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Widerruf und Rückabwicklung eines durch Verbraucherdarlehen finanzierten PKW-Kaufs

OLG Stuttgart – Az.: 6 U 98/19 – Urteil vom 16.06.2020

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 17.1.2019 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 32.881,32 Euro.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt nach mit Schreiben vom 19.6.2018 erklärtem Widerruf die Rückabwicklung eines durch ein Verbraucherdarlehen der beklagten Bank aus dem August 2015 finanzierten PKW-Kaufs.

Bezüglich der Einzelheiten und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der unter näherer Begründung im Einzelnen weiterhin meint, er habe den streitgegenständlichen Darlehensvertrag im Jahr 2018 noch widerrufen können, weil ihm ein verbraucherrechtliches Widerrufsrecht zugestanden habe und die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt gewesen sei.

Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz zuletzt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 21.966,68 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechthängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 749,34 € freizustellen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil als richtig und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat außerdem hilfsweise die Aufrechnung erklärt mit Ansprüchen, die ihr wegen am Fahrzeug eingetretenen Wertverlusts im Fall wirksamen Widerrufs zuständen.

Nachdem er das Darlehen vorzeitig abgelöst hatte, hat der Kläger den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 9.6.2020 für erledigt erklärt, soweit er mit der Berufungsbegründung noch beantragt hatte, festzustellen, dass der Beklagten ab Zugang der Widerrufserklärung vom 19.6.2018 kein Anspruch mehr auf Vertragszins und vertragsgemäße Tilgung zustehe sowie festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des finanzierten Fahrzeugs in Verzug befinde. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten und wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet, weil bei Erklärung des Widerrufs durch den Kläger die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war.

1. Gemäß Art. 229 §§ 32 Abs. 1, 38 Abs. 1, § 40 Abs. 1 EGBGB finden die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften von BGB und EGBGB in ihrer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im August 2015 gültigen Fassung Anwendung. Zitierungen von BGB und EGBGB im Folgenden beziehen sich auf die Vorschriften in dieser Fassung, soweit nicht anders vermerkt.

2. Dem Kläger stand bei Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages ein Widerrufsrecht zu, §§ 495 Abs. 1, 355 BGB. Dieses Widerrufsrecht war jedoch bei Erklärung des Widerrufs verfristet.

Dem Kläger wurde bei Vertragsschluss unstreitig eine für ihn bestimmte Abschrift der Vertragsurkunde im Sinne des § 356b Abs. 1 BGB zur Verfügung gestellt. Die dem Kläger zur Verfügung gestellte Urkunde enthielt entgegen der Auffassung der Berufung auch alle für die Ingangsetzung der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB. Damit lief die 14tägige Widerrufsfrist gemäß §§ 355 Abs. 2 S. 2, 356b Abs. 1, 2 BGB mit dem Vertragsschluss an.

a) Soweit die Berufung meint, es seien gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB erforderliche Angaben nicht oder fehlerhaft erteilt, greift das nicht durch, weil die von der Beklagten verwendete Widerrufsinformation bereits wegen der Fiktion gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB den gesetzlichen Anforderungen genügt.

aa) Durch ihre Einrahmung, die fett und zentriert gedruckte Überschrift „Widerrufsinformation“ und den Abdruck auf einer gesonderten Seite ist die Widerrufsinformation im Vertrag hinreichend hervorgehoben und deutlich gestaltet.

In Bezug auf Format und Schriftgröße darf der Darlehensgeber gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 5 EGBGB vom Muster abweichen. Maßgebend ist, dass die Angaben von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher zur Kenntnis genommen werden können. Die Einhaltung einer bestimmten Mindestschriftgröße ist nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18 –, Rn. 27 f., juris). Dem genügt die übersichtlich gestaltete und ohne Hilfsmittel unproblematisch und ausreichend lesbare Widerrufsinformation der Beklagten.

bb) Die Beklagte hat den Text des Musters in Anlage zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB unter Beachtung der Gestaltungshinweise unverändert übernommen.

