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Weiterbeschäftigung nach Kündigungsausspruch und Abschluss eines neues neuen Arbeitsverhältnisses

BAG

Az: 7 AZR 113/04

Urteil vom 19.01.2005


In Sachen hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2005 für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 3. November 2003 – 15 Sa 64/03 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2002 hinaus bis zum 31. März 2003 fortbestanden hat.

Der Kläger war bis zum Jahresende 2001 selbständiger Immobilienkaufmann. Von Januar 2002 bis zum Jahresende 2002 arbeitete er bei seinen Eltern, den Eheleuten K in einer nach Inhalt und Umfang nicht näher beschriebenen Tätigkeit. Am 21. Februar 2002 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, wonach der Kläger ab 1. April 2002 bei der Beklagten als Immobilienkaufmann in deren Zweigniederlassung in S beschäftigt wurde. Ob der Kläger bei Vertragsschluss seine Tätigkeit für seine Eltern angezeigt hat, ist unter den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 13. September 2002 und 30. Oktober 2002 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger jeweils zum 31. Dezember 2002. Dagegen wandte sich der Kläger mit Klage vom 27. September 2002 und mit Klageerweiterung vom 15. November 2002.

Am 4. Dezember 2002 verließ der Kläger gegen 14.30 Uhr die Firmenräume mit der Bemerkung, er müsse zum Arzt, er fühle sich nicht wohl. Für die Zeit vom 5. Dezember 2002 bis 7. Januar 2003 übersandte er mit Ausnahme des 28. und 29. Dezember 2002 der Beklagten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verschiedener Ärzte. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2002 teilte die Beklagte dem Kläger ua. folgendes mit:

„Sehr geehrter Herr K,

wir möchten Sie hiermit auffordern, nach Beendigung Ihrer Krankheit unverzüglich die Arbeit in unserer Firma in S, bis auf Widerruf sofort wieder aufzunehmen. Es bestehen erhebliche Arbeitsrückstände, die aufzuarbeiten sind. Mit dieser Aufforderung wird kein Angebot auf Neuabschluss des Arbeitsverhältnisses ab 1. Januar 2003 unterbreitet, vielmehr tragen wir nur dem ungewissen Ausgang des Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht S Rechnung. …“

Mit einem weiteren Schreiben vom 7. Januar 2003 forderte die Beklagte den Kläger auf, die ihm bekannten Rückstände aufzuarbeiten. Daraufhin nahm der Kläger seine Tätigkeit am 8. Januar 2003 wieder auf. Mit Schreiben vom 10. Januar 2003 kündigte die Beklagte das „eventuell“ mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. März 2003. Auch hiergegen wandte sich der Kläger mit Klageerweiterung vom 29. Januar 2003.

Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2003 erklärte die Beklagte die Anfechtung des Arbeitsvertrags vom 21. Februar 2002 wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung, der Kläger habe ein anderweitiges Arbeitsverhältnis bei den Eheleuten K in der Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2002 bewusst verschwiegen und im Personalbogen wahrheitswidrig versichert, dass er in keinem Arbeitsverhältnis stehe. Weiterhin erklärte die Beklagte mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2003 nochmals die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung, weil der Kläger darüber hinaus die von ihm beabsichtigte Fortsetzung dieses weiteren Arbeitsverhältnisses nach dem Tätigkeitsbeginn bei ihr arglistig verschwiegen habe.

Der Kläger hat gemeint, das Schreiben der Beklagten vom 30. Dezember 2002 habe zu einer Fortsetzung des zum 31. Dezember 2002 gekündigten Arbeitsverhältnisses geführt, welches erst durch die ordentliche Kündigung vom 10. Januar 2003 zum 31. März 2003 beendet worden sei. Mit seiner einvernehmlichen Weiterbeschäftigung auf der Grundlage des Schreibens der Beklagten vom 30. Dezember 2002 hätten die Parteien einen Vertrag über die auflösend bedingte Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses bis zur endgültigen Klärung der Wirksamkeit der Kündigungen vom 13. September und 30. Oktober 2002 geschlossen. Dieses auflösend bedingte Arbeitsverhältnis sei durch die fristlose Kündigung vom 10. Januar 2003 nicht beendet worden, weil hierfür kein wichtiger Grund iSd. § 626 BGB vorgelegen habe. Er hat behauptet, er habe den Geschäftsführer der Beklagten über alle Umstände des Arbeitsverhältnisses mit seinen Eltern informiert.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 13. September 2002 noch durch die Kündigung der Beklagten vom 30. Oktober 2002 zum 31. Dezember 2002 aufgelöst wird,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht aus anderen Gründen mit Ablauf des 31. Dezember 2002 enden wird, sondern über den 31. Dezember 2002 hinaus fortbesteht,

