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Wettbewerbsverbot – Auskunftspflicht des Arbeitsnehmers

Landesarbeitsgericht Hamm

Az.: 14 Sa 1689/08

Urteil vom 03.03.2009


Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 9. Oktober 2008 (3 Ca 559/08) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Auskunftsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten.

Die Klägerin betreibt ein Kfz-Handel und Service. Sie ist Vertragshändlerin für Volkswagen, Audi und Porsche. Hauptbetrieb ist der Standort M1-S5 an der W1 S1. Dazu gehört ein Teiledienst, für den insgesamt sieben Personen zuständig sind. Zum Teiledienstlager gehört ein Teiledienstbüro. Leiter des Teildienstbüros war bis zum 31. Juli 2007 der Mitarbeiter P2, der zu diesem Zeitpunkt aufgrund eigener Kündigung ausschied. Daneben arbeiteten dort der Beklagte sowie die Mitarbeiterin V2.

Der Beklagte war seit November 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist geschieden und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Sein Nettoeinkommen betrug zuletzt 1.701,00 €. Im Teiledienst hatte der Beklagte die Aufgabe, Bestellungen von Mitarbeitern, der Werkstatt sowie für den Teilverkauf im Betrieb als auch für externe Kunden vorzunehmen. Dies erfolgte in einem vorgeschriebenen Bestellverfahren, dem ein vom VW-Audi-Konzern vorgeschriebenes SAP-Programm zugrunde liegt. Bei der Buchung im Bestellsystem verwendete der Beklagte als Kürzel die Buchstabenkombination „Lei“. Unter dem Kürzel befinden sich auch eine Vielzahl von Bestellungen im System, bei denen in der Rubrik „Referenz“ oder Empfänger die Kürzel „AS“ oder „VS“ eingegeben worden sind. Neben Bestellungen, die durch den Mitarbeiter V3 S3 beim Beklagten erfolgten und sodann zur einer Rechnungserstellung führten (vgl. Anlage 2 bis 4 zur Berufungserwiderung vom 16. Dezember 2008, Bl. 150 bis 152 d. A.) gibt es eine weitere Vielzahl von Bestellungen, die aus dem System ohne Bezahlung „weggebucht“ wurden, z. B. als „Verbrauch ET-Lager“ (vgl. Anlagen 5 bis 9 zur Berufungserwiderung vom 16. Dezember 2008, Bl. 153 bis 167 d. A.).

Nach dem die Klägerin im Juni 2007 dieses System der Bestellung von Teilen und Wegbuchung ohne Bezahlung aufgedeckt hatte kündigte sie dem Beklagten per 1. August 2007 fristlos. Hiergegen leitete der Beklagte ebenso wenig gerichtliche Schritte ein wie gegen den Einbehalt der Vergütung für die Monate Juli und August 2007. Im Übrigen ist gegen ihn sowie weitere Mitarbeiter der Klägerin ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterschlagung, des Diebstahls sowie der Untreue anhängig (Staatsanwaltschaft Münster – 45 Js 1027/07). Wegen der Einzelheiten zum Ermittlungsstand  wird auf den Vermerk des Polizeipräsidiums M1 vom 24. Februar 2009 (Bl. 188 ff. d. A.) Bezug genommen.

Mit ihrer am 19. März 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin von dem Beklagten Auskunft verlangt über die Personen, die sich hinter den Kürzeln „AS“ und „VS“ verbergen, über die Empfänger der unter diesen Kürzeln bestellten und gebuchten Teile sowie über die Ersatzteile und Waren, welche er veräußert oder weitergeben hat. Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2008 hat sie darüber hinaus Auskunft über die erzielten Erlöse bei der Veräußerung der Teile durch den Beklagten verlangt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, dass in den bisher aufgedeckten und dokumentierten Fällen festzustellen sei, dass die Eingaben in das Bestellsystem überwiegend vom Beklagten vorgenommen worden seien. Er wisse daher genau, wer sich hinter den Kürzeln „AS“ und „VS“ verberge. Die Mengenbestellungen dokumentierten, dass durch den  Beklagten ein organisierter Absatz von Teilen, die die Klägerin vertreibe, stattgefunden habe. Damit habe er fortlaufend gegen das Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB verstoßen. Daher schulde er die verlangten Auskünfte, dem stehe nicht entgegen, dass er sich durch diese möglicherweise selbst strafrechtlich belaste.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen,