Insbesondere entspricht es dem Gesetz und den Vorgaben des Musters, dass die Beklagte über den pro Tag zu zahlenden Zins und eine Verpflichtung des Verbrauchers zur Rückzahlung des Darlehens informiert hat. Denn gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 EGBGB muss im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts nach § 495 BGB auch bei verbundenen Verträgen ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers erteilt werden, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens Zinsen zu vergüten (BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, Rn. 20, juris). Demgemäß sieht das Muster auch im Falle des Verbunds eine Information über den Tageszins und die Rückzahlungspflicht nach Widerruf vor.

Dass die Beklagte den pro Tag zu zahlenden Zins mit 0,00 Euro angegeben hat, entspricht den Vertragsbedingungen, denn aufgrund dieser Angabe in der Widerrufsinformation haben sich die Vertragspartner darauf geeinigt, dass die finanzierende Bank auf einen etwaigen ihr nach § 357a Abs. 3 Satz 1 BGB zustehenden Zinsanspruch verzichtet. Diese dem Verbraucher günstige Regelung lässt sowohl die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsinformation als auch die Gesetzlichkeitsfiktion nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB unberührt (BGH, Beschluss vom 31. März 2020 – XI ZR 198/19 –, Rn. 9, juris).

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers zutreffend umgesetzt sind die Gestaltungshinweise des Musters außerdem, soweit die Widerrufsinformation auch die als Gruppenversicherung ausgestaltete „GAP PLUS+“-Versicherung als verbundenen Vertrag benennt (vgl. für einen vergleichbaren Fall ebenso bereits Senat, Beschluss vom 27. Mai 2020 – 6 U 137/20).

(1) Dabei besteht der verbundene Vertrag zunächst – davon geht auch die Klage aus – nicht in dem zwischen der Beklagten und dem Versicherer abgeschlossenen (Gruppen-)Versicherungsvertrag, sondern in der auf Antrag des Klägers an die Beklagte mit dieser geschlossenen Vereinbarung, im bestehenden Versicherungsvertrag der Beklagten als versicherte Person aufgenommen zu werden.

Dass damit Unternehmer des finanzierten Geschäfts und Darlehensgeber identisch sind, schließt die Anwendung des § 358 BGB nicht aus. Denn zwar liegt in Fällen verbundener Verträge typischerweise ein Dreipersonenverhältnis vor; Voraussetzung der Anwendung des § 358 BGB ist das jedoch kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 358 Abs. 3 S. 2 Alt. 1 BGB nicht (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. November 2012 – 6 U 64/12 –, Rn. 7, juris; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl. 2020, § 358 Rn. 2).

(2) Ebenso wie ein Darlehensvertrag und ein Restschuldversicherungsvertrag verbundene Geschäfte bilden können (vgl. etwa BGH, Urteil vom 15. Dezember 2009 – XI ZR 45/09 –, Rn. 17 ff., juris; Senat, Urteil vom 10. September 2019 – 6 U 191/18 –, Rn. 42 ff., juris), können auch ein Darlehensvertrag und die Vereinbarung über den Beitritt zu einem zwischen dem Darlehensgeber und einem Versicherer bestehenden Versicherungsvertrag unter den Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 BGB verbundene Verträge bilden.

Dabei sind ein Vertrag über die Erbringung einer Leistung und ein Verbraucherdarlehensvertrag gemäß § 358 Abs. 3 S. 1 BGB verbunden, wenn zum einen das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und zum anderen beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden.

Beide Voraussetzungen liegen hier vor:

Eine wirtschaftliche Einheit besteht schon kraft der (unwiderleglichen, vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 358 Rn. 11 m. w. N.) Vermutung des § 358 Abs. 3 S. 2 Alt. 1 BGB, weil hier der Unternehmer die Gegenleistung des Verbrauchers selbst finanziert. Darüber hinaus wäre eine wirtschaftliche Einheit aber auch angesichts der weiteren Indizien ohne weiteres anzunehmen (vgl. zu entsprechenden Indizien wiederum BGH, a. a. O., Rn. 30 ff., juris).

