LG Bonn – Az.: 2 O 483/15 – Urteil vom 04.08.2016
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Hinblick auf zwei zur Immobilienfinanzierung zwischen den Parteien geschlossene Darlehensverträge in Anspruch.
Die Kläger schlossen mit der Beklagten im Antragsverfahren einen Darlehensvertrag zu der Kontonummer … (vgl. Darlehensantrag, Anlage L 1) über die Gewährung eines Wohnungsbaudarlehens in Höhe von 135.000 EUR mit einem Zinssatz von 4,23 %, monatlichen Zinsraten von 475,88 EUR sowie einer Zinsfestschreibung bis 31.12.2028. Die Tilgung dieses Darlehens wurde gegen Einzahlung eines Bausparvertrags ausgesetzt. Die Beklagte nahm den Darlehensantrag der Kläger mit Erklärung vom 22.12.2008 an (Anlage L 2). Der Darlehensantrag enthält auf Seite 6 f. eine Belehrung über das „Widerrufsrecht“, wegen deren näheren Einzelheiten auf die Anlage L 1 (Bl. … f. d. A.) verwiesen wird.
Die Kläger schlossen mit der Beklagten außerdem unter dem 19.03.2009 einen Darlehensvertrag zu der Kontonummer … ON … über einen Nettodarlehensbetrag von 100.000 EUR zu einem Zinssatz von 4,25 %, mit vierteljährlichen Raten von 1.062,50 EUR sowie einer Zinsfestschreibung bis 31.03.2019 (Anlage L 3). Dem Vertragsformular war ebenfalls eine Widerrufsbelehrung beigefügt.
Die Kläger bedienten die Darlehen in der Folge ordnungsgemäß.
Im Jahr 2015 wurde die finanzierte Immobilie verkauft. Die Beklagte teilte den Kläger mit Schreiben vom 15.05.2015 (Anlage L 4) die Höhe des aus ihrer Sicht geschuldeten Ablösebetrags von 315.205,83 EUR mit und dass sie über die zu Treuen Händen übersandte Löschungsbewilligung bzgl. der Sicherheit erst verfügen dürfe, wenn sichergestellt sei, dass dieser Betrag an die Beklagte gezahlt und die beigefügte „Vereinbarung über die vorzeitige Vertragsaufhebung“ unterzeichnet der Beklagten vorliege. Mit Schreiben vom 03.06.2015 (Anlage B 2) übersandte die Beklagte den Klägern eine Aufhebungsvereinbarung (Anlage B 1, Bl. … d.A.), welche von der Beklagten unter dem 15.05.2015 unterzeichnet worden war. In dieser wird u.a. die Zahlung der Darlehensvaluta und einer Vorfälligkeitsentschädigung (i.H.v. insgesamt 34.275,36 EUR) als Bedingung für die vorzeitige Vertragsaufhebung zum 30.06.2015 vereinbart und es heißt am Ende vor Datum und Unterschriften:
„Nach Zahlung der vorgenannten Beträge sind alle gegenseitigen Ansprüche bezüglich der v.g. Darlehensbeträge abgegolten.“
Die Kläger unterzeichneten diese Vereinbarung unter dem 08.06.2015.
Die Kläger zahlten in der Folge den von der Beklagten geforderten Betrag, was diese den Klägern mit Schreiben vom 30.07.2015 (Anlage L 5) bestätigte.
Mit Schreiben vom 12.08.2015 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer Vertragserklärungen und forderten die Beklagte zur Erstattung der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung auf (Anlage L 6).
Eine Zahlung erfolgte nicht.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 18.11.2015 auf, den Widerruf der Kläger anzuerkennen und das gezahlte Vorfälligkeitsentgelt zu erstatten (Anlage L 7).
Die Beklagte wies den Widerruf zurück.
Die Kläger erklärten den Widerruf der beiden vorgenannten Darlehen sodann vorsorglich nochmals in der Klageschrift.
Die Kläger begehren mit der Klage die Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung für die streitgegenständliche Darlehen zzgl. Zinsen sowie die Zahlung von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten.
Die Kläger behaupten, es habe sich bei den Darlehensvertragsabschlüssen jeweils um Geschäfte gehandelt, die die Voraussetzungen des sog. „Fernabsatzgeschäfts“ erfüllt hätten.
Sie sind der Ansicht, dass sie nicht gesetzeskonform belehrt worden seien und die Beklagte auch keinen Vertrauensschutz für sich in Anspruch nehmen könne. Wegen der Einzelheiten der von den Klägern erhobenen Rügen wird auf die Schriftsätze des klägerischen Prozessbevollmächtigten verwiesen.
Auch sei das Widerrufsrecht nicht verwirkt.
Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen,
1. an sie 34.275,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 12.09.2015 zu zahlen;
2. an sie 1.809,75 EUR vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Kläger die Vorfälligkeitsentschädigung nicht zurückfordern können.