1. um welche Personen es sich handelt, wenn er im Büro des Teilelagers unter seinem Namenskürzel „Lei“ in der Rubrik „Referenznummer“ als Besteller oder Empfänger die Kürzel „AS“ und „VS“ eingegeben hat,

2. wer Empfänger der von ihm unter den Kürzeln „AS“ und „VS“ bestellten oder verbuchten Teile war,

3. welche Ersatzteile oder Waren er in welcher Zeit im eigenen oder fremden Namen, persönlich oder durch Dritte für ihn handelnd, entgeltlich oder unentgeltlich veräußert oder weitergegeben hat,

4. welche Erlöse er bei der Veräußerung der Teile erzielt hat.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass der geltend gemacht Auskunftsanspruch nicht substantiiert dargelegt sei. Die Zuständigkeiten des Beklagten könnten keinen entscheidenden Einfluss auf die Frage haben, ob nicht doch eine weitere Person mit dem Kürzel „Lei“ Bestellungen vorgenommen habe. Die behaupteten Angaben zu einer Spielsucht des Beklagten seien reine Spekulation, zudem könne man beim Spielen gleichfalls gewinnen. Nicht jeder, der mehr Geld ausgebe, als er durch die eigene Arbeit einnehme, sei zwangsläufig ein Straftäter. Im Übrigen bestehe der Auskunftsanspruch schon deshalb nicht, weil der Beklagte sonst gegebenenfalls gezwungen werde, sich selbst einer Straftat zu bezichtigen.

Von einer weiteren Darstellung des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 67 bis 72 d. A.) abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 9. Oktober 2008 in vollem Umfang stattgegeben. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten folge aus § 242 BGB i. V. m. § 60 HGB, § 687 Abs. 2 BGB. Die Klägerin habe einen erheblichen Anlass zu vermuten, dass der Beklagten gegen sein vertragliches Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB verstoßen habe. Dem Auskunftsanspruch stehe nicht entgegen, dass der Beklagte sich gegebenenfalls damit selbst einer Straftat bezichtigen würde. Soweit dies der Fall sei, bestehe ein strafprozessuales Beweisverwertungsgebot. Eine Aussetzung nach § 149 ZPO scheide aus, da es dem Beklagten nur darum gehe, sein Recht im Strafverfahren, zu den Vorwürfen zu schweigen, nicht durch eine Aussage im Zivilverfahren aushebeln zu müssen. Dies sei kein gesetzlicher Aussetzungsgrund. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Bl 73 bis 79 d. A.) verwiesen.

Das Urteil wurde dem Beklagten am 30. Oktober 2008 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 7. November 2008 eingelegte und einem am 26. November 2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.