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Außerdem besteht der erforderliche Finanzierungszusammenhang.

Zum einen dient ein bezifferter Teil des Nettokreditbetrages – was nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 358 Abs. 3 S. 1 BGB genügt, vgl. auch BGH, a. a. O., Rn. 24, 32 f. – der Finanzierung der Vereinbarung über die Aufnahme des Klägers als versicherte Person in den Gruppenversicherungsvertrag. Das scheidet vorliegend nicht deshalb aus, weil diese Vereinbarung unentgeltlich wäre: Vielmehr ist schon nach der ausdrücklichen Klarstellung in § 7 der Versicherungsbedingungen der Versicherungsnehmer – hier die Beklagte – Schuldner des Versicherers für den Versicherungsbeitrag und der Versicherungsnehmer „berechnet seinerseits gegenüber dem Versicherten ein Entgelt“ für den gewährten Versicherungsschutz (insoweit im Sachverhalt anders OLG Karlsruhe, Urteil vom 17. September 2014 – 17 U 239/13 -, Rn. 18, juris), die Vereinbarung ist daher nicht unentgeltlich.

Zum anderen bilden Darlehensvertrag und Vereinbarung über den Beitritt zum Gruppenversicherungsvertrag auch zwei rechtlich selbständige – nur gemäß § 358 BGB verbundene – Verträge. Insoweit kann dahinstehen, ob umgekehrt eine rechtliche Einheit schon deshalb ausscheidet, weil der Darlehensvertrag auch ohne den optionalen Beitritt zur Versicherung abgeschlossen werden konnte (dafür OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. Dezember 2013 – 1 W 79/13 –, Rn. 21, juris). Denn hier liegen – anders als in den Sachverhalten, die den Entscheidungen OLG Dresden, Urteile vom 15. Januar 2020 – 5 U 1891/19 –, Rn. 29, juris, und vom 8. Oktober 2015 – 8 U 670/15 – sowie OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. November 2012 – I-6 U 64/12 –, Rn. 5 ff., juris, zugrunde gelegen haben – auch davon unabhängig zwei rechtlich selbständige Verträge vor: Nicht nur schuldet der Kläger der Beklagten im Rahmen der Vereinbarung über die Aufnahme in die Gruppenversicherung wie dargelegt ein bestimmtes, gesondert vereinbartes Entgelt. Darüber hinaus wurde dem Kläger bezüglich seines Beitritts zum Gruppenversicherungsvertrag von der hiesigen Beklagten ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt (vgl. den Antrag auf Abschluss der Versicherung auf Seite 2 des Darlehensvertrages i. V. m. § 5 der Versicherungsbedingungen, die ausdrücklich ein gegenüber dem Darlehensgeber auszuübendes vertragliches Widerrufsrecht erläutern). Dieses Widerrufsrecht ermöglichte es dem Kläger, innerhalb der vereinbarten Frist den Versicherungsschutz isoliert zu widerrufen, den Darlehensvertrag aber fortzusetzen (so ausdrücklich die Erläuterungen auf Seite 2 des Darlehensvertrages) und sich so vom – ihm etwa doch überflüssig oder in Anbetracht des zu erstattenden Prämienaufwandes ungünstig erscheinenden – Versicherungsschutz zu lösen, ohne zugleich auch den Darlehensvertrag – nebst gleichfalls verbundenem Kaufvertrag – widerrufen zu müssen. Damit teilen Darlehensvertrag und Vereinbarung über den Beitritt zur Gruppenversicherung vorliegend nicht notwendig das rechtliche Schicksal des jeweils anderen Vertrages, so dass jedenfalls hier eine rechtliche Einheit nicht gegeben ist.

Vielmehr liegen rechtlich selbständige Verträge vor, die die Voraussetzungen verbundener Verträge erfüllen.

dd) Die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsinformation wird auch nicht durch die in Ziff. XI. 2. der Vertragsbedingungen der Beklagten enthaltene, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht gesetzeskonforme Aufrechnungsbeschränkung berührt.

