprüfung tatsächlich vorzunehmen. Dabei darf der Mieter die Belege abfotografieren, abschreiben oder kopieren, aber nicht mit nach Hause nehmen.

Der Verwalter muss die Unterlagen geordnet zusammenstellen, dem Mieter offenlegen und dessen Fragen zur Betriebskostenabrechnung beantworten. Das Einsichtsrecht des Mieters erstreckt sich auf alle Unterlagen, die als Grundlage für die Erstellung der Betriebskostenabrechnung dienten, insbesondere Rechnungen, Zahlungsnachweise und -belege sowie Verträge.

Verweigert der Verwalter die Belegeinsicht, hat der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Betriebskostennachzahlung für die Positionen, für die keine Belege vorgelegt werden. Der Wohnungseigentümer sollte daher im eigenen Interesse darauf hinwirken, dass der Verwalter dem Mieter die gewünschte Einsicht gewährt, um Konflikte und Zahlungsverzögerungen zu vermeiden.


Gibt es Einschränkungen beim Recht auf Belegeinsicht für Mieter?

Das Recht des Mieters auf Belegeinsicht zur Betriebskostenabrechnung kann in bestimmten Fällen eingeschränkt sein, wenn dem Datenschutzinteressen Dritter entgegenstehen. Allerdings überwiegt grundsätzlich der Anspruch des Mieters auf Überprüfung der Abrechnung gegenüber dem Datenschutz.

Der Vermieter darf die Einsichtnahme nicht mit dem Argument verweigern, dies sei datenschutzrechtlich unzulässig. Die Weitergabe der für die Überprüfung der Betriebskostenabrechnung erforderlichen Daten an den Mieter ist gemäß Art. 6 Abs. 1c DSGVO rechtmäßig, da sie zur Erfüllung der rechtlichen Verpflichtung des Vermieters aus § 259 BGB notwendig ist.

Dennoch sollte der Datenschutz bei der Gestaltung der Betriebskostenabrechnung und der Belegvorlage berücksichtigt werden. Dem Mieter sind grundsätzlich nur die personenbezogenen Daten Dritter offenzulegen, die er für die Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Abrechnung tatsächlich benötigt. So sind etwa bei der Erstellung der Abrechnung Angaben zu Nachbarn zu vermeiden. Für die Erläuterung der Zusammensetzung der Gesamtpersonenanzahl ist es nicht nötig, neben Lage und Personenzahl auch den Namen des Nachbarn mitzuteilen.

Betroffene Dritte wie Nachbarn oder Dienstleister können der Offenlegung ihrer Daten an den Mieter aufgrund einer „besonderen Situation“ widersprechen (Art. 21 DSGVO). Wann eine solche Situation vorliegt, ist bislang rechtlich nicht abschließend geklärt. Der Vermieter muss die vorgenommene Interessenabwägung zwischen Auskunftsrecht und Datenschutz dokumentieren.

Zusammengefasst gilt: Das Einsichtsrecht des Mieters hat Vorrang, ist aber auf die für die Überprüfung notwendigen Daten zu beschränken. Im Einzelfall kann der Datenschutz die Offenlegung von Daten Dritter einschränken, wenn diese widersprechen und besondere Gründe vorliegen.


Welche Rolle spielen Datenschutzbedenken bei der Belegeinsicht durch Mieter?

Datenschutzbedenken spielen bei der Belegeinsicht durch Mieter nur eine untergeordnete Rolle und können das Einsichtsrecht nicht grundsätzlich einschränken. Der Anspruch des Mieters auf Überprüfung der Betriebskostenabrechnung überwiegt in der Regel gegenüber dem Datenschutz.

Der Vermieter kann die Einsichtnahme nicht mit dem Argument verweigern, dies sei datenschutzrechtlich unzulässig. Die Weitergabe der für die Überprüfung der Betriebskostenabrechnung erforderlichen Daten an den Mieter ist gemäß Art. 6 Abs. 1c DSGVO rechtmäßig, da sie zur Erfüllung der rechtlichen Verpflichtung des Vermieters aus § 259 BGB notwendig ist.

