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Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Grundstücksübertragungsvertrag mit Pflegevereinbarung

OLG Hamm – Az.: I-22 U 97/17 – Urteil vom 19.12.2022

Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.07.2017 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen (Az. 4 O 314/14) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, das Grundstück Flur 01, Flurstücke Nr. 01, 02 und 03 in der Gemarkung B, eingetragen im Grundbuch des Amtsgericht Lüdenscheid, Blatt 01 auf den Kläger rückaufzulassen und die Eigentumsumschreibung im Grundbuch zu beantragen und zu bewilligen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Beklagte kann die Vollstreckung in der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 70.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Zusammenfassung

Ein Kläger hat im Jahr 2013 sein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück auf seine Schwester übertragen, die ihm im Gegenzug ein Wohnrecht und Pflegeleistungen zusagte. Nach Streitigkeiten zwischen den Parteien und dem Rücktritt des Klägers vom Vertrag im Jahr 2014 hat das Landgericht die Klage auf Rückauflassung und Zustimmung zur Eigentumsübertragung abgewiesen. Die Berufung des Klägers wurde ebenfalls zurückgewiesen, da er nicht wirksam vom Vertrag zurückgetreten sei und die Pflegeverpflichtung nicht mehr erfüllt wurde. Der Bundesgerichtshof hat jedoch im Jahr 2021 entschieden, dass ein Anspruch auf Rückübertragung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommt, wenn das Verhältnis zwischen den Parteien „heillos zerrüttet“ ist. Da keine vorrangige vertragliche Regelung besteht, die das Risiko des Wegfalls der Geschäftsgrundlage regelt, muss geprüft werden, ob die Zerrüttung dem Kläger allein anzulasten ist. Im vorliegenden Fall konnte die Beklagte nicht schlüssig darlegen, dass die Zerrüttung dem Kläger allein anzulasten ist. Daher hat der Kläger einen Anspruch auf Rückauflassung und Zustimmung zur Eigentumsübertragung. […]

Gründe

I.

Mit notariellem Vertrag vom 20. November 2013 (Bl. 10 ff. d.A.) übertrug der 0000 geborene Kläger, der zuvor einen schweren Herzinfarkt erlitten hatte, sein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück A-Straße 00 in B auf die Beklagte, seine Schwester. Als Gegenleistung bestellte diese dem Kläger ein Wohnrecht an bestimmten Räumen des Hauses und verpflichtete sich, ihn lebenslang zu betreuen und zu pflegen. Die Beklagte wurde als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.

In der Folgezeit kam es zu Streitigkeiten zwischen den Parteien. Ab Februar oder März 2014 erbrachte die Beklagte keine Pflegeleistungen mehr. Im März 2014 erklärte der Kläger den Rücktritt von dem Vertrag, weil die Beklagte von ihm Miete verlange und ihn bedrängt und genötigt habe. Die Streitigkeiten mündeten in einem Zerwürfnis der Parteien.

Die Beklagte bewohnt das Haus derzeit zusammen mit ihren beiden Kindern, deren Partnern und zwei Enkelkindern. Seit dem Tode ihres Ehemannes, der das Haus ebenfalls bewohnt hatte, bezieht die Beklagte eine Witwenrente in Höhe von 360,00 Euro monatlich; sie wird von ihren Kindern finanziell unterstützt.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf welches wegen des zugrundeliegenden Tatbestandes, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Einzelheiten der Entscheidungsgründe verwiesen wird, die Klage auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung, hilfsweise auf Rückauflassung des mit notariellem Übertragungsvertrag vom 20.11.2013 vom Kläger auf die Beklagte übertragenen Grundbesitzes A-Straße 00 in B abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die mit anwaltlichem Schreiben des Klägers vom 28.08.2014 erklärte Anfechtung seiner auf Abschluss des Übertragungsvertrages gerichteten Willenserklärung weder wegen Erklärungsirrtums noch wegen Drohung durchgreife und mangels Geschäftsunfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Übertragungsvertrag nebst Auflassung auch nicht gemäß § 105 BGB nichtig sei. Ein Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks stehe dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu. Mangels Vorliegens eines in § 7 des Übertragungsvertrages geregelten Rücktrittsgrundes sei der Kläger weder wirksam von dem Übertragungsvertrag zurückgetreten, noch greife sein mit anwaltlichem Schreiben vom 28.08.2014 erklärter Widerruf wegen groben Undanks durch, da in dem Übertragungsvertrag vom 20.11.2013 keine Schenkung liege.

Der Senat hat die gegen das landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung des Klägers mit Urteil vom 17. Januar 2019 zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks gemäß § 323 Abs. 1 BGB. Zwar habe die Beklagte die im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Grundstücksübertragung stehende Pflegeverpflichtung nicht mehr erfüllt. Der Kläger hätte aber von der Beklagten unter Fristsetzung konkrete Pflegeleistungen verlangen müssen. Daran fehle es. Eine Rückabwicklung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 3 BGB scheide ebenfalls aus. Da der Kläger in erheblicher Weise die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange der Beklagten verletzt habe, sei der Rücktritt vom Vertrag nicht zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen geboten. Vielmehr erscheine es unbillig, wenn das schuldhaft pflichtwidrige Handeln des Klägers diesem die Möglichkeit eröffne, sich von dem Vertrag zu lösen.