Nach Ansicht des Beklagten hat das Arbeitsgericht Inhalt und Umfang des in Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich verankerten Prinzips verkannt, dass kein Mensch verpflichtet werden könne, sich durch Wort oder eigenes Verhalten wegen einer strafbaren Handlung selbst zu belasten. Die in dem bisher entschiedenen Fällen zugrunde liegenden Sachverhalte wie die Auskunftspflicht des Gemeinschuldners im Rahmen der Konkursordnung bzw. im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer befassten sich nicht mit den Besonderheiten einer arbeitsvertraglichen Beziehung, in welcher der jedenfalls mittelbaren Wirkung von Grundrechten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer seit jeher eine deutlich größere Bedeutung beigemessen werden als in anderen Vertragsverhältnissen. Zudem gehe es der Klägerin lediglich darum, dass gegen den Beklagten eingeleitete Ermittlungsverfahren zusätzlich zu beschleunigen und an ihm ein strafrechtliches Exemplar zu statuieren, weil sie gegenüber den anderen beschuldigten Mitarbeitern, gegen die ebenfalls ein Ermittlungsverfahren anhängig sei, nicht entsprechend vorgehe. Im Übrigen seien die mit den Anträgen zu 3.) und 4.) verlangten Auskünfte nicht geeignet, die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen zu ermöglichen. Schließlich sei mit Blick auf die mittelbaren Wirkungen der Auskunftserteilung bisher nicht abschließend geklärt, wie weit ein strafrechtliches Beweisverwertungsverbot reiche. Hilfsweise werde weiterhin die Aussetzung des Verfahrens nach § 149 ZPO begehrt.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 9. Oktober 2008 – 3 Ca 599/08 – aufzuheben und die Auskunftsklage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts vom 17. Juni 2008 und 9. Oktober 2008 sowie des Landesarbeitsgerichts vom 3. März 2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

1. Der Beklagte ist gegenüber der Klägerin gegenüber zur Auskunft verpflichtet, da erheblicher Anlass für die Vermutung besteht, dass er während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Wettbewerb zu ihr betrieben hat. Dies hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung festgestellt, das Berufungsgericht nimmt hierauf Bezug (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Erhebliche Einwendungen sind hiergegen in der Berufungsbegründung vom Beklagten – mit Ausnahme der Frage einer unzulässigen Selbstbezichtigung – nicht vorgetragen worden. Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass unabhängig von einem wettbewerbswidrigen Verhalten eine Auskunftspflicht anerkannt ist, wenn aufgrund eines bestehenden Rechtsverhältnisses einem Beteiligten  Ansprüche erwachsen können, die er ohne vorherige Auskunft nicht geltend zu machen vermag. Voraussetzung der Auskunftspflicht ist dann lediglich, dass der Berechtigte die Wahrscheinlichkeit seines Anspruchs darlegt (BAG, 12. Mai 1972, 3 AZR 401/01, AP HGB, § 60 Nr. 6).

2. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung entfällt entgegen der Ansicht des Beklagten nicht deshalb, weil er sich durch die Auskunft möglicherweise selbst einer strafbaren Handlung bezichtigen könnte. Auch dies hat das Arbeitsgericht in Ergebnis und Begründung zutreffend erkannt.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts billigt das geltende Recht Zeugen, Prozessparteien und Beschuldigten durchweg ein Schweige- und Aussageverweigerungsrecht für den Fall der Selbstbezichtigung zu. Dies gilt aber nicht in gleicher Weise für solche Personen, die aus besonderen Rechtsgründen rechtsgeschäftlich oder gesetzlich verpflichtet sind, einem anderen oder einer Behörde die für diese notwendigen Informationen zu erteilen. Hier kollidiert das Interesse des Auskunftspflichtigen mit dem Informationsbedürfnis anderer, deren Belange in unterschiedlicher Weise berücksichtigt werden.  In der Regel handelt es sich dabei um Fälle, in denen allein der Auskunftspflichtige die erforderlichen Information geben kann und der Auskunftsberechtigte ohne diese Auskunft erheblich benachteiligt wäre oder seinen Aufgaben nicht ordnungsgemäß nachkommen könnte. Hierzu gehören vor allem schuld-, familien-, oder erbrechtliche Auskunfts- und Rechenschaftspflichten (§ 259 ff. BGB), die teilweise dadurch gekennzeichnet sind, dass diejenigen Handlungen, über die Auskunft erteilt werden soll, zu einem Pflichtenkreis gehören, den die Auskunftsperson durch eigenen Willensentschluss übernommen hat. Soweit dabei ein Zwang zur Selbstbezichtigung  vertretbar ist, dürfen jedoch die erzwungenen Auskünfte über strafbare Handlungen nicht an Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet und von diesen nicht gegen die Auskunftsperson verwertet werden (vgl. BVerfG, 13. Januar 1981, 1 BvR 116/77, BVerfGE 56, Seite 37). An dieser Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht in einer Reihe von nachfolgenden Kammerentscheidungen festgehalten (vgl. BVerfG, 7. Juli 1995, 2 BvR 1778/94, NJW 1996, S. 916; 16. November 1989, 2 BvR 510/06, NJW 1999, S. 779; 13. Oktober 2003, 2 BvR 1321/02, wistra 2004, S. 19; 15. Oktober 2004, 2 BvR 1316/04, NJW 2005, S. 352; 31. März 2008, 2 BvR 467/08, WM 2008, Seite 989).

b) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine auf § 666 BGB gegründete Auskunftsverpflichtung einschließlich Beeidigung der Richtigkeit der Auskunft z. B. für das Verhältnis des Rechtsanwalts einer Gemeinschuldnerin gegenüber deren Konkursverwalter (BGH, 30. November 1989, III ZR 112/88, NJW 1990, S. 510) oder eines mit der Planung und Bauleitung beauftragten Architekten gegenüber dem Bauherrn (BGH, 30. April 1964, VII ZR 156/62, AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 11) anerkannt. Danach ist es ohne Bedeutung, ob der Auskunftspflichtige  durch die Auskunft der Gefahr ausgesetzt wird, sich selbst einer strafbaren Handlung bezichtigen zu müssen. Das Auskunftsrecht des Auftraggebers gemäß § 666 BGB ist besonders dann wichtig, wenn der Beauftragte gegen ihm obliegende Verpflichtungen verstoßen hat, insbesondere wenn eine vorsätzliche treuwidrige Schädigung des Auftraggebers in Betracht kommt. Würde man solche Fälle von der Auskunftspflicht ausschließen, würde § 666 BGB gerade bei besonders schweren Verstößen die ihm vom Gesetz zugewiesene Aufgabe weitgehend nicht mehr erfüllen können. Dies kann nicht als gewollt unterstellt werden. Vielmehr ist  insoweit der Schutz des Auftraggebers vorrangig (BGH, 30. November 1989, a. a. O.).

c) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder der Landesarbeitsgerichte hat diese Frage, soweit ersichtlich, insbesondere bezogen auf die Auskunftsverpflichtung beim Wettbewerbsverbot bislang keine Rolle gespielt. Im Anschluss an die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts hat das Arbeitsgericht Saarlouis (19. Oktober 1983, 1 Ca 493/83, ZIP 1984, Seite 364) eine Auskunftspflicht des unerlaubt Konkurrenz betreibenden Arbeitnehmers angenommen unter gleichzeitiger Anerkennung eines strafprozessualen Verwertungsverbots im Falle einer möglichen Selbstbezichtigung.

d) Danach bestehen im vorliegenden Fall keine Bedenken gegen eine Auskunftsverpflichtung des Beklagten.

aa) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Auskunftspflicht des Arbeitsnehmers bei Wettbewerbsverstößen, durch die er sich der Gefahr der Selbstbezichtigung einer Straftat aussetzen könnte, sind nicht begründet. Als Arbeitnehmer ist er gesetzlich gemäß § 60 HGB zur Unterlassung von Wettbewerb während des bestehenden Arbeitsverhältnisses verpflichtet. Dieses für kaufmännische Handlungsgehilfen im Handelsgesetzbuch geregelte Wettbewerbsverbot gilt für alle Arbeitnehmer (BAG, 26. September 2007, 10 AZR 511/06, AP HGB § 61 Nr. 4). Aufgrund dieser gesetzlichen Verpflichtung besteht eine in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannte, letztlich rechtsgeschäftlich begründete Auskunftsverpflichtung gemäß § 242 BGB in all den Fällen, in denen ein erheblicher Anlass zur Annahme unerlaubter Konkurrenz besteht. § 61 Abs. 1 HGB, der den Schadensersatzanspruch bzw. das wahlweise bestehende Eintrittsrecht des Arbeitgebers im Falle eines Wettbewerbsverstoßes regelt, begründet zwar nicht unmittelbar einen gesetzlichen Auskunftsanspruch. Jedoch hat der Arbeitnehmer gemäß § 241 Abs. 2 BGB nach dem Inhalt seines Schuldverhältnisses auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen, und gemäß § 242 BGB seine Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Daraus folgt im Fall des Wettbewerbsverstoßes die Verpflichtung, die erfolgte Verletzung der Rücksichtnahmepflicht zu beseitigen. Dies hat der Arbeitnehmer nach Treu und Glauben auch durch Auskunft über sein wettbewerbswidriges Verhalten zu erfüllen.

