Landessozialgericht Baden- Württemberg
Az.: L 1 U 1903/01
Urteil vom 29.08.2002
In der Berufungssache Aktenzeichen L 1 U 1903/01 erging durch den 1. Senat des Landessozialgerichts Baden- Württemberg am 29.08.2002 folgendes Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. März 2001 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der 1964 geborene Kläger macht Ansprüche aus einem am 10.05.1991 erlittenen Verkehrsunfall geltend.
Der Kläger studierte 1991 an der Technischen Universität K im Fachbereich Elektrotechnik. Zum Abschluss seines Studiums musste er eine Diplomarbeit anfertigen. Aufgrund des von ihm gewählten Themas benötigte er zur Anfertigung dieser Arbeit einen Prüfstand für Verbrennungsmotoren, bei dem verschiedene Messdaten des Motors zur Verfugung stehen. Da die Hochschule nicht über einen solchen Prüfstand verfügte, war es erforderlich, einen industriellen Partner für diese Aufgabe zu finden, der bereit war, dem Kläger die Messdaten vom Prüfstand zugänglich zu machen, auf Datenträger aufzunehmen und in einer Rechenanlage aufzubereiten, so dass entsprechende Schlussfolgerungen über die Aussagefähigkeit der gewonnenen Messsignale, ihre Korrelation untereinander usw. getroffen werden konnten. Die Firma war bereit, dem Kläger die Arbeit an einem Prüfstand in I: zu ermöglichen. Prof. Dr. K: von der Universität K:, der den Kläger bei der Anfertigung seiner Diplomarbeit betreute, reiste deshalb am 08.06.1990 nach L, um sich davon zu überzeugen, dass bei dem von A: zur Verfügung gestellten Prüfstand geeignete Möglichkeiten zur Erfassung, Speicherung und Übertragung der Daten nach K: vorhanden sind. Für die Anfertigung seiner Diplomarbeit schloss der Kläger am 08.01.1991 mit der Firma A: in einen Vertrag, nach dem er vom 16.01.1991 bis spätestens 16.07.1991 zur Erstellung der Diplomarbeit als freier Mitarbeiter bei der Firma A tätig sein sollte. In Ziffer 3 des Vertrages wurde bestimmt, dass der Kläger für seine Tätigkeit ein monatliches Honorar in Höhe von 1.000,- DM erhalten sollte. Die Arbeitszeit konnte nach Ziffer 4 des Vertrages vom Kläger nach pflichtgemäßem Ermessen in Abstimmung mit seinem Betreuer festgelegt werden. In Ziffer 6 des Vertrages wurde ausdrücklich erklärt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit von der Firma A: keine Sozialleistungen wie z.B. Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall erhalten sollte. Am 16.01.1991 begann der Kläger mit seiner Tätigkeit bei der Firma A:. Für die Dauer der Tätigkeit hatte er ein möbliertes Zimmer in X gemietet. Dieses nutzte er nach eigenen Angaben maximal an vier Tagen in der Woche. Die übrige Zeit wohnte er bei seinen Eltern in W, wo er sich in der Regel auch am Wochenende aufhielt.
Am 10.05.1991 beendete der Kläger seine Tätigkeit bei der Firma A gegen 17.00 Uhr. Etwa um 18.15 Uhr kollidierte er mit seinem PKW frontal auf der Bundesstraße mit einem nach links seine Fahrbahn überquerenden PKW. Nach den polizeilichen Feststellungen hatte der Linksabbieger die Vorfahrt des Klägers missachtet. Der Kläger, der zum Unfallzeitpunkt angeschnallt war und nicht unter Alkoholeinfluss stand, erlitt schwere Verletzungen.
