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WEG – Hinweispflichten des Verwalters im Zusammenhang mit einer Darlehnsaufnahme

AG Pinneberg – Az.: 60 C 13/18 – Urteil vom 27.11.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist für Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 33.890,22 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf der Eigentümerversammlung vom 19.04.2018 wurde zu Tagesordnungspunkt 6.2. die Aufnahme eines Darlehens zu Finanzierung der Sonderumlage entsprechend des Beschlusses zu TOP 6.1. beschlossen. Zu diesem Tagesordnungspunkt waren Sanierungsarbeiten an Balkonen, Fenster und Fassade mit Gesamtkosten in Höhe von 1.710.000,00 € beschlossen worden. Weiter wurde eine Finanzierung zu 150.000,00 € aus der Instandhaltungsrücklage und der übrigen 1.560.000,00 € als Sonderumlage beschlossen worden.

Hinsichtlich des Wortlauts des angefochtenen Beschlusses zu 6.2., insbesondere der Konditionen des Darlehens, wird auf das Versammlungsprotokoll Anlage K1, Blatt 5 der Akte, verwiesen. Zur Haftung der Wohnungseigentümer heißt es im Beschluss: „Der Verwalter hat die Wohnungseigentümer über ihre Haftungsverhältnisse aufgeklärt.“

Die Finanzierung der Sanierungsmaßnahmen war bereits Gegenstand der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 07.11.2017. Dort wurden zu TOP 5 zwei Möglichkeiten der Finanzierung dargestellt, ohne dass eine Beschlussfassung hierzu erfolgte. Zu der Möglichkeit Darlehensaufnahme heißt es dort im Protokoll: „Der Verwalter hat die Wohnungseigentümer über ihre Haftungsverhältnisse aufgeklärt. Die Wohnungseigentümer haften für die Leistung der Darlehensrate lediglich wie für jeden anderen Bestandteil des Wirtschaftsplans nach Maßgabe des Wohnungseigentumsgesetzes. Eine weitergehende Haftung ist ausdrücklich ausgeschlossen.“

Aufgrund des Umstandes, dass sich von den 130 Wohnungseigentümern nur 41 für die Finanzierung ihrer Sonderumlage über einen WEG-Gemeinschaftskredit entschieden haben, beträgt das tatsächliche Kreditvolumen nunmehr 510.756,49 €.

Die Kläger machen geltend, dass eine ausreichende Protokollierung betreffend die Haftungsaufklärung der Wohnungseigentümer nicht vorliege. Insbesondere sei über die unbeschränkte Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer nicht aufgeklärt worden und kein Höchstzinssatz beschlossen worden. In Kombination mit der langen Laufzeit des Kredits von zehn Jahren entspreche dessen Höhe mit einem Kreditvolumen von über 1,5 Millionen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Es liege keine unaufschiebbare, dringend notwendige Maßnahme vor. Nach der Maßnahme sei die Instandhaltungsrücklage in identischer Höhe vorhanden, da eine Inanspruchnahme sich auf die neu hinzukommenden Anteile beschränke. Angesichts der Gesamtumstände hätten zudem drei Angebote zur Finanzierung mittels eines Darlehens eingeholt werden müssen. Es handele sich keinesfalls um ein besonderes zinsgünstiges Angebot, sodass unverständlich sei, dass nicht geprüft worden sei, ob und in welchem Umfang Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Anspruch genommen werden könnten. Dass in der Rechtsprechung bisher die Einholung von Vergleichsangeboten betreffend eine Darlehensaufnahme nicht gefordert wurde, liege auch daran, dass in der Praxis vorrangig mit Fördermitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau finanziert werde. Diese Möglichkeit sei den Wohnungseigentümern hier jedoch nicht als Alternative angeboten worden. Bei einem angenommenen effektiven Jahreszins von mindestens 3,24 % sei von einer monatlichen Belastung von bis zu 15.320,00 € auszugehen, ein Preisvergleich sei deswegen unerlässlich.