Denn die Aufhebungsvereinbarung bilde zum einen Rechtsgrund für die Leistung der Entschädigung an die Beklagte. Auch hätten die Kläger durch die Vereinbarung wirksam auf ihr Widerrufsrecht verzichtet. Im Übrigen beruft sich die Beklagte auf Verwirkung.
Auch ist sie der Ansicht, dass zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung ein Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrags nicht mehr möglich gewesen ist. Die Belehrungen seien nämlich gesetzeskonform, jedenfalls aber der Musterbelehrung entsprechend erfolgt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung vom 12.07.2015 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I. Die Kläger haben unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 34.275,36 EUR, insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt eines durch Widerruf entstandenen Rückgewährschuldverhältnisses und nicht unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten.
Unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der von der Beklagten im Jahr 2008/2009 verwendeten Widerrufsbelehrungen steht etwaigen Rückforderungsansprüchen nämlich die zwischen den Parteien im Mai bzw. Juni 2015 geschlossene Aufhebungsvereinbarung entgegen.
Mit dieser Vereinbarung haben die Kläger zum einen wirksam auf ein etwaiges noch bestehendes Widerrufsrecht verzichtet.
Hierzu kann auf die Ausführungen des Oberlandesgerichts Köln im Beschluss vom 25.01.2016 (Az. 13 U 207/15, zitiert nach juris) zu einer wortgleichen Abgeltungsklausel verwiesen werden, in dem es heißt:
„Auf die Durchsetzung etwaiger Ansprüche nach einem – unterstellt wirksamen – Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehnsvertrages gerichteten Willenserklärung hat der Kläger damit vertraglich verzichtet. Soweit der Kläger erstinstanzlich darauf hingewiesen hat, dass die Ausgleichsklausel nur die Darlehensbeträge nicht die Darlehensverträge erfasse und deshalb dem Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung und der Durchsetzbarkeit der geltend gemachten Forderungen nicht entgegenstehe ( … ), vermag der Senat dem im Ergebnis nicht zu folgen. In der Aufhebungsvereinbarung sind die einzelnen Positionen, Darlehensvaluta, Vorfälligkeitsentschädigung und Gebühren aufgeführt. Damit erfasst die Klausel nicht nur die zurückgeforderte Vorfälligkeitsentschädigung, sondern auch die geltend gemachte Nutzungsentschädigung, denn die in dem Aufhebungsvertrag aufgeführten Darlehenssummen stellen ersichtlich die von dem Kläger geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen berücksichtigende Salden dar. Mit der Ausgleichsklausel sind mithin auch die in die Salden eingeflossenen Positionen ausgeglichen.“
Desweiteren bildet die zwischen den Parteien geschlossene Aufhebungsvereinbarung auch einen Rechtsgrund für die Leistung der Vorfälligkeitsentschädigung und steht daher etwaigen Rückforderungsansprüchen unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten entgegen.
Hierzu kann auf die Ausführungen des Oberlandesgerichts Köln im Beschluss vom 08.12.2014 (Az. 13 U 103/14, zitiert nach juris) verwiesen werden, in dem es heißt:
„Es entspricht allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen, dass die Parteien eines Darlehensvertrages sich über die Vorfälligkeitsentschädigung, die dem Darlehensgeber unter bestimmten Voraussetzungen nach dem Gesetz (§ 490 Abs. 2 Satz 3 BGB) zusteht, auch im Wege einer den Darlehensvertrag aufhebenden vertraglichen Vereinbarung einigen können. Eine solche Aufhebungsvereinbarung – und nicht mehr der ursprüngliche Darlehensvertrag – bildet dann die Rechtsgrundlage für die Entschädigungszahlung, die der Darlehensnehmer im Hinblick auf die vorzeitige Darlehensablösung zu leisten hat ( … ). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Darlehensgeber, der – wie hier – im Hinblick auf die sonst beeinträchtigte wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Darlehensnehmers zur Einwilligung in die vorzeitige Kreditabwicklung gegen eine seine Interessen wahrende Vorfälligkeitsentschädigung verpflichtet ist, eine Entschädigung erhalten hat, die die mit einer vorzeitigen Darlehensabwicklung verbundenen Nachteile überstiegen hat. Nur insoweit kann die Vereinbarung über die vorzeitige Vertragsbeendigung nicht als Rechtsgrund für die empfangene Zahlung herangezogen werden ( … ).“
Anhaltspunkte für das Vorliegen der in der vorgenannten Entscheidung gemachten Ausnahme liegen vorliegend nicht vor.
Im Übrigen könnte die Beklagte sich jedenfalls erfolgreich auf die von ihr erhobene Einrede der Verwirkung berufen: Denn nach Ablauf von ca. sechs bis sieben Jahren seit Vertragsschluss und nach der bzgl. der Vorfälligkeitsentschädigung vorbehaltlosen Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung musste die Beklagte nicht mehr mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechnen.
II. Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
III. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
Streitwert: 34.275,36 EUR