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Abmahnung (wettbewerbsrechtliche) – Rechtsmissbräuchlichkeit


LG Dortmund

Az: 19 O 39/08

Urteil vom 06.08.2009


Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung abwen-den, wenn sie zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt die Erstattung von Kosten, die ihr durch eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung gegenüber der Beklagten entstanden sind.

Beide Parteien bieten gleichartige Waren auf der Internetplattform B als gewerbliche Verkäufer an.

Am 16.09.2008 gab die Beklagte auf Anforderung der Klägerin vom 03.09.2008 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung dahingehend ab, dass sie es in Zukunft unterlassen werde, im geschäftlichen Verkehr mit Garantieangaben zu werben, ohne anzugeben, welches die Garantiebedingungen sind, wer Garantiegeber ist, und um was für eine Garantie es sich handelt. Wegen der Einzelheiten der Abmahnung der Klägerin durch ihren Prozessvertreter vom 03.09.2008 wird auf die Kopie des Anwaltsschreibens, Bl. 4 ff. d. A., verwiesen. Wegen des Inhalts der strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagten vom 16.09.2008 durch ihren Prozessvertreter wird auf die Kopie, Bl. 8 d. A., verwiesen.

Die Klägerin macht nunmehr die Kosten der Abmahnung ihres Prozessvertreters vom 03.09.2008 unter Zugrundelegen eines Gegenstandswertes von 20.000,00 € entsprechend seiner Kostenrechnung vom 30.09.2008 geltend. Wegen des Inhalts der Kostenrechnung wird auf die überreichte Kopie, Bl. 14 d. A., verwiesen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 859,80 € nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass mit der seitens der Klägerin gerügten Werbung zum einen kein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vorlag, da sie selbst nur auf die gesetzliche Gewährleistung habe hinweisen wollen. Im Übrigen meint sie, zumindest sei ein Bagatellfall gemäß § 3 UWG gegeben.

Die Beklagte rügt darüber hinaus die Rechtsmissbräuchlichkeit der zugrunde liegenden Abmahnung im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG. Dazu trägt sie eine Reihe von Indizien vor:

Die Klägerin habe, wie unstreitig ist, im Jahr 2008 mehr als 69 Abmahnungen ausgesprochen. Hierzu überreicht die Beklagte eine von der Klägerin unwidersprochene Liste mit Abmahngegnern. Wegen des Inhalts dieser Liste wird auf die Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 26.11.2008, B 2, verwiesen; ferner trägt die Beklagte in diesem Zusammenhang, ebenfalls von der Klägerin unwidersprochen, vor, die Klägerin habe einen durchschnittlichen Jahresumsatz von 73.000,00 € und

die Klägerin verlange im Rahmen ihrer Abmahnungen durch ihren Prozessbevollmächtigten zusätzlich eine Schadenspauschale von 100,00 €, wie ebenfalls zwischen den Parteien unstreitig ist.

Zum weiteren Vorbringen der Beklagten hinsichtlich des Vorwurfs des Rechtsmissbrauchs wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des Beklagtenvertreters vom 26.11.2008, Bl. 23 ff. d. A., verwiesen.

Des Weiteren rechnet die Beklagte hilfsweise wegen der Kosten einer Abmahnung auf, die sie selbst gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 09.09.2008 wegen irreführender Angaben im Rahmen einer Werbung der Klägerin im Zusammenhang mit der Widerrufs- bzw. Rückgabebelehrung erhoben hat. Wegen dieser Abmahnung wird auf die Anlage B 7 zum Beklagtenschriftsatz vom 26.11.2008 verwiesen.

Zu der Hilfsaufrechnung behauptet die Klägerin, bei ihrer fehlerhaften Belehrung im Rahmen der monierten Werbung habe es sich um einen technischen Fehler der Internetplattform eBay gehandelt.