Dennoch sollte der Datenschutz bei der Gestaltung der Betriebskostenabrechnung und der Belegvorlage berücksichtigt werden. Dem Mieter sind grundsätzlich nur die personenbezogenen Daten Dritter offenzulegen, die er für die Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Abrechnung tatsächlich benötigt. So sind etwa bei der Erstellung der Abrechnung unnötige Angaben zu Nachbarn zu vermeiden. Besonders schutzwürdige Daten können vom Vermieter unkenntlich gemacht werden.

Das Einsichtsrecht des Mieters erstreckt sich auch auf die Verbrauchsdaten anderer Mieter, soweit dies erforderlich ist, um die eigene Abrechnung nachvollziehbar überprüfen zu können. Die Überprüfbarkeit allein der mathematischen Richtigkeit des Verhältnisses des Gesamtverbrauchs zum Eigenverbrauch reicht nicht immer aus.

Betroffene Dritte wie Nachbarn oder Dienstleister können der Offenlegung ihrer Daten an den Mieter aufgrund einer „besonderen Situation“ widersprechen (Art. 21 DSGVO). Wann eine solche Situation vorliegt, ist bislang rechtlich nicht abschließend geklärt. Der Vermieter muss die vorgenommene Interessenabwägung zwischen Auskunftsrecht und Datenschutz dokumentieren.

Zusammengefasst gilt: Das Einsichtsrecht des Mieters hat Vorrang, ist aber auf die für die Überprüfung notwendigen Daten zu beschränken. Im Einzelfall kann der Datenschutz die Offenlegung von Daten Dritter einschränken, wenn diese widersprechen und besondere Gründe vorliegen.


Kann der Vermieter Dritte zur Belegeinsicht für Mieter ermächtigen?

Der Vermieter kann grundsätzlich Dritte zur Belegeinsicht für Mieter ermächtigen, muss dabei aber bestimmte rechtliche Grenzen beachten.

Der Vermieter ist zwar verpflichtet, dem Mieter selbst die Einsicht in die Abrechnungsunterlagen zu ermöglichen. Er kann diese Aufgabe aber auch an einen Dritten delegieren, z.B. an die Hausverwaltung oder einen externen Dienstleister. Dazu muss er den Dritten entsprechend bevollmächtigen.

Die Ermächtigung Dritter zur Belegeinsicht ist jedoch nur zulässig, wenn dadurch die Rechte des Mieters nicht beeinträchtigt werden. Der Mieter muss weiterhin die Möglichkeit haben, die Belege vollständig und ungehindert zu prüfen. Auch bei einer Delegation muss der Vermieter sicherstellen, dass dem Mieter alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt werden und seine Fragen beantwortet werden.

Zudem muss der Vermieter den Datenschutz der Mieter wahren, wenn er Dritte zur Belegeinsicht ermächtigt. Dem Dritten dürfen nur die Daten offengelegt werden, die er für die Durchführung der Belegeinsicht tatsächlich benötigt. Besonders sensible Daten sollten unkenntlich gemacht werden. Der Dritte muss zur Verschwiegenheit verpflichtet werden.

Der Mieter kann der Einsichtnahme durch einen vom Vermieter ermächtigten Dritten nur in Ausnahmefällen widersprechen, wenn er ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein solches Interesse kann z.B. vorliegen, wenn begründete Zweifel an der Integrität oder Sachkunde des Dritten bestehen.

Zusammengefasst gilt: Der Vermieter kann Dritte zur Belegeinsicht ermächtigen, muss dabei aber die Mieterrechte wahren und den Datenschutz beachten. Im Streitfall muss er nachweisen, dass die Ermächtigung rechtmäßig war und der Dritte die Einsicht ordnungsgemäß durchgeführt hat.