Darüber hinaus hat der Beklagte aufgrund seiner Aufgabe, Bestellungen mittels des Bestellsystems sowohl für interne als externe Kunden vorzunehmen, die arbeitsvertraglich begründete Verpflichtung, über unklare Bestellvorgänge dem Arbeitgeber Auskunft zu geben. Dies gilt unabhängig von einem möglichen Wettbewerbsverstoß, es handelt sich um eine rechtsgeschäftlich begründete Auskunftspflicht

Beide Auskunftspflichten werden nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten durch die Gefahr der Selbstbezichtigung mit einer Straftat eingeschränkt. Der Schutz des Arbeitnehmers besteht in beiden Fällen darin, dass insoweit ein strafrechtliches Verwertungsverbot besteht. Über dessen Reichweite entscheiden allerdings nicht die Arbeitsgerichte, sondern die dafür zuständigen Fachgerichte in einem gegebenenfalls durchzuführenden Strafverfahren (vgl. BVerfG, 13. Januar 1981 a. a. O.; 31. März 2008, a. a. O.).

Eine Auskunftsverpflichtung ist gerade dann geboten, wenn der Arbeitnehmer erheblichen Anlass für die Annahme einer vorsätzlichen unerlaubten Konkurrenz gegeben hat. Hier ist der vom Arbeitnehmer geschädigte Arbeitgeber gerade auf die Auskünfte angewiesen, um sein Wahlrecht nach § 61 Abs. 1 HGB sachgerecht ausüben und Grund und Umfang eines möglichen Schadensersatz bzw. Eintrittsrechts sachgerecht ermitteln zu können. Das Verbot der Selbstbelastung steht nicht entgegen. Insbesondere ist es unzutreffend, dass Grundrechten im Arbeitsverhältnis generell oder in einem Fall wie dem vorliegenden eine höhere Bedeutung zukommen wie in anderen zivilrechtlichen Rechtsverhältnissen oder bei gesetzlich begründeten Auskunftsansprüchen. Für den Schutz vor einer Selbstbezichtigung und den dadurch bestehenden Grenzen für eine Auskunftspflicht ist es unerheblich, ob ein Arbeitnehmer, Rechtsanwalt oder Architekt hiervon betroffen sind.

3. Es bestehen keine Anhaltspunkte für ein willkürliches Herausgreifen des Beklagten aus dem Kreis der verdächtigen Mitarbeiter, gegen die ein Ermittlungsverfahren anhängig ist. Der Beklagte war als stellvertretender Teildienstleiter für die Vornahme der internen und externen Bestellungen verantwortlich. Unter seinem Kürzel sind die Buchungen im System im Wesentlichen eingegeben worden. Dies rechtfertigt ein mögliches Herausgreifen des Beklagten aus dem Kreis der übrigen Beschuldigten.

Ebenso wenig bestehen Bedenken gegen die konkret verlangten Auskünfte. Sowohl die Auskunft, welche Teile der Beklagten selbst oder durch Dritte veräußert oder unentgeltlich weitergegeben hat als auch die Auskunft über die erzielten Erlöse dienen der Vorbereitung eines möglichen Schadensersatzanspruchs oder der Ausübung eines Eintrittsrechts nach § 61 HGB. Angesichts des Umstands, dass die Klägerin dem Beklagten die notwendigen Einsichtsrechte in die Unterlagen pp. gewähren will zur Erteilung der Auskunft, besteht auch keine Unmöglichkeit.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

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