Das Verwaltungsverfahren wurde zunächst von der Beigeladenen durchgeführt, weil die Beklagte diese für zuständig hielt. In diesem Verwaltungsverfahren gab der Kläger auf Anfrage der Beigeladenen mit Schreiben vom 08.04.1992 u.a. an, die Anfertigung der wissenschaftlichen Arbeit bei der Firma A sei von der Hochschule nicht gelenkt worden. Lediglich zweimal sei in einem Gespräch mit dem Professor des Institutes für Nachrichtensysteme über den Stand der Arbeit sowie über geplante Projekte gesprochen worden. Eine Überwachung der Arbeit habe nicht stattgefunden. Auch die Einflussmöglichkeit der Universität auf die Gestaltung der Tätigkeit bei der Firma A sei äußerst gering gewesen. Bei der Firma A seien ihm Arbeitnehmerpflichten nicht auferlegt worden. Er habe seine Tätigkeiten bei der Firma A eigenverantwortlich regeln und seine Arbeitszeit völlig selbständig bestimmen können. Auf die Frage nach dem Grund für die Heimreise am 10.05.1991 gab der Kläger am 08.04.1992 gegenüber der Beigeladenen an: „Private Gründe. Über den Stand der Tätigkeit bei A im Institut berichten und Abgabetermin und Vortragstermin bzgl. der Diplomarbeit besprechen.“ Auf die konkrete Nachfrage der Beigeladenen, ob der Kläger am 10.05.1991 in seine Wohnung nach oder in die Universität fahren wollte erwiderte der Kläger am 17.05.1992: „Ich hätte vermutlich am Freitag Abend den 10.05.1991 oder Samstag Vormittag 11.05.1991 (je nach Verfügbarkeit) bei einem Freund Handbücher abgegeben und Softwarefragen, auch bzgl. meiner Diplomarbeit, besprochen. Am Montag Vormittag 13.05.1991 wollte ich mich mit einem Projektpartner von A: im Fraunhoferinstitut II TB in R projektbezogen treffen. Am Nachmittag war ein Treffen bei Prof. Dr. K: am Institut für Nachrichtensysteme geplant, um über den Stand der Diplomarbeit zu berichten und um Abgabe- und Vortragstermin bzgl. der Diplomarbeit durchzusprechen.“ Die Firma A: gab auf eine entsprechende Anfrage der Beigeladenen mit Schreiben vom 27.04.1992 u.a. an, für den Kläger habe während dessen Tätigkeit bei der Firma A: weder eine Anwesenheitspflicht noch eine fest vereinbarte Arbeitszeit noch eine Weisungsgebundenheit zur Erledigung bestimmter Aufgabenumfänge bestanden. Der Kläger habe den Fortschritt seiner Diplomarbeit durch die eigenverantwortliche Wahrnehmung abgestimmter Termine selbst beeinflusst. Aufgrund des Ergebnisses der von ihr durchgeführten Ermittlungen hielt die Beigeladene die Beklagte für die Bearbeitung der Unfallsache für zuständig und gab deshalb den Vorgang zur weiteren Bearbeitung an diese wieder ab. Mit Bescheid vom 24.05.1995 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen für den Unfall des Klägers ab, weil die Fahrt am 10.05.1991 von A nach B nicht unter Versicherungsschutz gestanden hätte.
Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, die Anfertigung der Diplomarbeit habe unter dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Universität gestanden. Die Anfertigung der Diplomarbeit sei zwingender Bestandteil des Studiums. Thema, Inhalt und Umfang der Arbeit würden vom jeweils für die Beurteilung zuständigen Hochschulprofessor vergeben. Das Thema seiner Diplomarbeit habe eine Tätigkeit außerhalb der Universität erfordert. Die Einflussmöglichkeiten der Universität auf seine Arbeit sei nur deshalb gering gewesen, weil sein Thema sehr projektbezogen gewesen sei und die Hochschule über das hierfür erforderliche spezifische Hintergrundwissen nicht verfügt hätte. Dennoch habe er regelmäßig seinen Professor über den Stand der Diplomarbeit informiert und entsprechende Anweisungen bzw. Empfehlungen und Ratschläge empfangen. Auch wenn er von der A: eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 1.000,- DM monatlich erhalten habe, so sei er für diese nicht tätig gewesen, sondern habe dort lediglich die für den Abschluss seines Studiums notwenige Diplomarbeit im Rahmen einer projektbezogenen Tätigkeit gefertigt. Deshalb habe er sich am 10.05.1991 auch nicht auf dem Heimweg von seiner Arbeitsstätte befunden. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.1996 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Sie vertrat weiterhin die Auffassung, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Am 22.04.1996 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er ist weiterhin der Auffassung, dass es sich bei dem Unfall am 10.05.1991 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat, für den er Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung habe. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.03.2001 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es unter Darlegung der maßgeblichen Rechtsvorschriften u.a. dargelegt, der Kläger habe wegen der Folgen des Unfalls vom 10.05.1991 keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, weshalb er durch die angefochtene Entscheidung der Beklagten nicht in seinen Rechten verletzt werde. Der Kläger habe bei seiner Fahrt von : nach :am 10.05.1991 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Zum Unfallzeitpunkt habe der Kläger keine versicherte Tätigkeit im Sinne des § 539 Abs. l Nr. l RVO bei der Firma A: ausgeübt, so dass sich der Kläger auch nicht auf dem Heimweg von einer versicherten Tätigkeit befunden habe. Kennzeichen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne dieser Vorschrift sei die unselbstständige Arbeit, wie sie insbesondere in einem Arbeitsverhältnis geleistet wird. Für die rechtliche Einordnung eines Vertrages als Arbeitsvertrag oder als freier Mitarbeitervertrag komme es nicht darauf an, wie die Parteien das Rechtsverhältnis bezeichnen. Der Status des Beschäftigten richte sich auch nicht nach den subjektiven Vorstellungen der Vertragspartner, sondern danach, wie die Vertragsbeziehung nach ihrem objektiven Geschäftsinhalt einzuordnen ist. Werde der Vertrag abweichend von den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen vollzogen, so seien die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei wesentlich für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses die persönliche Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, dessen Direktionsrecht der Beschäftigte unterliegt, sei es durch vertraglich vereinbarte Weisungsgebundenheit oder durch Eingliederung des Arbeitenden in den Betrieb des Arbeitgebers. Zwischen dem Kläger und der Firma A: habe kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestanden. Dies ergebe sich zum einen aus dem Inhalt des zwischen dem Kläger und der Firma A: geschlossenen Vertrages vom 08.01.1991. Zum anderen hätten die tatsächlichen Gegebenheiten während der Tätigkeit des Klägers bei dieser Firma dem objektiven Vertragsinhalt entsprochen. Der Kläger habe seine Tätigkeit bei der Firma A: eigenverantwortlich regeln können und seine Arbeitszeit selbständig bestimmen können. Ein Weisungsrecht gegenüber dem Kläger in Bezug auf dessen Diplomarbeit habe nicht bestanden. Der Kläger sei auch nicht wie ein Beschäftigter im Sinne von § 539 Abs. 2 i.V.m. Abs. l Nr. l RVO bei der Firma A: tätig gewesen. Der Kläger habe bei der Firma A: allein die für den Abschluss seines Studiums erforderliche Diplomarbeit fertigen wollen. Er sei deshalb nicht wie ein Beschäftigter tätig gewesen. Schließlich seien auch die Voraussetzungen eines nach § 539 Abs. l Nr. 14 Buchst. d RVO versicherten Wegeunfalls nicht erfüllt. Der Kläger habe zwar als immatrikulierter Student an der Universität: zu dem nach § 539 Abs. l Nr. 14 Buchst, d RVO gegen Arbeitsunfall versicherten Personenkreis gehört. Der dadurch gegebene Unfallversicherungsschutz sei grundsätzlich auch auf Betriebswegen von Studenten gegeben. Zur Abgrenzung vom eigenwirtschaftlichen Bereich des Studierenden sei der Versicherungsschutz jedoch auf Tätigkeit innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Hochschule beschränkt. Private Studien- und lehrstoffbezogene Arbeiten – auch zur Vorbereitung von Diplomarbeiten – außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Hochschule, etwa im häuslichen Bereich, auf privaten Studienfahrten oder außerhalb zeitlich festgelegter Lehrveranstaltungen seien demgemäss nicht versichert. Ebenso wie für Schüler kein Versicherungsschutz bestehe bei der Erledigung ihrer von der Schule angeordneten Hausaufgaben, sei der Versicherungsschutz beim Anfertigen der Diplomarbeit nicht schon allein deshalb gegeben, weil die damit verbundenen Verrichtungen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Studiums stehen. Der Kläger sei bei der Anfertigung seiner Diplomarbeit durch die Hochschule weder gelenkt noch überwacht worden. Vielmehr habe er seine Tätigkeit unabhängig von Kontrollen und Weisungen der Hochschule durchgeführt. Er sei im Rahmen der vorgegebenen Themenstellung auch verpflichtet gewesen, eine eigene und unabhängige wissenschaftliche Leistung zu