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Wer zahlt die Mietwohnung nach einer Trennung?

OLG Köln – Az.: II-10 UF 16/18 – Beschluss vom 12.07.2018

Dem Antragsteller wird für den Beschwerdeantrag aus dem Schriftsatz vom 03.07.2018 (Bl. 279 f. d.A.) ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C aus B bewilligt.

Der Antragsgegnerin wird zur Verteidigung gegen die Beschwerde ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. F, G, bewilligt, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Aachen vom 05.12.2017 – 225 F 98/17 – abgeändert und die Antragsgegnerin – unter Abweisung des weitergehenden Antrags – verpflichtet, den Antragsteller von Mietzins- und Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Februar bis Juli 2017 in Höhe von je monatlich 104,00 EUR gegenüber dem Vermieter, Herrn K. Q., freizustellen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen der Antragsteller zu 4/5 und die Antragsgegnerin zu 1/5, die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird wie folgt festgesetzt:

Bis zum 05.07.2017: 2.475,31 EUR

Danach: 624,00 EUR

Gründe

I.

Die Beteiligten sind Eheleute, die um die Mietkosten für die vormals gemeinsam genutzte Wohnung streiten. Die Antragsgegnerin hatte diese im Januar 2017 verlassen; nachdem sich der Antragsteller zunächst gegen eine Kündigung verwehrte, wurde schlussendlich doch gemeinsam die Wohnung mit Wirkung zum Ende Juli 2017 gekündigt.

Der Antragsteller hat behauptet, er habe – neben weiteren Nebenkosten – die Miete der Wohnung bis März 2017 in voller Höhe von 808,00 EUR monatlich beglichen. Er ist der Ansicht gewesen, die Antragsgegnerin schulde hälftige Beteiligung.

Das Amtsgericht hat – bis auf 128,36 EUR Strom- und Schadensersatzkosten, die es zugesprochen hat – den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Antragsgegnerin sei lediglich zur Zahlung von rund 100,00 EUR pro Monat verpflichtet, da dem Antragsteller der Wert einer für ihn angemessenen Wohnung (mit 600,00 EUR) anzurechnen und lediglich der übersteigende Betrag der Miete hälftig zu teilen sei; diese Differenz sei aber durch die von der Antragsgegnerin allein geleisteten finanzielle und tatsächliche Versorgung des gemeinsamen Sohnes kompensiert.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit welcher dieser sein erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt und mit der er zunächst Zahlung weiterer 859,13 EUR nebst Zinsen sowie Freistellung in Höhe von monatlich 404,00 EUR für den Zeitraum April bis Juli 2017 beantragt hat. Nach Hinweisen des Senats hat er den Antrag reduziert und beantragt nunmehr noch,

unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – Aachen vom 05.12.2017 – 225 F 98/17 – die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller von Mietzins und Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Februar bis Juli 2017 in Höhe von monatlich 104,00 EUR gegenüber dem Vermieter, Herrn K. Q., freizustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat – nach Änderung des Beschwerdebegehrens – in der zuletzt gestellten Form in vollem Umfang Erfolg. Die Gründe hierfür ergeben sich im Einzelnen aus dem Beschluss des Senats vom 05.06.2018 (Bl. 269 ff. d.A.). Dort hat der Senat ausgeführt:

„Ein Ausgleichsanspruch des Antragstellers besteht für die Zeit von Februar bis Juli 2017 nur in Gestalt eines Freistellungsanspruchs in Höhe von monatlich 104,00 EUR:

Scheitert die Ehe und kommt es zur Trennung, lebt im Falle des Ausziehens eines der Partner aus der ehelichen Wohnung zwar automatisch die Grundregel des § 426 Abs. 1 BGB auf, so dass die Mietzinsen im Innenverhältnis hälftig zu tragen sind (OLG Dresden, Beschl. v. 17.05.2002 – 20 W 631/02, FamRZ 2003, 158; Eder (Hrsg.), Familienvermögensrecht (2016), § 3, Rn. 125).

Nutzt aber ein Ehegatte – wie vorliegend – nach der Trennung eine gemeinsam angemietete Wohnung allein weiter, trägt er jedoch im Innenverhältnis die Miete allein, denn es handelt sich um ein Dauerschuldverhältnis, aus dem regelmäßig wiederkehrend Nutzungen gezogen werden; diese Nutzungen zieht indes nach der Trennung nur noch der in der Ehewohnung verbliebene Partner (vgl. Eder (Hrsg.), Familienvermögensrecht (2016), § 3, Rn. 126). Da dieser die Möglichkeit hätte, eine andere Wohnung zu mieten (an deren Kosten sich der Ehegatte ebenfalls nicht beteiligen müsste), muss für die fortlaufende Nutzung der Ehewohnung nach Trennung gleiches – also die Kostentragung nur durch den Nutzer – gelten (OLG München, Urt. v. 14.07.1995 – 21 U 5880/94, FamRZ 1996, 291; OLG Dresden, Beschl. v. 17.05.2002 – 20 W 631/02, FamRZ 2003, 158).