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10. Januar 2003 nicht aufgelöst worden ist,

4. festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 10. Januar 2003 sozial nicht gerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. März 2003 hinaus fortbesteht,

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.100,00 Euro brutto zu zahlen,

6. an ihn die Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III in vollständig und richtig ausgefüllter Form herauszugeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2002 sei weder ausdrücklich noch konkludent ein neues Arbeitsverhältnis begründet worden. Mit ihrem Schreiben vom 30. Dezember 2002 habe sie kein Angebot auf Neuabschluss eines Arbeitsverhältnisses unterbreitet, sondern nur den Kläger aufgefordert, bis auf Widerruf seine Arbeitsrückstände aufzuarbeiten. Das ihr hiernach zustehende Widerrufsrecht habe sie mit dem Kündigungsschreiben vom 10. Januar 2003 ausgeübt. Im Übrigen wäre ein etwaiges Arbeitsverhältnis mit Zugang der fristlosen Kündigung vom 10. Januar 2003 bzw. durch ihre Anfechtungserklärungen beendet worden.

Das Arbeitsgericht hat den Leistungsanträgen zu 5) und 6) stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit der Berufung hat sich der Kläger nicht gegen die Abweisung der gegen die Kündigungen vom 13. September 2002 zum 31. Dezember 2002 gerichteten Kündigungsschutzklagen gewandt, sondern nur noch beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. Dezember 2002 hinaus bis zum 31. März 2003 fortbestanden hat. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den zweitinstanzlichen Feststellungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts kann die allein noch anhängige Feststellungsklage nicht mit der Begründung abgewiesen werden, der Kläger habe die Klagefrist nach § 17 Satz 1 TzBfG nicht gewahrt und deshalb sei die Zweckbefristung wirksam. Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Unrecht angenommen, ein möglicherweise bestehendes Arbeitsverhältnis sei durch wirksamen Widerruf der Beklagten vom 10. Januar 2003 beendet worden. Das Landesarbeitsgericht hat es deshalb zu Unrecht offen gelassen, ob zwischen den Parteien nach dem 31. Dezember 2002 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und dieses durch außerordentliche Kündigung der Beklagten beendet wurde oder auf Grund Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nichtig ist. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob und in welchem Umfang die Feststellungsklage begründet ist, weil es hierzu noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bedarf.

I. Der mit der Revision allein weiterverfolgte Feststellungsantrag ist zulässig. Es handelt sich um eine allgemeine Feststellungsklage iSd. § 256 Abs. 1 ZPO, mit welcher der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. Dezember 2002 hinaus bis zum 31. März 2003 fortbestanden hat.

II. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht schon deshalb abweisen, weil ein möglicherweise über den 31. Dezember 2002 hinaus bestehendes Arbeitsverhältnis ohnehin vor dem 31. März 2003 durch Zweckerreichung oder wirksamen Widerruf der Beklagten beendet worden sei. Beide Beendigungstatbestände sind nicht gegeben.

1. Zwischen den Parteien bestand über den 31. Dezember 2002 hinaus ein Arbeitsverhältnis. Das Landesarbeitsgericht hat – von seinem Standpunkt aus zu Recht – eine Auslegung der maßgeblichen tatsächlichen und konkludenten Erklärungen der Parteien im Zusammenhang mit der erneuten Beschäftigung des Klägers im Januar 2003 zwar unterlassen. Der Senat kann die Auslegung allerdings selbst vornehmen, weil davon auszugehen ist, dass die dafür maßgeblichen Tatsachen feststehen und ein weiterer Sachvortrag der Parteien nicht zu erwarten ist (vgl. BAG 5. Mai 2004 – 7 AZR 629/03 – AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 27 = EzA TzBfG § 15 Nr. 1, zu I 3 c bb (2) der Gründe; 4. September 1986 – 8 AZR 636/84 – BAGE 53, 17 = AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 22 = EzA BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 27, zu II 1 der Gründe).