§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 18 Abs. 4 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Erläutert das Recht der Wohnungseigentümer auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen. Der geschilderte Fall zeigt, dass dieses Recht nicht als höchstpersönliches betrachtet wird und somit die Einsicht auch durch Dritte, einschließlich der Mieter des Eigentümers, ausgeübt werden kann. Die rechtliche Klarstellung ermöglicht es Vermietern, ihren Mietern Zugang zu den relevanten Belegen zu gewähren, was insbesondere für die Überprüfung der Betriebskostenabrechnung wesentlich ist.
  • DS-GVO (Datenschutz-Grundverordnung): Betont, dass die Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen durch den Mieter nicht gegen den Datenschutz verstößt. Im Zusammenhang mit diesem Fall wird klar, dass Datenschutzbedenken den berechtigten Ansprüchen der Mieter auf Überprüfung der ihnen in Rechnung gestellten Betriebskosten nicht entgegenstehen. Das zeigt, wie Datenschutz in der Praxis abgewogen werden muss, ohne dabei die Rechte der Beteiligten einzuschränken.
  • § 556 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) betrifft die Abrechnung der Betriebskosten in Mietverhältnissen. Obwohl der Paragraph im Text nicht direkt erwähnt wird, ist er in der Thematik zentral, da er die Grundlage für das Recht der Mieter auf Einsicht in die Betriebskostenabrechnung liefert. Die Erwähnung der Rechtsprechung des BGH zu diesem Thema unterstreicht die Bedeutung von § 556 BGB für die Rechte der Mieter und die Pflichten der Vermieter.
  • § 271 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Bezieht sich auf die Leistungserbringung bei einem Schuldverhältnis und die unmittelbare Forderung der geschuldeten Leistung. In diesem Kontext bedeutet das, dass der Wohnungseigentümer die Einsicht in die Verwaltungsunterlagen sofort verlangen kann. Diese Norm unterstreicht im Kontext des Urteils, dass eine zeitnahe Einsichtnahme in die relevanten Unterlagen erfolgen soll, ohne unbegründete Verzögerungen.
  • §§ 133, 157 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Die Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen. Diese Grundsätze wurden angewandt, um den Antrag des Klägers korrekt zu interpretieren. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, juristische Anträge und Erklärungen im Lichte der tatsächlichen Intentionen und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zu deuten, um gerechte und praxisnahe Entscheidungen zu ermöglichen.
  • § 256 Abs. 1 ZPO (Zivilprozessordnung): Definiert die Möglichkeit, über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses im Wege der Feststellungsklage entscheiden zu lassen. Dieser Paragraph spielt eine Rolle bei der Beurteilung, inwiefern bestimmte Klageanträge zulässig sind, beispielsweise hinsichtlich der Feststellung des Rechts auf kostenfreie Belegeinsicht oder der Bestimmung des Ortes der Einsichtnahme. Im vorliegenden Fall dient dies der Klärung, dass nicht alle begehrten Feststellungen justiziabel sind.


➜ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Siegen

AG Siegen – Az.: 17 C 8/22 – Urteil vom 27.01.2023

Die Beklagte wird verurteilt, es zu gestatten, dass Mieter und ehemalige Mieter des Klägers, insbesondere die ehemalige Mieterin E. S., soweit der Kläger diese hierzu ermächtigt hat, für den Kläger sein Recht auf Einsicht in die Originalrechnungsbelege und Verträge der von der Eigentümergemeinschaft beschlossenen Wohngeldabrechnungen, insbesondere der Wohngeldabrechnung für das Jahr 2019, auszuüben für folgende Abrechnungspositionen:

– Hausmeisterkosten

– Hausreinigung

– Allgemeinstrom

– Aufzugskosten

– Haus- und Haftpflichtversicherung

– Betriebskosten

– Niederschlagswassergebühr

– Gartenpflege

– Kabelanschluss

– Müllabfuhr Gemeinde

Hinsichtlich der Positionen Hausmeisterkosten, Hausreinigung und Gartenpflege unter Einschluss der zugrundeliegenden Verträge, Dienstnachweise und Rechnungen,

– Kosten für Wasser/ Warmwasser/ Heizung nebst Kosten für Brennstoffe, Wartung, Strom, Dienstleistungsrechnungen und Kosten für Trinkwasseranalyse

– Kosten für Kaltwasser unter Einschluss der Kosten für Kaltwasser und Abwasser nebst entsprechenden Dienstleistungsrechnungen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe eines Betrages von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Beklagte ist die Wohnungseigentümergemeinschaft A.-straße. Der Kläger ist Wohnungseigentümer dieser Gemeinschaft und vermietet diverse in seinem Sondereigentum stehende Wohnungen im Objekt.