Die Kläger beantragen, den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft … auf der Eigentümerversammlung vom 19.04.2018 zu Tagesordnungspunkt 6.2 Finanzierung der Sonderumlage durch ein WEG-Bank Darlehen für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie machen geltend, dass die Anfechtung des Beschlusses nicht damit begründet werden könne, dass kein akuter Handlungsbedarf bestehe bzw. die Sanierungsmaßnahme nicht übermäßig dringlich sei, da diese zu TOP 6.1 bestandskräftig beschlossen worden seien. Zudem erfolge die Finanzierung bereits teilweise aus der Instandhaltungsrücklage entsprechend dem genannten Beschluss zu TOP 6.1, es sei gerade keine Gesamtfinanzierung mit Ablehnungsbefugnis beschlossen worden, sondern eine einheitliche Finanzierung über die Rücklage und eine (kreditfinanzierte) Sonderumlage.

Auch die so genannte Nachschusspflicht treffe einen jeden Wohnungseigentümer nur quotal, auf dieses zeitlich gestreckte Haftungsrisiko habe die Verwaltung sehr wohl hingewiesen und vor der streitgegenständlichen Beschlussfassung die Wohnungseigentümer über die Haftungsszenarien, wie vom Bundesgerichtshof dargelegt, aufgeklärt. Diese seien ausführlich zwischen den Wohnungseigentümern diskutiert worden. In den Protokollen der Eigentümerversammlungen vom 07.11.2017 und 19.04.2018 sei die Verwaltung auch ihrer diesbezüglichen Dokumentationspflicht nachgekommen.

Der Beschluss sei auch hinreichend bestimmt. Auf mögliche Zinsänderungen sei hingewiesen worden. Eine Deckelung für die kurze Zeit zwischen Beschlussfassung und Darlehensaufnahme war in der Niedrigzinsphase weder erforderlich, noch möglich. Es gebe nur wenig Kreditinstitute, die Wohnungseigentümergemeinschaften Darlehen ohne Grundbuchsicherung gewähren. Vorliegend stünden dem maximalen Kreditvolumen insgesamt 130 Eigentümer gegenüber. Die von der Klägerseite berechnete monatliche Belastung von bis zu 15.320,00 € würde für den einzelnen Eigentümer vereinfacht pro Kopf gerechnet einen Haftungsanteil von 118,00 € monatlich bedeuten. Da es sich nicht um die Finanzierung einer Sanierungsmaßnahme über eine Kreditaufnahme handele, sondern den Wohnungseigentümern lediglich die Möglichkeit eröffnet worden sei, die beschlossenen Sonderumlage mittels eines Wohnungseigentümergemeinschaftsdarlehens zu finanzieren, seien lediglich die betreffenden Wohnungseigentümer belastet.

Es sei sehr genau thematisiert worden, dass bei Zahlungsausfällen einzelner Wohnungseigentümer die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beiträge der übrigen Wohnungseigentümer durch eine Sonderumlage ausgeglichen werden müssten, was auch bei Deckungslücken betreffend die Zins- und Tilgungsleistungen gelte.

Einer Einholung von Vergleichsangeboten für eine Finanzierungsmaßnahme bedürfe es nicht.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Beschluss zu TOP 6.2. Der Eigentümerversammlung vom 19.04.2018 entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die Wohnungseigentümergemeinschaft kann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, vgl. BGH V ZR 244/14, NJW 2015, 3651. Nach Abwägung der im vorliegenden Fall relevanten Umstände unter Berücksichtigung der allseitigen Interessen der Betroffenen Wohnungseigentümer hält sich die Kreditaufnahme in den Grenzen des den Wohnungseigentümern zustehenden Gestaltungsermessens.