Nachdem die Parteien im Kammertermin vom 10.02.2009 mit obigen Anträgen verhandelt haben, war die Klägerin im Kammertermin vom 21.07.2009 trotz ordnungsgemäßer Ladung säumig. Auf Antrag des Beklagtenvertreters war eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 331 a ZPO zu erlassen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

Die von ihr ausgesprochene Abmahnung vom 03.09.2008 war rechtsmissbräuchlich gemäß § 8 Abs. 4 UWG und damit unberechtigt.

Aus den gesamten Umständen des Falles, insbesondere aus dem Verhältnis von Umsatz der Klägerin im fraglichen Zeitraum im Jahr 2008 zu den seitens der Klägerin ausgesprochenen Abmahnungen in dieser Zeit ergibt sich, dass bei dem abmahnenden Tätigwerden der Klägerin im Vordergrund ein Gewinn- bzw. Gebührenerzielungsinteresse stand.

Die entsprechenden Angaben zu Umsatzzahlen und erfolgten Abmahnungen hat die Klägerin nicht bzw. nicht substantiiert bestritten. Auf einen entsprechenden Auflagenbeschluss der Kammer, auf dessen Inhalt auf Bl. 72 d. A., verwiesen wird, hat die Klägerin gar nicht reagiert. Insbesondere aus dem Umstand, dass die Beklagte mit nachvollziehbaren Argumenten dargelegt hat, dass die tatsächlich erfolgten Abmahnungen noch weit über der von ihr als Mindestzahl angenommenen Zahl von 69 entsprechend der überreichten Liste liegen dürfte, und aus dem Umstand, dass die Klägerin auf die entsprechende gerichtliche Auflage anzugeben, wie viele Abmahnungen im Jahr 2008 erteilt worden seien, nicht reagiert hat, lässt sich folgern, dass von einer höheren Anzahl als 69 insofern auszugehen ist.

Aber auch schon bei Hochrechnen einer Anzahl von 69 Abmahnungen ergibt sich bei Zugrundelegen von Anwaltsrechnungen, die der hier geltend gemachten entsprechen, also in Höhe von rund 860,00 €, dass dem Jahresumsatz von 73.000,00 € allein ein Aufwand für durch Abmahnung entstandene Rechtsanwaltskosten von 59.340,00 € gegenübersteht.

Selbst wenn die Klägerin davon ausgehen durfte und davon ausgegangen ist, dass sie diese Kosten zum Teil von den in Anspruch Genommenen erstattet bekommt, steht das von ihr kostenmäßig eingegangene Risiko in keinem Verhältnis zu ihrem Jahresumsatz im Jahr 2008. Kein vernünftig denkender Teilnehmer im Wirtschaftsleben würde einen solchen Aufwand bei entsprechendem Jahresumsatz betreiben und ein entsprechendes Risiko eingehen. Das lässt sich nur mit einer entsprechenden Absprache mit dem Prozessbevollmächtigten erklären, wonach möglichst viele Abmahnungen zum Zwecke der Gebührenerzielung ausgesprochen werden und die Klägerin selbst hierfür nicht vorzuleisten hat. Jedenfalls zeigt dieses Verhältnis aber, dass wettbewerbsrechtliche Interessen der Klägerin nicht Hauptbeweggrund ihrer Abmahntätigkeit sein können.

Ein entsprechendes Ergebnis ergibt sich auch aus dem seitens des Beklagtenvertreters zu den Akten gereichten Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 28.04.2009, 4 U 216/08. Nach Angaben des Beklagtenvertreters betrifft dieses Urteil ebenfalls die hiesige Klägerin als damalige Antragstellerin. In den Entscheidungsgründen geht das Oberlandesgericht Hamm ebenfalls davon aus, dass die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum in einem Umfang abgemahnt hat, der nicht mehr im Verhältnis zu ihrer eigenen Geschäftstätigkeit steht, wobei maßgeblicher Zeitraum dort die Zeit Mitte bis Ende 2008 war. Wegen der Einzelheiten dieses Urteils wird auf den Inhalt der zur Akten gereichten Fassung, Bl. 82 ff. d. A., verwiesen.

Danach war wie geschehen zu entscheiden.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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