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann in der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach Ausspruch der Kündigung und nach Ablauf der Kündigungsfrist der Abschluss eines neuen befristeten Arbeitsvertrags oder die Vereinbarung liegen, dass der gekündigte Arbeitsvertrag auflösend bedingt durch die rechtskräftige Abweisung der Kündigungsschutzklage bzw. zweckbefristet bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens fortgesetzt werden soll (15. Januar 1986 – 5 AZR 237/84 – BAGE 50, 370 = AP LohnFG § 1 Nr. 66 = EzA LohnFG § 1 Nr. 79, zu II 3 der Gründe; 4. September 1986 – 8 AZR 636/84 – BAGE 53, 17 = AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 22 = EzA BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 27, zu II 2 a der Gründe; 22. Oktober 2003 – 7 AZR 113/03 – AP TzBfG § 14 Nr. 6 = EzA TzBfG § 14 Nr. 6, zu II 1 c bb und II 1 c cc der Gründe). Fordert der Arbeitgeber wie hier einen gekündigten Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist auf, seine Tätigkeit bis zur Entscheidung über die Kündigungsschutzklage fortzuführen, geht der Wille der Parteien regelmäßig dahin, das Arbeitsverhältnis, das der Arbeitgeber durch die Kündigung beenden möchte, bis zur endgültigen Klärung, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt die Kündigung wirksam geworden ist, fortzusetzen oder für die Dauer des Rechtsstreits ein befristetes Arbeitsverhältnis zu begründen. Anders kann ein solches Verhalten der Arbeitsvertragsparteien nicht verstanden werden. Denn der Arbeitnehmer ist auf Grund des gekündigten Arbeitsverhältnisses zu weiterer Arbeitsleistung nicht verpflichtet.

b) Die Aufforderung der Beklagten in ihrem Schreiben vom 30. Dezember 2002, die Arbeit nach Beendigung seiner Krankheit wegen Arbeitsrückstände bis auf Widerruf sofort wieder aufzunehmen, konnte der Kläger aus Sicht eines objektiven Empfängers (§§ 133, 157 BGB) nur dahingehend verstehen, dass die Beklagte das zum 31. Dezember 2002 beendete Arbeitsverhältnis fortsetzen oder ein neues befristetes Arbeitsverhältnis begründen will, bis Klarheit darüber besteht, ob die im Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht S angegriffenen Kündigungen vom 13. September 2002 und 30. Oktober 2002 wirksam geworden sind. Das darin liegende Angebot auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung hat der Kläger konkludent angenommen, indem er der Aufforderung zur Arbeitsaufnahme am 8. Januar 2003 nachkam. Dieser Auslegung steht nicht die im Schreiben vom 30. Dezember 2002 enthaltene Formulierung, dass mit der Aufforderung kein Angebot auf Neuabschluss eines Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Januar 2003 unterbreitet werde, entgegen. Nimmt der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des gekündigten Arbeitnehmers auf Grund einer Aufforderung zur vorläufigen Fortsetzung der Tätigkeit nach Ablauf der Kündigungsfrist in Anspruch, kann er die Auslegung seines Verhaltens als Ausdruck eines entsprechenden Rechtsfolgewillens nicht dadurch ausschließen, dass er dem Arbeitnehmer gleichzeitig erklärt, er wolle mit der Weiterbeschäftigung kein Arbeitsverhältnis begründen. Die in Widerspruch zu seinem geäußerten Willen und eigenem tatsächlichen Verhalten stehende Erklärung ist für die rechtliche Wertung, welche Erklärungsbedeutung der Inanspruchnahme der Arbeitsleistung zukommt, ohne Bedeutung. Zeigt nämlich jemand ein Verhalten, das nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte nur als Ausdruck eines bestimmten Willens aufgefasst werden kann, so ist seine wörtliche Verwahrung gegen eine entsprechende Deutung des Verhaltens unbeachtlich, denn er setzt sich in Widerspruch mit seinem eigenen tatsächlichen Verhalten (sog. protestatio facto contraria) und hat durch sein tatsächliches Verhalten die Geltendmachung einer anderweitigen Auslegung verwirkt (BGH 9. Mai 2000 – VI ZR 173/99 – NJW 2000, 3429, zu II 2 b bb der Gründe).