Eine inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsinformation wird nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, Rn. 53, juris).

ee) Die Gesetzlichkeitsfiktion gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB ist anzuwenden, auch wenn der Inhalt der Musterwiderrufsinformation in Anlage zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs teilweise nicht mit den Vorgaben der Verbraucherkreditrichtlinie (2008/48/EG) in Einklang steht, weil das gesetzliche Muster durch die Bezugnahme auf § 492 Abs. 2 BGB nicht ausreichend klar und prägnant über die Modalitäten der Berechnung der Widerrufsfrist informiert (EuGH, Urteil vom 26. März 2020 – C-66/19 –, juris). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Inhalt der Musterwiderrufsinformation im Übrigen richtlinienkonform ist und ob die Schaffung eines gesetzlichen Musters für die Widerrufsinformation überhaupt mit der Richtlinie vereinbar ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind Richtlinienbestimmungen, mit denen dem Einzelnen Rechte gewährt oder Verpflichtungen auferlegt werden sollen, im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich ausschließlich Private gegenüberstehen, nicht als solche anzuwenden. Der Richtlinie kann in einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen nur in der Weise Geltung verschafft werden, dass die Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zweckes der Richtlinie ausgelegt werden, um zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel vereinbar ist (EuGH, Urteil vom 15. Januar 2014 – C-176/12 –, Rn. 36 ff., juris; EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994 – C-91/92 –, Rn. 24 ff., juris).

Die Verpflichtung zur richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts wird jedoch durch die allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere durch den Grundsatz der Rechtssicherheit und das Rückwirkungsverbot begrenzt. Eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts ist nicht möglich (EuGH, Urteil vom 4. Juli 2006 – C-212/04 –, Rn. 110, juris; EuGH, Urteil vom 24. Januar 2012 – C-282/10 –, Rn. 25, juris). Eine Auslegung, die aber das vom Gesetzgeber selbst geschaffene Muster für eine Widerrufsinformation als nicht genügend ansehen würde, wäre eine solche Auslegung contra legem. Jede einschränkende Interpretation, die dahin gehen würde, der Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB oder andere Teile der Information seien unzureichend klar und verständlich, würde die Zweck- und Zielrichtung verfehlen, die der Gesetzgeber mit der Gesetzlichkeitsfiktion verfolgt hat. Der nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm würde ein entgegengesetzter Sinn gegeben (BGH, Beschluss vom 31. März 2020 – XI ZR 198/19 –, Rn. 14, juris; BGH, Beschluss vom 19. März 2019 – XI ZR 44/18 –, Rn. 16, juris; Senat, Beschluss vom 4. Februar 2019 – 6 U 88/18 –, Rn. 19, juris und Senatsurteile vom 17. Dezember 2019 – 6 U 335/18 –, m.w.N. und vom 18. Februar 2020 – 6 U 306/18 -, Rn. 29, juris).

b) Soweit der Kläger meint, die von der Beklagten zur Auszahlung des Darlehens gegebenen Hinweise genügten den gesetzlichen Anforderungen der Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB nicht, trifft auch das nicht zu.

Nach der vollharmonisierten Verbraucherkreditrichtlinie gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 4 lit. c), Art. 10 Abs. 2 lit. d) und dem in deren Lichte europarechtskonform auszulegenden nationalen Recht sind nur die „Bedingungen für die Inanspruchnahme“ des Kredits zu nennen (vgl. bereits Senat, Urteil vom 4. Juni 2019 – 6 U 137/18 –, Rn. 56, juris).

Den sich daraus ergebenden Anforderungen genügen die Angaben auf der ersten Seite der Vertragsurkunde ohne Weiteres, wo es insbesondere und ausdrücklich heißt, dass das Darlehen nach Auslieferung des Fahrzeugs in Höhe des Fahrzeugdarlehens direkt an den Verkäufer, in Höhe der mitfinanzierten Versicherung direkt an den Versicherer überwiesen wird. Die Notwendigkeit weiterer Erläuterungen lässt sich weder der Richtlinie noch dem nationalen Recht entnehmen.

c) Auch die gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB erforderlichen Angaben sind mit dem in Ziff. IV der Vertragsbedingungen gegebenen Hinweis zureichend gemacht.