Über die Bewirtschaftungskosten des Jahres 2019 hat die Beklagte bestandskräftig Beschluss gefasst und den Sondereigentümern am 02.04.2020 entsprechende Wohngeldabrechnung erteilt (Blatt 46 der Akte). Auf deren Basis hat der Kläger der damaligen Mieterin der Wohnung Nr. 69 (Frau E. D., nunmehr S.) entsprechende Abrechnung über die von dieser geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen erteilt.

Nachfolgend forderte die vorgenannte Mieterin hinsichtlich der erteilten Betriebskostenabrechnung für 2019 zur Belegeinsicht auf. Hierbei wurden insbesondere Belege und Verträge, Nachweise und Rechnungen angefordert.

Der Kläger verfügt hinsichtlich der dort aufgeführten Betriebskosten über keinerlei Verwaltungsunterlagen. Diese befinden sich allesamt bei der Verwalterin der Beklagten.

Mit klägerischen Schreiben vom 28.08.2020 an die Bevollmächtigten der Beklagten wurde die Mieterin zur Einsicht in die erbetenen Belege einschließlich der gewünschten Verträge ermächtigt.

Daraufhin wurde der Mieterin am 16.09.2020 die Einsichtnahme in die Belege bei der Verwalterin verweigert.

Die Belegeinsicht wurde sodann von dem Kläger mit Schreiben vom 18.11.2020 und 12.01.2022 angemahnt.

Mit Antwortschreiben vom 02.02.2022 teilte die Verwalterin der Beklagten mit, dass man dem Kläger die benötigten Belege zukommen lassen werde, wobei Kopierkosten in Höhe von 75,00 EUR pro Stunde berechnet werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 11 der Akte verwiesen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass er seine Mieter und ehemaligen Mieter zur Einsicht in die Originalbelege ermächtigen könne. Er sei er nicht darin gebunden, wie und durch wen er sein Einsichtsrecht ausübe.

Insbesondere sei eine Einschränkung auf Berufsgeheimnisträger nicht vorgesehen. Ferner könne aus Gründen des Datenschutzes die Einsicht an den Mieter nicht verweigert werden, da jeweils ein berechtigtes Interesse vorliege.

Des Weiteren sei die Einsicht am Ort der Liegenschaft zu gewähren. Auch sei eine Beschränkung des Antrages auf die üblichen Bürozeiten im Erkenntnisverfahren nicht vorgesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 24.02.2022, 07.04.2022 sowie 29.06.2022 verwiesen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu gestatten, dass Mieter und ehemalige Mieter des Klägers, insbesondere die ehemalige Mieterin E. S., soweit der Kläger diese hierzu ermächtigt hat, für den Kläger sein Recht auf Einsicht in die Originalrechnungsbelege und Verträge der von der Eigentümergemeinschaft beschlossenen Wohngeldabrechnungen, insbesondere der Wohngeldabrechnung für das Jahr 2019, auszuüben für folgende Abrechnungspositionen:

– Hausmeisterkosten

– Hausreinigung

– Allgemeinstrom

– Aufzugskosten

– Haus- und Haftpflichtversicherung

– Betriebskosten

– Niederschlagswassergebühr

– Gartenpflege

– Kabelanschluss

– Müllabfuhr Gemeinde

Hinsichtlich der Positionen Hausmeisterkosten, Hausreinigung und Gartenpflege unter Einschluss der zugrundeliegenden Verträge, Dienstnachweise und Rechnungen,

– Kosten für Wasser/ Warmwasser/ Heizung nebst Kosten für Brennstoffe, Wartung, Strom, Dienstleistungsrechnungen und Kosten für Trinkwasseranalyse

– Kosten für Kaltwasser unter Einschluss der Kosten für Kaltwasser und Abwasser nebst entsprechenden Dienstleistungsrechnungen;

die Einsicht in diese Originalbelege in dem Versammlungsraum der Beklagten in der Liegenschaft, hilfsweise in den Räumen der Verwaltung, kostenfrei zu ermöglichen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass dem Kläger als Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Belegeinsicht zustehe. Hierbei könne er sich der Hilfe eines weiteren Wohnungseigentümers sowie eines Rechtsanwalts bedienen. Ein externer Dritter, welcher nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet sei, habe ein solches Einsichtsrecht jedoch nicht.