Auf die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 9. Juli 2021 – V ZR 30/20 – das Urteil des Senats insoweit aufgehoben, als die Berufung hinsichtlich des Hilfsantrags (Rückauflassung und Zustimmung zur Eigentumsübertragung) zurückgewiesen worden ist und die Sache in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass in Anbetracht der „heillosen Zerrüttung“ der Parteien ein Anspruch aus § 313 Abs. 3 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht komme. Die Vorschrift des § 313 Abs. 3 BGB sehe bei Wegfall der Geschäftsgrundlage die Rechtsfolge der Auflösung des Vertrags vor, wenn eine Anpassung nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar sei (§ 313 Abs. 3 BGB). Eine vertragliche Regelung im notariellen Kaufvertrag, die allein dem Kläger das Risiko einer Zerrüttung zuweise, finde sich nicht, insbesondere nicht in § 7, der – nicht abschließend – anderweitige Rücktrittsgründe vorsehe. Eine ergänzende Vertragsauslegung komme vor diesem Hintergrund nicht in Betracht. Dennoch scheide ein Anspruch auf Rückauflassung aus, wenn es der Beklagten gelinge, darzulegen und zu beweisen, dass der Kläger allein für die Zerrüttung verantwortlich und daher nicht schutzwürdig sei. Sei danach ein Wegfall der Geschäftsgrundlage anzunehmen, müsse vorrangig geprüft werden, ob eine Vertragsanpassung in Form von Geldzahlungen dem Kläger – insbesondere wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten – unmöglich oder unzumutbar sei, was der Kläger darzulegen und zu beweisen habe. Gelinge dem Kläger dies, müsse der Vertrag mit Wirkung ex nunc aufgelöst werden mit der Folge, dass die Beklagte das Grundstück zurückzuübertragen hätte und von ihrer Pflegeverpflichtung befreit würde.

Mit Blick auf die im Übrigen rechtskräftige Entscheidung des Senats vom 19. Januar 2019 beantragt der Kläger nunmehr noch,

unter Abänderung des am 18.07.2017 verkündeten Urteils der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen (Az. 4 O 314/14) die Beklagte zu verurteilen, das Grundstück Flur 01, Flurstücke Nr. 01, 02 und 03 in der Gemarkung B, eingetragen im Grundbuch des Amtsgericht Lüdenscheid, Blatt 01 auf ihn rückaufzulassen und die Eigentumsumschreibung im Grundbuch zu beantragen und zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird ergänzend auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Wegen der Angaben der in im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28.11.2022 angehörten Parteien wird auf den Inhalt des Berichterstattervermerks vom 28.11.2022 verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers ist im zuletzt noch rechtshängigen Umfang begründet.

1.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Rückauflassung des streitgegenständlichen Hausgrundstücks und Zustimmung zur Eigentumsübertragung aus § 313 Abs. 3 BGB zu.

a.

Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Juli 2021 – V ZR 30/20 (im Folgenden Revisionsurteil) – ist für das vorliegende Verfahren gemäß § 563 Abs. 2 ZPO zugrunde zu legen, dass ein Anspruch auf Rückübertragung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage des Grundstücksübertragungsvertrags mit Pflegeverpflichtung dann in Betracht kommt, wenn das Verhältnis zwischen dem Übertragenden und dem Übernehmenden „heillos zerrüttet“ ist.

Dass ein derartiges „tiefgreifendes Zerwürfnis“ der Parteien vorliegt, hat die Beklagte zuletzt mit Schriftsatz vom 25.02.2022 (Bl. 500 d.A.) unstreitig gestellt.

b.

Weiter ist nach dem Revisionsurteil für den Senat bindend festgestellt, dass keine – insoweit vorrangige – vertragliche Regelung besteht, die das Risiko des Wegfalls der Geschäftsgrundlage wegen eines „tiefgreifenden Zerwürfnisses“ – entweder ausdrücklich, konkludent oder auf Grund ergänzender Auslegung – regelt. Der Bundesgerichtshof hat im Revisionsurteil klargestellt, dass eine solche vorrangige Regelung weder dem notariellen Vertrag entnommen werden kann, noch eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht kommt, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Parteien – hätten sie die Möglichkeit der Zerrüttung ihres Verhältnisses bedacht – das Risiko einer solchen Entwicklung allein dem Kläger zugewiesen hätten.

c.

Der Senat kann nach Anhörung der Parteien im Senatstermin am 28.11.2022 nicht feststellen, dass die Zerrüttung dem Kläger allein anzulasten ist.

aa.

Der Bundesgerichtshof geht im Revisionsurteil davon aus, dass sich in der Regel durch eine Beweisaufnahme kaum aufklären lasse, ob der Anteil des einen oder des anderen an der eingetretenen Zerrüttung überwiege. Allerdings könne sich die betroffene Person nach Treu und Glauben dann nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen, wenn sie nicht schutzwürdig sei. Ausgehend davon hat der Senat vorliegend zu prüfen, ob die Zerrüttung ausnahmsweise dem Kläger allein anzulasten ist. Für die Umstände ist – nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Bundesgerichtshofs im Revisionsurteil – die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.

bb.

Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls hat Beklagte jedoch bereits nicht schlüssig darzulegen vermocht.

Der Senat vermag auf Grundlage der Angaben der Beklagten im Senatstermin nicht auszuschließen, dass es in der Vergangenheit zumindest zwei Vorfälle gegeben hat, die maßgeblich zur Zerrüttung des Verhältnisses beigetragen haben, ohne dass der Kläger einen – bezogen auf den konkreten Vorfall – nachvollziehbaren Anlass für das Verhalten der Beklagten gegeben hätte.

(1)

So hat die Beklagte im Rahmen ihrer Anhörung im Senatstermin angegeben, dass sie und ihr Ehemann mit dem Besuch einer Bekannten des Klägers in dessen – vom Wohnungsrecht umfassten – Wohnbereich nicht einverstanden gewesen seien, weil der Kläger ihnen in der Vergangenheit die Zahlung von Betriebskosten schuldig geblieben sei. Ihr – der Beklagten – Ehemann habe die Bekannte des Klägers deshalb des Hauses verwiesen.

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(a)

Einen – nachvollziehbaren – Anlass für die gegenüber der Bekannten des Klägers ausgesprochene Wohnungsverweisung hat die Beklagte nicht anzugeben vermocht.

Zwar mag die von der Beklagten vertretene Ansicht, dass der Kläger – trotz Fehlens einer ausdrücklichen Umlagevereinbarung im notariellen Kaufvertrag – die auf die vom Wohnrecht betroffenen Räume entfallende verbrauchsabhängigen Betriebskosten grundsätzlich zu zahlen hat, zutreffend sein (vgl. BGH, Urt. v. 21. Oktober 2011 – V ZR 57/11, BeckRS 2011, 27335 Rn. 5, beck-online). Es ist auch unstreitig, dass der Kläger an die Beklagte seit dem Jahre 2014 keine verbrauchabhängigen Betriebskosten gezahlt hat. Ebenso unstreitig ist indes, dass die Beklagte die Betriebskosten in der Vergangenheit gegenüber dem Kläger nicht abgerechnet und die Forderung dem Grunde und der Höhe nach – entsprechend den Regelungen der §§ 556 ff. BGB, die für die Abrechnung der Betriebskosten auch dann analog anwendbar sind, wenn keine Vorauszahlungen des Wohnrechtinhabers vereinbart sind (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2018 – V ZR 60/17 -, NZM 2018, 675, beck-online) – konkretisiert hat.

Aber selbst wenn die Beklagte die Betriebskosten gegenüber dem Kläger abgerechnet hätte, wäre sie nicht berechtigt gewesen, dem Kläger – allein unter Hinweis auf vom Kläger nicht gezahlte Betriebskosten – den Empfang von Besuch in seinem Wohnbereich zu untersagen und Besucher des Hauses zu verweisen.

(b)

Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass dieser – unstreitige – Vorfall in erheblichem Maße zu der eingetretenen Zerrüttung des Verhältnisses der Parteien beigetragen hat. Denn der Vorfall war ausweislich des Protokolls des Amtsgerichts – Familiengericht – in Lüdenscheid (Az. 5 F 1397/16) vom 12.12.2016 (Anlage K 1 zum Schriftsatz vom 29.12.2017, Bl. 374 ff. d.A.) zumindest mitursächlich dafür, dass das Gewaltschutzverfahren vom Kläger eingeleitet wurde.

(2)

Auch hat die Beklagte den Vorwurf des Klägers, sie blockiere – zu Unrecht – eine Umbaumaßnahme im vom Wohnungsrecht umfassten und vom Kläger bewohnten Bereich des Hauses, nicht zu entkräften vermocht.

(a)

Nach Anhörung der Parteien im Senatstermin am 28.11.2022 ist unstreitig geblieben, dass der Kläger die Zusage einer Übernahme der Kosten für den behindertengerechten Umbau eines in den von seinem Wohnrecht umfassten Zimmern gelegenen Waschraums von seiner Versicherung und dem Sozialamt erhalten hat. Dieser Umbau soll u.a. den Einbau einer barrierefreien Dusche umfassen. Unstreitig geblieben ist weiter, dass der Umbau bislang nicht erfolgen konnte, weil es an einer – von der Behörde bei der Betreuerin des Klägers eingeforderten – Zustimmung der Beklagten als Eigentümerin des Hauses fehlt.

(b)

Die Beklagte hat plausible Gründe, weshalb die Zustimmung bislang nicht erteilt worden ist, nicht darzulegen vermocht.