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2. Ob das über den 31. Dezember 2002 hinaus bestehende Arbeitsverhältnis der Parteien noch vor dem 31. März 2003 beendet worden ist, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend beurteilen. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts wurde dieses Arbeitsverhältnis nicht auf Grund eines „Widerrufs“ der Beklagten oder wegen Nichteinhaltung der Klagefrist nach § 17 Satz 1 TzBfG wegen der vereinbarten Zweckbefristung vorzeitig beendet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe sich in ihrem Schreiben vom 30. Dezember 2002 einen Widerruf vorbehalten, den sie mit dem Kündigungsschreiben vom 10. Januar 2003 wirksam ausgeübt habe. Damit sei das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet worden. Weiterhin habe der Kläger die Unwirksamkeit der Zweckbefristung nicht rechtzeitig geltend gemacht. Sie sei deshalb wirksam.

a) Das Arbeitsverhältnis wurde nicht durch Widerruf der Beklagten beendet. Der nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts wirksam vereinbarte „Widerrufsvorbehalt“ enthält ein einseitiges Gestaltungsrecht der Beklagten im Sinne einer an keine Gründe gebundenen außerordentlichen Kündigungsbefugnis, die wegen Umgehung der zwingenden Kündigungsschutzvorschrift des § 626 BGB unwirksam ist. Denn das außerordentliche Kündigungsrecht ist unabdingbar und kann vertraglich weder erweitert noch eingeschränkt oder ausgeschlossen werden (BAG 15. März 1991 – 2 AZR 516/90 – AP BBiG § 47 Nr. 2 = EzA BBiG § 47 Nr. 19 mwN aus der Rechtsprechung, zu II 2 b der Gründe).

b) Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht auf Grund der vereinbarten Zweckbefristung, nach der das Arbeitsverhältnis bis zum Abschluss des vor dem Arbeitsgericht anhängigen Kündigungsschutzverfahrens fortgesetzt werden sollte, vor dem 31. März 2003 beendet worden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Zweckbefristung wirksam ist. Auch eine wirksame Zweckbefristung hätte das Arbeitsverhältnis nicht vor dem 31. März 2003 beendet.

aa) Die zwischen den Parteien zustande gekommene arbeitsvertragliche Vereinbarung über die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Abschluss des anhängigen Rechtsstreits über die Wirksamkeit der zum 31. Dezember 2002 ausgesprochenen Kündigungen ist ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag. Durch die Weiterbeschäftigungsvereinbarung schaffen die Arbeitsvertragsparteien für die Beschäftigung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Entscheidung über die Kündigungsschutzklage eine arbeitsvertragliche Grundlage, weil sie in dieser Zeit keine Gewissheit darüber haben, ob zwischen ihnen noch ein Arbeitsverhältnis mit den daraus resultierenden Arbeits- und Beschäftigungspflichten besteht (BAG 22. Oktober 2003 – 7 AZR 113/03 – AP TzBfG § 14 Nr. 6 = EzA TzBfG § 14 Nr. 6, zu II 1 a der Gründe). Hat die Vereinbarung die Beschäftigung des Arbeitnehmers bis zum – erstinstanzlichen oder rechtskräftigen – Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zum Gegenstand, handelt es sich – anders als bei der vereinbarten Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutzklage – nicht um eine auflösende Bedingung, sondern um eine Zweckbefristung. Denn bei Vertragsschluss ist aus Sicht der Parteien die Entscheidung über die Kündigungsschutzklage ein zukünftiges Ereignis, dessen Eintritt feststeht, lediglich der Zeitpunkt des Eintritts ist ungewiss. Demgegenüber ist bei einer auflösenden Bedingung bereits ungewiss, ob das zukünftige Ereignis, das zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen soll, überhaupt eintreten wird (BAG 22. Oktober 2003 – 7 AZR 113/03 – aaO, zu II 1 a der Gründe).