Zudem sei die Einsichtnahme lediglich in den Geschäftsräumen der Verwalterin zu deren üblichen Bürozeiten zu gewähren.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 23.03.2022, 25.05.2022 sowie 06.06.2022 Bezug genommen.

Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 21.12.2022 sowie 23.12.2022 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise zulässig und begründet.

I.

Zunächst war der zweite Absatz des Klageantrages zu 1) hinsichtlich des Leistungsortes und der Kostenfreiheit der Einsicht gemäß §§ 133, 157 BGB analog als Feststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO auszulegen. Eine solche Auslegung hat auch der Kläger in seinem Schriftsatz vom 29.06.2022 nahegelegt.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Gegenstand einer Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses sein. Dabei ist ein Rechtsverhältnis die aus einem vorgetragenen Sachverhalt abgeleitete rechtliche Beziehung von Personen untereinander oder von Personen zu Sachen (BeckOK ZPO/Bacher, 47. Ed. 1.12.2022, ZPO § 256 Rn. 3). Demgegenüber werden bloße Vorfragen oder einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses nicht erfasst (Saenger, Zivilprozessordnung, ZPO § 256 Rn. 3, beck-online).

Bei der Bestimmung des Leistungsortes und der Kostenfreiheit der Einsicht handelt es sich jedoch lediglich um Vorfragen für die Beurteilung der Rechtsfolgen des § 18 Abs. 4 WEG, sodass sie keiner Feststellung zugänglich sind. Hieran vermag auch kein vom Kläger vorgetragenes prozessökonomisches Interesse etwas zu ändern. Der BGH mag dieses lediglich bei einem Annahmeverzug aufgrund der §§ 756, 765 ZPO annehmen (Musielak/Voit/Foerste, 19. Aufl. 2022, ZPO § 256 Rn. 2).

Lediglich zur Vermeidung weiterer zukünftiger Streitigkeiten soll hier jedoch darauf hingewiesen werden, dass sich der Anspruch nach § 18 Abs. 4 WEG nunmehr gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft richtet und sich die Bestimmung des Leistungsortes aus § 269 Abs. 1 BGB ergibt, welcher grundsätzlich auf den Belegenheitsort des Grundstücks verweisen dürfte (vgl. BeckOGK/Skauradszun, 1.12.2022, WEG § 18 Rn. 74). Die Belegeinsicht dürfte kostenlos zu gewähren sein, dies gilt jedoch nicht für die Fertigung von Kopien (MüKoBGB/Rüscher, 9. Aufl. 2023, WEG § 18 Rn. 150).

II.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Einsichtsanspruch in die aus dem Tenor ersichtlichen Verwaltungsunterlagen aus § 18 Abs. 4 WEG zu.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann der Kläger dabei auch seine gegenwärtigen und ehemaligen Mieter zur Ausübung seines Rechts ermächtigen.

Zunächst begründet der Anspruch aus § 18 Abs. 4 WEG kein höchstpersönliches Recht, sodass es grundsätzlich durch Dritte ausgeübt werden kann (MüKoBGB/Rüscher, 9. Aufl. 2023, WEG § 18 Rn. 144).

Bei der Delegation ist der Wohnungseigentümer nicht verpflichtet, lediglich eine von Berufs wegen zur Verschwiegenheit verpflichtete Person mit der Ausübung der Einsicht zu ermächtigen. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass dieser genauso wenig verpflichtet ist, lediglich einen Berufsgeheimnisträger als Vertreter in die Wohnungseigentümerversammlung zu entsenden, wo gleichsam empfindliche Interna der Gemeinschaft besprochen werden mögen. Ein besonderes Geheimhaltungs- und Integritätsinteresse vermag daher nicht angenommen werden (vgl. BeckOK WEG/Elzer, 51. Ed. 1.1.2023, WEG § 18 Rn. 150).