Wer zahlt die Mietwohnung nach einer Trennung?
(Symbolfoto: Von shisu_ka/Shutterstock.com)

Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass einem – selbst gewünschten – sofortigen Verlassen der Ehewohnung, ebenfalls wie vorliegend, die gegenüber dem Vermieter zu beachtende Kündigungsfrist entgegensteht. Der in der Wohnung verbleibende Partner ist daher auch bei eigenem Auszugswunsch aus wirtschaftlichen Gründen gehalten, die vormalige Ehewohnung bis zur Kündigung weiter zu nutzen. In diesem Fall einer „aufgezwungenen“ Wohnung gilt, dass dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten zunächst eine Überlegensfrist zur Fortführung der Wohnung zugebilligt wird, die gemeinhin mit etwa drei Monaten bemessen wird (etwa OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.03.2010 – 22 U 142/09, FamRZ 2011, 375); entscheidet er sich dann dafür, die Wohnung gemeinsam mit dem ausgezogenen Ehegatten zu kündigen, so ist der ausgezogene Ehegatte für die gesamte Restdauer der Mietzeit – und zwar einschließlich der Überlegenszeit – an den Mietkosten beteiligt, jedoch mit der – auch vom Amtsgericht richtig erkannten – Maßgabe, dass dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten vorab derjenige Teil der Miete für die gemeinsame Wohnung allein zuzurechnen ist, den er als Miete für die Nutzung einer anderweitigen, allein angemieteten Wohnung fiktiv erspart. Nur der überschießende Teil ist hälftig von dem anderen, aus der Ehewohnung bereits ausgezogenen Ehegatten zu tragen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.03.2014 – 2 UF 4/14, FamRZ 2014, 1296; Eder (Hrsg.), Familienvermögensrecht (2016), § 3, Rn. 128).

Hieraus resultiert ab Februar eine Beteiligung der Antragsgegnerin in Höhe von 104,00 EUR (808,00 EUR ./. 600,00 EUR)/2) monatlich. Der Antragsteller hat in der Überlegungsfrist, nachdem er zunächst die Kündigung abgelehnt hatte, sich letztlich gleichwohl und entsprechend auch der Bitte der Antragsgegnerin einer Kündigungserklärung angeschlossen, so dass für die Nutzung seit der Trennung die eingangs geschilderten Maßstäbe gelten.

Allerdings hat der Antragsteller seine – streitige – Behauptung, er habe die Miete für Februar und März 2017 in voller Höhe beglichen, nicht unter Beweis gestellt oder sonst belegt. Insoweit ist lediglich ein – als Minus im Zahlantrag enthaltener – Freistellungsanspruch erfolgreich, weiterhin – wie beantragt – besteht ein Freistellungsanspruch für die Zeit ab April 2017 bis zur Kündigung.

Die (erstmals in zweiter Instanz) streitige Frage, wie zu Zeiten der laufenden Ehe die Kostenverteilung geregelt war, ist für die hier maßgebende Frage ab Trennung insoweit ohne Belang. Außer Betracht zu bleiben hat auch – weil nicht auf den Innenausgleich bezogen -, welche Kosten etwa der Kinderbetreuung bei der Antragsgegnerin entstanden sind. Zum Verfahrensgegenstand sind diese nicht gemacht worden, eine Aufrechnung ist erstinstanzlich lediglich vorbehalten worden (Bl. 56 d.A.) und wäre auch gegenüber einem Freistellungsanspruch mangels Gleichartigkeit nicht zulässig.

Hinsichtlich weiterer, erstmalig in der Beschwerde zur Zahlung verlangter 51,31 EUR (offenbar die Hälfte der Nebenkostennachzahlung für 2016 i.H.v. 102,62 EUR) bleibt der Antrag indes schon deshalb ohne Erfolg, weil der Antragsteller – der erstinstanzlich insoweit Freistellung beantragt hat – nicht vorgetragen hat, diesen Betrag bereits gezahlt zu haben, so dass bereits deshalb ein Zahlungsanspruch nicht in Betracht kommt. Weiterhin stünde einem Ausgleichsanspruch für die hier (2016) noch maßgebende Zeit des Zusammenlebens in einer intakten ehelichen Lebensgemeinschaft entgegen, dass die Ehegatten regelmäßig die aus der ehelichen Gemeinschaft folgende Anschauung haben, mit dem Einkommen gemeinsam zu wirtschaften, so dass finanzielle Mehrleistungen eines Ehegatten in Innenverhältnis während noch intakter Ehe nicht auszugleichen sind (vgl. Staudinger/Looschelders (2017), § 426, Rn. 211).“

An diesen Feststellungen, gegen welche die Beteiligten binnen der ihnen eingeräumten Stellungnahmefrist keine Einwendungen erhoben haben, hält der Senat fest.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 Abs. 1 S. 2, 117 Abs. 2 FamFG, §§ 92, 516 Abs. 3 S. 1 a.E. ZPO unter Berücksichtigung des wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens, soweit die erste Instanz betroffen ist, und hat weiter für die Beschwerdeinstanz die Teilrücknahme der Beschwerde durch Reduzierung des Antragsziels berücksichtigt.

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