bb) Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Zweckbefristung sei wegen Versäumung der Klagefrist nach § 17 Satz 1 TzBfG wirksam und habe ein möglicherweise bestehendes Arbeitsverhältnis vor dem 31. März 2003 beendet. Der Kläger hat nicht einmal eine Klage erhoben, mit der er sich gegen die Wirksamkeit der Zweckbefristung wendet, sondern eine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO erhoben. Sollte er damit die Klagefrist des § 17 TzBfG versäumt haben, so hat das keine Auswirkungen auf sein Klagebegehren. Denn die in § 17 Satz 2, § 21 TzBfG iVm. § 7 1. Halbs. KSchG angeordnete Fiktion bei Versäumung der Klagefrist bewirkt allein, dass der Arbeitsvertrag als wirksam befristet oder wirksam auflösend bedingt gilt. Es wird nicht fingiert, dass und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der wirksamen Zweckbefristung oder des Eintritts der wirksamen auflösenden Bedingung eingetreten ist (BAG 23. Juni 2004 – 7 AZR 440/03 – AP TzBfG § 17 Nr. 5 = EzA TzBfG § 17 Nr. 5, zu I 2 b der Gründe). Das ergibt sich aus den weiteren gesetzlichen Tatbeständen, zB aus § 15 Abs. 2 TzBfG. Selbst wenn der (wirksam) vereinbarte Zweck bereits mit der Verkündung des arbeitsgerichtlichen Urteils am 18. März 2003 erreicht worden wäre, hätte dies nach § 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang einer schriftlichen Unterrichtung des Klägers durch die Beklagte über den Zeitpunkt der Zweckerreichung zur Beendigung des zweckbefristeten Arbeitsverhältnisses führen können. Eine derartige schriftliche Mitteilung der Beklagten iSv. § 15 Abs. 2 TzBfG liegt nicht vor. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat damit jedenfalls nicht auf Grund der vereinbarten Zweckbefristung vor dem 31. März 2003 sein Ende gefunden.

c) Es kommt deshalb darauf an, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10. Januar 2003 beendet worden ist oder durch Anfechtungserklärung der Beklagten nichtig ist. Das kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

aa) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Das Landesarbeitsgericht hat keine Würdigung der außerordentlichen Kündigung vom 10. Januar 2003 vorgenommen und zum Kündigungsgrund der behaupteten Schlechtleistungen des Klägers und seines Fehlverhaltens während des Jahres 2003 ebenso wenig Feststellungen wie zum Tatbestand des § 626 Abs. 2 BGB getroffen. Deshalb ist eine eigene ersetzende Entscheidung des Senats nach § 563 Abs. 3 ZPO nicht möglich. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht gem. § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zurückzuverweisen, das die zur Beurteilung der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung erforderlichen Feststellungen und die notwendige umfassende Interessenabwägung nachzuholen hat.

d) Weiterhin hat das Landesarbeitsgericht die unterlassenen Feststellungen für die Prüfung nachzuholen, ob der zwischen den Parteien geschlossene zweckbefristete Arbeitsvertrag zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers nach Ablauf der Kündigungsfrist auf Grund der von der Beklagten mit Schriftsätzen vom 13. Februar 2003 und 16. Oktober 2003 erklärten Anfechtungen wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 iVm. § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist. Hierzu wird das Berufungsgericht die Beklagte zur weiteren Darstellung aufzufordern haben, welche Vertragserklärungen angefochten werden und worin die arglistige Täuschung des Klägers liegen soll, die die Beklagte zum Abschluss des Vertrags bewegt haben soll. Angesichts des insoweit bisher knappen Sachvortrags sieht der Senat von weiteren Hinweisen ab.

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