erbringen. Der Aufenthalt des Klägers in Ingolstadt sei deshalb versicherungsrechtlich nicht geschützt gewesen. Damit hänge aber auch der Weg von zu der Wohnung seiner Eltern in, wo er nach seinen Angaben das Wochenende habe verbringen wollen, nicht mit einer nach § 539 Abs. l Nr. 14 Buchst, d RVO versicherten Tätigkeit zusammen, so dass dieser Wegeunfall auch nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen sei. Ein solcher Versicherungsschutz wäre nach Auffassung der Kammer selbst dann nicht anzunehmen, wenn der Kläger am Tag der Heimfahrt von noch die Absicht gehabt hätte, die Hochschule in aufzusuchen, da er sich nicht auf dem Weg von seiner Wohnung bei seinen Eltern in zur Hochschule befunden habe. Letztlich könne diese Frage aber offen bleiben, da die Kammer aufgrund der Angaben des Klägers zu Beginn des Verwaltungsverfahrens im Wegeunfall-Fragebogen der Beklagten davon überzeugt sei, dass der Kläger am 10.05.1991 sich auf der Heimfahrt nach befunden habe. Die für den Kläger bestimmte Ausfertigung des Gerichtsbescheides ist dessen Prozessbevollmächtigten mittels Empfangsbekenntnis am 29.03.2001 zugestellt worden.
Am Montag, den 30.04.2001 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, entscheidend sei im vorhegenden Fall, ob seine Tätigkeit bei der A: noch dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule zuzurechnen sei. Dies sei entgegen der Auffassung des SG zu bejahen. Hätte er seine Diplomarbeit in den Räumen der Universität gefertigt, hätte es bezüglich des Versicherungsschutzes keine Auseinandersetzung gegeben, wenn er auf dem Weg von oder zu der Universität verunglückt wäre. Es hätte sich dann auf jeden Fall um einen versicherten Wegeunfall gehandelt. Auch in diesem Fall hätte er mit seiner Diplomarbeit eine selbständige wissenschaftliche Arbeit zu erbringen gehabt, ohne dass er hierbei besonderen Kontrollen oder Weisungen seitens der Universität unterlegen wäre. Es sei deshalb nicht zulässig, einen Unterschied zwischen den im Rahmen eines Studiums üblicherweise in Hochschuleinrichtungen zu verrichtenden Tätigkeiten einerseits und der Fertigung einer Diplomarbeit andererseits zu machen. Er habe sich lediglich nicht auf dem Heimweg von einer Hochschuleinrichtung, sondern von der A: befunden. Allerdings – und dies verkenne das SG – habe er sich ausschließlich deshalb in aufgehalten, weil die Universität selbst nicht über die im Rahmen der Anfertigung der Diplomarbeit notwendigen technischen Ausrüstungen verfugt habe. Er habe sich deshalb, nachdem er sich für diese Diplomarbeit entschieden hatte, ob er dies gewollt habe oder nicht, nach begeben müssen, um die im Rahmen der Diplomarbeit gestellten Aufgaben lösen zu können. Dass er sich gerade zur A: habe begeben müssen, sei jedenfalls von der Universität bzw. von Prof. Dr. K: vorgegeben worden. Es habe sich also gerade nicht um eine freie, eigenverantwortliche Entscheidung von ihm gehandelt, sich die für die Bearbeitung seiner Diplomarbeit notwendigen Messdaten bei der A zu beschaffen sondern vielmehr um eine Vorgabe. Ohne die entsprechenden Messdaten hätte er die Aufgabenstellungen der Diplomarbeiter nicht lösen
und dementsprechend sein Studium nicht beenden können. Wenn aber die Universität selbst anordne, dass ein Student sich „extra muros“ begibt, müsse sie bzw. die dahinterstehendeUnfallversicherung auch die Verantwortung dafür übernehmen, wenn es auf dem Weg zu oder von dieser Messstelle zu einem Unfall kommt.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. März 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. März 199,6 aufzuheben und die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, den Verkehrsunfall vom 10.05.1991 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend. Sie trägt vor, private studien- und lehrstoffbezogene Arbeiten außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Hochschule oder außerhalb zeitlich festgelegter Lehrveranstaltungen seien nicht versichert. Der Kläger habe die in der Diplomarbeit formulierte Aufgabe selbständig zu lösen gehabt und Korrekturen durch den Hochschullehrer seien erst dann erforderlich, wenn sich die Aufgabe im Verlauf der Arbeit aus technischen oder organisatorischen Gründen nicht in dem geplanten Umfang lösen lasse. Auch der Abschluss eines Vertrages als freier Mitarbeiter spreche gegen eine rechtliche und organisatorische Verantwortung der Hochschule.