Wegen der halbjährlichen Veränderbarkeit des Basiszinssatzes und der damit verbundenen Bedeutungslosigkeit des Verzugszinssatzes bei Vertragsschluss bedurfte es keiner Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes. Auf die Art und Weise der Anpassung der Verzugszinsen hat die Beklagte klar und prägnant hingewiesen, indem sie in Ziff. IV. ihrer Vertragsbedingungen erläutert hat, dass sich der Basiszinssatz jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres ändert und von der Bundesbank im Bundesanzeiger bekanntgemacht wird (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18 –, Rn. 23, juris). Es kann daher offen bleiben, ob insoweit nicht bereits der schlichte Hinweis auf den Basiszinssatz genügt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, Rn. 52, juris).

Auch der Hinweis, dass über Verzugszins hinaus Verzugskosten (nur) „ggf.“ – nämlich wenn sie anfallen – verlangt werden entspricht dem Gesetz (vgl. Art. 247 § 3 Nr. 11 EGBGB).

d) Soweit der Kläger meint, es habe neben der Nennung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eines Hinweis auf weitere Aufsichtsbehörden bedurft, um dem Pflichtangabenerfordernis des Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EGBGB zu genügen, trifft das nicht zu.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ist die gemäß § 1 Abs. 5 KWG und § 6 KWG zuständige Aufsichtsbehörde. Die Nennung weiterer Behörden, denen im Rahmen der Bankenaufsicht andere Aufgaben übertragen sind, wie etwa der EZB oder der Deutschen Bundesbank, ist ebensowenig erforderlich wie die Nennung sämtlicher Sitze der Aufsichtsbehörde(n) (vgl. auch Senat, Urteil vom 24. September 2019 – 6 U 267/18).

e) Dem Lauf der Widerrufsfrist steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte über die in Ziff. V. der Vertragsbedingungen enthaltenen Hinweise keine näheren Angaben zum bei Kündigung einzuhaltenden Verfahren gemacht hat.

Informationen zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung eines – wie hier – befristeten Darlehensvertrages waren nicht erforderlich, um dem Pflichtangabenerfordernis des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB zu genügen. Vielmehr bezieht sich die Vorschrift nur auf das – in der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG vorgesehene – Kündigungsrecht nach § 500 Abs. 1 BGB, welches nur für unbefristete Darlehensverträge gilt (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18 –, Rn. 21, juris; BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 11/19 –, Rn. 24 ff., juris; BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, Rn. 29 ff., juris; Senat, Urteil vom 28. Mai 2019 – 6 U 78/18 –, Rn. 72 ff., juris).

Der Lauf der Widerrufsfrist hängt auch nicht davon ab, dass Informationen zu nicht bestehenden Kündigungsrechten erteilt würden; eine derartige Anordnung ist Art. 247 §§ 6 – 13 EGBGB nicht zu entnehmen.

f) Auch soweit der Kläger meint, die Widerrufsfrist werde wegen der von der Beklagten gegebenen Information zur Vorfälligkeitsentschädigung nicht in Gang gesetzt (Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB), dringt er damit nicht durch.

Im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode genügt es, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt. Dem hat die Beklagte in Ziff. III 3. ihrer Vertragsbedingungen genügt, indem sie die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblichen Parameter benennt (vgl. zu vergleichbaren Hinweisen BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, Rn. 45 – 46, juris).

g) Der gemäß Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB erforderliche Hinweis auf den Zugang zu einem außergerichtlichen Beschwerdeverfahren ist unter Ziff. XIII der Vertragsbedingungen gegeben.