Ihre – vom Dolmetscher übersetzten – Angaben hierzu blieben trotz wiederholter Nachfragen vage und in sich widersprüchlich. So hat die Beklagte im Rahmen ihrer Anhörung im Senatstermin am 28.11.2022 zunächst angegeben, sie und ihr Mann seien seinerzeit mit dem Umbau einverstanden gewesen und hätten ohnehin ein anderes Bad nutzen wollen. Auf weitere Nachfrage hat die Beklagte dann aber im weiteren Verlauf ihrer Anhörung erklärt, sie sei gar nicht gefragt worden, ob sie mit dem Umbau einverstanden sei, und habe auch nicht gewusst, dass überhaupt ein Umbau stattfinden solle. Dies steht jedoch in Widerspruch zu ihrer vorangegangenen Angabe, sie sei mit dem Umbau einverstanden gewesen, denn wenn sie von dem geplanten Umbau nichts gewusst haben will, hätte sie naturgemäß mit einem solchen auch nicht einverstanden sein können. Schließlich steht die Angabe, sie habe von dem Umbau nichts gewusst, in Widerspruch zu ihrer späteren Angabe im Rahmen ihrer Anhörung, sie habe Kontakt zu der Ehefrau des Handwerkers – eines Cousins – gehabt, der den Umbau habe durchführen sollen. Ihre widersprüchlichen Angaben hat die Beklagte auch auf nochmalige Nachfrage des Senats nicht plausibel zu erklären und aufzulösen vermocht.

Der Senat sieht auch im Übrigen keinen plausiblen Grund, der die Beklagte berechtigen würde, die Zustimmung zu dem behindertengerechten Umbau des Bades zu verweigern. Zwar ist der Wohnrechtsinhaber nach §§ 1093, 1037 BGB – ohne Zustimmung des Eigentümers – grundsätzlich nicht berechtigt, bauliche Veränderung an den vom Wohnungsrecht umfassten Räumen vorzunehmen, worunter auch der Umbau eines Waschraums fällt. Allerdings ist in diesem Zusammenhang die Wertung des im Wohnungsmietrecht geregelten § 554 BGB zu berücksichtigen, wonach der Vermieter grundsätzlich bauliche Veränderungen der Mietsache erlauben muss, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen, es sei denn, dass die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Der Senat hält die Interessenlage im Falle des behindertengerechten Umbaus der von einem Wohnungsrecht umfassten Räume für vergleichbar mit derjenigen im Wohnungsmietrecht. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass mit dem – aufgrund des Gesundheitszustands des Klägers, der derzeit unstreitig in Pflegegrad 3 eingestuft ist – notwendigen behindertengerechten Umbau, abgesehen von den mit der Durchführung der Baumaßnahmen eintretenden Unannehmlichkeiten wie Baulärm oder Verschmutzungen, keine wirtschaftlichen Nachteile für die Beklagte verbunden sind. Vielmehr würde der von dem Umbau betroffene Waschraum, der nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien im Termin bisher nur über rudimentäre sanitäre Anlagen verfügt, mit dem Einbau einer Dusche eine für die Beklagte kostenlose „Aufwertung“ erfahren.

(c)

Der Senat kann auf Grundlage der Angaben der Parteien nicht ausschließen, dass auch der vorgenannte Vorfall, der sowohl schriftsätzlich als auch im Rahmen der beiden Senatstermine zur Sprache gekommen ist, zu dem Zerwürfnis der Parteien beigetragen hat.

d.

Der Kläger kann die Auflösung des Vertrags nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB verlangen. Eine – insoweit vorrangige – Vertragsanpassung ist dem Kläger nicht zumutbar (§ 313 Abs. 3 Satz 1 BGB).

aa.

Der Senat ist nach Anhörung der Parteien im Senatstermin davon überzeugt, dass dem Kläger eine Vertragsanpassung aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten nicht zumutbar ist (§ 313 Abs. 3 Satz 1 BGB).

(1)

Nach den bindenden Vorgaben im Revisionsurteil hat der Senat zu prüfen, ob eine Vertragsanpassung durch Geldzahlung der Beklagten anstelle der Sach- und Dienstleistungen in Betracht kommt, entweder in Form einer Rentenzahlung, wenn sie gesichert ist, oder in Form eines Kapitalbetrags, was die Zahlung eines „nachträglichen Kaufpreises“ bedeuten würde.

(2)

Nach den Angaben der Beklagten im Senatstermin, wonach sie lediglich eine Witwenrente in Höhe von 360,00 Euro monatlich bezieht, wäre ihr eine Zahlung an den Kläger weder in Form einer Rente noch in Form eines Kapitalbetrags als „nachträglicher Kaufpreis“ möglich. Eine derartige Zahlungsverpflichtung würde das wirtschaftliche Leistungsvermögen der Beklagten erheblich überschreiten und wäre nicht gesichert.

Zwar mag die Beklagte von ihren Kindern und ihrem Schwiegersohn finanziell unterstützt werden, insbesondere, was das Haus betreffende Ausgaben angeht. Es mag auch sein, dass ihre Kinder und ihr Schwiegersohn aufgrund ihres Einkommens wirtschaftlich in der Lage wären, Zahlungen an den Kläger in Form einer Rentenzahlung oder eines Kapitalbetrages zu erbringen, und dass ihre Tochter und ihr Schwiegersohn sich hierzu gegenüber der Beklagten ausdrücklich bereit erklärt haben. Dieser Umstand muss jedoch bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beklagten und der Zumutbarkeit einer Vertragsanpassung für den Kläger außer Betracht bleiben. Denn in einem etwaigen Urteil des Senats könnte allein eine materiell-rechtliche Zahlungspflicht der Beklagten festgestellt werden, so dass eine etwaige Zwangsvollstreckung auch nur in ihr Vermögen erfolgen könnte. Selbst wenn sich die Tochter und der Schwiegersohn materiell-rechtlich verpflichten würden, für eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten einzustehen, etwa im Wege einer Schuld(mit)übernahme i.S.v. §§ 414 ff. BGB, würde dieser Umstand nichts daran ändern, dass der Kläger aus einem etwaigen Urteil des Senats ihnen gegenüber nicht vollstrecken könnte, sondern erneut klagen müsste, wenn die Verwandten nicht zahlen. Dass dem Kläger das Eingehen eines solchen Risikos nicht zumutbar wäre, liegt auf der Hand.