Die Beigeladene beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Auch die Beigeladene hält die Entscheidung des SG für richtig. Im Übrigen fuhrt sie aus, da die Berufungsbegründung ausschließlich einen Versicherungsschutz nach § 539 Abs. l Nr. 14 RVO betreffe und damit in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten und nicht der Beigeladenen fallen würde, möchte sie sich hierzu nicht weiter äußern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten es Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie wurde form- und fristgerecht angelegt. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Unfall des Klägers am 10.05.1991 ist nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Auf den Rechtsstreit sind noch die Vorschriften der bis zum 31.12.1996 geltenden RVO anzuwenden, weil das geltend gemachte Unfallereignis vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und gesetzliche Leistungen – sofern sie begründet sind – bereits vor diesem Zeitpunkt hätten festgestellt werden müssen (§§ 212, 214 SGB VII). Nach diesen Bestimmungen besteht beim Vorliegen eines Arbeitsunfalls ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Arbeitsunfall ist nach § 548 Abs. l Satz l RVO ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Als Arbeitsunfall gilt ferner ein Unfall auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit.
Zum Unfallzeitpunkt befand sich der Kläger nicht auf dem Heimweg von einer nach § 539 Abs. l Nr. l RVO versicherten Tätigkeit bei der Firma A. Der Kläger war auch nicht wie ein Arbeitnehmer bei der Firma A beschäftigt und stand deshalb auch nicht nach § 539 Abs. 2 RVO unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies hat das SG in dem angefochtenen Gerichtsbescheid ausführlich und zutreffend festgestellt. Der Senat schließt sich insoweit in allen Punkten der Auffassung des SG an und verweist, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides (§ 153 Abs.2SGG).
Das SG hat darüber hinaus zutreffend entschieden, dass auch die Voraussetzungen eines nach § 539 Abs. l Nr. 14 Buchst, d RVO versicherten Wegeunfalls nicht erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift sind in der gesetzlichen Unfallversicherung gegen Arbeitsunfall Studenten während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen versichert. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG schließen Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung sowohl für Schüler während des Besuchs allgemeinbildender Schulen als auch für Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen den Versicherungsschutz auf Betriebswegen von Schülern und Studenten nicht grundsätzlich aus. Indessen ist ebenso wie der Versicherungsschutz während eines Besuchs allgemeinbildender Schulen auch der Versicherungsschutz während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen zur Abgrenzung vom eigenwirtschaftlichen Bereich des Studierenden auf Tätigkeiten innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Hochschule beschränkt. Hier ist der Schutzbereich also enger als der Versicherungsschutz in der gewerblichen Unfallversicherung. Allerdings sind bei der Abgrenzung des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Hochschule die gegenüber dem Bereich der allgemeinbildenden Schulen besonderen Verhältnisse einer Aus- und Fortbildung an Hochschulen zu beachten. Nicht nur der unmittelbare Besuch von Vorleseveranstaltungen an der Hochschule soll versichert sein, da sich das Studium an der Hochschule hierin nicht erschöpft und oftmals – je nach der persönlichen Ausrichtung des Studiums des einzelnen Studenten – die Teilnahme an solchen Veranstaltungen nicht einmal den wesentlichen Teil des Aufenthalts an der Hochschule ausmacht. Studierende sind deshalb in der Regel auch versichert, wenn sie anstelle von Unterrichtsveranstaltungen oder daneben andere Hochschuleinrichtungen wie Universitätsbibliotheken, Seminare und Institute zu Studienzwecken aufsuchen oder sich an Exkursionen der Universität beteiligen. Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten besteht für Studierende an Hochschulen jedoch kein weitergehender Unfallversicherungsschutz als etwa für Schüler der allgemeinbildenden Schulen. Für die Beurteilung des Versicherungsschutzes kommt es damit ebenso wie im Schulbereich entscheidend darauf an, ob die Tätigkeit, die zu dem Unfall geführt hat, dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule zuzurechnen ist. Private Studien- und lehrstoffbezogene Arbeiten – auch zur Vorbereitung von Diplomarbeiten – außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Hochschule, etwa im häuslichen Bereich, auf privaten Studienfahrten oder außerhalb zeitlich festgelegter Lehrveranstaltungen sind demgemäss nicht versichert (BSG SozR 3-2200 §539Nr.26m.w.N.).