Ferner ist es nicht erforderlich, dass der ermächtigte Vertreter lediglich im Interesse des Wohnungseigentümers handelt. Der Dritte mag mit der Einsicht durchaus auch eigene Interessen verfolgen (Sommer/Heinemann in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. 2021, § 18 WEG, Rn. 142). So liegt der Fall insbesondere bei ehemaligen und gegenwärtigen Mietern des betroffenen Wohnungseigentümers.

So ist zu berücksichtigen, dass dem Mieter nach allgemeiner Meinung ein Anspruch auf Einsicht in die Belege der Betriebskostenabrechnung zusteht. Die Nichterfüllung dieses Anspruchs löst nach Ansicht des BGH ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters gegen den Nachzahlungsanspruch aus (O.-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 556 Rn. 563). Zur Erfüllung dieses Anspruchs ist der Wohnungseigentümer als Vermieter jedoch in der Regel nicht ohne weiteres in der Lage, da sich die Verwaltungsunterlagen bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer befinden. Der vermietende Wohnungseigentümer muss zur Erfüllung des Anspruchs also dem Mieter die Einsicht in die Verwaltungsunterlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft gewähren, wobei sich die Einsicht auf die dafür notwendigen Unterlagen beschränken muss (Sommer/Heinemann in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. 2021, § 18 WEG, Rn. 142). Dieser Einschränkung kommt der Kläger nach, da eben nicht die Einsicht in alle Verwaltungsunterlagen durch Dritte erfolgen soll.

Der Einsicht durch ehemalige und gegenwärtige Mieter stehen auch die zwingenden Vorgaben der DS-GVO als unmittelbar anwendbares Recht nicht entgegen. Denn die Einsicht des Mieters in die Verwaltungsunterlagen verstößt nicht gegen den Datenschutz (vgl. BeckOK WEG/Elzer, 51. Ed. 1.1.2023, WEG § 18 Rn. 150; Sommer/Heinemann in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. 2021, § 18 WEG, Rn. 142). In entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des BGH zum Mietrecht in Mehrparteienhäusern ist auch die Darlegung eines besonderen Interesses des Mieters an der Belegeinsicht nicht erforderlich. Es genügt hierfür bereits das allgemeine Interesse des Berechtigten, die Tätigkeit des Abrechnungspflichtigen zu kontrollieren (BGH, Urteil vom 07.02.2018, Az: VIII ZR 189/17).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Anspruch auch nicht in zeitlicher Hinsicht auf die üblichen Bürozeiten des Verwalters zu begrenzen. Eine solche Vorgabe lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Aus § 271 Abs. 1 BGB folgt mangels anderweitiger Anhaltspunkte vielmehr, dass der Wohnungseigentümer die Einsicht sofort verlangen und die Wohnungseigentümergemeinschaft diese sofort zu bewirken hat. Allerdings handelt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sicherlich nicht pflichtwidrig, wenn sie einen kurzen Vorlauf benötigt, um die Einsicht durch den Verwalter vorzubereiten (BeckOGK/Skauradszun, 1.12.2022, WEG § 18 Rn. 77). Auch mag insofern von Gläubigerseite verlangt werden, die Einsichtnahme eine angemessene Zeit vorher anzukündigen (Sommer/Heinemann in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. 2021, § 18 WEG, Rn. 158). Die Nichtbeachtung etwaig notwendiger Vorlaufzeiten mag dabei bei der Vollstreckung gemäß § 888 Abs. 1 ZPO berücksichtigt werden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Das Unterliegen des Klägers hinsichtlich seines Feststellungsantrages hat keine höheren Kosten verursacht und ist als die beabsichtigte Klärung einer Vorfrage lediglich als geringfügige Zuvielforderung anzusehen.

Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO.

IV.

Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

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