Vor diesem Hintergrund verfängt auch der Verweis der Beklagten auf die mögliche dingliche Sicherung einer Rentenzahlungspflicht durch Eintragung einer Reallast im Grundbuch nicht. Eine derartige Vertragsanpassung wäre dem Kläger ebenfalls nicht zumutbar. Denn die Bestellung einer Reallast vermag eine fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten nicht zu ersetzen. Sie gewährt dem Kläger lediglich einen dinglichen Anspruch auf Befriedigung wegen jeder einzelnen Leistung, der § 1147 BGB (analog) durch Zwangsvollstreckung in das Grundstück geltend zu machen ist (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 9. April 1981 – BReg 2 Z 21/81 -, Rn. 24, juris; MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl. 2020, BGB § 1107 Rn. 13). Eine mögliche Zwangsvollstreckung in das Grundstück mit der Folge einer etwaigen Zwangsversteigerung würde jedoch dem Interesse des Klägers am Erhalt des Hausgrundstücks und seiner „eigenen vier Wände“, in denen er nach eigenen Angaben „seinen Lebensabend verbringen“ will, zuwiderlaufen, zumal der Kläger, der – unbestritten – lediglich eine Rente in Höhe von monatlich 610,00 Euro bezieht und dem im Übrigen ratenfreie Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, offensichtlich nicht über die finanziellen Mittel verfügt, das Hausgrundstück selbst zu erstehen.

bb.

Nach alledem ist der Vertrag – unter Zugrundelegung der für den Senat bindenden Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Revisionsurteil – aufgrund der den Charakter des Vertrages prägenden, als Dauerschuldverhältnis einzuordnenden Pflegeverpflichtung – mit Wirkung ex nunc aufzulösen (§ 313 Abs. 3 Satz 2 BGB). Folge ist, dass die Beklagte an den Kläger das Grundstück zurückzuübertragen hat und von ihrer Pflegeverpflichtung befreit wird (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2021 – V ZR 30/20 -, Rn. 16, juris).

(1)

Die insoweit notwendige Kündigungserklärung des Klägers (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1987 – V ZR 91/86 -, BGHZ 101, 143-153, Rn. 28) liegt vor.

Zwar hat der Kläger gegenüber der Beklagten nie ausdrücklich eine „Kündigung“ erklärt, sondern – mit Schreiben vom 25.03.2014 (Bl. 21 d.A.) – den „Rücktritt“ vom Übertragungsvertrag und – mit weiterem Schreiben vom 28.08.2014 (Bl. 22 ff. d.A.) – die „Anfechtung“ und den „Widerruf wegen groben Undanks“. Eine ausdrückliche Kündigungserklärung ist auch während des laufenden Rechtsstreits nicht erfolgt.

Allerdings hat der Kläger bereits vorgerichtlich zu verstehen gegeben, dass er an den Rechtsfolgen des mit der Beklagten geschlossenen notariellen Vertrages nicht festhalten möchte und die Rückauflassung des Grundstücks begehrt. Die Erklärungen des Klägers können daher gemäß §§ 133, 157 BGB dahingehend ausgelegt werden, dass die – gegenüber einer Rückabwicklung des Vertrages aufgrund Rücktritts, Anfechtung oder Widerrufs weniger einschneidenden – Rechtsfolgen einer Vertragsauslösung von dem Willen des Klägers (mit) umfasst sind. Sein diesbezügliches Begehren hat der Kläger mit Antragstellung im Senatstermin am 28.11.2022, in der nach den vorgenannten Maßstäben eine (nochmalige) konkludente Kündigungserklärung enthalten ist, bekräftigt.

(2)

Die Abwicklung des Vertrages richtet sich nach den für eine Kündigung (aus besonderem Grund) geltenden Abwicklungsfolgen und -wirkungen (vgl. Böttcher in: Erman BGB, Kommentar, § 313 Störung der Geschäftsgrundlage, Rn. 44b m.w.N.). Danach sind, worauf auch der Bundesgerichtshof im Revisionsurteil für den Senat bindend verwiesen hat, die Rücktrittsregelungen nicht entsprechend anwendbar. Die vom V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs als einschlägig angesehene Kündigung führt dazu, dass die vor der Kündigungserklärung erbrachten Leistungen sowie die bereits vor der Kündigung fällig gewordenen, noch nicht erloschenen Ansprüche unberührt bleiben. Für diese Leistungen bleibt auch der Rechtsgrund des gekündigten Schuldverhältnisses bestehen, so dass sie grundsätzlich nicht nach Bereicherungsrecht zurückzugewähren sind (vgl. Böttcher in: Erman BGB, Kommentar, § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund, Rn. 20; BeckOGK/Martens, 1.10.2022, BGB § 313 Rn. 148; MüKoBGB/Gaier, 9. Aufl. 2022, BGB § 314 Rn. 48).