Dabei waren die nachfolgenden Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

Zweck des Darlehens ist die Finanzierung der Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen. Feststellungen über eine etwaige besondere Dringlichkeit waren hier nicht festzustellen, nachdem die Kläger sich entschieden haben, den Beschluss betreffend die Durchführung der Maßnahmen zu TOP 6.1. nicht anzufechten, sodass dieser Beschluss bestandskräftig ist.

Die Instandhaltungsrücklage wird vorliegend bereits teilweise, nämlich in Höhe von 150.000,00 €, herangezogen. Dafür, dass allein eine weitere Inanspruchnahme der Instandhaltungsrücklage vorliegend eine ordnungsgemäße Ermessensausübung darstellt, ist nichts ersichtlich.

Eine Finanzierung allein mittels Sonderumlage ohne Verknüpfung mit der Möglichkeit der Finanzierung durch ein Darlehen der Wohnungseigentümergemeinschaft stellt sich hier aufgrund der Höhe der Kosten jedenfalls nicht als allein ordnungsgemäße Ermessensausübung dar, da hierdurch die Leistungsfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer überfordert werden könnte. Die Darlehensaufnahme ermöglicht das Erkaufen einer zeitlichen Streckung der Beitragsleistung der Wohnungseigentümer zur Finanzierung der Maßnahme.

Im Verhältnis zu der Anzahl der Wohnungseigentümer stellt sich die Höhe des Darlehensbetrags als ordnungsgemäß dar. Umstände wie bereits bestehende erhebliche Wohngeldausfälle, die es absehbar machen, dass der Kredit durch einzelne Wohnungseigentümer nicht bedient werden kann, wurden von den Klägern nicht geltend gemacht. Mit einer Laufzeit von zehn Jahren, an deren Ende der Kredit zurückgezahlt sein wird, und einem mit 3,24 % p.a. angegebenen effektiven Zinssatz (unter Hinweis darauf, dass Zinssatzänderungen bei Antragstellung möglich seien) entspricht die Kreditaufnahme im Hinblick auf ihre konkreten Konditionen ordnungsgemäßer Verwaltung.

Der Beschluss ist vorliegend auch hinreichend bestimmt. Er enthält die Rahmenbedingungen der Kreditaufnahme. In dem Zusammenhang ist es unschädlich, dass der konkrete Zinssatz noch nicht feststeht und diesbezüglich kein Höchstzinssatz festgelegt wurde. Dieser Umstand ist neben der unklaren Anzahl der Wohnungseigentümer, die die Finanzierungsmöglichkeit in Anspruch nehmen, Grund dafür, dass es nicht zwingend erforderlich ist, dass der Beschluss die konkrete anteilige Beitragsleistung des einzelnen Wohnungseigentümers benennt, vergleiche BGH V ZR 244/14, juris Rn. 34.

Zwar haben die Kläger bestritten, dass das mit der im Innenverhältnis bestehenden Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer bestehende Haftungsrisiko Gegenstand der Erörterung in der Wohnungseigentümerversammlung war. Offenbar in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in dem bereits zitierten Urteil wurde jedoch im Protokoll der Umstand der Aufklärung der Wohnungseigentümer über ihre Haftungsverhältnisse dokumentiert. Bezüglich einer Unrichtigkeit des Protokolls und einer unterbliebenen Haftungserklärung sind die Kläger beweispflichtig geblieben.

Das Gericht ist nicht der Ansicht, dass die Dokumentationspflicht eine wörtliche oder zusammenfassende Wiedergabe der Erklärungen der Verwaltung zum Haftungsrisiko im Protokoll der Eigentümerversammlung oder Bezugnahme des Beschlusses auf entsprechende Dokumente beinhaltet. In § 24 Abs. 6 S. 1 WEG heißt es lediglich, dass über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse eine Niederschrift aufzunehmen ist. Nach allgemeiner Ansicht sind neben dem Mindestinhalt, nämlich dem Wortlaut der gefassten Beschlüsse und dem Abstimmungsergebnis, nur rechtserhebliche Umstände aufzunehmen. Den Verwalter trifft keine Rechtsberatungspflicht. Es ist daher davon auszugehen, dass der Protokollierungspflicht bereits damit Genüge getan ist, wenn festgehalten wurde, dass die Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung über die Haftungsrisiken diskutiert haben, vgl. Becker, ZWE 2016, 2. Eine Ausdehnung der Protokollierungspflicht betreffend eine Belehrung über die Risiken Immobilienbewirtschaftung und der damit in Zusammenhang stehenden Entscheidungen ist auch deswegen abzulehnen, da dies den Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung und des Protokolls schnell sprengen würde, vgl. Jeckstaedt, ZWE 2018, 189.