Dabei ist die – wie hier – Angabe der Schlichtungsstelle – zumal mit Internet- und Postfachadresse – grundsätzlich ausreichend. Soweit nach Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB im Einklang mit Art. 10 Abs. 2 lit. s) der Verbraucherkreditrichtlinie „gegebenenfalls“ die Voraussetzungen des Zugangs zu dem Verfahren zu nennen sind, ist nicht ersichtlich, dass vorliegend für die Schlichtung besondere Zugangsvoraussetzungen bestanden hätten. Und über besondere Voraussetzungen für die – vom Zugang zu unterscheidende – Zulässigkeit des Schlichtungsverfahrens – etwa die vom Kläger bereits mit der Klage (dort S. 21 f., Bl. 21 f. d. A.) aufgezählten Gesichtspunkte – ist nach dem klaren Wortlaut des Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB nicht zu informieren, so dass eine nähere Darlegung der Voraussetzungen der Zulässigkeit eines solchen Verfahrens oder der geltenden Verfahrensordnung nicht erforderlich war (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18 –, Rn. 40, juris).

h) Soweit der Kläger in erster Instanz noch gerügt hatte, im Darlehensvertrag fehle die gemäß Art. 247 § 13 Abs. 1 EGBGB erforderliche Angabe von Name und Anschrift des Darlehensvermittlers, kommt er darauf in der Berufung nicht mehr zurück.

Auf die zutreffende Begründung des landgerichtlichen Urteils kann daher verwiesen werden:

Wie auch vom Senat bereits entschieden (vgl. etwa Urteile vom 24. September 2019 – 6 U 339/18; vom 26. November 2019 – 6 U 50/19 -, Rn. 47, juris) genügte die – wie hier – Angabe von Name und Anschrift der Vermittlerin im Darlehensvertrag.

Dabei ist es unschädlich, wenn im Vertrag selbst nicht ausdrücklich benannt wird, dass es sich dabei (nicht nur um die Verkäuferin, sondern gerade auch) um die Vermittlerin handelt. Dass der Darlehensvermittler im Vertrag ausdrücklich als solcher bezeichnet werden müsse, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Dass ihm der Darlehensvertrag durch die Verkäuferin vermittelt worden ist, weiß der Kunde selbst, da die Verkäuferin sein alleiniger Ansprechpartner für Kaufvertrag und Finanzierung war.

i) Zuletzt hat die Beklagte mit der Widerrufsinformation ausreichend i. S. des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 13 EGBGB über das Bestehen eines Widerrufsrechts informiert. Dass insoweit die Wendung „Widerrufsrecht: JA“ erforderlich sein könnte, ist fernliegend.

j) Auch die weiteren, vom Kläger nicht mit näherer Begründung als unzureichend gerügten Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 247 §§ 6 – 13 EGBGB sind im Vertrag enthalten.

Es muss deshalb nicht entschieden werden, ob das Gericht die Vollständigkeit der Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB von Amts wegen zu prüfen hat.

k) Anlass zur Aussetzung des Verfahrens und zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof besteht nicht.

Der Rechtsstreit wirft keine Fragen auf, bei denen vernünftige Zweifel an der richtigen Anwendung von Unionsrecht bestünden (vgl. allgemein EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – 283/81 -, Rn. 16, juris; Urteil vom 15. September 2005 – C-4955/03 -, Rn. 33, juris). Auch der BGH hält, soweit er über die angesprochenen Fragen bereits entschieden hat, eine Vorlage nicht für geboten (BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18 -, juris; vom 12. November 2019 – XI ZR 88/19 -, juris; vom 31. März 2020 – XI ZR 198/19 –, juris; Urteile vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19 -, jeweils juris).

3. Damit scheiden sämtliche mit der Klage geltend gemachten Ansprüche aus und über die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung ist nicht zu entscheiden.

Der Schriftsatz des Klägers vom 9.6.2020 enthielt kein entscheidungserhebliches neues Vorbringen, so dass es des von der Beklagten nur für diesen Fall beantragten Schriftsatzrechts nicht bedurfte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Wegen der oben II. 2. a) cc) geschilderten Unterschiede im Sachverhalt liegt insbesondere keine Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung vor, soweit die Vereinbarung über die Aufnahme in die Gruppenversicherung vorliegend als verbundenes Geschäft zu qualifizieren ist.

 

 

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