(a)

Der Kläger kann von der Beklagten die Rückübertragung des der Beklagten zugewendeten Eigentums an dem Hausgrundstück verlangen. Jedenfalls hat er zu weiteren etwaigen Ansprüchen nichts vorgetragen.

(b)

Die Beklagte ist wegen der Beendigung des Vertrages aufgrund Kündigung nicht mehr zur Pflege und Betreuung des Klägers verpflichtet.

(c)

Weitere – im Rahmen eines konkludent geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB zu berücksichtigenden – Ansprüche der Beklagten gegenüber dem Kläger bestehen demgegenüber nicht.

(aa)

Die seitens der Beklagten geltend gemachten, mit dem Grunderwerb verbundenen Kosten (Notarkosten und Grundbuchkosten) sind nicht erstattungsfähig.

Zwar mag auch im Falle einer Vertragsauflösung mit Wirkung ex nunc grundsätzlich die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht ausgeschlossen sein, was ausdrücklich aus der Wertung des § 314 Abs. 4 BGB folgt. Hielte man § 314 Abs. 4 BGB im vorliegenden Fall für anwendbar, würden Schadens- oder Aufwendungsersatzansprüche der Beklagten gegenüber dem Kläger jedoch ausscheiden. Denn § 314 Abs. 4 BGB regelt den Fall, dass dem Kündigenden, hier also dem Kläger, Schadens- oder Aufwendungsersatzansprüche gegenüber dem Kündigungsgegner, hier der Beklagten, zustehen, insbesondere dann, wenn letztere(r) durch die Verletzung vertraglicher Pflichten – schuldhaft – den wichtigen Grund für die Kündigung gesetzt hat (sog. „Auflösungsverschulden“, vgl. MüKoBGB/Gaier, 9. Aufl. 2022, BGB § 314 Rn. 49; BeckOGK/Martens, 1.10.2022, BGB § 314 Rn. 84). Im vorliegenden Fall verlangt jedoch – umgekehrt – die Beklagte Schadens- und Aufwendungsersatz vom Kläger. Selbst wenn man in diesem Falle § 314 Abs. 4 BGB für einschlägig erachten würde, wären Schadens- oder Aufwendungsersatzansprüche der Beklagten dennoch ausgeschlossen. Denn ist bei beiderseitiger Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses die Kündigung des Dauerschuldverhältnisses durch einen Vertragsteil wirksam, hat der andere Teil, der am Vertrag festhält, wegen des ihm durch die Kündigung entstandenen Schadens keinen Ersatzanspruch; seinem Schadensersatzverlangen steht der Einwand treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB) entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1965 – VII ZR 202/63 -, BGHZ 44, 271-279, Rn. 29 – 32; BGH, Urteil vom 11. Februar 1981 – VIII ZR 312/79 -, Rn. 46, juris MüKoBGB/Gaier, 9. Aufl. 2022, BGB § 314 Rn. 50). Wie oben dargelegt, ist vorliegend davon auszugehen, dass beide Parteien einen Anteil an dem eingetretenen Zerwürfnis zu tragen haben; eine alleinige Verantwortlichkeit des Klägers hat die Beklagte nicht darzulegen vermocht. Dieses Ergebnis entspricht auch der – für den Senat bindenden – Wertung des Bundesgerichtshofs im Revisionsurteil, wonach ein Wegfall der Geschäftsgrundlage bei einem Übertragungsvertrag mit Pflegeverpflichtung im Falle einer eingetretenen Zerrüttung der Parteien grundsätzlich anzunehmen ist, ohne dass es darauf ankäme, welche Vertragspartei welchen Anteil an dem Zerwürfnis trägt, es sei denn, eine Vertragspartei wäre aufgrund feststehender alleiniger Verantwortung ausnahmsweise nicht schutzwürdig. Dieser Grundsatz würde unterlaufen, würde man den Parteien im Rahmen der Rechtsfolge gegenseitige Schadens- oder Aufwendungsersatzansprüche (aus § 314 Abs. 4 BGB) auch dann zugestehen, wenn – wie hier – beide Parteien die Zerrüttung zu verantworten haben.

Ansprüche aus §§ 994, 996 BGB scheiden schon deshalb aus, weil die Beklagte zum Zeitpunkt der Verwendungsvornahme Eigentümerin des streitgegenständlichen Hausgrundstücks war und das Eigentum nicht rückwirkend, sondern, wie oben dargelegt, mit Wirkung ex nunc verliert. In diesem Falle fehlt es an dem Vorliegen einer notwendigen Vindikationslage (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1984 – IVa ZR 75/83 -, Rn. 18, juris; vgl. Grüneberg/Herrler, BGB, 81. Auflage 2022, vor § 994, Rn. 2).

(bb)

Soweit die Beklagte Erstattung der Kosten für den Austausch des Brauchwasserspeichers der Zentralheizung in Höhe von 3.380,67 Euro geltend macht, besteht – aus den genannten Gründen – ebenfalls kein Anspruch, zumal die Beklagte als Eigentümerin – auch gegenüber dem Kläger – zum Austausch des Speichers auf eigene Kosten verpflichtet war.