Eine Beweislastumkehr dahingehend, dass die Beklagten aufgrund des Bestreitens der Kläger den Beweis hinsichtlich der Haftungsaufklärung über die Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer zu führen hätten, ist bereits deswegen abzulehnen, weil die Dokumentationspflicht nach Ansicht des Gerichts vorliegend gerade erfüllt wurde.

Ebenso wenig war es erforderlich, dass mindestens zwei weitere Finanzierungsangebote eingeholt und alternativ zur Abstimmung gestellt wurden. Dies ist lediglich für Instandsetzungsmaßnahmen anerkannt und erfüllt im Wesentlichen zwei Funktionen: Die Einholung entsprechender Vergleichsangebote soll hierbei eine hinreichende Entscheidungsgrundlage für die Ausübung des den Wohnungseigentümern zustehenden Ermessens bei der Auswahl der erforderlichen Maßnahmen gewährleisten, so dass ggf. auch unterschiedliche technischen Lösungen miteinander vergleichen werden können und diejenige Lösung gewählt werden kann, die eine dauerhafte Beseitigung von Mängeln und Schäden verspricht. Des Weiteren sollen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit beachtet werden, indem keine überteuerten Aufträge erteilt werden. Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Auflage 2017, § 21 Rn. 75. Nur der letztgenannte Aspekt wäre auf die Finanzierung durch Darlehen übertragbar. Aufgrund der Besonderheiten der Darlehensgewährung an einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann jedoch nicht vorausgesetzt werden, dass es der Verwaltung überhaupt ohne weiteres möglich ist, zwei weitere Finanzierungsangebote einzuholen. Wenn Eigentümer hier eine bestimmte alternative Gestaltung einer Finanzierung vor Augen haben, ist es ihnen insbesondere bei größeren und längerfristig vorbereiteten Sanierungsvorhaben möglich, rechtzeitig einen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung gemäß § 21 Abs. 4 geltend zu machen und gegebenenfalls einen entsprechenden Antrag auf die Tagesordnung der Wohnungseigentümerversammlung setzen zu lassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß § 49a GKG auf 33.890,22 € festgesetzt.

Vergleichbar mit der Anfechtung eines Beschlusses über die Genehmigung eines Wirtschaftsplans ist auch hier zu berücksichtigen, dass das Gesamtinteresse aller Parteien an der Entscheidung nicht mit dem Gesamtvolumen der Finanzierung übereinstimmt, da auch im Falle der Ungültigkeit des Beschlusses und alternativer Finanzierung der bestandskräftig beschlossenen Maßnahmen ein erheblicher Teil der Kosten bestehen bleiben wird. Das Gesamtinteresse ist daher mit 20 % des Gesamtvolumens zu bemessen, das hälftige Gesamtinteresse beläuft sich demnach auf 156.000,00 € (10 % von 1.560.000,00 €), während das Einzelinteresse mit 20 % der auf die Kläger anfallenden Kosten zu bemessen ist, sodass das fünffache Einzelinteresse im Ergebnis ihrem Anteil entspricht. Dieser errechnet sich wie folgt: 19.713/907.406 MEA x 1.560.000,00 € = 33.890,22 €, Als Streitwert gemäß § 49a GKG festzusetzen war daher das geringere fünffache Einzelinteresse der Kläger.

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