Zur Überzeugung des Senats, der sich in allen Punkten der dargestellten Rechtsauffassung des BSG anschließt, steht fest, dass der Unfall des Klägers am 10.05.1991 nicht als Arbeitsunfall (Wegeunfall) anzuerkennen und zu entschädigen ist, weil die Tätigkeit des Klägers bei der Firma A nicht mehr in den organisatorischen Verantwortungsbereich der Technischen Universität fällt. Dies hat bereits das SG mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG), richtig entschieden. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren fuhrt zu keiner anderen Beurteilung.
Zunächst steht unstreitig fest, dass der Kläger bei der Firma A keine von der Technischen Universität angebotene und zeitlich festgelegte Lehrveranstaltung besucht hat. Vielmehr hat er dort Messungen auf einem Prüfstand für Motoren durchgeführt, um Daten für die Anfertigung einer Diplomarbeit, die für den Abschluss des Studiums an der Universität erforderlich war, anfertigen zu können. Versicherungsschutz beim Anfertigen der Diplomarbeit ist aber nicht schon deshalb gegeben, weil die damit verbundenen Verrichtungen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Studiums stehen (BSG aaO).
Unerheblich ist auch, ob das Thema der Diplomarbeit von der Hochschule vorgegeben wurde oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass der Kläger im Rahmen der vorgegebenen Themenstellung eine eigene und unabhängige Leistung ohne Weisungen zu erbringen hatte. Dies ergibt sich schon aus der Prüfungsordnung der Universität fiir den Diplomstudiengang Elektrotechnik vom 01.11.1989 und wird bestätigt durch die schriftliche Zeugenauskunft des den Kläger betreuenden Prof. Dr. K vom 19.02.2001 gegenüber dem SG. Kontrollen des Klägers durch die Universität waren während der Anfertigung der Diplomarbeit nicht vorgesehen und wurden auch nicht vorgenommen. Die Information über den Fortgang der Arbeit erfolgte über Berichte und Vorlage von Messergebnissen des Klägers an die Universität.
Der Umstand, dass der Kläger bei der Anfertigung seiner Diplomarbeit von Prof. Dr. K: l betreut wurde, führte noch nicht dazu, dass alle Arbeiten im Zusammenhang mit der Diplomarbeit zum organisatorischen Verantwortungsbereich der Universität zu rechnen sind. Zur Vorbereitung der Diplomarbeit war es lediglich notwendig, dass sich Prof. Dr. K einen Eindruck von der Arbeitsumgebung des Klägers gemacht hat. Zu diesem Zweck ist er als verantwortlicher Hochschullehrer am 08.06.1990 bei A: in gewesen, um sich davon zu überzeugen, dass geeignete Möglichkeiten zur Messaufhahme der Daten, ihre Speicherung und damit Übertragung nach möglich waren. Die Aufgabe von Prof. Dr. K: beschränkte sich mithin auf die Überprüfung der Geeignetheit der Arbeitsumgebung. Dadurch wird die Arbeitsumgebung aber nicht in den organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule eingegliedert. Die Art der vom Kläger durchzuführenden Erhebungen auf diesem Prüfstand selbst war keinem Weisungs- und Kontrollrecht der Hochschule unterworfen. Der Kläger konnte seine persönliche Arbeitszeit und die Art der Benutzung des Prüfstandes selbst bestimmen.
Im Übrigen ist der Senat aus den vom SG dargestellten Gründen der Auffassung, dass sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt auf der Heimfahrt nach befunden hat. Der Umstand, dass er beabsichtigte, am folgenden Montag in der Hochschule vorzusprechen, führt nicht zu einem versicherungsrechtlichen Schutz der Heimfahrt am 10.05.1999.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.