(cc)

Schließlich besteht kein Anspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger auf Erstattung der seit 2014 angefallenen verbrauchsanhängigen Betriebskosten.

Zwar mag der Kläger, wie bereits oben dargelegt, zur Zahlung der auf die vom Wohnrecht betroffenen Räume entfallenden verbrauchsabhängigen Betriebskosten grundsätzlich verpflichtet sein. Allerdings hat die Beklagte die Höhe der auf den Kläger entfallenden Betriebskosten nicht substantiiert dargelegt. Da in dem Gebäude – unstreitig – keine entsprechenden Messeinrichtungen vorhanden sind, wäre konkreter Vortrag dazu notwendig gewesen, welche angefallenen Betriebskosten in welcher Höhe auf welcher Grundlage dem Kläger zuzurechnen sind. Diesen Anforderungen ist die Beklagte indes nicht ansatzweise gerecht geworden; sie hat die Kosten lediglich pauschal auf „über 14.000,00 Euro“ geschätzt, ohne dem Senat entsprechende Schätzungsgrundlagen mitzuteilen. Der Senat hat mit Verfügung vom 16.05.2022 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der bisherige Sachvortrag der Parteien zu etwaigen Ausgleichsforderungen und wechselseitigen Verpflichtungen aus dem streitgegenständlichen Vertrag den Anforderungen nicht genügt und Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme eingeräumt. Mit Terminsverfügung vom 25.08.2022 ist ihnen unter Fristsetzung aufgegeben worden, abschließend unter Vorlage von Belegen zu etwaigen Ausgleichsforderungen vorzutragen. Konkretisierender Vortrag der Beklagten ist jedoch daraufhin nicht erfolgt; vielmehr hat die Beklagte im Schriftsatz vom 25.10.2022 die Ansicht vertreten, weiterer Sachvortrag hierzu sei nicht veranlasst.

Überdies kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte seit 2014 ihrerseits einen überwiegenden Teil der Wohnfläche des Hauses zusammen mit ihren Familienmitgliedern – kostenlos – bewohnt und insoweit Nutzungen i.S. eines erheblichen Wohnvorteils aus dem übertragenen Eigentum gezogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1994 – V ZR 113/93 -, Rn. 17, juris). Der Wert dieser Nutzungen würde die von der Beklagten geltend gemachten Betriebskostenzahlungen der Höhe nach erheblich übersteigen, was im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu einem Ausschluss der entsprechenden Nachforderung führen würde.

e.

Die Entscheidung des Senats ist aufgrund der Bindungswirkungen des Revisionsurteils veranlasst.

Die zugrunde liegende Rechtsauffassung des Revisionsgerichts überzeugt den Senat indessen nicht:

Die Annahme des Revisionsgerichts, dass bei einem Grundstücksübertragungsvertrag mit Pflegevereinbarung „typischerweise beide Vertragsparteien mit ihrem Verhalten zu der Zerrüttung des Verhältnisses beitragen und ein eindeutiger Schwerpunkt der Verursachung hierfür auch durch eine Beweisaufnahme regelmäßig nicht bestimmt werden kann“, begegnet nach den Erfahrungen des Senats als Tatsachengericht erheblichen Bedenken. Danach ist der Übertragende im Falle eines Übertragungsvertrags mit Pflegeverpflichtung zumeist eine zumindest absehbar hilfsbedürftige, oftmals auch (hoch)betagte Person. Die zur Entscheidung angestandenen Sachverhalte haben wiederholt zu Tage treten lassen, dass pflegebedürftige Personen mit steigendem Alter starrsinnig, zunehmend realitätsfern und – für den Pflegenden – schwerer zugänglich werden und/oder sich von diesem entfremden. Zumeist werden sie leichter beeinflussbar durch Dritte, die von außen auf sie einwirken und sie in dem in ihnen aufkommenden Wunsch, sich vom Vertrag mit dem Pflegenden zu lösen, unterstützen.

Die Auffassung des Revisionsgerichts, der Übernehmende müsse den „Ausnahmefall“ beweisen, dass die Zerrüttung dem Übertragenden „allein anzulasten“ sei, trägt den vorgenannten Umständen nicht genügend Rechnung. Vielmehr wird sie letztlich dazu führen, dass eine zur Vertragsauflösung führende Zerrüttung vom Übernehmenden, möglicherweise veranlasst und gelenkt durch Dritte, im Falle eigener Vertragsreue praktisch risikolos „provoziert“ werden kann. Denn es wird angesichts der vom Revisionsgericht vertretenen Beweislast in der Praxis der Ausnahmefall sein, dass wegen eines zur Überzeugung des Gerichts feststehenden alleinigen Verschuldens des Übertragenden die Anwendung des § 313 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist.

Nach Ansicht des Senats findet die Auffassung des Revisionsgerichts auch keine hinreichende gesetzliche Stütze. So ist im Falle des Bestehens eines Rücktrittsrechts ein Rücktritt nach § 323 Abs. 6 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Schuldner nachweist, dass der Gläubiger allein oder „weit überwiegend“ verantwortlich ist (vgl. hierzu etwa BeckOGK/Looschelder BGB § 323 Rn. 333); eine alleinige Verantwortung des Gläubigers ist also gerade nicht erforderlich.

Die vom Revisionsgericht befürwortete Beweislastverteilung steht zudem im Widerspruch zu der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Falle des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks nach §§ 530 ff. BGB, die einen Sonderfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage regeln (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 – X ZR 108/03; NJW-RR 2006, 699, beck-online, Rn. 18). Im Falle des Schenkungswiderrufs ist der Schenker als Anspruchsteller für die Umstände, aus denen der grobe Undank hergeleitet werden kann, also ein dem Beschenkten anzulastendes Fehlverhalten, darlegungs- und beweispflichtig (vgl. nur BGH, Urteil vom 11. Juli 2000 – X ZR 89/98 -, NJW 2000, 3201, beck-online). Dabei ist zu sehen, dass ein Schenkungsvertrag – anders als der vorliegende Übertragungsvertrag mit Pflegeverpflichtung – keine Gegenleistung des Beschenkten vorsieht. Es stellt aus Sicht des Senats einen auch mit Billigkeitsgesichtspunkten nicht aufzulösenden Wertungswiderspruch dar, wenn die Anforderungen, die an die Darlegungs- und Beweislasten für den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Falle eines mit gegenseitigen Leistungspflichten belegten Vertrages für den jeweiligen Anspruchssteller gestellt werden, deutlich geringer sein sollen als diejenigen des Anspruchsstellers im Falle einer – unentgeltlichen – Schenkung, soweit es – wie vorliegend allein streitgegenständlich – um die Rückforderung des Übertragungsgegenstandes (und nicht um die bloße Anpassung des Vertrages) geht. Hinzu kommt, dass bei einem Schenkungswiderruf wegen groben Undanks in die Gesamtwürdigung auch die persönlichen Lebensumstände und ein Fehlverhalten des Schenkers einzubeziehen sind. Aus diesem Grunde kann nach den Umständen des Einzelfalls selbst eine tätliche Auseinandersetzung zwischen Schenker und Beschenktem nicht genügen, um einen Schenkungswiderruf zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2019 – X ZR 48/17, beck-online, Rn. 36 – 41).

Es erschließt sich dem Senat nicht, warum in der streitgegenständlichen Konstellation demgegenüber gewichtige, das Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme offensichtlich verletzende Handlungsweisen des Klägers, die der Senat im aufgehobenen Urteil festgestellt hat (vgl. dort 2 b) bb) (2) (c)), der Anwendung des § 313 Abs. 3 BGB nicht entgegen stehen sollen.

2.

Trotz des Unterliegens des Klägers mit dem Hauptantrag sind die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Revisionsverfahrens nach § 91 Abs. 1 ZPO vollständig der Beklagten aufzuerlegen.

Ein Teilunterliegen des Klägers insoweit, als der Hauptantrag abgewiesen worden ist und er nur mit dem Hilfsantrag Erfolg hat, liegt nicht vor, weil Haupt- und Hilfsantrag denselben Gegenstand i.S.v. § 45 Abs. 1 S. 3 GKG betreffen (vgl. BeckOK ZPO/Jaspersen, 46. Ed. 1.9.2022, ZPO § 91 Rn. 64).

Für die Festsetzung des Streitwerts hatte keine Zusammenrechnung des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs mit dem Hauptanspruch nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG zu erfolgen. Denn eine Zusammenrechnung scheidet nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG aus, wenn Haupt- und Hilfsanspruch denselben Gegenstand betreffen, in diesem Fall ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend. Bei dem Begriff des Gegenstands in § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG handelt es sich um einen selbständigen kostenrechtlichen Begriff, der eine wirtschaftliche Betrachtung erfordert (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2004 – IV ZR 287/03 -, NJW-RR 2005, 506). Eine Zusammenrechnung hat dort zu erfolgen, wo eine wirtschaftliche Werthäufung entsteht und nicht ein wirtschaftlich identisches Interesse betroffen ist (BGH, Beschluss vom 12. April 2010 – II ZR 34/07 – juris Rn. 4). Nach der in der Rechtsprechung entwickelten „Identitätsformel“ besteht zwischen dem Gegenstand des Haupt- und eines Hilfsantrags wirtschaftliche Identität, wenn beiden, das durch die Antragstellung hergestellte Eventualverhältnis hinweggedacht, nicht gleichzeitig stattgegeben werden könnte, sondern die Verurteilung nach dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen nach sich zöge (vgl. BGH, Urteil vom 8.August 2017 – X ZR 101/16, NJW-RR 2017, 1453, beck-online). So liegt der Fall hier, da dem Kläger entweder die mit Hauptantrag geltend gemachte Grundbuchberichtigung (wegen Nichtigkeit der Auflassungserklärung des Klägers) oder aber die mit Hilfsantrag geltend gemachte Rückauflassung hätte zugesprochen werden können, so dass die Verurteilung nach dem einen Antrag – das Eventualverhältnis hinweggedacht – notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrags gefolgt wäre. Beide Anträge betreffen daher – gebührenrechtlich – denselben Gegenstand.

3.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

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